Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 14.09.2016) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten S. und A. wird das Urteil des Landgerichts Stendal vom 14. September 2016 im Schuldspruch wie folgt geändert,
- der Angeklagte S. ist der Beihilfe zum Erschleichen einer Aufenthaltskarte in sieben Fällen, davon in drei Fällen in zwei tateinheitlichen Fällen und in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur Urkundenfälschung schuldig; im Übrigen ist er freigesprochen,
- der Angeklagte A. ist der Beihilfe zum Erschleichen einer Aufenthaltskarte in sechs Fällen, davon in drei Fällen in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig; im Übrigen ist er freigesprochen.
Die gegen die Angeklagten in den Fällen II. B. 3, II. B. 6 und II. B. 8 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen entfallen.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zum Erschleichen einer Aufenthaltskarte in zehn Fällen, davon einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten A. unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zum Erschleichen einer Aufenthaltskarte in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die gegen den Angeklagten A. erkannte Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen ihre Verurteilung gerichteten Revisionen der Angeklagten führen zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Schuldspruchänderung. Im Übrigen sind sie aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts angeführten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Annahme rechtlich selbstständiger Taten in den Fällen II. B. 3 und 4, II. B. 5 und 6 sowie II. B. 7 und 8 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sich die Beihilfehandlungen der Angeklagten teilweise überschneiden und deshalb Tateinheit (§ 52 StGB) anzunehmen ist.
Rz. 3
a) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Erbringt der Beteiligte im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2017 – 4 StR 566/16, NStZ-RR 2017, 306, 307; Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, NStZ 2014, 702 mwN).
Rz. 4
b) Danach haben die Angeklagten in den Fällen II. B. 3 und 4, II. B. 5 und 6 sowie II. B. 7 und 8 im Vorfeld jeweils Beihilfehandlungen erbracht, die die Haupttaten der Antragsteller gleichzeitig gefördert haben, indem sie die Doppelhochzeiten in Dänemark vorbereiteten und die Antragsteller in den Fällen II. B. 3 und 4, II. B. 5 und 6 sowie II. B. 7 und 8 (insoweit nur der Angeklagte S.) dorthin begleiteten. In den Fällen II. B. 7 und 8 hat der Angeklagte A. beide Antragsteller gleichzeitig dadurch unterstützt, dass er Bilder der beiden heiratswilligen Frauen dem Angeklagten S. übermittelte (UA 20).
Rz. 5
2. Der Senat hat die Schuldsprüche entsprechend berichtigt. Dies führt zum Wegfall der in der Beschlussformel angeführten Einzelstrafen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafen bedarf es nicht. Denn die bloße Korrektur des Konkurrenzverhältnisses hat hier bei beiden Angeklagten keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2017 – 4 StR 566/16, NStZ-RR 2017, 306, 307; Urteil vom 20. Februar 2014 – 3 StR 178/13, StraFo 2014, 298, 299; Urteil vom 5. Juni 2013 – 2 StR 537/12, Rn. 12; Beschluss vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146, 147; Beschluss vom 7. Januar 2011 – 4 StR 409/10, NJW 2011, 2149, 2151, jeweils mwN). Der Senat schließt deshalb aus, dass das Landgericht vor dem Hintergrund der verbleibenden Einzelstrafen auf niedrigere Gesamtfreiheitsstrafen erkannt hätte. Im Falle einer Zusammenfassung aller Einzeltaten zu einer Tat im Sinne des § 52 StGB wäre sogar eine Aufrechterhaltung der Gesamtstrafen als (verbleibende) Einzelstrafen möglich gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2017 – 4 StR 438/17, Rn. 4).
Unterschriften
Sost-Scheible, Cierniak, Franke, Bender, Quentin
Fundstellen
Dokument-Index HI11759775 |