Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 15.12.2005) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 15. Dezember 2005 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Stellungnahme des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat zu der erhobenen Verfahrensrüge nach § 140 Abs. 1, § 338 Nr. 5 StPO:
Der Beschwerdeführer hat nicht nachgewiesen, dass seine Behauptung zutrifft, er sei am ersten der achtzehn Hauptverhandlungstage nicht verteidigt gewesen. Das nachträglich berichtigte Protokoll beweist das Gegenteil; danach war für den Beschwerdeführer Rechtsanwalt M. anwesend. Diese Protokollberichtigung hat der Senat zu beachten. Dabei bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob – entgegen bisheriger Rechtsprechung – eine nachträgliche Berichtigung der Sitzungsniederschrift für das Revisionsgericht auch dann beachtlich ist, wenn hierdurch einer ansonsten auf der Grundlage des durch das unberichtigte Protokoll bewiesenen (§ 274 Satz 1 StPO) Verfahrensgangs durchgreifenden Revisionsrüge der Boden entzogen wird (s. dazu den Anfragebeschluss des 1. Strafsenats, BGH NStZ-RR 2006, 112); denn dies ist hier nicht der Fall.
Das unberichtigte (Teil-) Protokoll über den ersten Verhandlungstag belegt nicht, dass der Beschwerdeführer in diesem Termin unverteidigt war; dort ist vielmehr vermerkt, dass für ihn Rechtsanwältin A. erschienen war. Soweit die Revision darauf abhebt (Revisionsbegründung vom 6. April 2006, S. 9), diese Rechtsanwältin sei dem Beschwerdeführer weder beigeordnet noch von ihm bevollmächtigt worden, macht sie somit der Sache nach die Unrichtigkeit des unberichtigten Protokolls geltend. Dieser Einwand mag berechtigt sein; denn in den Teilprotokollen für den fünften, siebten und achtzehnten Terminstag wird Rechtsanwältin A. ausdrücklich als Verteidigerin des Mitangeklagten S. bezeichnet. Die Tatsache, dass Rechtsanwältin A. in den Niederschriften verschiedener Terminstage als Verteidigerin unterschiedlicher Mitangeklagter bezeichnet wird, beweist indessen nicht, dass der Beschwerdeführer im ersten Hauptverhandlungstermin ohne Verteidiger war. Sie führt vielmehr allenfalls zu einer Widersprüchlichkeit des Gesamtprotokolls, durch die dessen Beweiskraft entfällt, soweit die Anwesenheit eines notwendigen Verteidigers des Beschwerdeführers am ersten Terminstag betroffen ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 274 Rdn. 17 m. w. N.). Wird jedoch durch das unberichtigte Protokoll der gerügte Verfahrensverstoß nicht belegt, so führt dies auch dann, wenn ihm zu dem fraglichen Verfahrensvorgang aufgrund Widersprüchlichkeit die Beweiskraft fehlt, nicht dazu, dass der diesbezügliche Revisionsvortrag als richtig zu behandeln ist; vielmehr ist in diesem Fall schon nach bisheriger Rechtsprechung für das Revisionsgericht gemäß § 274 Satz 1 StPO der Inhalt des berichtigten Protokolls maßgebend (vgl. BGHSt 1, 259).
Unterschriften
Tolksdorf, Miebach, Winkler, von Lienen, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 2555041 |
NStZ-RR 2008, 66 |