Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 14.03.2016) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 14. März 2016, soweit es ihn betrifft,
- im gesamten Strafausspruch,
- im Ausspruch über den Vorwegvollzug von Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt,
- im Ausspruch über die Einziehung des Kraftfahrzeugs Jaguar, amtliches Kennzeichen …: …, sowie
- im Ausspruch über den Verfall, soweit die Anordnung einen Betrag von 3.200 Euro übersteigt,
aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere – allgemeine – Strafkammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und in einem weiteren Fall „in Tateinheit mit der Verabredung zu einem Verbrechen, nämlich einem besonders schweren Raub” zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Weiter hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zwei Jahre und zwei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind. Darüber hinaus hat es einen Pkw eingezogen und den Verfall in Höhe von 35.000 Euro angeordnet.
Rz. 2
Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 3
1. Während der Schuldspruch aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist, hat der Strafausspruch insgesamt keinen Bestand. Dies führt zur Aufhebung auch der Entscheidung über die Einziehung des Kraftfahrzeugs.
Rz. 4
a) Die Einziehung des im Urteil näher bezeichneten Kraftfahrzeugs hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (Senat, Beschluss vom 17. August 2016 – 2 StR 123/16, BGHR StGB § 74 Rechtsfolge 1).
Rz. 5
b) Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Fahrzeugs hat es nicht festgestellt. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass das Landgericht, hätte es die oben dargelegten Grundsätze beachtet, die von dem Angeklagten verwirkten Einzelstrafen und damit auch die Gesamtstrafe milder bemessen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14, StV 2015, 633).
Rz. 6
c) Der Wegfall des Strafausspruchs entzieht auch der Anordnung des Vorwegvollzugs der Maßregel gemäß § 67 Abs. 2 Satz 4 StGB die Grundlage, bei dessen Berechnung das Landgericht im Übrigen rechtsfehlerhaft nicht von dem nach § 67 Abs. 2 StGB maßgeblichen Halbstrafen-, sondern vom Zwei-Drittel-Zeitpunkt ausgegangen ist. Die rechtsfehlerfreie Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB bleibt davon unberührt.
Rz. 7
d) Der Wegfall des gesamten Strafausspruchs führt auch zur Aufhebung der Einziehungsentscheidung, die mit der Bemessung der Strafe in einem untrennbaren inneren Zusammenhang steht (Senat aaO). Die Einziehung des Kraftfahrzeugs ist darüber hinaus auch rechtsfehlerhaft, weil den Urteilsgründen nicht zu entnehmen ist, dass es sich bei dem eingezogenen Jaguar des Angeklagten um das von ihm bei den Beschaffungsfahrten in den Fällen 10 bis 13 der Urteilsgründe sowie bei der Tat im Fall 16 der Urteilsgründe verwendete Tatfahrzeug handelt.
Rz. 8
2. Auch die Verfallsanordnung in Höhe von 35.000 Euro kann keinen Bestand haben; diese ist, soweit sie einen Betrag von 3.200 Euro übersteigt, rechnerisch nicht nachvollziehbar.
Rz. 9
Aus den Feststellungen ergibt sich nur hinsichtlich des Falles 1 der Urteilsgründe sowohl die von dem Angeklagten gehandelte Rauschgiftmenge von insgesamt 400 Gramm Marihuana als auch der von ihm vereinnahmte Grammpreis von 8 Euro und damit der erzielte Verkaufserlös von insgesamt 3.200 Euro. Im Übrigen – d.h. hinsichtlich der Fälle 2 bis 6, 8 und 10 – ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, welche Erlöse der Angeklagte konkret durch den Verkauf der Betäubungsmittel erzielte. Die Strafkammer hat sich insoweit hinsichtlich des Verkaufspreises auf die Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten beschränkt, wonach der Mitangeklagte K. für das Marihuana einen Grammpreis von 6 Euro und „andere Kunden im Durchschnitt 6,5 bis 7 Euro” bezahlten. Hieraus ergeben sich selbst bei Zugrundelegung des höchsten Grammpreises von 7 Euro lediglich Einnahmen von insgesamt 26.390 Euro aus den von dem Angeklagten in den zuvor genannten Fällen selbst getätigten Rauschgiftverkäufen (jeweils 500 Gramm Marihuana in den Fällen 2 bis 6 und 8 der Urteilsgründe sowie etwa 770 Gramm Marihuana im Fall 10 der Urteilsgründe), unter Einbeziehung der Erlöse aus Fall 1 der Urteilsgründe mithin eine Summe von nur 29.390 Euro. Zwar liegt nahe, dass der Angeklagte überdies an den Einnahmen des Mitangeklagten Z. beteiligt war, die dieser durch die von ihm getätigten Verkäufe von Teilen des gemeinsam beschafften Marihuanas erzielte. Hierzu hat das Landgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.
Rz. 10
3. Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zu Grunde liegenden Feststellungen werden von den Rechtsfehlern nicht berührt und können daher gemäß § 353 Abs. 2 StPO bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird ergänzende Feststellungen zu treffen haben, die zu den bisher getroffenen Feststellungen nicht in Widerspruch stehen dürfen.
Rz. 11
4. Da sich die Strafsache nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, ist die Zuständigkeit der Jugendkammer nicht mehr gegeben.
Unterschriften
Appl, Eschelbach, Zeng, Grube, RiBGH Schmidt ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Appl
Fundstellen
Dokument-Index HI11206585 |