Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nach gemeinsamer Erledigungserklärung im Zusammenhang mit einem Streit über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Die übereinstimmende Erledigungerklärung der Beteiligten im Rechtsmittelzug setzt zu ihrer Wirksamkeit die Zulässigkeit des Rechtsmittels voraus.
2.Es ist – zumal im Rechtsbeschwerdeverfahren – nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 4 InsO, § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden.
Normenkette
ZPO § 91a Abs. 1 Sätze 1-2; InsO § 4
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Entscheidung vom 05.12.2011; Aktenzeichen 3 T 503/11) |
AG Chemnitz (Entscheidung vom 28.07.2011; Aktenzeichen 12 IN 2030/11) |
Tenor
Die Verfahrenskosten werden gegeneinander aufgehoben.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 6.941,39 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Mit im Juli 2011 eingegangenem Antrag begehrte der weitere Beteiligte (fortan Gläubiger) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners wegen rückständiger Einkommensteuer (2006, 2008), Umsatzsteuer (2006) nebst Säumniszuschlägen und Vollstreckungskosten in Höhe von insgesamt 6.941,39 EUR. Zur Begründung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wurde ausgeführt, eine im August 2010 durchgeführte Kontopfändung sei erfolglos geblieben. Nach der hierauf abgegebenen Drittschuldnererklärung der Sparkasse weise das Guthaben des Schuldners nur 300 EUR auf. Zahlungsaufforderungen vom 18. Mai und 15. Juni 2011 seien erfolglos geblieben. Am 8. Juni 2011 habe der Schuldner einen Betrag von 800 EUR auf die Steuerschuld erbracht.
Rz. 2
Das Amtsgericht hat den Eröffnungsantrag als unzulässig zurückgewiesen, weil der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat der Gläubiger seinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterverfolgt. Im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Gläubiger den Insolvenzantrag für erledigt erklärt. Der Schuldner hat dem nicht widersprochen.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
1. Die übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten im Rechtsmittelzug setzt zu ihrer Wirksamkeit die Zulässigkeit des Rechtsmittels voraus (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2004 – IX ZB 188/03, ZInsO 2004, 201; vom 28. Oktober 2008 – VIII ZB 28/08, NJW-RR 2009, 422). Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers ist statthaft (§ 34 Abs. 1, §§ 4, 6 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig.
Rz. 4
2. Aufgrund der Erledigungserklärung der Beteiligten (§ 91a Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO, § 4 InsO) war gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Rz. 5
Billigem Ermessen entspricht es, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben. Es ist offen, wie das Verfahren ohne die Erledigung geendet hätte. Es ist – zumal im Rechtsbeschwerdeverfahren – nicht Zweck einer Kostenentscheidung nach § 4 InsO, § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden. Die Frage der Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrundes der Zahlungsunfähigkeit bei rückständigen Steuerschulden, die bereits längere Zeit fällig sind, ist auch einzelfallbezogenen Erwägungen, wie sie das Landgericht angestellt hat, grundsätzlich zugänglich. Ob der Teilzahlung von 800 EUR das vom Landgericht zugemessene Gewicht zukommt, kann offenbleiben. Immerhin zeigt die anschließende vollständige Begleichung der Steuerschuld durch den Schuldner im Rechtsbeschwerdeverfahren, dass die Gewichtung des Beschwerdegerichts jedenfalls nicht ganz von der Hand zu weisen war.
Unterschriften
Kayser, Gehrlein, Vill, Fischer, Grupp
Fundstellen