Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Abgrenzung zwischen einer Versorgung nach beamtenähnlichen Vorschriften oder Grundsätzen und einer betrieblichen Altersversorgung.
Normenkette
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 1, § 1587a Abs. 2 Nr. 3; BetrAVG § 1
Verfahrensgang
OLG Hamm (Beschluss vom 19.05.1989) |
AG Münster |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Westdeutschen Landesbank Girozentrale wird der Beschluß, des 9. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. Mai 1989 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Tatbestand
I.
Die am … 1951 geborene Ehefrau (Antragstellerin) und der am … 1944 geborene Ehemann (Antragsgegner) haben am 2. Mai 1980 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau ist dem Ehemann am 8. Mai 1987 zugestellt worden.
Beide Ehegatten haben in der Ehezeit (1. Mai 1980 bis 30. April 1987, § 1587 Abs. 2 BGB) gesetzliche Rentenanwartschaften bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erworben, die laut Auskunft vom 27. August 1987 für die Ehefrau mit 387,80 DM und laut Auskunft vom 14. Juli 1987 für den Ehemann mit 254,50 DM mitgeteilt wurden.
Der Ehemann ist bei der Westdeutschen Landesbank (WestLB), einer Anstalt des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Mit Versorgungsvertrag vom 1. April 1981 ist ihm eine Anwartschaft auf lebenslängliches Ruhegehalt für den Fall des Alters oder der dauernden Dienstunfähigkeit zugesagt worden, dessen Höhe sich entsprechend dem bis 31. Dezember 1991 geltenden Beamtenversorgungsgesetz nach einem Prozentsatz für die zurückgelegten Dienstjahre und nach dem zuletzt gezahlten Monatsgehalt einschließlich ruhegehaltfähiger Zulagen richtet (§ 4 Ziff. 1 und 2 des Versorgungsvertrages). Auf das Ruhegehalt werden gesetzliche Renten und Leistungen aus betrieblichen Zusatzversicherungen oder aus der früheren betrieblichen Altersversorgung angerechnet (§ 6). Nach § 7 des Vertrages hat sich die Bank vorbehalten, den Arbeitnehmer in der gesetzlichen Rentenversicherung „pflichtzuversichern” oder Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 8 AVG zu beantragen. Aufgrund eines entsprechenden Antrags der WestLB ist der Ehemann seit 1. Juli 1984 von der Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Im übrigen ist er aufgrund des Vertrages auch von der Pflicht zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung (§ 7 Abs. 1 Satz 2) befreit. Die im Alter von 65 Jahren bei einem Ruhegehaltssatz von 75 % erreichbare Gesamtversorgung hat die WestLB mit 4.513,50 DM monatlich mitgeteilt, wovon 701,17 DM auf die Ehezeit entfallen. Die Versorgung entfällt im Falle einer vorzeitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor dem 63. Lebensjahr (§ 3). Hierzu hat die WestLB mitgeteilt, daß der Ehemann in der Zusatzversorgungskasse Westfalen-Lippe nachzuversichern sei. Der fiktive Wert der dann entstehenden statischen Versicherungsrente nach dem Betriebsrentengesetz betrage insgesamt 536,87 DM monatlich, ehezeitlich 161,06 DM monatlich.
Die Ehefrau ist ebenfalls bei der WestLB beschäftigt. Nach Mitteilung der Bank hatte sie zum Ehezeitende ein Anrecht auf eine künftige unverfallbare Versorgungsunterstützung in Form einer frei widerruflichen Zusage der Unterstützungseinrichtung der WestLB, die in der Rechtsform einer GmbH organisiert ist. Die Versorgungsunterstützung wird in Höhe der Differenz zwischen der die Grundversorgung bildenden gesetzlichen Rente (und evtl. befreienden Lebensversicherungen oder einer betrieblichen Zusatzversorgung) und einer der Beamtenversorgung angeglichenen angemessenen Gesamtversorgung bezahlt, wenn die gesetzliche Rente die angemessene Versorgung nicht garantiert (Richtlinien B I 1 der Satzung der Unterstützungseinrichtung). Die Höhe dieser unter Abzug der auf das Alter 65 Jahre hochgerechneten gesetzlichen Rente ermittelten Betriebsrente wurde mit insgesamt 16.937 DM jährlich = 1.411,41 DM monatlich angegeben. Zum 1. Juli 1988 (nach Ende der Ehezeit) schloß die WestLB mit der Ehefrau einen Versorgungsvertrag ab, der dem des Ehemannes entspricht. Danach steht ihr eine Anwartschaft auf eine erreichbare Gesamtversorgung in Höhe von insgesamt 3.514,90 DM monatlich zu, wovon 546,40 DM auf die Ehezeit entfallen. Aufgrund eines Antrags der WestLB gemäß § 8 AVG ist sie seit 1. Januar 1989 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Im Falle einer Nachversicherung in der Zusatzversorgungskasse Westfalen-Lippe würde die Höhe der statischen Versicherungsrente insgesamt 312,29 DM monatlich, ehezeitlich 140,28 DM betragen.
Das Amtsgericht hat einen Versorgungsausgleich zu Lasten der Ehefrau durchgeführt, wobei es beim Ehemann den fiktiven Nachversicherungswert der statischen Versicherungsrente in der Zusatzversorgungskasse, dynamisiert auf 25.52 DM monatlich, zugrunde gelegt hat. Bei der Ehefrau ist es von der bei Ehezeitende vorliegenden Unterstützungszusage ausgegangen, deren dynamisierten monatlichen Ehezeitanteil es mit 23,32 DM errechnet hat.
Im Wege des Splittings gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB hat es 65.53 DM gesetzliche Rentenanwartschaften vom Rentenversicherungskonto der Ehefrau auf dasjenige des Ehemannes übertragen, das ist die hälftige Differenz der jeweils addierten, vom Gericht ermittelten Versorgungsanrechte.
Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht die Entscheidung abgeändert. Dabei hat es bei beiden Ehegatten die aufgrund der Versorgungsverträge zugesagten ehezeitlichen Versorgungen bei der WestLB zugrunde gelegt und jeweils die Ehezeitanteile der gesetzlichen Rentenversicherung davon abgezogen (Ehemann: 701,17 DM abzüglich gesetzliche Rente 254,50 DM = 446,67 DM; Ehefrau: 546,40 DM abzüglich gesetzliche Rente 387,80 DM = 158,60 DM). In Höhe von 77,39 DM, dem hälftigen Wertunterschied der beiderseits in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Versorgung der WestLB erworbenen Versorgungsanrechte, hat es für die Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften zu Lasten der Versorgung des Ehemannes bei der WestLB begründet.
Hiergegen wendet sich die WestLB mit der zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der sie eine Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung begehrt. Sie vertritt die Auffassung, daß ihre Ruhegehaltszusage an den Ehemann keine beamtenähnliche Versorgung i.S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1, sondern eine betriebliche Altersversorgung i.S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB sei. Da dem Ehemann bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus den Diensten der WestLB nur der Nachversicherungswert in der Zusatzversorgungskasse verbleibe, könne nur die dort erreichbare Versicherungsrente als unverfallbar in den Versorgungsausgleich einbezogen werden.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist im wesentlichen sachlich nicht begründet, führt jedoch aus anderen Gründen zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Zwar hat die WestLB gegen die Entscheidung des Amtsgerichts kein Rechtsmittel eingelegt. Sie ist aber durch die aufgrund der Beschwerde der Ehefrau ergangene abändernde Entscheidung des Oberlandesgerichts erstmals beschwert und kann daher nunmehr ihrerseits Beschwerde einlegen (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluß vom 14. März 1984 – IVb ZB 170/82 – FamRZ 1984, 670 m.w.N.).
2. Das Oberlandesgericht hat die gegenüber der WestLB bestehende Anwartschaft des Ehemannes auf ein Ruhegehalt rechtlich zutreffend als eine beamtenähnliche Versorgungsanwartschaft i.S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB, und nicht als eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung i.S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB beurteilt. Die dagegen von der WestLB erhobenen Einwände greifen nicht durch.
a) § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB erfaßt in seiner zweiten Alternative Versorgungsanrechte aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen. Da es sich dabei um vertraglich begründete privatrechtliche Arbeitsverhältnisse handelt (MünchKomm/Maier BGB 2. Aufl. § 1587 a Rdn. 23; Soergel/Minz BGB 12. Aufl. § 1587 a Rdn. 7; Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch/Klinkhardt, 1. EheRG, § 1587 a BGB Rdn. 8; Maier, Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung 4. Aufl. S. 58), kann es zu Abgrenzungsschwierigkeiten mit der betrieblichen Altersversorgung kommen. Denn eine aus Anlaß des privaten Arbeitsverhältnisses zugesagte Leistung auf Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung erfüllt nach der Legaldefinition des § 1 BetrAVG zugleich die Voraussetzungen einer betrieblichen Altersversorgung i.S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB (vgl. Bastian/Klinkhardt a.a.O. Rdn. 10; Soergel/Minz a.a.O. Rdn. 8; Zimmermann, Versorgungsausgleich bei der betrieblichen Altersversorgung S. 90, 365). § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB ist indes lex specialis zu § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB (Ruland/Tiemann, Versorgungsausgleich und steuerliche Folgen der Ehescheidung Rdn. 271; Schmalhofer, Versorgungsausgleich für öffentliche Bedienstete S. 26; Voskuhl/Papai/Niemeyer, Versorgungsausgleich in der Praxis S. 23; Zimmermann a.a.O. S. 365). Liegen daher die spezielleren Voraussetzungen vor, nämlich u.a. inhaltliche Ausgestaltung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen, so ist für die Zwecke des Versorgungsausgleichs die Bewertung nach Nr. 1 vorzunehmen.
Eine Versorgung „nach beamtenrechtlichen Vorschriften” liegt vor, wenn sie sich aufgrund einer Ruhelohnordnung, Satzung, Dienstordnung, Vertrag o.ä. vollinhaltlich nach den beamtenrechtlichen Versorgungsregelungen richtet. Eine Versorgung „nach beamtenrechtlichen Grundsätzen” wird in Anlehnung an die gesetzliche Definition dieses Begriffes in § 52 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zu Art. 131 GG (i.d.F. vom 13. Oktober 1965 BGBl. I 1685) angenommen, wenn dem Arbeitnehmer nach einer Ruhelohnordnung o.ä. eine lebenslängliche Alters- oder Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage seines Arbeitsentgeltes und der Dauer seiner Dienstzeit gewährt wird (Schmalhofer a.a.O. S. 26; MünchKomm/Maier a.a.O. Rdn. 24–26; Maier a.a.O. S. 58, 59). Für die letztere Alternative reicht es aus, wenn die zugesagte Versorgung einer Beamtenversorgung in wesentlichen Grundzügen gleichkommt (Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht 2. Aufl. § 1587 a BGB Rdn. 28). Dabei kann u.a. an die Kriterien angeknüpft werden, die das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSGE 26, 181, 184; BSG SoZR 2200 § 1260 c RVO Nr. 5, 15, 18) für die Beurteilung der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der Befreiungsmöglichkeit auf Antrag des Arbeitgebers nach den bis zur Rentenreform geltenden § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 4 und § 8 AVG aufgestellt hat und die im wesentlichen auch für § 5 SGB VI weiter gelten: daß nämlich die Versorgungszusage auf dem Alimentationsprinzip beruht, dem Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf die Leistung für den Fall des Alters oder der Invalidität gewährt und daß die Versorgung nach Voraussetzung, Art und Umfang ungeachtet gewisser Abweichungen einer beamtenrechtlichen Versorgung gleichsteht, z.B. bei der Bemessung nach der Tätigkeitsdauer und dem zuletzt bezogenen Arbeitsentgelt (Johannsen/Henrich/Hahne a.a.O. Rdn. 28; Lueg/v. Maydell/Ruland, Gemeinschaftskommentar zum SGB Bd. 2 SGB VI § 5 Rdn. 74, 75, 79).
Ob die Versicherungsfreiheit bzw. Befreiung in der gesetzlichen Rentenversicherung zwingende Voraussetzung für die Annahme einer beamtenähnlichen Versorgung ist (so Soergel/Minz a.a.O. Rdn. 8 und Ergänzungsband Rdn. 8; Zimmermann a.a.O. S. 370; noch weitergehend Rahm/Lardschneider, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens V Rdn. 158, der den Personenkreis des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB letztlich auf Beamte, Richter, Soldaten und Bedienstete von Religionsgesellschaften beschränkt, die von vornherein versicherungsfrei sind), oder nur ein – allerdings regelmäßiges – Indiz für die Annahme einer beamtenähnlichen Versorgung ist (so Bastian/Klinkhardt a.a.O. Rdn. 8; MünchKomm/Maier a.a.O. Rdn. 29; Johannsen/Henrich/Hahne a.a.O. Rdn. 35; Schmalhofer a.a.O. S. 26; Borth, Versorgungsausgleich S. 46, 47; Maier a.a.O. S. 59; vgl. auch Lueg/v. Maydell a.a.O. § 5 Rdn. 83, 84; OLG München FamRZ 1984, 908, 909; OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 1205), ist streitig. Einigkeit besteht aber jedenfalls darin, daß die Voraussetzungen einer beamtenähnlichen Versorgung dann zu bejahen sind, wenn aufgrund dieser Versorgung tatsächlich Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung erteilt wurde. Da dies hier nach dem unstreitigen Vorbringen der Beteiligten beim Ehemann seit 1. Juli 1984 und bei der Ehefrau seit 1. Januar 1989 der Fall ist, bedarf es keiner Entscheidung dieser Streitfrage.
Wesentliche Voraussetzung für die Annahme einer beamtenähnlichen Versorgung ist, daß der Dienstherr oder Arbeitgeber die Versorgung selbst zusagt, ohne sich hierbei einer gesonderten Versorgungseinrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit zu bedienen. Denn es gehört zu den bestimmenden Merkmalen einer beamtenähnlichen Versorgung, daß der Dienstherr die Versorgung in Erfüllung seiner Fürsorge- und Alimentationspflicht gegenüber seinen Bediensteten unmittelbar gewährt und ihr wirtschaftliches Risiko selbst trägt. Zusatzversorgungskassen mit Leistungen nach Versicherungsprinzipien aufgrund eingezahlter Beiträge erfüllen diese Voraussetzungen nicht, auch wenn sie dem Arbeitnehmer im Ergebnis eine der Beamtenversorgung angeglichene Gesamtversorgung sichern. Denn der Arbeitgeber oder Dienstherr leistet lediglich Zuschüsse oder Umlagen zu dieser Versorgungseinrichtung, solange der Arbeitnehmer aktiv in seinen Diensten steht, ohne ihm jedoch die Versorgung im Versorgungsfall selbst zu gewähren (Johannsen/Henrich/Hahne a.a.O. Rdn. 36; MünchKomm/Maier a.a.O. Rdn. 26, 27; Lueg/v. Maydell a.a.O. Rdn. 77). Kennzeichnend ist weiterhin, daß der Beschäftigte nicht durch eigene Beitragsaufwendungen zu der Finanzierung der späteren Versorgungsleistung beiträgt (Lueg/v. Maydell a.a.O. Rdn, 78).
Der Qualifizierung als beamtenähnliche Versorgung steht andererseits nicht entgegen, daß in der Ruhelohnordnung o.ä. vorgesehen ist, daß auf die zugesagte Versorgung eine gesetzliche Rente und/oder andere Versorgungen (z.B. befreiende Lebensversicherung, Unfallversicherung, betriebliche Altersversorgung o.ä.) anzurechnen sind oder umgekehrt die Rente auf eine angemessene Gesamtversorgung nach beamtenrechtlichen Maßstäben erhöht wird (sog. zusammengesetzte oder gefugte Versorgung, vgl. MünchKomm/Maier a.a.O. Rdn. 28, Schmalhofer a.a.O. S. 26; Bastian/Klinkhardt a.a.O. Rdn. 12 und 14; Lueg/v. Maydell a.a.O. Rdn. 81, 82). Denn auch das Beamtenversorgungsrecht kennt Bestimmungen über die Anrechnung von Renten auf die Beamtenversorgung (vgl. § 55 BeamtVG). Wesentlich ist nur, daß der die gesetzliche Rente oder andere Versorgungsarten aufstockende Teil vom Arbeitgeber selbst getragen wird. Bei den sog. zusammengesetzten Versorgungen ist es daher auch unschädlich, wenn im Einzelfall neben der beamtenähnlichen Versorgungszusage die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung fortbesteht. Zwar liegt dann keine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI vor, jedoch verliert die vom Arbeitgeber erteilte Versorgungszusage nicht ihre Eigenschaft als beamtenähnliche Versorgung (Lueg/v. Maydell a.a.O. Rdn. 83, 84). Das deutet darauf hin, daß die Versicherungsfreiheit lediglich als Indiz, nicht aber als ausschlaggebendes Kriterium für eine beamtenähnliche Versorgung anzusehen sein dürfte.
b) Die dem Ehemann mit Vertrag vom 1. April 1981 zugesagte Versorgung erfüllt die dargelegten Voraussetzungen einer beamtenähnlichen Versorgung i.S. von § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Laut § 1 des Vertrages gewährt ihm die Bank selbst ein lebenslängliches Ruhegehalt für den Fall des Alters oder der dauernden Dienstunfähigkeit. Es errechnet sich wie die Beamtenversorgung nach der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und den zuletzt gezahlten Bezügen einschließlich ruhegehaltfähiger Zulagen (§ 4). Die danach erreichbare Versorgung von 75 % des Endgehalts entspricht der Höhe nach der Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz, welches auch im übrigen in § 4.2 Satz 3 des Vertrages für entsprechend anwendbar erklärt ist. Auch für die zugesagte Hinterbliebenenversorgung gelten die Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes (§ 5). Eigene Beitragsaufwendungen des Ehemannes sind nicht vorgesehen. Von der Versicherungspflicht in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung ist er von vornherein befreit. Ferner ist er seit 1. Juli 1984 aufgrund eines entsprechenden Antrages der WestLB nach dem seinerzeit noch geltenden § 8 AVG von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit (§ 7). Soweit er bis zu diesem Zeitpunkt Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat, werden sie auf seine Versorgung angerechnet, so daß es sich insoweit um eine zusammengesetzte Versorgung handelt (§ 6). Gleiches gilt nach § 6 Satz 3 für die Leistungen, die er ggf. aus seiner (unverfallbar gewordenen) früheren betrieblichen Altersversorgung oder betrieblichen Zusatzversorgung erhält. Diese Anrechnungsregelung steht nach dem zuvor Gesagten der Beurteilung als beamtenähnliche Versorgung nicht entgegen. § 6 Satz 3 ist zugleich ein Hinweis darauf, daß die WestLB selbst unterscheidet zwischen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einerseits, wie sie etwa von der in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Unterstützungseinrichtung der WestLB gewährt werden, und den Versorgungsleistungen aus dem Versorgungsvertrag andererseits.
Der Einwand der WestLB, eine beamtenähnliche Versorgung müsse schon deshalb ausscheiden, weil es sich bei ihr nicht um eine der in § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 AVG genannten Körperschaften handele, geht fehl. Zwar gehört sie nicht zu den Landeszentralbanken gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 AVG (Rothe, Sparkassengesetz Nordrhein-Westfalen § 34 Anm. II 2). Sie ist aber eine andere öffentlich-rechtliche Anstalt i.S. des § 8 Abs. 1 AVG bzw. des nach der Rentenreform 1992 nunmehr geltenden § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, der u.a. sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten etc. des öffentlichen Rechts mit beamtenähnlicher Versorgung zusammenfaßt. Unabhängig davon ist es für die Zwecke der Bewertung im Versorgungsausgleich nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB unbeachtlich, ob die Versorgung bei einem öffentlich-rechtlich organisierten Arbeitgeber besteht. Eine beamtenähnliche Versorgung kommt auch bei privaten Arbeitgebern in Betracht. Deren Rechtsform ist vielmehr nur für die Frage der Ausgleichsform nach §§ 1587 b Abs. 2 BGB, 1 Abs. 3 VAHRG von Bedeutung (Senatsbeschlüsse vom 17. April 1985 – IVb ZB 796/81 – FamRZ 1985, 794, 795; und vom 13. November 1985 – IVb ZB 61/84 – FamRZ 1986, 248, 249 Bastian/Klinkhardt a.a.O. Rdn. 11, 15; Johannsen/Henrich/Hahne a.a.O. Rdn. 34; MünchKomm/Maier a.a.O. Rdn. 31).
Die weitere Beschwerde meint weiter, gegen die Bewertung als beamtenähnliche Versorgung spreche der Umstand, daß die Versorgungszusage bei vorzeitiger Kündigung des Arbeitsverhältnisses entfalle und nur ein Anspruch auf Nachversicherung in der Zusatzversorgungskasse gemäß § 18 Abs. 6 BetrAVG bestehe. Die Versorgung sei daher nicht unverfallbar. Zudem erfasse die Nachversicherung gemäß § 18 Abs. 6 Satz 2 BetrAVG nur den Zeitraum zwischen dem Erwerb der beamtenähnlichen Versorgung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ohne daß Vordienstzeiten, die bei der Berechnung beamtenähnlicher Versorgungen angerechnet werden, in die Nachversicherung mit einflössen und bei der Berechnung des Anwartschaftswerts ihren Niederschlag fänden. Etwaige dadurch entstehende Versorgungseinbußen müsse der Arbeitgeber auch nicht ausgleichen.
Auch mit diesem Einwand dringt sie nicht durch. Das Merkmal der Unverfallbarkeit ist weder Voraussetzung für eine Beamten- noch für eine beamtenähnliche Versorgung. Auch Beamte verlieren bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Dienst ihre Beamtenversorgung und werden für die tatsächlich zurückgelegten Dienstjahre in Höhe ihres jeweiligen Gehaltes bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, wodurch sich in der Regel ein geringerer Wert ergibt als in der Beamtenversorgung (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SVG VI, §§ 181 ff. SGB VI). An der Qualifikation als Beamten- oder beamtenähnliche Versorgung ändert diese mögliche Entwicklung jedoch nichts. Der Gesetzgeber hat für die Zwecke des Versorgungsausgleichs im Bereich der Beamten- und beamtenähnlichen Versorgungen vielmehr ausdrücklich auf die Erfüllung zeitlicher Voraussetzungen verzichtet und die Berücksichtigung des spezifisch auf betriebliche Altersversorgungen zugeschnittenen Merkmals der Verfallbarkeit auf den dortigen Bereich beschränkt (§ 1587 a Abs. 7 BGB). Eine ausdehnende Anwendung kommt nicht in Betracht (Senatsbeschluß vom 23. September 1987 – IVb ZB 86/85 – FamRZ 1988, 51, 52 f.). Liegen daher die besonderen Voraussetzungen, einer beamtenähnlichen Versorgung i.S. der Sonderregelung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, stellt sich die Frage nach der Unverfallbarkeit der Versorgung nicht. Damit scheidet – ähnlich wie bei echten Beamtenversorgungen – die von der weiteren Beschwerde erstrebte Lösung aus, nur den auf einer Nachversicherung beruhenden, dynamisierten Wert der Versicherungsrente in der Zusatzversorgungskasse sowie – was sowohl die WestLB als auch das Amtsgericht bisher übersehen haben – den Nachversicherungswert in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Ziff. 2 SGB VI in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
Der Ehemann wird dadurch, daß seine Versorgung für den Versorgungsausgleich nicht auf den Nachversicherungswert beschränkt wird, auch nicht unbillig belastet. Tritt der Nachversicherungsfall wegen vorzeitiger Beendigung seines Arbeitsverhältnisses tatsächlich ein, kann er gemäß § 10 a VAHRG Abänderung beantragen.
3. Die gleichen Erwägungen treffen auch auf die beamtenähnliche Versorgungszusage für die Ehefrau vom 1. Juli 1988 zu. Obwohl diese Zusage erst nach Ehezeitende erteilt wurde, hat sie das Oberlandesgericht zutreffend in entsprechender Anwendung des § 10 a VAHRG in den Versorgungsausgleich einbezogen (vgl. Senatsbeschluß vom 6. Juli 1988 – IVb ZB 151/84 – FamRZ 1988, 1148 ff.).
4. Gegen die Bewertung, die das Oberlandesgericht bei beiden Versorgungen jeweils unter Anrechnung des Ehezeitanteils der gesetzlichen Rente auf den Ehezeitanteil der Gesamtversorgung nach der sog. VBL-Methode vorgenommen hat (vgl. Senatsbeschluß vom 9. Januar 1985 – IVb ZB 715/80 – FamRZ 1985, 363; ferner OLG München FamRZ 1901, 576, 578), bestehen im Ansatz keine Bedenken und werden von der weiteren Beschwerde auch nicht geltend gemacht.
5. Dennoch kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts keinen Bestand haben. Denn es ist nicht auszuschließen, daß sich die auf die Gesamtversorgung anzurechnenden gesetzlichen Rentenanwartschaften der Ehegatten aufgrund des seit 1. Januar 1992 in Kraft getretenen neuen Rentenrechts geändert haben. Dies würde sich auf die Berechnung des gesamten Ausgleichsgefüges auswirken (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Oktober 1992 – XII ZB 58/91 – FamRZ 1993, 294 ff., 297). Der Senat ist daher nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden. Die Sache muß vielmehr zur Neuberechnung der gesetzlichen Renten und der Versorgungsanwartschaften bei der WestLB an das Oberlandesgericht zurückverwiesen werden. Das gibt zugleich Gelegenheit nachzuprüfen, ob bei den Ehegatten neben den gesetzlichen Renten ggf. auch Anrechte aus unverfallbar gewordenen betrieblichen Altersversorgungen oder betrieblichen Zusatzversicherungen nach § 6 Satz 3 der Versorgungsverträge auf die zugesagte Gesamtversorgung anzurechnen sind.
6. Gegen die Form des Ausgleichs nach § 1587 b Abs. 2 bestehen keine Bedenken, da die WestLB zu den in § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI genannten Anstalten des öffentlichen Rechts gehört.
Unterschriften
Blumenröhr, Zysk, Nonnenkamp, Knauber, Hahne
Fundstellen
Haufe-Index 1502317 |
Nachschlagewerk BGH |