Leitsatz (amtlich)
Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Befangenheitsgesuch entfällt grundsätzlich, wenn der abgelehnte Richter an ein anderes Gericht abgeordnet und infolgedessen ein anderer Richter mit der Sache befasst wird.
Normenkette
ZPO §§ 42, 46
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des OLG Oldenburg - Senat für Landwirtschaftssachen - vom 26.1.2015 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 35.497,79 EUR.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Parteien schlossen am 9.3.2011 einen Pachtvertrag über einen landwirtschaftlichen Betrieb. Nachdem der Beklagte keine Pachtzinsen zahlte, focht der Kläger den Pachtvertrag wegen arglistiger Täuschung an und reichte Zahlungsklage bei dem AG - Landwirtschaftsgericht - Emden in Niedersachsen ein. Ferner stellte er Strafantrag. Daraufhin leitete der damalige Staatsanwalt H. ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs ein und führte die Ermittlungen. Das AG Emden verurteilte den Beklagten am 14.8.2013 zu einer Geldstrafe. Das Urteil ist rechtskräftig.
Rz. 2
Seit dem Sommer 2014 war der frühere Staatsanwalt H. zuständig für Landwirtschaftssachen bei dem AG Emden und damit auch für die Zahlungsklage. Der Beklagte lehnte ihn als befangen ab. Diesen Antrag hat ein anderer Richter am AG Emden zurückgewiesen. Das OLG hat die Beschwerde des Beklagten unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Zum 1.2.2015 wurde der Richter H. an das AG Brilon in Nordrhein-Westfalen abgeordnet. Mit der am 20.2.2015 eingelegten Rechtsbeschwerde will der Beklagte weiterhin erreichen, dass dem Befangenheitsgesuch stattgegeben wird.
II.
Rz. 3
Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Rz. 4
1. Mit der nach Erlass der angefochtenen Entscheidung erfolgten Abordnung des Richters H. zum 1.2.2015 an das AG Brilon ist das Rechtsschutzbedürfnis für das Befangenheitsgesuch und damit auch für ein darauf bezogenes Rechtsmittelverfahren entfallen.
Rz. 5
a) Das Rechtsschutzbedürfnis für die Ablehnung eines Richters besteht nicht, wenn dieser mit der Sache nicht, nicht mehr oder nicht wieder befasst werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 29.1.2003 - IX ZR 137/00, WM 2003, 847 f.; Beschl. v. 4.5.2011 - AnwZ (B) 12/10, juris Rz. 8). Nach einhelliger Auffassung entfällt es daher, wenn der als befangen abgelehnte Richter aufgrund eines Wechsels der Geschäftsverteilung nicht mehr für die Sache zuständig ist (BGH, Beschl. v. 21.2.2011 - II ZB 2/10, NJW 2011, 1358 Rz. 10; BayObLGReport 2002, 101; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1260; FamRZ 2007, 55; OLG Celle OLGReport Celle 2008, 216; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 46 Rz. 18; Prütting/Mannebeck, ZPO, 7. Aufl., § 46 Rz. 3).
Rz. 6
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde entfällt das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich auch dann, wenn der abgelehnte Richter an ein anderes Gericht abgeordnet und infolgedessen ein anderer Richter mit der Sache befasst wird (so zu Recht Prütting/Mannebeck, ZPO, 7. Aufl., § 46 Rz. 3). Eine Ausnahme käme nur dann in Betracht, wenn es tragfähige Anhaltspunkte dafür gäbe, dass nach einem absehbaren Ende der Abordnung die ursprüngliche Geschäftsverteilung wiederhergestellt und der als befangen abgelehnte Richter erneut für die Sache zuständig werden wird. Solche Anhaltspunkte zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf; sie sind auch nicht ersichtlich, weil eine Abordnung - wie hier - in den Geschäftsbereich eines anderen Bundeslands in der Regel im Vorfeld einer Versetzung erfolgt.
Rz. 7
2. Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Kosten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es bereits bei seiner Einlegung am 20.2.2015 unzulässig war und die Kostenentscheidung gem. § 99 Abs. 1 ZPO nicht isoliert anfechtbar ist.
III.
Rz. 8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens entspricht dem des Hauptsacheverfahrens (vgl. BGH, Beschl. v. 17.1.1968 - IV ZB 3/68, NJW 1968, 796; BGH, Beschl. v. 6.4.2006 - V ZB 194/05, juris Rz. 33, insoweit in NJW 2006, 2492 nicht abgedruckt).
Fundstellen
NJW 2016, 8 |
FamRZ 2016, 303 |
NJW-RR 2016, 127 |
JurBüro 2016, 220 |
JZ 2016, 71 |
MDR 2016, 176 |