Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 04.12.2002) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 4. Dezember 2002 wird
- das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
- das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der schweren räuberischen Erpressung in neun Fällen, davon in einem Fall versucht, schuldig ist;
- die Urteilsformel dahin ergänzt, daß die in Estland erlittene Auslieferungshaft im Maßstab 2:1 auf die erkannte Strafe angerechnet wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „schwerer, bandenmäßig begangener räuberischer Erpressung in zehn Fällen, davon in zwei Fällen versucht”, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat lediglich in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
I. Soweit der Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe (versuchter Banküberfall am 11. Januar 2001 in F.) wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung verurteilt worden ist, führt die bisher nicht ausreichend geklärte Frage der Spezialität (Art. 14 EuALÜbk) zur Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO.
Das Auslieferungsverfahren, in dessen Verlauf der Angeklagte von der Republik Estland in die Bundesrepublik Deutschland überstellt wurde, hatte seine Grundlage im Ersuchen des Bundesministeriums der Justiz vom 26. Juni 2001. Darin wird gebeten, den Angeklagten „zur Strafverfolgung wegen der in dem Haftbefehl des Amtsgerichts Duisburg vom 15. Mai 2001 aufgeführten Straftaten auszuliefern”. Dieser Haftbefehl enthält die der Verurteilung zugrunde liegenden Fälle II. 6. und 7. Die am 11. Januar 2001 begangene Tat ist demgegenüber in einem Haftbefehl des Amtsgerichts Frankfurt vom 24. April 2001 enthalten, der dem Auslieferungsersuchen lediglich als Anlage beigefügt war und der von der Auslieferungsbewilligung der Republik Estland vom 7. August 2001 nicht in Bezug genommen wird. Der Angeklagte hat auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes nicht verzichtet. Da für den Umfang der Beschränkungen durch den Grundsatz der Spezialität der Wortlaut der Auslieferungsbewilligung des ersuchten Staates maßgeblich ist (BGH, Urt. vom 14. November 1979 – 3 StR 329/79, abgedruckt in Eser/Lagodny/Wilkitzki, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 2. Aufl. 1993 Nr. U 26) erscheint zweifelhaft, ob die Auslieferungsbewilligung – auch unter Berücksichtigung des Schweigens der Republik Estland auf eine Nachfrage zur Klärung des Umfangs der Auslieferungsbewilligung – dahin zu verstehen ist, daß sie sich auf den Banküberfall vom 11. Januar 2001 erstreckt. Da der Tatvorwurf nicht ins Gewicht fällt, sieht der Senat von einer weiteren Klärung ab und stellt entsprechend dem hilfsweise gestellten Antrag des Generalbundesanwalts das Verfahren insoweit nach § 154 Abs. 2 StPO ein.
Der Senat schließt angesichts der Einsatzstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe sowie der Höhe der verbleibenden Einzelstrafen (fünf Freiheitsstrafen von sechs Jahren und sechs Monaten, zwei Freiheitsstrafen von sechs Jahren, eine Freiheitsstrafe von drei Jahren) aus, daß die Strafkammer ohne die weggefallene Einzelstrafe eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe ausgesprochen hätte.
II. Die Urteilsformel war um die Entscheidung über die Anrechnung der in Estland erlittenen Freiheitsentziehung zu ergänzen. Das Landgericht hat die gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB erforderliche Bestimmung über den Maßstab, nach dem die Freiheitsentziehung auf die hier erkannte Freiheitsstrafe anzurechnen ist, zwar in den Urteilsgründen getroffen. Diese Entscheidung muß jedoch in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen (vgl. BGHSt 27, 287, 288).
III. Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 21. Juli 2003 dargelegten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Zur Annahme des Qualifikationsmerkmals bandenmäßiger Begehung im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB bemerkt der Senat ergänzend: Der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe läßt noch hinreichend deutlich erkennen, daß der Angeklagte Mitglied einer Bande war, der zu jedem Zeitpunkt mindestens drei Personen angehörten, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen (BGHSt 46, 321). Dies ergibt sich insbesondere aus der Aussage des Zeugen P. (UA S. 26), die das Landgericht erkennbar seinen Feststellungen zugrunde gelegt hat. Aus ihr folgt weiter, daß die jeweils als „Geldübernehmer” vor der Bank eingesetzte Person „innerhalb der Organisation”, in der der Angeklagte und der gesondert abgeurteilte K. eine herausragende Stellung inne hatten, bereits aufgestiegen war und deshalb als Bandenmitglied anzusehen ist. Es reicht aus, wenn ein Bandenmitglied als Täter und ein anderes Bandenmitglied bei der räuberischen Erpressung in irgendeiner Weise zusammenwirken. Die Bedrohung des Opfers selbst kann auch durch eine bandenfremde Person ausgeübt werden (vgl. BGHSt 46, 321).
Unterschriften
Winkler, Miebach, Pfister, Becker, Hubert
Fundstellen
Haufe-Index 2557873 |
StraFo 2004, 144 |