Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Urteil vom 18.03.2008) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 18. März 2008 im Ausspruch über die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, wegen versuchter schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Die auf § 66 Abs. 2 StGB gestützte Anordnung der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand, weil das angefochtene Urteil keine ausreichenden Feststellungen zu den formellen Voraussetzungen der Maßregel enthält.
Rz. 3
Das Landgericht, das gegen den Angeklagten wegen der am 28. Juli 2006 und 4. August 2007 begangenen Sexualstraftaten Einzelstrafen von vier Jahren und sechs Monaten sowie von zwei Jahren und sechs Monaten festgesetzt hat, hat festgestellt, dass der Angeklagte bereits am 12. Dezember 2000 – rechtskräftig seit diesem Tag – wegen zweier weiterer Sexualdelikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden war, der Einzelstrafen von einem Jahr und zwei Monaten sowie von zwei Jahren zugrunde lagen.
Rz. 4
Eine frühere Tat darf zur Begründung der formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB jedoch nicht herangezogen werden, wenn zwischen ihrer Begehung und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre vergangen sind (§ 66 Abs. 4 Satz 3 StGB). Nicht eingerechnet werden in die Frist dieser „Rückfallverjährung” allerdings diejenigen Zeiten, in denen der Täter aufgrund einer behördlichen Anordnung in einer Anstalt verwahrt wurde (§ 66 Abs. 4 Satz 4 StGB). Um dem Revisionsgericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob – auf dieser Grundlage – die Maßregel zu Recht angeordnet wurde, muss das Tatgericht im Urteil die Tatzeiten der Vorverurteilungen sowie die zwischenzeitlichen Verwahrzeiten feststellen. Daran fehlt es. Dem Urteil ist lediglich zu entnehmen, dass sich der Angeklagte vom 13. März 2000 bis zum 20. Dezember 2002 in Untersuchungs- bzw. Strafhaft befunden hat. Die Tatzeiten der im Dezember 2000 abgeurteilten Delikte teilt das Landgericht dagegen nicht mit.
Rz. 5
Der Senat vermag daher nicht festzustellen, ob das Landgericht die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB rechtsfehlerfrei bejaht hat. Über die Anordnung der Sicherungsverwahrung muss daher neu entschieden werden.
Rz. 6
Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass es sich empfiehlt, einen anderen Sachverständigen mit der Begutachtung zu beauftragen.
Unterschriften
Becker, Miebach, Pfister, Sost-Scheible, Hubert
Fundstellen
Haufe-Index 2560954 |
NStZ-RR 2009, 104 |