Verfahrensgang
LG Dresden (Urteil vom 16.07.2012) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 16. Juli 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist zum Schuldspruch unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO. Zum Rechtsfolgenausspruch hat sie Erfolg.
Rz. 2
1. Das Absehen von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist nicht tragfähig begründet. Das Landgericht hat aufgrund der Polytoxikomanie des Angeklagten zwar einen Hang im Sinne des § 64 StGB bejaht, jedoch einen symptomatischen Zusammenhang zwischen der Tat und diesem Hang mit der Begründung verneint, dass der Verkauf von Betäubungsmitteln „hier ausschließlich der Finanzierung des Lebensbedarfs” des Angeklagten diente (UA S. 21); ein Beschaffungsdelikt wird verneint. Dass der Betäubungsmittelhandel, den der Angeklagte nach Überzeugung der Strafkammer „bereits über einen längeren Zeitraum und in einem erheblichem Umfang” betrieb, für ihn „sehr gewinnbringend” war und er „somit bei der Begehung der konkreten Tathandlung ausschließlich aus Gewinnsucht” handelte (UA S. 21, 22), steht in Widerspruch zu den von der Strafkammer unwiderlegt hingenommenen Angaben des Angeklagten, sein Krankenversicherungsverhältnis sei wegen Beitragsrückständen beendet worden und er habe Mietschulden in Höhe von 1.700 EUR. Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte über legale Einkünfte verfügte, die ihm die Finanzierung seines Drogenkonsums ermöglicht hätten. Im Übrigen erscheint es naheliegend, dass bereits der tägliche Konsum von Haschisch und Crystal zu einer Einbindung des Angeklagten in Erwerbsvorgänge geführt hat, welche die Aufnahme und Aufrechterhaltung seiner auf eben diese Drogen bezogenen Handelstätigkeit begünstigt hat.
Rz. 3
2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch bei Verhängung einer Maßregel nach § 64 StGB geringer ausgefallen wäre. Außerdem wird das neue Tatgericht, das zur Frage der Voraussetzungen des § 64 StGB den Sachverständigen wieder hinzuziehen muss (§ 246a StPO), diesen erneut auch zu den Voraussetzungen des § 21 StGB zu befragen haben. Zur Frage mangelnder Beschwer durch die Nichtanordnung einer Maßregel nach § 64 StGB verweist der Senat auf seinen Beschluss vom gestrigen Tag (5 StR 548/12).
Rz. 4
Zur Strafhöhe weist der Senat ferner darauf hin, dass der bislang der im angefochtenen Urteil strafschärfend berücksichtigte Umstand, die Durchsuchungsbeamten seien beim Auffinden und Transport des Sprengstoffes einer „erheblichen Lebensgefahr” ausgesetzt gewesen, konkreter belegt werden sollte.
Unterschriften
Basdorf, Schaal, Schneider, Dölp, Bellay
Fundstellen