Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 11.02.2019; Aktenzeichen 3300 Js 1437/18 3 KLs) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 11. Februar 2019, soweit es ihn betrifft, im Maßregelausspruch dahin geändert, dass die im Urteil des Landgerichts Mainz vom 17. Dezember 2018 angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten wird und die erneute Anordnung dieser Maßregel entfällt; der angeordnete Vorwegvollzug von einem Jahr und drei Monaten bleibt bestehen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Mainz vom 17. Dezember 2018 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Außerdem hat die Strafkammer die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet, einen Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten festgesetzt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Während die Nachprüfung des Urteils zum Schuld- und Strafausspruch, zu den Einziehungsentscheidungen sowie zu dem angeordneten Vorwegvollzug keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht hat, erweist sich die (erneute) Maßregelanordnung nach § 64 StGB als rechtsfehlerhaft.
Rz. 3
1. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass bei dem Angeklagten die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auch zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch vorlagen. Mit Blick darauf, dass die jetzt abgeurteilten Taten vor der früheren, die Maßregel anordnenden Verurteilung des Angeklagten begangen wurden, hätte die Strafkammer indes die im Urteil des Landgerichts Mainz vom 17. Dezember 2018 angeordnete Maßregel aufrechterhalten müssen. Denn in diesem Fall haben die Grundsätze der nachträglichen Gesamtstrafenbildung Vorrang vor der Regelung des § 67f StGB (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 25. November 2010 – 3 StR 406/10, NStZ-RR 2011, 243 mwN). Der Senat hat dies nachgeholt. Die vom Landgericht neu angeordnete Maßregel hatte deshalb zu entfallen (§ 354 Abs. 1 analog StPO).
Rz. 4
2. Die Anordnung des Vorwegvollzugs hat Bestand. Gemäß § 67 Abs. 1 StGB ist die Maßregel vor der Strafe zu vollstrecken. Das Gericht bestimmt jedoch, dass die Strafe oder auch ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird (§ 67 Abs. 2 Satz 1 StGB). Ist – wie hier – eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verhängt, „soll” das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist (§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB). Liegen keine gewichtigen Gründe des Einzelfalls vor, die dazu führen, dass eine andere Entscheidung eher die Erreichung des Therapieerfolges erwarten lässt, ist der Teil der vorweg zu vollziehenden Freiheitsstrafe so zu berechnen, dass nach seiner Vollstreckung und einer anschließenden Unterbringung eine Bewährungsentscheidung (nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB) möglich ist (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2008 – 1 StR 644/07, NStZ-RR 2008, 142).
Rz. 5
Gemessen an diesen Maßstäben hat das Landgericht ausgehend von einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten und einer zu erwartenden Therapiedauer von zwei Jahren den Vorwegvollzug zutreffend festgesetzt. Gründe, die einen ausnahmsweisen Verzicht auf einen Vorwegvollzug nahegelegt hätten, haben nicht vorgelegen. Insbesondere hat die Anordnung des Vorwegvollzugs nicht zu einer Herausnahme des Angeklagten aus einem bereits begonnenen Maßregelvollzug geführt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. November 2010 – 3 StR 406/10, NStZ-RR 2011, 243; vom 13. November 2018 – 3 StR 243/18, NStZ-RR 2019, 208, 209), denn ausweislich der angegriffenen Entscheidung hat sich der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt noch in Strafhaft befunden. Etwaigen nach Urteilserlass eingetretenen Veränderungen in der Vollstreckungssituation kann durch Anordnungen nach § 67 Abs. 3 StGB Rechnung getragen werden.
Rz. 6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten auch nur teilweise von dem durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.
Unterschriften
Schäfer, Gericke, Wimmer, Hoch, Erbguth
Fundstellen
Dokument-Index HI13626698 |