Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 12.05.2015) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 12. Mai 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. Ü. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten A. Ü. hat es wegen Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es Verfalls- und Einziehungsentscheidungen getroffen.
Rz. 2
Die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten bleiben zum Schuld- und zum Strafausspruch sowie zu den Verfalls- und Einziehungsentscheidungen ohne Erfolg. Sie führen jedoch zur Aufhebung des Urteils, soweit die Nichtanordnung der Unterbringung in einen Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) betroffen ist. Wie die Revision mit Recht beanstandet, hat sich das Landgericht nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterzubringen sind, obwohl hierzu Anlass bestand.
Rz. 3
Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte H. … Ü. … seit mehreren Jahren Cannabisprodukte sowie Amphetamin und Heroin, außerdem Diazepam und Rohypnol. Auch der wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringe Menge und wegen Besitzes von Amphetamin vorbestrafte Angeklagte A. Ü. konsumierte bereits seit mehreren Jahren Cannabisprodukte. Darüber hinaus verwendeten die beiden Angeklagten einen Teil der verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittel zum Eigenkonsum. Zwar vermochte das Landgericht – worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist – keine genauen Angaben zu den Konsummengen der beiden Angeklagten treffen. Der Angeklagte H. Ü. hatte jedoch angegeben, vor seiner Inhaftierung täglich zwei Gramm Heroin konsumiert zu haben; der Angeklagte A. Ü. hatte bekundet, Marihuana und Amphetamin zu konsumieren, und hinzugefügt, dass sein Konsum größer als derjenige seines Bruders sei.
Rz. 4
Bei dieser Sachlage hätte sich das Landgericht bezüglich beider Angeklagten zur näheren Erörterung der Frage gedrängt sehen müssen, ob die Voraussetzungen des § 64 StGB vorlagen.
Rz. 5
Über die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist deshalb hinsichtlich beider Angeklagter neu zu befinden. Dass nur die Angeklagten Revision eingelegt haben, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 9). Einer Aufhebung des Strafausspruchs bedarf es nicht. Der Senat schließt aus, dass die Strafen geringer ausgefallen wären, wenn das Landgericht die Maßregel angeordnet hätte.
Unterschriften
Fischer, Appl, Eschelbach, Zeng, Bartel
Fundstellen