Entscheidungsstichwort (Thema)
bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Tenor
1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. November 1999 auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Damit ist der Verwerfungsbeschluß des Landgerichts vom 26. Januar 2000 gegenstandslos.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil
- im Strafausspruch,
- soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist,
mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit deren unerlaubter Einfuhr, sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über zwei halbautomatische Selbstladekurzwaffen (nicht: „in 2 Fällen”) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und einen Geldbetrag in Höhe von DM 8.000,– für verfallen erklärt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat – nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist – zum Rechtsfolgenausspruch im wesentlichen Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Urteil kann keinen Bestand haben, soweit das Landgericht davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 28. Februar 2000 ausführlich näher dargelegt hat. Ergänzend dazu bemerkt der Senat, daß die Begründung, mit der das Landgericht – dem gehörten Sachverständigen folgend – den symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang des Angeklagten zum Konsum von Betäubungsmitteln und den abgeurteilten Taten verneint, auch widersprüchlich ist; zudem entbehrt die Auffassung der Strafkammer, die Taten seien „Ausdruck einer kriminellen bzw. soziopathischen Grundstruktur des Angeklagten” (UA 12), einer näheren tatsächlichen Begründung. Zwar teilt das Urteil – pauschal – mit, das Bundeszentralregister enthalte gegen den Angeklagten „23 Eintragungen” (UA 4). Daraus läßt sich jedoch noch nicht ohne weiteres auf eine „kriminelle und soziopathische Grundstruktur” schließen. Demgegenüber erörtert das Landgericht eine solche Persönlichkeitsauffälligkeit oder -störung auch nicht im Rahmen der Schuldfähigkeitsbeurteilung. Vielmehr wird danach die – tatauslösende – erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit allein auf die „Polytoxikomanie von Alkohol und Kokain” zurückgeführt (UA 10, ebenso UA 4).
2. Von dem aufgezeigten Rechtsfehler ist auch der Strafausspruch betroffen. Der Senat kann – insoweit entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – nicht ausschließen, daß die verhängten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht eine Maßregelanordnung nach § 64 StGB getroffen hätte. Im übrigen ist der Strafausspruch auch mit Blick auf das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB rechtlichen Bedenken ausgesetzt, soweit das Landgericht dem Angeklagten strafschärfend anlastet, er habe sich „die erforderlichen Kontakte und das erforderliche Wissen (des H.) für die Beschaffung des Rauschgifts … ohne größere Bedenken um des eigenen Vorteils willen zu eigen (gemacht) und davon zu profitieren (gesucht)” (UA 11). Berücksichtigt werden darf beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zwar ein besonders verwerfliches, den Rahmen des Tatbestandsmäßigen deutlich übersteigendes Gewinnstreben (std. Rspr.; Weber BtMG vor § 29 Rdn. 469 m.N.). Dafür geben die Feststellungen aber nichts her, zumal der Angeklagte mit dem Gewinn auch seinen eigenen Konsum zu finanzieren hoffte.
Unterschriften
Meyer-Goßner, Maatz, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen