Leitsatz (amtlich)
Die Mitteilung der Vorkaufsrechtsausübung gem. § 6 Abs. 1 Satz 3 RSG enthält im Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des ursprünglichen Kaufvertrags einen Verwaltungsakt, mit dem die Genehmigungsbehörde die Genehmigung in modifizierter Form versagt; dieser Verwaltungsakt kann (nur) im Einwendungsverfahren gem. § 10 RSG durch die Landwirtschaftsgerichte überprüft werden.
In dem Einwendungsverfahren gem. § 10 RSG sind die Landwirtschaftsgerichte auf die Prüfung beschränkt, ob die Veräußerung der Genehmigung bedurfte und ob diese nach § 9 GrdstVG zu versagen wäre; die sonstigen sich aus dem Siedlungsrecht ergebenden Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht nach § 4 RSG (insb. die Frage, ob die verkauften Flächen eine wirtschaftliche Einheit bilden) sind dem (zwischen dem Verkäufer und dem Siedlungsunternehmen zu führenden) Zivilprozess vorbehalten (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 28.11.2014 - BLw 3/13, NJW 2015, 1520 Rz. 30, insoweit in BGHZ 203, 297 ff. nicht abgedruckt).
Normenkette
GrdstVG §§ 9, 9 Abs. 1 Nr. 1; RSG §§ 4, 10, 6 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss des Landwirtschaftssenats des OLG Dresden vom 2.5.2016 werden zurückgewiesen.
Die in dem Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen Gerichtskosten tragen die Beteiligten zu 2) und 3) je zur Hälfte. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 16.269,10 EUR.
Gründe
I.
Rz. 1
Mit notariellem Vertrag vom 10.12.2014 verkaufte die Beteiligte zu 1) (BVVG) siebenundzwanzig Flurstücke in einer Größe von insgesamt ca. 5,25 ha zum Preis von 16.269,10 EUR an den Beteiligten zu 2), der in Vollzeit als Bundespolizist tätig ist. Es handelt sich um Acker- und Grünland sowie Waldboden und sonstige Flächen. Vier der Flurstücke sind größer als 0,5 ha. Der Notar übersandte den Kaufvertrag an die Beteiligte zu 4) (Genehmigungsbehörde), wo er am 26.1.2015 einging. Mit Zwischenbescheid vom 2.2.2015 verlängerte die Genehmigungsbehörde die Frist, innerhalb derer die Entscheidung über die Genehmigung zu treffen ist, zunächst auf zwei Monate. Mit weiterem Zwischenbescheid vom 18.2.2015 verlängerte sie sie sodann auf drei Monate; der Vertrag sei der vorkaufsberechtigten Stelle zur Herbeiführung einer Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts vorzulegen, da eine Agrargenossenschaft an dem Erwerb der Flurstücke zu den Bedingungen des Kaufvertrags interessiert sei. Am 11.3.2015 teilte die Beteiligte zu 3) (Siedlungsunternehmen) der Genehmigungsbehörde mit, dass sie das Vorkaufsrecht ausübe. Dies teilte die Genehmigungsbehörde den Kaufvertragsparteien mit Bescheid vom 17.3.2015 mit.
Rz. 2
Auf den Antrag des Beteiligten zu 2) auf gerichtliche Entscheidung hat das AG - Landwirtschaftsgericht - die Einwendungen gegen die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts zurückgewiesen. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat der Senat für Landwirtschaftssachen des OLG zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung das Siedlungsunternehmen beantragt, will der Beteiligte zu 2) erreichen, dass der Bescheid über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts aufgehoben und der Kaufvertrag genehmigt wird. Das Siedlungsunternehmen seinerseits verfolgt mit der Rechtsbeschwerde das Ziel einer Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahingehend, dass das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt worden ist.
II.
Rz. 3
Das Beschwerdegericht sieht den Kaufvertrag insgesamt nach dem Grundstückverkehrsgesetz als genehmigungspflichtig an, weil vier der verkauften Flächen die Genehmigungsfreigrenze von 0,5 ha überschreiten. Die Genehmigungsfiktion des § 6 Abs. 2 GrdstVG sei nicht eingetreten. Der Verkauf führe zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG. Der Beteiligte zu 2) sei im maßgeblichen Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Siedlungsunternehmen kein Landwirt gewesen. Konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten und Vorkehrungen zur Übernahme einer mindestens leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirtschaft habe er nicht dargelegt. Dass die erwerbswillige Agrargenossenschaft als Haupterwerbslandwirt dringend aufstockungsbedürftig sei, ergebe sich schon aus der Erhöhung ihres Eigenlandanteils.
Rz. 4
Allerdings bestehe kein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht, da es an einer wirtschaftlichen Einheit der Flächen fehle. Die neuere Rechtsprechung des BGH lasse sich jedoch so verstehen, dass diese Frage entgegen der bisherigen Übung nicht in dem vorliegenden Verfahren, sondern in einem nachfolgenden Zivilprozess zu entscheiden sei. Eine solche Zersplitterung der gerichtlichen Zuständigkeiten begründe die Gefahr, dass die Parteien des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts langfristig über dessen Wirksamkeit im Unklaren blieben; daher sei die Zulassung der Rechtsbeschwerde veranlasst.
III.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerde des Siedlungsunternehmens ist unzulässig, da es ihm - wie es selbst in der Rechtsbeschwerdebegründung erkennt - an der erforderlichen Beschwer fehlt.
Rz. 6
1. Die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde ist von einer Beschwerdeberechtigung des Rechtsmittelführers abhängig. Zwar enthalten die Vorschriften über die Rechtsbeschwerde (§ 9 LwVG i.V.m. §§ 70 ff. FamFG) keine unmittelbare Verweisung auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften für das Beschwerdeverfahren. Es entspricht aber allgemeiner Auffassung, dass das Rechtsbeschwerdegericht gleichwohl die Beschwer des Rechtsbeschwerdeführers in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 14.10.2015 - XII ZB 695/14, NJW 2016, 250 Rz. 9 m.w.N.).
Rz. 7
2. Es fehlt schon an der formellen Beschwer des Siedlungsunternehmens. In Antragsverfahren steht bei einer Zurückweisung des Antrags die Beschwerde nur dem Antragsteller zu (§ 9 LwVG i.V.m. § 59 Abs. 2 FamFG). Wird eine solche Beschwerde durch das Beschwerdegericht zurückgewiesen, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur der Beschwerdeführer - hier der Beteiligte zu 2) - formell beschwert, nicht aber ein weiterer Beteiligter wie das Siedlungsunternehmen. Im Übrigen ist auch keine materielle Beschwer gegeben. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts zu den fehlenden Voraussetzungen des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts dienen ausdrücklich nur zur Begründung der Zulassungsentscheidung und sind schon deshalb nicht tragend, weil das Beschwerdegericht gerade davon ausgeht, über diese Rechtsfrage nicht bindend entscheiden zu dürfen.
IV.
Rz. 8
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2) ist unbegründet.
Rz. 9
1. Rechtsfehlerfrei nimmt das Beschwerdegericht an, dass die gem. § 10 RSG erhobenen Einwendungen des Beteiligten zu 2) gegen das Vorkaufsrecht unbegründet sind, weil ein Grund für die Versagung der Genehmigung des Kaufvertrags gem. § 9 GrdstVG vorliegt.
Rz. 10
a) Im Ausgangspunkt geht es zutreffend davon aus, dass der Kaufvertrag gem. § 2 Abs. 1 GrdstVG insgesamt der Genehmigungspflicht unterliegt. Die Größe der einzelnen Flurstücke liegt zwar überwiegend unter der in Sachsen geltenden Genehmigungsfreigrenze von 0,5 ha (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Sächsischen Agrar-Aufgabenübertragungsgesetzes vom 29.1.2008, SächsGVBl. 2008, S. 138, 192). Vier Flurstücke unterfallen aber der Genehmigungspflicht, weil sie größer als 0,5 ha sind. Damit wird der Gesamtvertrag genehmigungspflichtig, weil die Genehmigung grundsätzlich nur einheitlich erteilt oder versagt werden kann (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 28.11.2014 - BLw 3/13, NJW 2015, 1520 Rz. 6 m.w.N., insoweit in BGHZ 203, 297 ff. nicht abgedruckt).
Rz. 11
b) Die Genehmigung gilt nicht gem. § 6 Abs. 2 GrdstVG als erteilt, weil die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts noch innerhalb der zunächst gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG auf zwei Monate verlängerten Frist zugestellt worden ist; auf die weitere Verlängerung der Frist auf drei Monate kommt es daher nicht an.
Rz. 12
c) Dass das Beschwerdegericht die Voraussetzungen für eine Versagung der Genehmigung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG bejaht, lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
Rz. 13
aa) Nach dieser Vorschrift darf die Genehmigung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutete. Nach Abs. 2 der Vorschrift liegt eine ungesunde Bodenverteilung dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Diese Maßnahmen zielen in erster Linie auf die Schaffung und die Erhaltung selbständiger und lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe ab. Da Grund und Boden in der Land- und Forstwirtschaft der maßgebende Produktionsfaktor ist, aber nicht in unbeschränktem Umfang zur Verfügung steht, soll der vorhandene landwirtschaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten zugutekommen und vorbehalten bleiben, die ihn selbst bewirtschaften. Dementsprechend liegt eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann vor, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt veräußert werden soll und ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (st.Rspr., vgl. zum Ganzen nur BGH, Beschl. v. 26.11.2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rz. 10 m.w.N.).
Rz. 14
bb) Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht den Versagungsgrund annimmt. Der Beteiligte zu 2) ist als Nichtlandwirt anzusehen. Seine darauf bezogene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet (§ 9 LwVG i.V.m. § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG und § 564 ZPO). Von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet bejaht das Beschwerdegericht ferner einen dringenden Aufstockungsbedarf der von dem Siedlungsunternehmen benannten Agrargenossenschaft.
Rz. 15
2. Die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, dass die sonstigen sich aus dem Siedlungsrecht ergebenden Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht nach § 4 RSG (hier insb. die Frage, ob die verkauften Flächen eine wirtschaftliche Einheit bilden) im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG nicht zu prüfen, sondern dem Zivilprozess vorbehalten sind, entspricht - wie das Beschwerdegericht selbst erkennt - der Rechtsprechung des Senats (BGH, Beschl. v. 28.11.2014 - BLw 3/13, NJW 2015, 1520 Rz. 30 m.w.N., insoweit in BGHZ 203, 297 ff. nicht abgedruckt).
Rz. 16
a) Zur Begründung hat der Senat im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, dass die Mitteilung der Vorkaufsrechtsausübung wie eine Genehmigungsversagung wirkt und den Betroffenen deshalb nach § 10 Satz 1 und 3 RSG, §§ 21 Satz 3, 22 GrdstVG gegen die Mitteilung dieselben Einwendungen - aber auch nur diese - wie gegen die Genehmigungsversagung (§ 22 Abs. 1 GrdstVG) zustehen. Haben die Einwendungen keinen Erfolg, wird im Einwendungsverfahren nicht positiv festgestellt, dass das Vorkaufsrecht bestand oder wirksam ausgeübt wurde (st.Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 4.2.1964 - V BLw 31/63, BGHZ 41, 114, 118 f.; Beschl. v. 24.11.2006 - BLw 11/06, NL-BzAR 2007, 98 Rz. 18; Beschl. v. 25.4.2008 - BLw 22/07, NL-BzAR 2008, 300 Rz. 7 f.; Beschl. v. 28.11.2014 - BLw 3/13, NJW 2015, 1520 Rz. 30 m.w.N., insoweit in BGHZ 203, 297 ff. nicht abgedruckt; vgl. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.5.2016 - 20 WLw 5/15, juris Rz. 24; Schulte, RdL 1965, 305, 312 ff.). Geändert hat der Senat lediglich seine nunmehr als systemwidrig erachtete frühere Auffassung, wonach eine wirksame Fristverlängerung auf drei Monate von dem tatsächlichen Bestehen des Vorkaufsrechts abhing; dies war ausschließlich dann von Bedeutung, wenn die Mitteilung der Vorkaufsrechtsausübung nach einer Fristverlängerung auf drei Monate nicht - wie es hier geschehen ist - innerhalb von zwei Monaten, sondern erst innerhalb des dritten Monats erfolgte (vgl. BGH, Beschl. v. 28.11.2014 - BLw 3/13, BGHZ 203, 297 Rz. 17).
Rz. 17
b) Der Senat hält daran fest, dass die Landwirtschaftsgerichte im Einwendungsverfahren gem. § 10 RSG auf die Prüfung beschränkt sind, ob die Veräußerung der Genehmigung bedurfte und ob diese nach § 9 GrdstVG zu versagen wäre; die sonstigen sich aus dem Siedlungsrecht ergebenden Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht nach § 4 RSG (insb. die Frage, ob die verkauften Flächen eine wirtschaftliche Einheit bilden) sind dem (zwischen dem Verkäufer und dem Siedlungsunternehmen zu führenden) Zivilprozess vorbehalten.
Rz. 18
aa) Die solchermaßen eingeschränkte Prüfungskompetenz der Landwirtschaftsgerichte ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut des § 10 RSG. In § 10 Satz 1 RSG wird der Personenkreis geregelt, der Einwendungen gegen das Vorkaufsrecht, die sich darauf gründen, dass die Veräußerung einer Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz nicht bedarf oder die Genehmigung nach § 9 des Grundstückverkehrsgesetz nicht zu versagen wäre, geltend machen darf. "Diese Einwendungen" können gem. § 10 Satz 2 RSG vor dem Landwirtschaftsgericht geltend gemacht werden. Dass dieses auch die weiteren Voraussetzungen des § 4 RSG zu prüfen hat, lässt sich § 10 Satz 1 RSG gerade nicht entnehmen.
Rz. 19
bb) Diese Auffassung entspricht der erklärten Absicht des Gesetzgebers. In den Gesetzesmaterialien wird ausgeführt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nur eine modifizierte Form der Versagung der Genehmigung ist. Da die Beteiligten gegen die Versagung der Genehmigung eine gerichtliche Entscheidung durch das Landwirtschaftsgericht beantragen könnten, werde auch die Entscheidung über Einwendungen gegen das Vorkaufsrecht dem Landwirtschaftsgericht übertragen. Dessen Zuständigkeit werde aber auf die Entscheidung der Frage beschränkt, ob die Veräußerung der Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz bedurfte und ob die Bedenken der Landwirtschaftsbehörde gegen die Erteilung der Genehmigung gerechtfertigt waren. Zwar hätten die allgemeinen Zivilgerichte damit auch über einige agrar- und siedlungsrechtlichen Fragen (z.B. ob die gesetzliche Größengrenze des § 4 Abs. 1 RSG erreicht ist) zu entscheiden. Diese Fragen seien aber nicht dem Landwirtschaftsgericht vorzubehalten, da dies zu Abgrenzungsschwierigkeiten und zur Unklarheit darüber führe, welche Rechtsbehelfe den Parteien zur Verfügung stünden (vgl. BT-Drucks. 3/2635, 15 f.). Nach diesem Verständnis sollen divergierende Entscheidungen durch eine klare Zuständigkeitsverteilung gerade vermieden werden, indem in dem Einwendungsverfahren nicht die in § 4 RSG vorausgesetzte Grundstücksgröße, sondern nur zu prüfen ist, ob die Veräußerung wegen der geringen Größe des Grundstücks keiner Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz bedarf (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG).
Rz. 20
cc) Diese Zuständigkeitsverteilung entspricht dem Regelungsgehalt, der der Mitteilung der Vorkaufsrechtsausübung im Verhältnis zwischen den Parteien des ursprünglichen Kaufvertrags einerseits und im Verhältnis zwischen dem Verkäufer und dem Vorkaufsberechtigten andererseits zukommt.
Rz. 21
(1) Im Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des ursprünglichen Kaufvertrags enthält die Mitteilung der Vorkaufsrechtsausübung gem. § 6 Abs. 1 Satz 3 RSG einen Verwaltungsakt, mit dem die Genehmigungsbehörde die Genehmigung in modifizierter Form versagt; dieser Verwaltungsakt kann (nur) im Einwendungsverfahren gem. § 10 RSG durch die Landwirtschaftsgerichte überprüft werden. Der Senat hat die Mitteilung zwar als "hypothetische Form" der Genehmigungsversagung bezeichnet (Beschluss vom 31.1.1980 - V BLw 39/79, NJW 1981, 174 f.). Diese missverständliche Formulierung sollte aber lediglich die zutreffende Überlegung veranschaulichen, dass die Genehmigung in modifizierter Weise versagt wird (vgl. BT-Drucks. 3/2635, 15 f.). Der ursprüngliche Vertrag muss nämlich im Rechtsverhältnis zwischen dem Verkäufer und dem Vorkaufsrechtsberechtigten aufrechterhalten werden, damit dem Vorkaufsrecht nicht der Boden entzogen wird; deshalb regelt § 6 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 RSG ausdrücklich, dass die Veräußerung infolge der Mitteilung für dieses Rechtsverhältnis als genehmigt gilt (vgl. Senat, Beschl. v. 25.4.2008 - BLw 22/07, BzAR 2008, 300 Rz. 7).
Rz. 22
Ungeachtet dessen enthält die Mitteilung der Vorkaufsrechtsausübung im Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des ursprünglichen Kaufvertrags in formeller und materieller Hinsicht keine "hypothetische", sondern eine abschließende Versagungsentscheidung der Genehmigungsbehörde durch Verwaltungsakt, weshalb sie mit Gründen und einer Rechtsmittelbelehrung versehen werden muss und im Einwendungsverfahren gem. § 10 RSG gerichtlich überprüfbar ist (vgl. Senat, Beschl. v. 25.4.2008 - BLw 22/07, BzAR 2008, 300 Rz. 7; Netz, GrstVG, 7. Aufl., Rz. 3159; im Ergebnis ebenso BGH, Beschl. v. 31.1.1980 - V BLw 39/79, NJW 1981, 174 f.). Gegenteiliges lässt sich auch nicht - wie die Rechtsbeschwerde meint - aus § 12 GrdstVG herleiten; soweit es dort heißt, die Genehmigungsbehörde habe, "bevor sie über den Antrag auf Genehmigung entscheidet", den Vertrag dem Siedlungsunternehmen vorzulegen, besagt dies nichts über die Wirkung der Mitteilung der Vorkaufsrechtsausübung.
Rz. 23
(2) Im Rechtsverhältnis zwischen dem Verkäufer und dem Vorkaufsrechtsberechtigten wird durch die Mitteilung das Vorkaufsrecht ausgeübt. Werden Einwendungen gegen die Genehmigungsversagung nicht erhoben oder in dem Verfahren gem. § 10 RSG i.V.m. § 12 GrdstVG zurückgewiesen, ist ausschließlich in einem zwischen dem Verkäufer und dem Siedlungsunternehmen zu führenden Zivilprozess zu klären, ob das Vorkaufsrecht besteht, und ob gem. § 8 RSG i.V.m. § 464 Abs. 2 BGB zwischen diesen Parteien ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Der Verkäufer kann aufgrund des bestandskräftigen Verwaltungsakts in dem Zivilprozess nicht geltend machen, dass die Veräußerung keiner Genehmigung bedurfte oder dass kein Versagungsgrund vorlag; er ist aber nicht gehindert, das Bestehen des Vorkaufsrechts in Abrede zu stellen. Verneint das Zivilgericht die wirksame Ausübung des Vorkaufrechts, ist dies im Verhältnis der ursprünglichen Vertragsparteien ohne rechtliche Bedeutung, weil die Genehmigung für den ursprünglichen Vertrag bereits durch die Mitteilung der Vorkaufsrechtsausübung (ggf. nach Zurückweisung der dagegen erhobenen Einwendungen) versagt worden ist. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann der Erwerber keine Rechte daraus herleiten, dass das Vorkaufsrecht nicht besteht.
Rz. 24
(3) Diese Wirkungen der Mitteilung der Vorkaufsrechtsausübung verkennen sowohl das Beschwerdegericht als auch die Rechtsbeschwerde. Weder bleiben die Parteien des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts (wie es das Beschwerdegericht befürchtet) langfristig über die Wirksamkeit ihres Rechtsgeschäfts im Unklaren noch steht (wie die Rechtsbeschwerde ausführt) bei der Mitteilung eines nicht bestehenden Vorkaufsrechts die Entscheidung der Genehmigungsbehörde noch aus.
Rz. 25
dd) Schließlich spricht die Vorschrift des § 9 Abs. 5 GrdstVG nicht gegen die Rechtsauffassung des Senats.
Rz. 26
(1) Wird das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt, obwohl die Voraussetzungen hierfür vorliegen, kann gem. § 9 Abs. 5 GrdstVG die Genehmigung aus Abs. 1 Nr. 1 nur versagt oder durch Auflagen oder Bedingungen eingeschränkt werden, falls es sich um die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes handelt. Bei dieser Sachlage ist insb. die Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks unbedenklich; das Gesetz unterstellt, dass das Grundstück zur Verbesserung der Agrarstruktur nicht benötigt wird und seine Veräußerung keine ungesunde Verteilung von Grund und Boden i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG darstellt, wenn das Siedlungsunternehmen von einem bestehenden Vorkaufsrecht nicht Gebrauch gemacht hat (BT-Drucks. 3/2635, 8; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rz. 2184; Stresemann, AUR 2014, 415, 419).
Rz. 27
(2) Richtig ist daher, dass in einer solchen Fallkonstellation (ausnahmsweise) die Landwirtschaftsgerichte das Bestehen des Vorkaufsrechts zu prüfen haben, weil § 9 Abs. 5 GrdstVG auf § 4 RSG verweist. Diese Prüfung erfolgt aber gerade nicht im Rahmen des Einwendungsverfahrens nach § 10 RSG. Wird nämlich das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt, muss die Genehmigungsbehörde nunmehr unter Beachtung von § 9 Abs. 5 GrdstVG i.V.m. § 4 RSG über die Erteilung der Genehmigung entscheiden. Versagt sie diese, etwa weil sie nunmehr der Auffassung ist, dass das Vorkaufsrecht nicht besteht, können die Beteiligten gem. § 22 GrdstVG Antrag auf Entscheidung durch das Landwirtschaftsgericht stellen. Nur insoweit ist die Entscheidung über das Bestehen des Vorkaufsrechts den Landwirtschaftsgerichten zugewiesen; zu divergierenden Entscheidungen der Zivilgerichte kann es in dieser Situation nicht kommen, weil das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt worden ist.
V.
Rz. 28
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts entspricht gem. §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 76 Nr. 4 GNotKG dem vereinbarten Kaufpreis.
Fundstellen
Haufe-Index 10899303 |
NJW-RR 2017, 1228 |
JZ 2017, 545 |
AuUR 2017, 431 |