Leitsatz (amtlich)
Einem sprachüblich gebildeten Wortzeichen aus Bestandteilen, die aus einer geläufigen fremden Sprache stammen und die als solche schon in die deutsche Umgangssprache eingegangen sind, fehlt jede Unterscheidungskraft, wenn der Verkehr das Zeichen angesichts der ohne weiteres verständlichen begrifflichen Bedeutung nur in diesem Sinn und nicht als Unterscheidungsmittel für Dienstleistungen versteht.
Normenkette
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
BPatG (Beschluss vom 13.01.2003) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Anmelderin gegen den am 13.1.2003 an Verkündungs statt zugestellten Beschluss des 25. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des BPatG wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Am 21.8.1998 meldete die Anmelderin die Wortmarke
Cityservice
für eine Vielzahl von Dienstleistungen der Klassen 35 bis 42 der Klasseneinteilung in der Anlage zu § 15 Abs. 1 MarkenV, z. B. "Buchführung; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen", "Versicherungswesen; Finanzwesen", "Telekommunikation", "Beförderung von Personen und Gütern mit Kraftfahrzeugen, Schienenbahnen, Schiffen und Flugzeugen", "Materialbearbeitung; Abbeizen; Abfallverarbeitung (Umwandlung)", "Ausbildung, Erziehung, Unterricht", "Dolmetschen; Hausmeisterdienste; Butlerdienste; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung", zur Eintragung in das Markenregister an. Wegen der Dienstleistungen im Einzelnen wird auf Blatt 2 bis 6 des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung zurückgewiesen, weil der Marke für die angemeldeten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihre Anmeldung weiter.
II. Das BPatG hat ausgeführt, bei der Bezeichnung "Cityservice" handele es sich im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen um eine freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe. Die ursprünglich der englischen Sprache entnommenen Bestandteile "City" (Stadt) und "Service" (Dienstleistung) seien in die deutsche Umgangssprache eingegangen. Es gebe zahlreiche zusammengesetzte Sachhinweise mit dem Bestandteil "City" (z. B. City-Kurier, City-Tarif, City-Info), wie auch eine Vielzahl von Wortverbindungen mit "Service" (z. B. Presse-Service, Bürger-Service oder Kunden-Service) bekannt seien. Das angemeldete Wortzeichen sei sprachüblich gebildet. Es werde sogar in dieser Form umfangreich verwendet. Der sich leicht erschließende Begriffsinhalt der Bezeichnung "City-Service" weise lediglich darauf hin, dass der Dienst bzw. die Dienstleistungen von einem Unternehmen in der jeweils betroffenen Stadt angeboten und erbracht würden. Darin liege eine wichtige Information für die angesprochenen Verkehrskreise, deren Entscheidung aus verschiedenen Gründen davon abhängig sein könne, ob sich der Anbieter am Ort befinde oder seinen Geschäftsbetrieb außerhalb der Stadt betreibe. Der Ort der Erbringung von Dienstleistungen sei in § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausdrücklich als Merkmal genannt, dessen Angabe von der Eintragung als Marke ausgeschlossen sei. Bei "City" handele es sich um eine Ortsangabe allgemeiner Art, die nicht eine bestimmte Stadt oder Region benenne, sondern eine Abgrenzung zu flächendeckend angebotenen Dienstleistungen darstelle. So würden z. B. potenzielle Kunden durch eine in München erfolgende Verwendung des Hinweises "Cityservice" darüber informiert, dass die angebotenen Dienstleistungen in der Stadt München, nicht aber in außerhalb liegenden ländlichen Gegenden erbracht würden. Darin liege ein wesentliches Merkmal der Erbringung von Dienstleistungen, das gleichermaßen für alle beanspruchten Dienstleistungen gelte. Bei einer Verwendung der Angabe im Zusammenhang mit den einzelnen Dienstleistungen oder einem umfassenden Dienstleistungsangebot sei der Begriffsinhalt der Sachangabe jeweils ohne weiteres verständlich. Eine gleichwohl bestehende begriffliche Unbestimmtheit führe nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit der Bezeichnung.
Die Bedeutung des Wortes "Service" sei nicht auf eine eng verstandene kundenbezogene Bedeutung in dem Sinne beschränkt, dass Dienstleistungen nur für Personen erbracht würden, die bereits Kunden eines Unternehmens seien; demgemäß lägen die angeführten Ausschlussgründe auch für solche Dienstleistungen vor, die nicht auf eine kundenbezogene Betreuung beschränkt seien. Maßgeblich sei, dass die für die angemeldeten Dienstleistungen gewählte Bezeichnung "Cityservice" einen sprachüblich gebildeten und ohne weiteres verständlichen Hinweis darauf gebe, dass es sich um ein Dienstleistungsangebot in einer Stadt handele.
Auch die erforderliche Unterscheidungskraft weise die angemeldete Bezeichnung nicht auf. Zwar sei bei der Beurteilung dieser Eintragungsvoraussetzung von einem großzügigen Maßstab auszugehen, die angemeldete Bezeichnung werde angesichts ihres leicht erkennbaren Begriffsinhalts jedoch nicht als Unterscheidungsmittel verstanden. Auch Wortzusammenstellungen, die lexikalisch nicht nachweisbar seien, erfüllten nicht immer die Anforderungen an die Unterscheidungskraft, wenn es sich um eine sprachübliche Begriffsbildung mit unmittelbar beworbenem Waren- oder Dienstleistungsbezug handele.
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.
Mit Recht hat das BPatG die angemeldete Marke für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen für nicht unterscheidungskräftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gehalten.
1. Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; BGH, Beschl. v. 1.3.2001 - I ZB 42/98, BGHReport 2001, 705 = GRUR 2001, 1151 [1152] = WRP 2001, 1082 - marktfrisch; Beschl. v. 28.6.2001 - I ZB 58/98, BGHReport 2002, 76 = GRUR 2001, 1153 [1154] = WRP 2001, 1201 - anti KALK). Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
2. Das BPatG ist rechtsfehlerfrei zu seiner Annahme gelangt, dass der angemeldeten Marke für die Dienstleistungen des Verzeichnisses jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Das BPatG hat unangegriffen festgestellt, dass die ursprünglich der englischen Sprache entnommenen Bestandteile "City" und "Service" der angemeldeten Marke in die deutsche Umgangssprache eingegangen sind. Dementsprechend gibt es zahlreiche zusammengesetzte Sachhinweise mit dem Wort "City". Ebenso finden sich Wortverbindungen mit dem Bestandteil "Service" in vielfachen Erscheinungsformen. Das Markenwort "Cityservice" begegnet auch bei Internet-Recherchen. Es ist sprachüblich gebildet und wird auch tatsächlich umfangreich im Zusammenhang mit verschiedenen Dienstleistungen verwendet; insbesondere i. V. m. Informationen über die in einer Stadt angebotenen Dienstleistungen und ihre Anbieter.
Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde erfolglos mit ihrem Vortrag, der Bezeichnung "Cityservice" komme kein feststehender Begriffsinhalt oder Aussagegehalt zu, der sich so mit einer der angemeldeten Dienstleistungen verbinde, dass die Gewährleistung einer Ursprungsidentität ausscheide.
Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde hat das BPatG die Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht überspannt. Jegliche Unterscheidungskraft fehlt einer Bezeichnung nicht nur dann, wenn es um eine Beschreibung konkreter Merkmale der infrage stehenden Waren oder Dienstleistungen i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geht, sondern auch dann, wenn es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder ein geläufiges Wort aus einer fremden Sprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH, Beschl. v. 13.6.2002 - I ZB 1/00, BGHReport 2003, 80 = GRUR 2002, 1070 [1071] = WRP 2002, 1281 - Bar jeder Vernunft, m. w. N.). Hiervon ist das BPatG angesichts der von ihm in nicht zu beanstandender Weise getroffenen Feststellungen ausgegangen. Soweit die Rechtsbeschwerde ihre gegenteilige Meinung darauf stützt, dass eine Vielzahl eingetragener Marken mit den Bestandteilen einerseits "City" und andererseits "Service" bestünden, kann dem nicht beigetreten werden. Die von der Anmelderin vorgelegte Liste von derartigen Marken besagt für die angemeldete Marke nichts, weil die Marken der Liste ihre Unterscheidungskraft gerade aus der Kombination der Bestandteile "City" oder "Service" mit einem weiteren Begriff gewinnen. Die von dem BPatG herangezogene allgemeine Lebenserfahrung, dass Begriffe wie die angemeldete Marke vom angesprochenen Verkehr nicht als Unterscheidungsmittel verstanden würden, kann damit nicht mit Erfolg in Frage gestellt werden.
Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, dass das BPatG den Begriff eines "betrieblichen Unterscheidungsmittels" verwendet hat, kann auch hieraus nichts Wesentliches hergeleitet werden. Aus den Gründen im Zusammenhang ergibt sich ohne weiteres, dass das BPatG einen rechtlich zutreffenden Begriff der Unterscheidungskraft zu Grunde gelegt hat.
3. Fehlt es demnach an der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens, kommt es auf die vom BPatG bejahte Frage des Vorliegens eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht mehr an.
IV. Danach war die Rechtsbeschwerde gem. § 89 Abs. 1 MarkenG zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1058740 |
BuW 2003, 953 |
BGHR 2004, 39 |
GRUR 2003, 1050 |
WRP 2003, 1429 |
BPatGE 2003, 280 |
MarkenR 2004, 39 |
Mitt. 2004, 431 |