Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 13.03.2012) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 13. März 2012, soweit es den Angeklagten P. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung abgelehnt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls zur Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die wirksam auf die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel ist begründet.
Rz. 2
Das Landgericht hat die Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung abgelehnt, da es „in der Person des Angeklagten P. oder in der Tat keine besonderen Umstände zu erkennen” vermochte, „aus denen sich ergeben würde, dass eine Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr geboten wäre”.
Rz. 3
Diese Begründung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. § 56 Abs. 2 StGB ermöglicht dem Gericht, besondere, in der Tat oder der Persönlichkeit des Angeklagten vorliegende Umstände zu berücksichtigen. Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1, also bei Vorliegen einer günstigen Sozialprognose, die stets vorrangig zu prüfen ist, und wenn der Ausschlussgrund des Abs. 3 nicht gegeben ist, auch die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zur Bewährung aussetzen. Besondere Umstände in diesem Sinne sind Milderungsgründe von besonderem Gewicht, die eine Strafaussetzung trotz des sich in der Strafhöhe widerspiegelnden Unrechts- und Schuldgehalts als nicht unangebracht erscheinen lassen (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 56 Rn. 19 f. mwN).
Rz. 4
Diesen Maßstäben wird die Ablehnung durch das Landgericht nicht gerecht. Sie lässt bereits die Prüfung der Sozialprognose des Angeklagten gemäß § 56 Abs. 1 StGB vermissen. Es ist aber schon im Ansatz rechtsfehlerhaft, besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB zu verneinen, ohne sich mit der Frage zu befassen, ob dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose nach § 56 Abs. 1 StGB zu stellen ist. Dies gilt schon deshalb, weil zu den nach Abs. 2 zu berücksichtigenden Faktoren auch solche gehören, die schon für die Prognose nach Abs. 1 von Belang sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. April 2009 – 2 StR 112/09, NStZ 2009, 441). Die Erwägung, dass „keine besonderen Umstände zu erkennen” seien, nach denen eine Strafaussetzung „geboten wäre”, gibt zudem Anlass zu der Besorgnis, dass das Landgericht bei seiner versagenden Entscheidung zu hohe Anforderungen an das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB gestellt haben könnte. Zu den danach zu berücksichtigenden Umständen können – neben denen, die schon für eine günstige Prognose nach Abs. 1 von Bedeutung waren – auch solche gehören, die bei der Findung des Strafrahmens oder der Festsetzung der konkreten Strafhöhe von Bedeutung sind, hier etwa der Umstand, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist sowie der Umfang der bereits durch Anrechnung der Untersuchungshaft als verbüßt geltenden Freiheitsstrafe (vgl. Fischer, aaO, Rn. 20 mwN).
Rz. 5
Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.
Unterschriften
Schäfer, Pfister, Hubert, Mayer, Gericke
Fundstellen