Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 15.11.2013) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 15. November 2013 wird
- das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 16 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
das vorgenannte Urteil
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwölf Fällen schuldig ist;
bb) im Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen 12 bis 15 der Urteilsgründe jeweils zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt wird.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in acht Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in vier Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Teileinstellung, einer Abänderung des Schuldspruchs und zu einer Neufestsetzung von Einzelstrafen; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Nach den Feststellungen bezog der Angeklagte in der Zeit von September 2012 bis zum 9. April 2013 Kokainzubereitung von dem anderweitig verfolgten T. und verkaufte diese anschließend in Teilmengen mit Gewinn an verschiedene Abnehmer weiter, um sich dadurch eine dauerhafte Erwerbsquelle zu erschließen. Dabei kam es in der Zeit von September 2012 bis zum 7. Januar 2013 zu acht Ankäufen von jeweils 10 Gramm (Fälle 1 bis 8 der Urteilsgründe) und in der Zeit vom 8. Januar 2013 bis zum 9. April 2013 zu drei Ankäufen von jeweils 20 Gramm (8. Januar 2013, 23. Februar 2013 und 4. März 2013; Fälle 9 bis 11 der Urteilsgründe) sowie vier zeitlich nicht näher eingrenzbaren Ankäufen von jeweils 10 Gramm (Fälle 12 bis 15 der Urteilsgründe). Der Wirkstoffanteil lag in allen Fällen knapp unter 50 Prozent. Nachdem der Angeklagte am 9. April 2013 von T. weitere 10 Gramm Kokainzubereitung mit einem Anteil von 5,4 Gramm Kokainhydrochlorid übernommen hatte, wurde er festgenommen (Fall 16 der Urteilsgründe). Am 8. Januar, 16. und 28. Februar, sowie am 1., 4., 7., 10. und 22. März 2013 veranlasste der Angeklagte seinen am 23. April 1997 geborenen Sohn H. dazu, ihm beim Abverkauf von Kokain behilflich zu sein und Abnehmern vorbereitete Teilmengen auszuhändigen oder vereinbartes Kaufgeld entgegenzunehmen.
Rz. 3
2. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 16 der Urteilsgründe (Ankauf von 10 Gramm Kokainzubereitung mit einem Wirkstoffanteil von 5,4 Gramm Kokainhydrochlorid am 9. April 2013) verurteilt worden ist.
Rz. 4
3. Der Schuldspruch war – wie aus der Beschlussformel ersichtlich – abzuändern, weil Fall 16 infolge der Teileinstellung weggefallen ist und dem Landgericht bei der konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Fälle 9 bis 15 (Tatzeitraum: 8. Januar 2013 bis zum 9. April 2013) ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
Rz. 5
a) Das Landgericht hat sowohl den drei zeitlich genau bestimmten Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (jeweils 20 Gramm Kokainzubereitung), als auch den vier zeitlich nicht näher einzugrenzenden Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (jeweils 10 Gramm Kokainzubereitung) jeweils einen der von ihm festgestellten Fälle des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zugeordnet. Diese Bewertung wird von den Feststellungen nicht getragen.
Rz. 6
Den Urteilsgründen kann – von einzelnen zeitlichen Überschneidungen am 8. Januar und 4. März 2013 abgesehen – nicht entnommen werden, auf welche Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge) die einzelnen Fälle des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bezogen sind. Da bei der Feststellung des Schuldumfangs zu Gunsten des Angeklagten von der für ihn günstigsten Fallgestaltung auszugehen ist (BGH, Beschluss vom 15. April 1987 – 3 StR 138/87, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1; Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, Rn. 4; Beschluss vom 19. November 1996 – 1 StR 572/96, BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 7), ist unter diesen Umständen anzunehmen, dass sich die festgestellten Taten nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG jeweils nur auf den Absatz von Teilmengen aus dem nächsten zeitlich davor liegenden Ankauf von 20 Gramm Kokainzubereitung bezogen haben, sodass der Angeklagte lediglich in den drei Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vom 8. Januar 2013, 23. Februar 2013 und 4. März 2013 (Fälle 9 bis 11 der Urteilsgründe) auch tateinheitlich des Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (in jeweils mehreren insoweit in gleichartiger Tateinheit zueinander stehenden Fällen) schuldig ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 3. April 2013 – 3 StR 61/13, NStZ 2014, 161; Beschluss vom 23. Mai 2007 – 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42 f.; Beschluss vom 18. Juni 2003 – 1 StR 184/03). In den vier Fällen des Ankaufs von 10 Gramm Kokainzubereitung mit einem Kokainhydrochlorid-Anteil von weniger als fünf Gramm (Fälle 12 bis 15 der Urteilsgründe) hat sich der Angeklagte danach nur des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG schuldig gemacht.
Rz. 7
b) Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit in den Fällen 9 bis 11 der Urteilsgründe entsprechend ab (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, Rn. 6; Urteil vom 27. Juni 1996 – 4 StR 166/96, Rn. 17, NStZ 1996, 493 f.). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Rz. 8
4. Für die vier Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Ankauf von jeweils 10 Gramm Kokainzubereitung) in der Zeit vom 8. Januar 2013 bis zum 9. April 2013 (Fälle 12 bis 15 der Urteilsgründe) setzt der Senat in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen von jeweils zwei Jahren und neun Monaten auf ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe herab. Diese Strafen entsprechen den Einzelstrafen, die das Landgericht für die acht Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit 10 Gramm Kokainzubereitung in der Zeit von September 2012 bis zum 9. April 2013 (Fälle 1 bis 8 der Urteilsgründe) festgesetzt hat. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht mit Blick auf die in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen und die dafür „bestimmenden” Umstände (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO) in den Fällen 12 bis 15 der Urteilsgründe auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2001 – 4 StR 113/01, NStZ-RR 2002, 103).
Rz. 9
Die Gesamtstrafe bleibt davon unberührt. Die Ermäßigung der Einzelstrafen beruht auf einer Korrektur der Konkurrenzverhältnisse und hat keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge (BGH, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, Rn. 7 mwN). Durch die Teileinstellung des Verfahrens kommt lediglich eine Einzelstrafe in Wegfall. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei den verbleibenden Einzelstrafen von drei Mal zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe und zwölf Mal einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe auf eine noch niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.
Unterschriften
Sost-Scheible, Cierniak, Franke, RiBGH Dr. Mutzbauer ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert., Sost-Scheible, Quentin
Fundstellen