Verfahrensgang

LG Darmstadt (Entscheidung vom 20.03.1998)

 

Tenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 20. März 1998 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagte verurteilt worden ist.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Darmstadt zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte - unter Freisprechung im übrigen - wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich die Revision der Angeklagten mit zwei Verfahrensrügen und der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

Nach den Urteilsfeststellungen wurden bei einer Durchsuchung in der Wohnung der Angeklagten 99 Amphetamintabletten gefunden, die in einem Briefumschlag der P. der Niederlande verpackt und in einer in der Wohnzimmervitrine befindlichen Kaffeekanne versteckt waren. Die Angeklagte hat bestritten, von der Existenz der Tabletten gewußt zu haben und zwei Hilfsbeweisanträge gestellt.

Den Antrag auf Einholung eines daktyloskopischen Gutachtens zum Beweis der Tatsache, daß "auf der Verpackung des Amphetamins keine Fingerspuren der Angeklagten erkennbar sind", hat die Strafkammer - gestützt auf eigene nicht näher dargelegte Sachkunde - wegen der völligen Ungeeignetheit des Beweismittels zwar mit insoweit nicht unbedenklicher Begründung abgelehnt. Grundsätzlich sind Fingerspuren auf papierenen Spurenträgern gut haltbar und auch auf gefalteten oder zerknüllten Papierstücken feststellbar, wobei es allerdings auf die Umstände des Einzelfalles ankommt. Die weitere Begründung der Strafkammer, auch bei Fehlen von Fingerspuren der Angeklagten nicht den Schluß ziehen zu wollen, daß die Angeklagte als Täterin ausscheide, ist jedoch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Demgegenüber hält die Zurückweisung des weiteren Hilfsbeweisantrags auf Vernehmung des Zeugen S. rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Zeuge, der von August 1996 bis November 1996 in der Wohnung der Angeklagten gelebt hatte, war dafür benannt worden, daß entweder er selbst oder einer seiner südamerikanischen Freunde, denen er Zugang zur Wohnung der Angeklagten gewährt hatte, ohne deren Wissen die Tabletten in der Kaffeekanne deponiert habe. Das Landgericht hat diesen Antrag als bloße Beweisanregung angesehen, weil eine Aufklärung der wahren Identität dieses Zeugen aussichtslos erscheine. Daß der Zeuge unter falschem Namen mit entsprechendem italienischen Paß gelebt Paß gelebt hat, stand für sich genommen der Möglichkeit, den Zeugen zu ermitteln, nicht entgegen. Mit der weiteren Angabe des Wohnortes und der Straße (wenn auch nicht der Hausnummer) enthielt der Antrag eine genügende Individualisierung des Beweismittels. Anhaltspunkte dafür, daß der Zeuge unter ständig wechselnden Namen und Anschriften aufgetreten ist, waren nicht ersichtlich. Die Strafkammer hätte deshalb versuchen müssen, den beantragten Zeugenbeweis zu erheben. Auf der fehlerhaften Ablehnung des Hilfsbeweisantrags kann das Urteil beruhen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018934

JR 1999, 432

NStZ 1999, 152

NStZ 1999, 152 (Volltext mit red. LS)

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge