Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Urteil vom 31.03.2008) |
Tenor
1. Das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 31. März 2008 wird
- auf die Revisionen der Angeklagten im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen schuldig sind;
- auf die Revision des Angeklagten B. D. aufgehoben, soweit gegen ihn der Verfall von 24.000 EUR angeordnet worden ist; die Anordnung entfällt.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und des bandenmäßigen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Die Angeklagte M. D. hat es zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, den Angeklagten B. D., ihren Ehemann, zu einer solchen von vier Jahren und den Angeklagten E. zu einer solchen von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten E. hat es den Verfall in Höhe von insgesamt 44.250 EUR, gegen die Angeklagten M. und B. D. in Höhe von jeweils 24.000 EUR angeordnet. Mit ihren Revisionen beanstanden die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Auf die Revisionen aller Angeklagten war der Schuldspruch dahin zu ändern, dass sie des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen schuldig sind. Nach den Feststellungen zielte auch die vierte Aufzucht der Cannabispflanzen, die bei der Durchsuchung am 25. Juli 2007 vorgefunden wurden, auf die spätere gewinnbringende Veräußerung des Rauschgifts. In diesem Fall ist der Anbau der Betäubungsmittel bereits Teil des Handeltreibens und geht als unselbstständiger Teilakt darin auf (vgl. BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 4; BGH NStZ 2006, 578; Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 100).
Rz. 3
Da der Wirkstoffgehalt der Pflanzen zum Zeitpunkt der Durchsuchung 60 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) betrug und damit der bei 7,5 Gramm THC liegende Grenzwert für die nicht geringe Menge überschritten war, kann dahinstehen, ob in Fällen wie dem vorliegenden ein Handeltreiben in nicht geringer Menge erst ab diesem Zeitpunkt in Betracht kommt (vgl. BGH jeweils aaO); hiergegen könnte sprechen, dass bereits die Tätigkeiten zu der Zeit, zu der ein entsprechender Wirkstoffgehalt aufgrund des Aufzuchtsstadiums der Pflanzen noch nicht erreicht war, letztlich auf die gewinnbringende Veräußerung einer nicht geringen Menge der Rauschmittel gerichtet waren.
Rz. 4
Es ist auszuschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung geringere Einzel- oder Gesamtstrafen verhängt hätte; denn die Änderung des Schuldspruchs berührt weder den anzuwendenden Strafrahmen noch die strafzumessungsrelevanten Umstände. § 165 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen.
Rz. 5
2. Die Anordnung des Verfalls gegen den Angeklagten B. D. hat keinen Bestand. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe den gesamten Erlös i. S. d. § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73 a Satz 1 StGB erlangt, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Erlangt ist ein Vermögensvorteil dann, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat. Eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge der gesamtschuldnerischen Haftung käme nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Angeklagten zumindest eine Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen sollen und er diese auch hatte (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 121). Dies ist den tatrichterlichen Feststellungen nicht zu entnehmen. Das Landgericht hat im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung vielmehr ausdrücklich ausgeführt, es habe nicht festgestellt, dass der Angeklagte von seiner Ehefrau Teile der Verkaufserlöse erhalten habe. Das Profitieren durch die Ersparnis eigener Aufwendungen zur Lebenshaltung reicht entgegen der Ansicht des Landgerichts als lediglich mittelbarer Vorteil nicht aus.
Rz. 6
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung insoweit weitergehende Feststellungen getroffen werden könnten; er hat deshalb in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO entschieden, dass die Verfallsanordnung entfällt.
Rz. 7
3. Soweit die Strafkammer bei der rechtlichen Würdigung des Geschehens ausführt, die Tatbeiträge der Angeklagten E. und B. D. erschienen „bei wertender Betrachtung lediglich als Gehilfentätigkeit”, liegt ersichtlich ein unbeachtliches Formulierungsversehen vor. Das Landgericht stellt im unmittelbaren Zusammenhang zu Recht auf die Übernahme nicht unwesentlicher Aufgaben innerhalb des Plantagenbetriebs durch diese Angeklagten sowie ihr Interesse an einem möglichst hohen Gewinn ab und würdigt ihre Tatbeiträge als Mittäterschaft; diese rechtliche Bewertung wird von den Feststellungen getragen.
Rz. 8
4. Im Übrigen bemerkt der Senat:
Rz. 9
Grundlage der Entscheidung über die Einziehung der zum Aufbau und Betrieb der Plantage benötigten Asservate ist § 74 Abs. 1 StGB, denn die Gegenstände sind Tatmittel i. S. dieser Vorschrift. Der von der Strafkammer herangezogene § 33 Abs. 2 BtMG tritt nicht an die Stelle des § 74 StGB; vielmehr dehnt er die Möglichkeit der Einziehung lediglich auf die so genannten Beziehungsgegenstände der Straftat aus, worunter regelmäßig insbesondere die Betäubungsmittel selbst fallen.
Rz. 10
Die Anordnung des Verfalls der bei dem Angeklagten E. sichergestellten, als Verkaufserlös für die dritte Aufzucht und damit aus einer der abgeurteilten Straftaten erlangten 38.900 EUR beruht auf § 73 Abs. 1 StGB, nicht aber – wie die Strafkammer meint – auf § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG i. V. m. § 73 d Abs. 1 StGB.
Rz. 11
5. Es erscheint nicht unbillig, dem Angeklagten B. D. trotz des geringen Teilerfolgs seines Rechtsmittels die gesamten Kosten aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 StPO); es ist anzunehmen, dass der Angeklagte auch gegen ein erstinstanzliches Urteil ohne eine Verfallsanordnung Revision eingelegt hätte.
Unterschriften
Becker, Pfister, Sost-Scheible, Hubert, Schäfer
Fundstellen
Haufe-Index 2564800 |
StraFo 2009, 81 |