Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 03.07.2013) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. Juli 2013 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen jeweils tateinheitlich mit Besitz einer verbotenen Stahlrute zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
Rz. 2
1. Nach den Feststellungen hatte der zur Tatzeit 74 Jahre alte Angeklagte im Jahr 2012 eine professionelle Cannabisplantage in vier von ihm eigens dafür hergestellten Kellerräumen errichtet, um das hierdurch zu erzeugende Marihuana gewinnbringend zu veräußern. Von dieser Plantage erntete er vor dem 12. Februar 2013 Cannabisblütenstände und Cannabiskraut mit einer Wirkstoffmenge von insgesamt 266 g THC (Tat 1). Am 12. Februar 2013 befanden sich auf seinen Anbauflächen insgesamt 89 Cannabispflanzen in unterschiedlichen Wuchsstadien. Die Wirkstoffmenge des Blattmaterials betrug 274 g THC (Tat 2). An diesem Tag wollte der Angeklagte mit seinem Pkw unverwertbare und teilweise schon angeschimmelte Abfälle von Cannabispflanzen entsorgen, die zusammen mit anderen Pflanzenabfällen in großen Plastiksäcken verpackt waren. Auf seiner Fahrt wurde er von der Polizei kontrolliert, die einen anonymen Hinweis auf einen Cannabisanbau des Angeklagten erhalten hatte. Dabei fand man griffbereit im Seitenfach der Fahrerseite seines Pkw eine teleskopartig ausziehbare Stahlrute, die der Angeklagte zum eigenen Schutz vor Übergriffen mit sich führte.
Rz. 3
2. Die Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen wird von den Feststellungen des Landgerichts nicht getragen.
Rz. 4
Der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus, dass der Täter den gefährlichen Gegenstand bei der Tatbegehung bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich seiner jederzeit bedienen kann. Setzt sich die Tat aus mehreren Einzelakten zusammen, so reicht es nach ständiger Rechtsprechung zur Tatbestandserfüllung aus, wenn der qualifizierende Umstand auch nur bei einem Einzelakt verwirklicht ist. Demgemäß sind die Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schon als erfüllt angesehen worden in Fällen, in denen dem Handel treibenden Täter eine Waffe bei Drogenverkaufsfahrten, in seinem Vorratslager oder beim Strecken und Portionieren griffbereit zur Verfügung stand, da es sich hierbei um eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeiten handelt (vgl. BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10 f., und vom 22. August 2012 – 2 StR 235/12, NStZ-RR 2013, 150; Beschluss vom 14. November 1996 – 1 StR 609/96, NStZ 1997, 137, jeweils mwN). Hier war die Entsorgung des Pflanzenabfalls durch den Angeklagten jedoch keine mit dem beabsichtigten Umsatz von Betäubungsmitteln dergestalt zusammenhängende Bemühung, dass sie als ein Teilstadium des Handeltreibens angesehen werden könnte (vgl. zur Abgrenzung auch Patzak in Körner, BtMG, 7. Aufl., § 30a Rn. 81). Feststellungen des Landgerichts dazu, ob der Angeklagte die Teleskopstahlrute auch bei Teilakten des Handeltreibens wie etwa seinen unmittelbar der Aufzucht von Cannabispflanzen dienenden Anbautätigkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2012 – 5 StR 559/11, NStZ 2012, 514; BGH, Beschluss vom 3. August 2011 – 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43) mit sich führte, fehlen.
Rz. 5
3. Bei dieser Sachlage kann der Senat offen lassen, ob der mit der Verfahrensrüge geltend gemachte Verstoß gegen die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO und die unter Verletzung des § 273 Abs. 1a StPO gänzlich unterbliebene Dokumentation zur Frage etwaiger Verständigungsgespräche Anlass zu einer diesbezüglichen Klärung im Freibeweisverfahren geben müsste (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2013 – 1 StR 237/13), nachdem der Strafkammervorsitzende nach Erhebung der Verfahrensrüge keinen Anlass zur Korrektur der Sitzungsniederschrift gesehen hat (vgl. dazu Moldenhauer/Wenske in KK, StPO, 7. Aufl., § 257c Rn. 83).
Unterschriften
Basdorf, Sander, Schneider, Berger, Bellay
Fundstellen
Haufe-Index 6312171 |
NJW 2014, 1125 |
NStZ 2014, 166 |
Kriminalistik 2014, 447 |
NJW-Spezial 2014, 312 |
StV 2014, 615 |