Leitsatz (amtlich)
Ansprüche nach § 51a GmbHG sind nicht pfändbar.
Normenkette
ZPO § 851 Abs. 1, § 857; GmbHG § 51a
Verfahrensgang
LG Essen (Beschluss vom 21.02.2012; Aktenzeichen 7 T 30/12) |
AG Gelsenkirchen (Beschluss vom 20.12.2011; Aktenzeichen 34 M 3746/11) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des LG Essen vom 21.2.2012 wird zurückgewiesen.
Die Gläubigerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Geldforderung.
Rz. 2
Auf Antrag der Gläubigerin hat das AG - Vollstreckungsgericht - einen Beschluss erlassen, mit dem die Geschäftsanteile des Schuldners an der M.E. GmbH, der Drittschuldnerin, sowie weitere Ansprüche, darunter die Ansprüche auf Erteilung von Auskunft über die Angelegenheiten der Drittschuldnerin und Einsicht in deren Bücher und Schriften gem. § 51a GmbHG, gepfändet worden sind.
Rz. 3
Der Schuldner hat gegen den genannten Beschluss Erinnerung eingelegt, soweit es um seine (angeblichen) Ansprüche gegen die Drittschuldnerin gem. § 51a GmbHG geht, und beantragt, den Pfändungsbeschluss insoweit aufzuheben. Das AG - Vollstreckungsgericht - hat diese Erinnerung durch Beschluss zurückgewiesen. Diesen Beschluss hat das Beschwerdegericht auf die sofortige Beschwerde des Schuldners aufgehoben und auf dessen Erinnerung auch den Pfändungsbeschluss insoweit aufgehoben, als durch diesen Ansprüche auf Erteilung von Auskunft über die Angelegenheiten der Drittschuldnerin und auf Einsichtnahme in deren Bücher und Schriften nach § 51a GmbHG gepfändet worden sind.
Rz. 4
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Gläubigerin die Wiederherstellung des Beschlusses des AG, mit dem die Erinnerung des Schuldners zurückgewiesen worden ist.
II.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Rz. 6
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, von der - nicht angegriffenen - Pfändung der Geschäftsanteile würden die Ansprüche aus § 51a GmbHG nicht erfasst. Allein mit der Pfändung eines Geschäftsanteils rücke der Gläubiger nicht als Mitberechtigter in das Gesellschaftsverhältnis ein. Durch die Pfändung des Geschäftsanteils erlange der Gläubiger weder die Stellung noch sämtliche Rechte eines Gesellschafters. Er könne somit Auskunfts- und Einsichtnahmerechte des Schuldners ebenso wenig ausüben wie dessen Stimmrecht.
Rz. 7
Die Ansprüche auf Erteilung von Auskünften und auf Einsichtnahme in die Geschäftsbücher seien auch nicht selbständig nach § 857 ZPO pfändbar. Denn von § 857 ZPO würden nur selbständig verwertbare Vermögensrechte erfasst. Entgegen der Rechtsauffassung des AG komme eine Pfändung der Rechte aus § 51a GmbHG auch nicht im Wege einer Hilfspfändung in Betracht. Denn für eine entsprechende Hilfspfändung sei eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Der für die Forderungspfändung ausdrücklich geregelte Fall einer Hilfspfändung nach § 836 Abs. 3 Satz 3 ZPO (nunmehr § 836 Abs. 3 Satz 5 ZPO) sei nicht einschlägig, da dieser keine Auskunfts- oder Einsichtnahmerechte des Schuldners zum Gegenstand habe, sondern lediglich eine Verpflichtung des Schuldners normiere, solche Urkunden über die gepfändete Forderung herauszugeben, die sich in seinem Besitz befänden. Eine Hilfspfändung von Auskunfts- oder Einsichtnahmerechten könne auch nicht auf eine analoge Anwendung von § 836 Abs. 3 Satz 3 ZPO (nunmehr § 836 Abs. 3 Satz 5 ZPO) gestützt werden.
Rz. 8
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Rz. 9
a) Die Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin auf Erteilung von Auskunft über deren Angelegenheiten und auf Gestattung der Einsicht in deren Bücher und Schriften gem. § 51a GmbHG sind nicht zusammen mit der Geschäftsanteilspfändung mitgepfändet.
Rz. 10
aa) Die mit der Pfändung einer Hauptforderung verbundene Beschlagnahme erstreckt sich allerdings grundsätzlich auf alle Nebenrechte, die im Falle einer Abtretung nach §§ 412, 401 BGB mit auf den neuen Gläubiger übergehen; einer gesonderten Hilfspfändung bedarf es insoweit nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 9.2.2012 - VII ZB 117/09, NJW-RR 2012, 434 Rz. 12; Beschl. v. 18.7.2003 - IXa ZB 148/03, NJW-RR 2003, 1555, 1556). Neben den in § 401 BGB ausdrücklich genannten Rechten wird die Vorschrift u.a. auf solche Hilfsrechte entsprechend angewandt, die zur Durchsetzung des Hauptrechts erforderlich sind oder deren Trennung dessen Durchsetzung gefährden würde (vgl. BGH, Beschl. v. 9.2.2012 - VII ZB 117/09, NJW-RR 2012, 434 Rz. 14 m.w.N.). Entsprechendes gilt bei Pfändungen von anderen Vermögensrechten i.S.d. § 857 ZPO (vgl. Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 857 Rz. 5 i.V.m. Rz. 4).
Rz. 11
bb) Um solche Nebenrechte handelt es sich bei den Ansprüchen gem. § 51a GmbHG nicht. Diese Ansprüche sind nicht pfändbar.
Rz. 12
Eine Forderung ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist (§§ 851 Abs. 1, 857 Abs. 1 ZPO). Letzteres ist bei Ansprüchen nach § 51a GmbHG nicht der Fall. Sie sind Ausfluss der Gesellschafterstellung (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1988 - II ZR 346/87, NJW 1989, 225, 226; BayObLGZ 1988, 349, 355; Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 51a GmbHG Rz. 5) und können von dieser nicht getrennt werden, so dass die Pfändung des Geschäftsanteils diese Ansprüche nicht erfassen kann (vgl. MünchKomm/GmbHG/Hillmann, § 51a Rz. 20; Ulmer/Hüffer, GmbHG, § 51a Rz. 14). Eine Pfändbarkeit der Ansprüche nach § 51a GmbHG ergibt sich angesichts deren Ausgestaltung auch nicht aus § 857 Abs. 3 ZPO (vgl. Stangier/Bork, GmbHR 1982, 169, 172; a.M. Heuer, ZIP 1998, 405, 411 f.; Roth, ZGR 2000, 187, 213 f.). Nach dieser Vorschrift kann ein unveräußerliches Recht in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung insoweit unterworfen werden, als die Ausübung einem anderen überlassen werden kann. Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob und in welchem Umfang das Informationsrecht nach § 51a GmbHG durch bevollmächtigte Dritte ausgeübt werden kann (vgl. dazu BayObLGZ 1988, 413, 418 f.; MünchKomm/GmbHG/Hillmann, § 51a Rz. 19; Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 51a Rz. 14). Das Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters ist, vom Sonderfall des § 51a Abs. 2 GmbHG abgesehen, prinzipiell unbeschränkt; es findet seine Grenze erst bei einer nicht zweckentsprechenden Wahrnehmung (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.2002 - II ZR 125/02, BGHZ 152, 339, 344 m.w.N.). Die Kehrseite des umfassenden sehr weitgehend gestalteten Informationsrechts nach § 51a GmbHG ist als Ausfluss der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht eine verstärkte Verschwiegenheitspflicht des Gesellschafters (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.2002 - II ZR 125/02, BGHZ 152, 339, 344 m.w.N.). Die Weitergabe von Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken oder an gesellschaftsfremde Dritte ist grundsätzlich pflichtwidrig, und zwar ohne Rücksicht auf ihren Inhalt und ohne Rücksicht darauf, welche Zwecke mit der Verbreitung der Kenntnisse verfolgt werden (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.2002 - II ZR 125/02, BGHZ 152, 339, 344 m.w.N.). Angesichts dieser Ausgestaltung der Ansprüche des GmbH-Gesellschafters nach § 51a GmbHG ist eine Pfändbarkeit dieser Ansprüche nach § 857 Abs. 3 ZPO zu verneinen.
Rz. 13
b) Die Ansprüche nach § 51a GmbHG können aus den vorstehend genannten Gründen auch nicht gesondert gepfändet werden.
Rz. 14
c) Die Pfändung der Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin gem. § 51a GmbHG kann entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht mit Erfolg auf eine entsprechende Anwendung von § 836 Abs. 3 ZPO gestützt werden. Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob und in welchem Umfang der Schuldner verpflichtet ist, der Gläubigerin entsprechend § 836 Abs. 3 ZPO zur Vorbereitung der Verwertung der gepfändeten GmbH-Geschäftsanteile Auskunft zu erteilen (vgl. Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 51a Rz. 14; Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 51a GmbHG Rz. 5; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rz. 1620 Fn. 25; vgl. ferner Ulmer/Hüffer, GmbHG, § 51a Rz. 18) und auf die Drittschuldnerin bezogene Urkunden, die sich in seinem Besitz befinden, herauszugeben. Aus der den Schuldner etwa treffenden Verpflichtung entsprechend § 836 Abs. 3 ZPO gegenüber der Gläubigerin ergibt sich keine Pfändung des Auskunfts- und Einsichtsrechts gem. § 51a GmbHG, das dem Schuldner gegen die Drittschuldnerin zusteht.
III.
Rz. 15
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 4049747 |
BGHZ 2013, 181 |
BB 2013, 1490 |
DB 2013, 1290 |
DB 2013, 6 |
DStR 2013, 11 |
EBE/BGH 2013, 180 |
EWiR 2013, 511 |
JR 2014, 37 |
JurBüro 2013, 490 |
NZG 2013, 665 |
WM 2013, 1027 |
WuB 2013, 575 |
ZIP 2013, 1071 |
DGVZ 2013, 130 |
JZ 2013, 415 |
JZ 2013, 417 |
MDR 2013, 811 |
NJ 2014, 79 |
NZI 2013, 9 |
Rpfleger 2013, 552 |
ZInsO 2013, 1144 |
GmbHR 2013, 650 |
KSI 2013, 183 |
NJW-Spezial 2013, 367 |
ZNotP 2013, 190 |
GmbH-Stpr 2013, 382 |
finanzen.steuern kompakt 2013, 9 |