Leitsatz (amtlich)
›§ 258 Abs. 5 StGB kann auch dann anwendbar sein, wenn die der Strafvereitelung dienende Handlung sich auf Vortaten bezieht, die nicht miteinander zusammenhängen.‹
Verfahrensgang
Gründe
Der Angeklagte, Rechtsanwalt, hatte als Verteidiger auf Wunsch des in Untersuchungshaft einsitzenden Beschuldigten dessen Ehefrau über das Versteck von 50 g Heroinmischung unterrichtet und ihr den Auftrag übermittelt, dieses Betäubungsmittel an einen namentlich benannten anderen abzugeben. Gleichzeitig solle sie die Schulden eintreiben, die dieser andere beim Beschuldigten hatte. Der Angeklagte wußte, daß es sich bei dem versteckten Material um Heroin handelte, welches auf diese Weise weiterem gewinnbringenden Umsatz zugeführt werden sollte, und er hielt für möglich, daß die einzutreibenden Schulden aus vorhergegangenen Heroingeschäften herrührten. Klar war ihm auch, daß durch das Wegschaffen des Heroins die insoweit - wenn man es bei einer zu erwartenden Hausdurchsuchung fände - zu erwartende Strafverfolgung des Beschuldigten verhindert werden sollte.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlauten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung verurteilt. Es hielt für möglich, daß der Angeklagte den Auftrag des Beschuldigten deshalb ausgeführt hatte, weil er nicht Gefahr laufen wollte, der Beschuldigte werde "dem Angeklagten unangenehme oder gar strafrechtlich relevante Dinge" offenbaren. Solche Befürchtungen seien möglicherweise im Hinblick auf frühere Beratungstätigkeit des Angeklagten bei der Abfassung von "Strohmannmietverträgen", dem Betreiben illegaler Spielklubs dienend, gerechtfertigt gewesen.
Die Revision vermißt mit Recht Ausführungen des Landgerichts zum Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 5 StGB. Durch die der Strafvereitelung dienende Weitergabe der Botschaft des Beschuldigten an dessen Ehefau wollte der Angeklagte zugleich eigene Strafverfolgung vermeiden. Zwar hatten die - mögliche - strafbare Tätigkeit des Angeklagten und die Tat, wegen derer der Beschuldigte aktuell verfolgt wurde, nichs miteinander zu tun. Doch ist anerkannt, daß § 258 Abs. 5 StGB auch dann anwendbar sein kann, wenn es sich um verschiedene Vortaten handelt (vgl. Ruß in LK 10. Aufl. § 258 Rdn. 33; BTDrucks. 7/550 S. 250/251; RGSt 63, 233; 63, 240). Straffrei kann deshalb auch sein, wer einem anderen hilft, weil dieser ihn sonst anzeigen will (Schönke/Schröder, StGB 24. Aufl. § 258 Rdn. 35).
Weil das Landgericht das nicht bedacht hat, kann das Urteil nicht bestehen bleiben. Eine Auslegung des Urteils dahin, der Angeklagte habe nur der Unannehmlichkeit etwaiger Strafverfolgungsmaßnahmen aus dem Weg gehen wollen, habe aber Bestrafung (ernstlich) nicht befürchtet - so der Generalbundesanwalt -, hält der Senat nicht für möglich.
Andererseits hält der Senat - abweichend von der Meinung der Revision - nicht für ausgeschlossen, daß zu der Frage weitere Feststellungen möglich sind, ob der Angeklagte tatsächlich wegen früherer Verhaltensweisen Strafverfolgung befürchtete. Die Strafkammer, die hier nur einen Strafzumessungsgrund sah, hat sich damit zwar beschäftigt, möglicherweise aber doch nicht so, wie sie dies unter dem Gesichtswinkel des § 258 Abs. 5 StGB getan hätte. Da es sich um die Mitwirkung bei Vertragsabschlüssen gehandelt haben soll, ist nicht von vornherein auszuschließen, daß sogar noch schriftliche Unterlagen zur Verfügung stehen. Solche objektiven Anhaltspunkte könnten auch Schlüsse auf die Vorstellungen des Angeklagten zulassen. Deshalb muß die Sache neu verhandelt werden, und zwar, weil Tateinheit besteht, auch im Hinblick auf das Betäubungsmitteldelikt.
Insoweit gibt der Revisionsvortrag Anlaß zu der Bemerkung, daß schon die telefonische Aufforderung der Ehefrau des Angeklagten gegenüber S., er möge das Heroin abholen (in welchem Zusammenhang sie gleichzeitig die alten Schulden aus Betäubungsmittelgeschäften eintreiben wollte), derart im Gesamtgeschehen des Heroinhandels stand, daß dieses Tun als Handeltreiben angesehen werden könnte, zu dem der Angeklagte Beihilfe geleistet hätte. Davon abgesehen, setzt Beihilfe zu einer Straftat nicht unbedingt voraus, daß der Gehilfe die Person des Haupttäters kennt, wenn er nur sonst mit den Umständen der erwarteten, von ihm unterstützten Tat hinreichend vertraut ist.
Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sind frei von Rechtsfehlern und können deshalb bestehen bleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 2993346 |
NJW 1995, 3264 |
NStZ 1996, 39 |
wistra 1995, 309 |
MDR 1995, 1157 |
StV 1995, 586 |