Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 19.03.2010) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 19. März 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte in dem in den Urteilsgründen als „Tat Nr. 1” bezeichneten Fall der Steuerhinterziehung in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Steuerhehlerei schuldig ist.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den geständigen Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Steuerhehlerei in fünf Fällen und wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Daneben hat es ihn wegen Steuerhinterziehung in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Steuerhehlerei in drei Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Mit seiner nicht näher ausgeführten Revision beanstandet der Angeklagte allgemein die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revision führt mit der Sachrüge in dem in den Urteilsgründen als „Tat Nr. 1” bezeichneten Fall zu einer Schuldspruchänderung. Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (vgl. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
I.
Rz. 2
Der Schuldspruch ist, wie aus dem Tenor ersichtlich, abzuändern. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils bezüglich des Schuldspruchs keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 3
Das Landgericht hat den Angeklagten außer wegen zweifachen schweren Bandendiebstahls in insgesamt acht Fällen der Steuerhinterziehung in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Steuerhehlerei schuldig gesprochen. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand, soweit der Angeklagte die Steuerdelikte nach dem 31. Dezember 2007 begangen hat. Demgegenüber kann das Urteil keinen Bestand haben, soweit der Angeklagte in dem als „Tat Nr. 1” bezeichneten Fall wegen tateinheitlich zu Steuerhinterziehung begangener gewerbs- und bandenmäßiger Steuerhehlerei verurteilt worden ist. Denn diese Tat fand bereits im Dezember 2007 statt. In der zu diesem Zeitpunkt geltenden Gesetzesfassung, die gemäß § 2 Abs. 3 StGB als milderes Gesetz Anwendung finden muss, enthielten jedoch die Steuerstrafnormen der §§ 373, 374 AO keinen Straftatbestand der Steuerhehlerei als Mitglied einer Bande. Erst durch Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmethoden sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I 3198) wurde der Tatbestand der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhehlerei in die Abgabenordnung eingefügt. Die Kennzeichnung der Steuerhehlerei im Fall „Tat Nr. 1” als bandenmäßig begangen hat deshalb im Schuldspruch zu entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2007 – 5 StR 87/07, wistra 2007, 311).
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
Trotz Änderung des Schuldspruchs hat der Strafausspruch insgesamt Bestand. Sowohl die Einzelstrafe im Fall „Tat Nr. 1” von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe als auch der Gesamtstrafenausspruch können bestehen bleiben.
Rz. 5
1. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht noch mildere Strafen verhängt hätte, wenn es den Angeklagten im Fall „Tat Nr. 1” tateinheitlich zu Steuerhinterziehung lediglich wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei gemäß § 374 AO aF verurteilt hätte. Zwar ist die Strafkammer vom wesentlich verschärften Strafrahmen des § 374 Abs. 2 AO nF ausgegangen. Bei der Straffindung hat sie sich jedoch ersichtlich nicht an der danach vorgegebenen Mindest- oder Höchststrafe orientiert. Auch hat sie der außerordentlichen Gefährlichkeit der bandenmäßigen Begehung im Rahmen der konkreten Strafzumessung keine strafschärfende Bedeutung beigemessen (UA S. 25), was ihr aber bei Beachtung des milderen Strafrahmens der §§ 374, 373 AO nicht gemäß § 46 Abs. 3 StGB untersagt gewesen wäre.
Rz. 6
2. Auch im Übrigen enthält die Strafzumessung keine den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler. Das Landgericht hat die verkürzte deutsche Tabaksteuer und – im Hinblick auf die Verurteilung wegen Steuerhehlerei – die von Vortätern bereits in Litauen verkürzten Einfuhrabgaben zutreffend berechnet. Eine Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a StPO auf die bei der Einfuhr nach Litauen und dabei zugleich in die Europäische Union hinterzogenen Einfuhrabgaben Zoll und Einfuhrumsatzsteuer sowie die beim Verbringen in das deutsche Verbrauchsteuergebiet hinterzogene deutsche Tabaksteuer (vgl. dazu BGH, Urteil vom 2. Februar 2010 – 1 StR 635/09, wistra 2010, 226, 228) war daher nicht zwingend geboten. Zwar hat das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung nicht in den Blick genommen, dass hier vom tatbestandlichen Schuldumfang sowohl die Verkürzung deutscher als auch litauischer Tabaksteuer erfasst wird (zur Bedeutung dieser Erwägung vgl. BGH aaO). Der Senat kann jedoch ausschließen, dass die Strafen noch milder ausgefallen wären, wenn das Landgericht bei der Strafzumessung die von den Vortätern verkürzte litauische Tabaksteuer außer Betracht gelassen hätte.
Unterschriften
Nack, Wahl, Hebenstreit, RiBGH Prof. Dr. Sander befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Jäger, Nack
Fundstellen