Entscheidungsstichwort (Thema)
schwerer Raub
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten C wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. April 1998 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch gegen diesen Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit das Rechtsmittel sich gegen den Schuldspruch richtet. Indes muß der Senat den Strafausspruch auf die Sachrüge aufheben.
Die Strafkammer hat zur Person des Angeklagten lediglich dessen Vorstrafen festgestellt und im übrigen mitgeteilt, daß der Angeklagte sich zu seinen persönlichen Verhältnissen nicht geäußert hat.
Wesentliche Anknüpfungstatsachen für die Strafzumessung sind das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) und die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Deshalb ist der Tatrichter verpflichtet, diese Umstände aufzuklären und im Urteil darzulegen (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein sachlichrechtlicher Fehler vor, wenn die Urteilsgründe keine Feststellungen zum persönlichen Werdegang des Angeklagten enthalten und zudem nicht erkennen lassen, daß der Tatrichter sich – angesichts des Schweigens des Angeklagten zu seinem Lebenslauf – anderweitig um die Aufklärung des Lebens des Angeklagten bemüht hat (BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 8, 9, 10, 12, 17; BGH NJW 1976, 2220; BGH StV 1986, 287 und 1992, 463).
Hier lassen die Urteilsgründe erkennen, daß der Strafkammer Möglichkeiten zur Aufklärung des Lebenslaufs des Angeklagten zur Verfügung standen. Es liegt ein früheres (verlesbares) Urteil gegen den Angeklagten vor und – worauf der Generalbundesanwalt zur Begründung seines Antrags auf Aufhebung des Strafausspruchs abstellt – ein Bruder des Angeklagten hat immerhin zur Sache ausgesagt. Deshalb hebt der Senat (wie in der Sache BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 12) den Strafausspruch auf.
Der Senat merkt folgendes an: Das vorstehend erörterte Problem ist nicht allein dem sachlichen Recht zuzuordnen, sondern im Revisionsverfahren grundsätzlich als Frage einer etwaigen Verletzung der Aufklärungspflicht nach denjenigen Grundsätzen zu behandeln, die für die Beurteilung von Verfahrensfehlern gelten. Er neigt deshalb dazu, Rechtsfehler der vorliegenden Art künftig allein auf eine entsprechende Verfahrensrüge – namentlich auf eine Rüge der Verletzung der Vorschrift des § 244 Abs. 2 StPO – zu beachten, wenn sich nicht schon aus dem angefochtenen Urteil eindeutig ergibt, daß der Tatrichter seiner Rechtsfolgenentscheidung einen lückenhaft gebliebener Sachverhalt zugrunde gelegt hat (vgl. auch Senatsbeschluß vom heutigen Tat - 5 StR 480/98 -).
Unterschriften
Laufhütte, Häger, Basdorf, Pfister, Gerhardt
Fundstellen
Haufe-Index 539710 |
StV 1998, 636 |