Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten Dr. H wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 5. März 2004 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
- im Schuldspruch im Fall 5 der Urteilsgründe (Gründungsschwindel FG H GmbH),
- im Strafausspruch im Fall 4 der Urteilsgründe (Gründungsschwindel CD-H GmbH) sowie
- im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten Dr. H, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten Dr. H. wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
4. Die Revision des Angeklagten N gegen das genannte Urteil wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. H wegen Anstiftung zum versuchten Betrug, Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwei Fällen und Gründungsschwindels in zwei Fällen – bei Teileinstellung und Teilfreispruch im übrigen – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten N wegen Beihilfe zum versuchten Betrug unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus verschiedenen Vorverurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Lediglich bei dem Angeklagten N. wurde die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.
Die Revision des Angeklagten Dr. H hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im übrigen sind die Revisionen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 17. August 2004, die durch die weiteren Ausführungen in den Schriftsätzen der Verteidiger des Angeklagten Dr. H vom 23. und 26. August 2004 nicht entkräftet werden, im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
1. Der Schuldspruch wegen Gründungsschwindels im Fall der FG H. … GmbH (Fall 5 der Urteilsgründe) hat keinen Bestand.
a) Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte Dr. H war Geschäftsführer der K G GmbH. Mittels dieser GmbH wollte er zwei weitere GmbHs gründen: die CD-H. GmbH und die FG H GmbH. Geschäftsführer beider Neugründungen sollte der Angeklagte sein. Jeweils mit Schreiben vom 5. Februar 2001, eingegangen beim Registergericht am 13. Februar 2001, versicherte er zum Zwecke der Eintragung, daß die K G GmbH als Gesellschafterin der neu zu gründenden Gesellschaften das Stammkapital von 25.000 EUR in voller Höhe eingezahlt habe und sich dieser Betrag endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführung befände.
In beiden Fällen hatte sich der Angeklagte Dr. H dahingehend eingelassen, er habe das Stammkapital von jeweils 25.000 EUR im Treuhandauftrag von Dritten – M A für die CD-H GmbH und S B. … für die FG H GmbH – erhalten, die ihm das Geld jeweils in bar vor der Gründung der Gesellschaft zur Verfügung gestellt hätten. Dies hat das Landgericht in den Urteilsgründen (und auch in einem von der Revision zulässig gerügten Beschluß zur Ablehnung eines entsprechenden Beweisantrags im Fall der FG H GmbH) jeweils als aus Rechtsgründen unerheblich angesehen.
Bei der CD-H GmbH hat sich das Landgericht – rechtlich unbedenklich – insbesondere anhand von zwei Einzahlungsquittungen über die Stammeinlage nebst teilweise korrespondierender Kassenberichte die Überzeugung verschafft, daß sich im Zeitpunkt der Erklärung vom 5. Februar 2001 und ihres Eingangs beim Registergericht am 13. Februar 2001 allenfalls die Hälfte der Stammeinlage endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführung befand.
Bei der FG H GmbH hält das Landgericht die Angaben des Angeklagten, er habe die 25.000 EUR von S B in bar erhalten, ordnungsgemäß bei Gründung in die Barkasse eingezahlt und dies als Geschäftsführer der neuen Gesellschaft quittiert, bezüglich der Einzahlung für widerlegt, weil der Angeklagte am 6. August 2001 die Anteile an der GmbH als bloßen „Mantel” für 5.000 DM an die Zeugen M verkauft habe, zu diesem Zeitpunkt jedoch keine Bar- oder Sachwerte bei der GmbH vorhanden gewesen wären, obwohl diese seit Gründung keinerlei Geschäfte getätigt habe; zudem sei im Gesellschaftsvertrag eine Verpflichtung der Erwerber enthalten gewesen, die Stammeinlage in Höhe von insgesamt 25.000 EUR sofort zu erbringen.
b) Die letztgenannten Ausführungen des Landgerichts halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Der spätere Verkauf eines GmbH-„Mantels” für 5.000 DM widerlegt die Einlassung des Angeklagten nicht. Daß ein halbes Jahr nach Gründung das Stammkapital einer GmbH trotz Fehlens einer nach außen erkennbar gewordenen Geschäftstätigkeit nicht mehr vorhanden ist, kann zwar darauf hindeuten, daß es von Anfang an nicht der Geschäftsführung zur freien Verfügung stand. Im vorliegenden Fall ist dies jedoch kein tragfähiges Indiz, weil der Angeklagte nach seinen unwiderlegten Angaben das Stammkapital in Höhe von 25.000 EUR von S B. vor Gründung der Gesellschaft in bar erhalten und die Einzahlung auch als Geschäftsführer der FG H GmbH quittiert hat. Durch die Quittierung des Betrages hat der Angeklagte nach außen dokumentiert, daß die bar erhaltenen 25.000 EUR der zu gründenden FG H GmbH rechtlich zustehen (vgl. BayObLG wistra 1994, 239). Ob dies nur zum Schein erfolgte oder nicht, erschließt sich aus dem späteren Verkauf des GmbH-„Mantels” nicht, weil nach den unwiderlegten Angaben des Angeklagten der Geldgeber S. B. die GmbH kurz nach Gründung wieder liquidieren wollte. Die Sache bedarf demnach neuer tatrichterlicher Aufklärung und Bewertung.
2. Der Strafausspruch im Fall 4 der Urteilsgründe (Gründungsschwindel CD-H GmbH) hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Verhängung der kurzen Freiheitsstrafe von vier Monaten (vgl. § 47 Abs. 1 StGB) für diesen Fall begründet das Landgericht damit, daß dieser Ausspruch angesichts der Tatumstände und der Schadenshöhe unerläßlich sei.
Diese Strafzumessungserwägungen des Landgerichts stehen im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen. Danach stand der Rest der Stammeinlage ab dem 5. März 2001 in der freien Verfügung der Geschäftsführung der CD-H GmbH. Die Falschangabe umfaßte damit lediglich einen Zeitraum von knapp drei Wochen zwischen Eingang der Versicherung beim Registergericht – auf diesen Zeitpunkt kommt es für die Beurteilung der Richtigkeit einer Angabe an (vgl. Schaal in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 82 Rdn. 23 m.w.N.) – und der Buchung als Einnahme im Kassenbericht am 5. März 2001. Auf besonders schwerwiegende „Tatumstände” im Sinne des § 47 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 47 Rdn. 6 m.w.N.) konnte die Notwendigkeit der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe demnach nicht gestützt werden. Gleiches gilt für den Gesichtspunkt der Schadenshöhe. Bei § 82 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl. Schaal aaO § 82 Rdn. 6), ein konkreter Schaden ist im vorliegenden Fall weder festgestellt noch naheliegend.
3. Die Überprüfung der übrigen Einzelstrafen hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Wegfall von zwei Einzelstrafen zieht jedoch die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Der neue Tatrichter wird im Anschluß an seine Gesamtstrafbildung über die Frage einer Strafaussetzung zur Bewährung eigenständig zu befinden haben.
Unterschriften
Basdorf, Häger, Gerhardt, Raum, Brause
Fundstellen
Haufe-Index 2558350 |
wistra 2005, 150 |
wistra 2005, 68 |