Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Beschluss vom 29.09.2005 - IX ZB 430/02

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung, die auf zwei selbstständig tragende Gründe gestützt ist

 

Leitsatz (amtlich)

Eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn mit ihrer Begründung nur gegen einen von zwei selbständig tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung die Zulässigkeitsvoraussetzungen dargelegt werden.

 

Normenkette

ZPO § 574 Abs. 2, § 575 Abs. 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 05.08.2002; Aktenzeichen 13 T 214/01)

AG Kiel

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des LG Kiel v. 5.8.2002 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Der Schuldner war nach einer Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer seit 1998 arbeitslos und bezog Arbeitslosenhilfe. Am 5.11.1999 eröffnete das AG auf den Antrag des Schuldners das Insolvenzverfahren über sein Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit. Im April 2000 nahm der Schuldner unter Begründung eines zweiten Wohnsitzes in Berlin eine selbständige Tätigkeit auf. Das Arbeitsamt gewährte hierfür Überbrückungsgeld auf die Dauer von sechs Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 4, § 57 SGB III).

Der eingesetzte Treuhänder beanstandete mit seinem Schlussbericht v. 2.2.2001, dass der Schuldner über seine selbständige Tätigkeit noch nicht die angeforderte Rechnung gelegt habe. Am 23.2.2001 übersandte der Schuldner dem Treuhänder eine Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben für das Geschäftsjahr 2000, die er auf Grund noch ausstehender Prüfung durch seinen Steuerberater als vorläufig bezeichnete. Diese Rechnung enthielt auch die ausgezahlten und vom Schuldner in das neue Unternehmen eingelegten, jedoch anschließend wieder entnommenen Überbrückungsgelder. Der Treuhänder beanstandete nunmehr diese Entnahmen und regte an, dem Schuldner die beantragte Restschuldbefreiung zu versagen.

Auf Antrag mehrerer Gläubiger hat das AG die Versagung der Restschuldbefreiung ausgesprochen, weil durch die Privatentnahmen zum Nachteil der Gläubiger Vermögen verschwendet worden sei (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO) und der Schuldner dem Treuhänder nicht laufend und unaufgefordert Rechnung über die Ergebnisse seiner selbständigen Tätigkeit gelegt habe (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde hat der Schuldner die von dem Steuerberater am 17.9.2001 gefertigte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vorgelegt, die für das Rumpfgeschäftsjahr 2000 einen vorgetragenen Gewinn von 13.824,56 DM auswies. Der Schuldner hat ferner geltend gemacht, seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht durch Vorlage der Kontenblätter und der steuerlichen Überschussermittlung genügt zu haben. Zumindest sei ihm wegen seines Verhaltens keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil der Treuhänder auf das Schreiben v. 13.1.2000 nicht reagiert und vor dem Februar 2001 keine Beanstandungen erhoben habe.

Das LG hat die sofortige Beschwerde des Schuldners mit der Begründung zurückgewiesen, dieser habe nach den zutreffenden Ausführungen des AG jedenfalls seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt. Die Mitteilungen über die Ergebnisse seiner selbständigen Tätigkeit an den Treuhänder seien verspätet erfolgt. Sie seien auch inhaltlich unzureichend, weil sich aus den eingereichten Kontenblättern und der Gewinnermittlung nicht ergebe, welche Beträge der Schuldner aus welchen Rechtsgeschäften erworben habe.

II.

Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner kraft Gesetzes statthaften (§ 289 Abs. 2 S. 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde, die gem. § 575 Abs. 1 und 2 ZPO auch frist- und formgerecht eingelegt worden ist. Das Rechtsmittel ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig.

1. Die Rechtsbeschwerde sieht als grundsätzlich die Frage nach dem Umfang der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners gem. §§ 97, 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO an. Sie meint, dies gelte insb. für die Frage, ob die Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO auch dann versagt werden müsse, wenn der Schuldner kein Vermögen ggü. den Insolvenzgläubigern oder dem Treuhänder verheimlicht, sondern es allenfalls unterlassen habe, die Einnahmen und Ausgaben aus einem selbständigen Erwerbsgeschäft im Einzelnen zu erläutern, ohne dass die Gläubiger im Ergebnis beeinträchtigt worden seien.

2. Einen Rechtssatz zum Umfang der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners im vereinfachten Insolvenzverfahren stellt die Beschwerdeentscheidung zwar auf. Es handelt sich hierbei aber nur um eine von zwei selbständig tragenden Begründungen für die Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Denn die Beschwerdeentscheidung wird allein schon durch den vom LG gebilligten Rechtssatz des AG getragen, der Schuldner müsse dem Treuhänder bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während des Insolvenzverfahrens laufend und unaufgefordert Rechnung über die Ergebnisse dieser Tätigkeit legen.

Dieser Rechtssatz bezieht sich nicht auf den Umfang, sondern auf die Art und die zeitgerechte Erteilung der dem Schuldner gesetzlich abverlangten Auskunft. Die von der Rechtsbeschwerde für grundsätzlich erachtete Rechtsfrage nach dem Umfang der Auskunftspflicht kann für die Beschwerdeentscheidung hinweggedacht werden. In einem solchen Fall hätte der Berufungsrichter die Revision nur zuzulassen, wenn sowohl für die eine als auch für die andere Begründung seiner Entscheidung ein Zulassungsgrund bestünde (BVerwG Buchholz 310 VwGO § 132 Nr. 287; § 132 Nr. 2 Ziff. 1 Nr. 4; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, Rz. 127, m.w.N.; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, Rz. 101, m.w.N.). Insoweit gelten für die Zulässigkeitsprüfung des BGH bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO die gleichen Grundsätze wie bei der Zulassung von Revision oder Rechtsbeschwerde durch den judex a quo. Erforderlich war somit, dass die Rechtsbeschwerde gegenüber beiden selbständig tragenden Begründungen des LG für die Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO einen Zulässigkeitsgrund geltend machte. Daran fehlt es.

3. Bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde prüft der BGH nach § 574 Abs. 2 ZPO ebenso wie bei der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulässigkeitsvoraussetzungen, welche die Rechtsmittelbegründung nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (BGH v. 23.12.2002 - VI ZR 91/02, BGHZ 152, 7 [8 f.]; v. 7.1.2003 - X ZR 82/02, BGHZ 153, 254 [255] = MDR 2003, 649 = BGHReport 2003, 298 m. Anm. Gehrlein, sämtlich zur Nichtzulassungsbeschwerde).

Es kann offen bleiben, ob die Rechtsbeschwerde diesen Anforderungen genügt, soweit ein Zulassungsgrund im Hinblick auf den Umfang der vom Schuldner zu erteilenden Auskünfte geltend gemacht worden ist. Zur Versäumung einer zeitgerechten Unterrichtung des Treuhänders über die selbständige Tätigkeit des Schuldners und dessen Verpflichtung zu (unaufgefordertem) Bericht, der zweiten Begründung des LG, rügt die Rechtsbeschwerde nur, der Schuldner habe die Verwaltungsbefugnis des Treuhänders, die sich nach § 292 Abs. 2 InsO beurteilen soll, nicht unterlaufen. Der Schuldner habe seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht schon durch die Vorlage des Jahresabschlusses genügt; der Mitteilung monatlicher, hier sehr unterschiedlicher Betriebsergebnisse, habe es nicht bedurft. Dies gelte umso mehr, als der Treuhänder auf die Nachfrage des Schuldners, wie in der Angelegenheit zu verfahren sei, nicht reagiert habe.

Mit dieser Begründung zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Zulassungsgrund für den Rechtssatz des Beschwerdegerichts auf, dass der Schuldner bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während des vereinfachten Insolvenzverfahrens dem Treuhänder unaufgefordert und laufend Rechnung über die Ergebnisse dieser Tätigkeit legen müsse und nicht erst - wie geschehen - nach Abschluss des Geschäftsjahres. Die Rechtsbeschwerde beruft sich insoweit lediglich auf Rechtsfehler, auf die es bei der Prüfung der Zulässigkeit nach § 574 Abs. 2 ZPO hier nicht ankommt.

4. Einer Festsetzung des Wertes für die Rechtsbeschwerde bedarf es gemäß GKG-KV Nr. 1823 (Festgebühr) nicht. Die gerichtliche Unterliegensgebühr nach diesem Tatbestand wird durch die entsprechende gerichtliche Entscheidung fällig (§ 6 Abs. 3 GKG n.F., § 61 Abs. 2 GKG a.F.). Die Fortgeltung alten Kostenrechts ist durch § 71 Abs. 3, § 72 Nr. 3 GKG i.d.F. von Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 5.5.2004 (BGBl. I, 718) nur für solche Kosten bestimmt, die vor dem 1.7.2004 fällig geworden sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1445185

BB 2005, 2436

NJW 2006, 776

BGHR 2006, 48

NJW-RR 2006, 142

WM 2006, 59

ZAP 2006, 57

MDR 2006, 346

NZI 2006, 48

ZInsO 2005, 1162

ZInsO 2005, 1213

ZVI 2006, 76

ProzRB 2005, 317

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Jahresabrechnung / 1.4 Wann ist die Jahresabrechnung vorzulegen?
    7
  • § 22 Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) / I. Tathandlung: Körperliche Misshandlung und/oder Gesundheitsbeschädigung
    2
  • AGS 7/2016, Keine Mutwilligkeit, wenn Rechtswahrnehmung ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • AGS 7/2017, Verfahrenswert eines Freistellungsanspruchs ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • FF 01/2013, Illoyale Vermögensminderung und Zugewinnausg ... / Aus den Gründen:
    2
  • FoVo 06/2024, Die Rechte des miterbenden Schuldners in der Insolvenz
    2
  • zfs 03/2009, Problemfelder zum Punktesystem aus Sicht de ... / 2. Bindung an die rechtskräftige Entscheidung
    2
  • § 12 Erbengemeinschaft / 8. Prozesskostenhilferecht
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / (4) Sonstige Voraussetzungen
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / VIII. Zeitliche Begrenzung (Ziff. 7)
    1
  • § 16 Der Pflichtteil im Steuerrecht / 7. Besteuerung des Pflichtteils
    1
  • § 2 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) / 2. Auf das Ausscheiden des Gesellschafters anwendbare Vorschriften
    1
  • § 2 Pflichten aus dem Anwaltsvertrag / bb) Rechtswahlklauseln
    1
  • § 2 Urheberrecht / 5. Schutz des Sendeunternehmens
    1
  • § 22 Handelsregister und Erbfolge / 1. Rechtsübergang in Erbengemeinschaft
    1
  • § 25 Mitbestimmungs- und Arbeitsrecht / 3. Grundsätze für Sozialplanabfindungen
    1
  • § 3 Testamentsgestaltung / ee) Behinderungen
    1
  • § 3 Trennung der Eheleute / 2. Verbindlichkeiten nach der Trennung und Scheidung
    1
  • § 41 Gebühren des Anwalts in Strafsachen
    1
  • § 5 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem FamFG / II. Zuständigkeit
    1
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop
Produktempfehlung


Zum Thema Recht
Haufe Shop: Markenrecht in China
Markenrecht in China
Bild: Haufe Shop

Die Autorin erläutert knapp und verständlich, worauf deutsche Unternehmen im Umgang mit China beim Markenrechts achten müssen und welche Fallen zu vermeiden sind. Auch Wettbewerbsrecht, Copyrights, Domains und Designs in China werden berücksichtigt und mit dem chinesischen Markenrecht verknüpft.


Zivilprozessordnung / § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde
Zivilprozessordnung / § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde

  (1) 1Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn   1. dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder   2. das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten ...

4 Wochen testen


Newsletter Recht
Newsletter Recht - Wirtschaftsrecht

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Wirtschaftsrecht frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Gewerblicher Rechtsschutz
  • Vertriebsrecht
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Zum Recht Archiv
Haufe Group
Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Advolux Haufe Onlinetraining rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Shop Recht
Anwaltssoftware Anwaltliches Fachwissen Software Gesellschafts- & Wirtschaftsrecht Lösungen Alle Recht Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren