Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 29. Mai 2000 mit den Feststellungen aufgehoben
- soweit er in den Fällen 9, 10 und 12 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
- im gesamten Strafausspruch.
2. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren und mit Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in den Fällen 9, 10 und 12 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Der Angeklagte veräußerte „auf Kommissionsbasis” im Zeitraum Juni bis Oktober 1997 an Thorsten W. in insgesamt zwölf Fällen Amphetamin in Teilmengen von 100 bis zu 250 Gramm. Hierbei war ihm bekannt, daß Thorsten W. das Amphetamin zusammen mit Holger H. im Kreis Kaiserslautern weiterverkaufte. Bei den ersten acht Lieferungen (Juni bis September 1997) übergab der Angeklagte das Rauschgift jeweils dem Thorsten W. in dessen Wohnung persönlich. In drei späteren Fällen (Oktober 1997) händigte er das Rauschgift dem – wie er wußte – damals 16-jährigen Holger H. mit dem Auftrag aus, dieses an Thorsten W. weiterzugeben.
Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen Bestimmens zum Handeltreiben gemäß § 30 a Abs. 2 Nr. 1 BtMG.
Unter „Bestimmen” im Sinne dieser Vorschrift ist nach den allgemeinen, zu § 26 StGB entwickelten Grundsätzen die Einflußnahme auf den Willen eines anderen zu verstehen, die diesen zu dem im Gesetz beschriebenen Verhalten bringt (vgl. dazu im einzelnen BGHSt 45, 373 m.N.). Hierbei muß die Willensbeeinflussung nicht die alleinige Ursache für das Verhalten des anderen sein, vielmehr genügt bloße Mitursächlichkeit (BGH aaO S. 374). Eine derartige Einflußnahme auf den Willen des Minderjährigen durch den Angeklagten wird jedoch durch die Urteilsfeststellungen nicht belegt. Holger H. hatte – wie der Angeklagte wußte – bereits im Anschluß an die acht früheren Lieferungen an Thorsten W. gemeinsam mit diesem das Rauschgift weiterverkauft. Angesichts dieses Umstandes versteht es sich nicht von selbst, daß es einer (weiteren) Willensbeeinflussung durch den Angeklagten bedurfte, um ihn in den ausgeurteilten Fällen zum Handeltreiben zu veranlassen (vgl. auch Senatsbeschluß vom 17. August 2000 – 4 StR 233/00). Vielmehr liegt es durchaus nahe, daß er zu diesem Zeitpunkt – etwa aufgrund einer mit Thorsten W. getroffenen Absprache – zum Handel mit Betäubungsmittel bereits fest entschlossen war. Das Rauschgift sollte hier – anders als in dem in BGHSt 45, 373 entschiedenen Fall – auch nicht von dem Minderjährigen zu von dem Angeklagten vorgegebenen Bedingungen und für dessen Rechnung verkauft werden. Vielmehr muß auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen davon ausgegangen werden, daß „Geschäftspartner” des Angeklagten allein Thorsten W. war, der seinerseits Holger H. in den Weiterverkauf der Drogen miteinbezogen hat. Der bloße Umstand, daß der Angeklagte dem Minderjährigen durch das Überlassen von Rauschgift die Möglichkeit zum unerlaubten Handeltreiben eröffnet hat, stellt noch kein „Bestimmen” im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 1 BtMG dar (BGHSt 45, 373, 375). Die Verurteilung des Angeklagten kann daher insoweit keinen Bestand haben. Dies führt in den betroffenen Fällen auch zur Aufhebung der für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstandenden Verurteilungen wegen tateinheitlich begangener Straftaten nach § 29 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 BtMG (BGHR StPO § 353 Aufhebung 1; zur Konkurrenzfrage vgl. Weber, BtMG § 29 a Rdnr. 26; § 30 a Rdnr. 59).
2. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung der in den Fällen 9, 10 und 12 verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Der Strafausspruch kann aber auch im übrigen keinen Bestand haben.
Der Angeklagte hat nach den Urteilsfeststellungen bei seiner Festnahme gegenüber der Polizei detaillierte Angaben über seinen Lieferanten Alfred P., dessen persönlichen Verhältnisse sowie über die Einzelheiten seines Rauschgiftsbezugs gemacht (UA 7). Das Landgericht hat eine Strafmilderung nach § 31 BtMG versagt, „da der Polizei bereits der Lieferant bekannt war” (UA 8). Diese Begründung trägt – wie die Revision zu Recht rügt – die Nichtanwendung des § 31 BtMG nicht. Sie läßt schon nicht erkennen, ob P. der Polizei bereits als Lieferantdes Angeklagten oder nur allgemein als Rauschgiftlieferant bekannt war. Jedenfalls gibt sie Anlaß zu der Besorgnis, daß das Landgericht von einem zu engen Verständnis des für die Anwendung von § 31 Nr. 1 BtMG vorausgesetzten Aufklärungsbeitrags ausgegangen ist. Ein solcher kann nämlich auch dann zu bejahen sein, wenn der Täter Angaben macht, die zwar mit Erkenntnissen der Strafverfolgungsbehörden übereinstimmen, darüber hinaus aber eine sicherere Grundlage für den Nachweis der betreffenden Straftaten schaffen (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 18 m.N.). Die Urteilsgründe lassen die Möglichkeit offen, daß durch die umfassende polizeiliche Aussage des Beschwerdeführers in diesem Sinne ein weiterer Aufklärungserfolg erzielt wurde.
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 547380 |
StV 2001, 406 |