Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 30.03.2016) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 30. März 2016
- im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe schuldig ist,
im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Anordnung des Verfalls hinsichtlich eines Betrages von 300 EUR bleibt aufrechterhalten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt und hinsichtlich eines Betrages von 300 EUR den erweiterten Verfall angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht.
Rz. 3
Dazu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen. Er erfasst alle Tätigkeiten, die auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtet sind und schließt damit dem Grundsatz nach auch unterstützende Tätigkeiten als tatbestandliche Handlungen ein (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005, GSSt 1/05). Die Abgrenzung zwischen täterschaftlichen und Beihilfehandlungen hat dabei nach allgemeinen Regeln zu erfolgen (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013, 5 StR 606/12; Urteil vom 28. Februar 2007, 2 StR 516/06). Dabei stellt der BGH in seiner jüngeren Rechtsprechung darauf ab, welche Bedeutung dem konkreten Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zukommt.
Ein Kurier ist danach als Gehilfe einzuordnen, wenn die Tathandlung sich auf den Transport von Betäubungsmitteln zwischen selbständig handelnden Lieferanten und Abnehmern beschränkt und der Beteiligte nicht in der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten. Als mittäterschaftliches Handeltreiben kann eine Kuriertätigkeit demgegenüber einzuordnen sein, wenn der Beteiligte über den reinen Transport hinaus erhebliche Tätigkeiten entfaltet (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007, 2 StR 516/06). Solche Tätigkeiten können beispielsweise bei der Einbindung des Kuriers in den An- oder Verkauf der Betäubungsmittel (BGH, Beschluss vom 9. November 2011, 1 StR 508/11), bei einer weiterreichenden Einflussmöglichkeit des Kuriers auf Art und Menge der transportierten Betäubungsmittel (BGH, Beschluss vom 30. März 2007, 2 StR 81/07) oder wenn der Kurier die transportierten Drogen am Zielort aufzubewahren, zu portionieren, chemisch umzuwandeln oder zu verpacken hat (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl. 2016, Rn. 221 zu § 29 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 7. März 2001, 2 StR 23/01), anzunehmen sein. Beschränkt sich der Tatbeitrag eines Drogenkuriers auf den bloßen Transport von Betäubungsmitteln, liegt selbst dann keine Täterschaft vor, wenn ihm faktische Handlungsspielräume hinsichtlich der Art und Weise des Transports verbleiben (Senat, Beschluss vom 12. August 2014, 4 StR 174/14; Beschluss vom 3. Juli 2014, 4 StR 240/14; Beschluss vom 22. August 2012, 4 StR 272/12; BGH, Beschluss vom 4. Februar 2014, 3 StR 447/13; Beschluss vom 30. August 2011, 3 StR 270/11; Urteil vom 28. Februar 2007, 2 StR 516/06).
Nach diesen Maßgaben war im vorliegenden Fall kein täterschaftliches Handeltreiben gegeben. Der Angeklagte nahm die Betäubungsmittel nach den Feststellungen der Kammer von ‚M.’ entgegen und transportierte sie zu einem vorgegebenen Treffpunkt, um sie dort dem Empfänger auszuhändigen. Weitere erhebliche Tätigkeiten in Bezug auf das Umsatzgeschäft zwischen ‚M.’ und dem Empfänger der Betäubungsmittel entfaltete der Angeklagte nicht und sollte er auch nicht entfalten. Die von der Kammer herangezogenen Umstände, etwa dass der Angeklagte seinen Lohn bereits erhalten hatte, dass ein weiteres Treffen nicht vorgesehen war und dass der Angeklagte ein Interesse daran hatte, den Kurierlohn zu verdienen, belegen keine über die reine Transporttätigkeit hinausgehenden erheblichen Handlungen des Angeklagten.
Der Schuldspruch ist daher zu berichtigen. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Kammer zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch ‚M.’, zur inneren Haltung des Angeklagten zu dieser Haupttat, zum Besitz des Angeklagten an den Betäubungsmitteln während der Kurierfahrt und zu der Schreckschusswaffe, die der Angeklagte mit sich führte, tragen den Schuldspruch wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz, §§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG, 27, 52 StGB. Mit dem Wegfall der Verurteilung wegen täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens in nicht geringer Menge lebt der gleichfalls verwirklichte Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wieder auf (Senat, Beschluss vom 25. Mai 2016, 4 StR 247/16; BGH, Beschluss vom 4. Februar 2014, 3 StR 447/13).
§ 265 StPO hindert eine Schuldspruchberichtigung nicht, da auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte anders als geschehen hätte verteidigen können.”
Rz. 4
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts im vorliegenden Fall zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Strafrahmen ist nunmehr § 29a BtMG zu entnehmen. Da das Landgericht im angefochtenen Urteil die Voraussetzungen eines minder schweren Falls im Sinne von § 30a Abs. 3 BtMG bejaht hat, kann der Senat im Hinblick auf § 29a Abs. 2 BtMG nicht ausschließen, dass die Strafkammer eine mildere Strafe verhängt hätte.
Rz. 5
3. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat im Übrigen keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Auch die Anordnung des Verfalls hinsichtlich eines Betrages von 300 EUR ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts angeführten Gründen im Ergebnis nicht zu beanstanden; sie kann daher bestehen bleiben.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Franke, RiBGH Dr. Mutzbauer ist urlaubsbedingt abwesend und deshalb gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible, Quentin
Fundstellen