Tenor
Der Wert der Beschwer durch das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. November 1998 wird für die Beklagte auf über 60.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
1. Das Berufungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung restlichen Werklohnes in Höhe von 48.816,57 DM bestätigt. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die fehlende Abnahme und die mangelnde Prüffähigkeit der streitgegenständlichen Rechnungen berufen. Den Umfang der abgerechneten Leistungen habe sie nur unsubstantiiert bestritten. Dem Werklohnanspruch könne die Beklagte nicht mit Erfolg wegen angeblicher Mängel der Werkleistung einen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB im Wege der Aufrechnung entgegenhalten. Es fehle an einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung. Außerdem liege kein Mangel vor, weil die fehlende Abdichtung des Kellers aus dem ursprünglichen Auftrag herausgenommen worden sei. Hinweispflichten habe die Gemeinschuldnerin in diesem Zusammenhang nicht verletzt. Den Wert der Beschwer für die Beklagte hat das Berufungsgericht ohne Begründung auf unter 60.000 DM festgesetzt.
2. Die Beklagte beantragt, ihre Beschwer auf über 60.000 DM festzusetzen. Sie meint, der sich aus ihrer Verurteilung ergebenden Beschwer von 48.816,57 DM sei gemäß § 19 Abs. 3 GKG der Wert der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung in Höhe von 20.880,21 DM hinzuzurechnen, weil das Oberlandesgericht über diese Forderung mit Rechtskraftwirkung entschieden habe.
II.
Der Antrag der Beklagten ist begründet. Sie ist über den Betrag ihrer Verurteilung hinaus in Höhe des Wertes der ihr durch das Urteil des Oberlandesgerichts aberkannten Schadensersatzforderung beschwert.
1. Das Berufungsgericht hat in einem nach Einlegung der Revision ergangenen Beschluß vom 5. Januar 1999 den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 48.816,57 DM festgesetzt, weil eine den Streitwert erhöhende Hilfsaufrechnung nicht vorliege. Bei dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch handele es sich nicht um einen gegenüber dem Werklohnanspruch selbständigen Anspruch, sondern um einen Rechnungsposten im Rahmen der Abrechnung (Differenzmethode).
2. Das begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Allerdings erhöht sich nach der Rechtsprechung des Senates die Beschwer der beklagten Partei nicht gemäß § 19 Abs. 3 GKG, wenn das Berufungsgericht eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung lediglich als Rechnungsposten im Rahmen einer Abrechnung würdigt, weil dann ungeachtet des Umstandes, daß der Anspruch sachlich beschieden wurde, die Entscheidung über sein Bestehen oder Nichtbestehen nicht gemäß § 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft erwächst (Beschlüsse vom 26. September 1991 - VII ZR 125/91, ZfBR 1992, 30 = BauR 1992, 113 = NJW 1992, 317; vom 10. April 1997 - VII ZR 266/96, NJW-RR 1997, 1157).
b) Im Streitfall greift diese Rechtsprechung nicht. Denn aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, die zur Auslegung der Urteilsformel heranzuziehen sind, ergibt sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit, daß das Berufungsgericht aus materiellrechtlichen Gründen die ausdrücklich zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nur „verrechnen” wollte (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 10. April 1997 - VII ZR 266/96 aaO unter II. 1; vom 24. Februar 1994 - VII ZR 209/93 unter II. 2., BauR 1994, 403, 404 = ZfBR 1994, 170 = NJW 1994, 1538, 1539). Das Berufungsgericht hat vielmehr die Gegenforderung unter dem Gesichtspunkt der Aufrechnung gewürdigt und sie umfassend beschieden. Diese Entscheidung würde gemäß § 322 Abs. 2 ZPO an der Rechtskraft des angefochtenen Urteils teilnehmen. Hieran können die Erwägungen des Berufungsgerichts in seinem Streitwertbeschluß nichts ändern. Durch einen derartigen Beschluß kann die Rechtskraftwirkung des angegriffenen Urteils nicht einschränkt und der bereits eingelegten Revision damit die Zulässigkeit genommen werden.
Unterschriften
Ullmann, Thode, Hausmann, Wiebel, Kuffer
Fundstellen
Haufe-Index 539134 |
NJW-RR 2000, 285 |
NZBau 2000, 26 |