Verfahrensgang
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 2 Fällen, Pflichtverletzung bei Zahlungsunfähigkeit (Konkursverschleppung) in 2 Fällen, Bankrotts, Verletzung der Buchführungspflicht in 2 Fällen, falscher Angaben vor dem Registergericht in 2 Fällen und wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 7 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Verurteilung wegen falscher Angaben gegenüber dem Registergericht (§§ 57 Abs. 2, 82 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) im Fall C. IV. der Urteilsgründe:
Das Landgericht hat insoweit festgestellt:
Der Angeklagte war zunächst Alleingesellschafter der Fa. D. GmbH. Seine Mutter hatte der Gesellschaft Anfang 1989 ein Darlehen über jedenfalls 450.000,- DM gewährt und einen Teilbetrag von 300.000,- DM im Januar 1989 überwiesen. Nachdem sie am 20. Februar 1989 auch dem Angeklagten persönlich weitere 750.000 M als Darlehen zur Verfügung gestellt hatte, überwies dieser am selben Tag 750.000,- DM an die Gesellschaft, von wo das Geld ebenfalls noch am selben Tag mit dem Vermerk "Darlehensrückzahlung" an die Mutter zurücküberwiesen wurde. Am 23. Februar 1989 wurde die Erhöhung des Stammkapitals um 1,5 Millionen DM beschlossen und in notarieller Urkunde gegenüber dem zuständigen Registergericht erklärt, der Angeklagte habe 700.000,- DM und seine neu in die Gesellschaft eintretende Ehefrau habe 50.000,- DM auf das erhöhte Stammkapital eingezahlt.
Das Landgericht meint, diese Erklärung sei falsch, denn durch das beschriebene "Überweisungskarussell" sei der GmbH in Wahrheit kein neues Kapital zugeflossen. Es hat dabei die Bedeutung der Erklärungspflicht nach den §§ 82 Abs. 1 Nr. 3, 57 Abs. 2 GmbHG teilweise verkannt und infolgedessen seine Feststellungen - jedenfalls zum Schuldumfang - nicht vollständig getroffen.
a) Die Verpflichtung aus § 57 Abs. 2 GmbHG soll das Registergericht in die Lage versetzen, die Einhaltung der bei Kapitalerhöhungen maßgeblichen Vorschriften des GmbH-Gesetzes zu überwachen. Deshalb korrespondiert der Inhalt der geforderten Erklärung mit dem Umfang der Pflichten von Einleger und Geschäftsführung bei der Kapitalerhöhung. Die Angabe darüber, daß der Leistungsgegenstand sich endgültig in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinde, betrifft allein die Erfüllungswirkung der fraglichen Leistung, sagt jedoch nichts darüber aus, daß die Einlage auch bei der Registeranmeldung noch unverändert im Gesellschaftsvermögen vorhanden sei (BGHZ 113, 335, 348).
Ob die vor dem Registergericht abgegebene Erklärung falsch war, beurteilt sich allein danach, ob der Angeklagte und seine Ehefrau mit der Einzahlung von 750.000,- DM ihre mit der Stammkapitalerhöhung eingegangene Einzahlungsverpflichtung (§§ 7 Abs. 2, 19 GmbHG) erfüllt hatten. Eine Erfüllungswirkung wäre dann zu verneinen gewesen, wenn Rechtsvorschriften, insbesondere des GmbH-Gesetzes, entgegengestanden hätten (BGHZ 113, 335, 339 ff). Zweckbindungen von Stammkapitaleinlagen, die die Ablösung von Forderungen Dritter (hier der Mutter des Angeklagten) zum Gegenstand haben, stehen der Erfüllungswirkung nicht entgegen. Die Grenze liegt erst dort, wo eingezahlte Mittel unmittelbar oder mittelbar einem Einleger selbst wieder zufließen sollen (BGH aaO. S. 345; BGH NJW 1991, 226, 227).
b) Diesen Maßstäben wird die Auffassung des Landgerichts, wonach die Angaben des Angeklagten selbst dann als falsch anzusehen gewesen wären, wenn seine Mutter einen Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die Gesellschaft gehabt hätte, nicht gerecht. Vielmehr wäre die Verurteilung des Angeklagten nur dann zu Recht erfolgt, wenn der Betrag von 750.000,- DM, den er am 20. Februar 1989 von seiner Mutter als persönliches Darlehen erhalten hatte, bei der Kapitaleinzahlung kurzfristig als sogenanntes "Vorzeigegeld" verwendet worden wäre, wenn also die alsbaldige Rückzahlung der 750.000,- DM an die Mutter den Zweck verfolgt hätte, das dem Angeklagten persönlich gewährte Darlehen zurückzuzahlen.
Der Angeklagte hat sich aber darauf berufen, daß mit der Einzahlung des erhöhten Stammkapitals die Gesellschaft in die Lage versetzt werden sollte, ein seiner Mutter geschuldetes Darlehen in Höhe von 450.000,- DM zurückzuzahlen. Das Landgericht ist der Frage, in welcher Höhe Darlehensforderungen der Mutter gegenüber der Gesellschaft tatsächlich bestanden und welche Darlehensforderung mit der Rücküberweisung (von 750.000,- DM) an die Mutter getilgt werden sollte, nicht ausreichend nachgegangen. Es hat insbesondere den Widerspruch zwischen der tatsächlichen Rückzahlung an die Mutter in Höhe von 750.000,- DM und der Einlassung des Angeklagten, der von lediglich 450.000,- DM gesprochen hat, nicht vollständig aufgelöst.
c) Deshalb besteht die Möglichkeit, daß mit der Überweisung der 750.000,- DM vom Firmenkonto der Fa. D. GmbH an die Mutter des Angeklagten in Höhe von jedenfalls 300.000,- DM ein der Gesellschaft im Januar 1989 gewährtes Teil-Darlehen (als Anzahlung auf ein Gesamtdarlehen von 450.000,- DM, vgl. UA S. 80) getilgt werden sollte. In diesem Fall bedürfte es der Klärung, zu welchem Zweck der überschießende Betrag an die Mutter abgeführt worden war; denn nur wenn feststünde, daß damit keine Drittverbindlichkeit der Gesellschaft getilgt werden sollte, hätte der Angeklagte gegenüber dem Registergericht insoweit falsche Angaben gemacht. In Höhe der getilgten Darlehensschuld von 300.000,- DM wäre die Kapitaleinzahlungspflicht aber wirksam erfüllt gewesen, weil die Gesellschaft durch die Kapitalerhöhung in die Lage versetzt worden wäre, insoweit eine Forderung eines Nichtgesellschafters gegen die Gesellschaft abzulösen. Das Landgericht hätte daher seiner Verurteilung in diesem Fall zumindest einen zu großen Schuldumfang zugrunde gelegt.
Weiter ist nach den bisherigen Feststellungen nicht einmal auszuschließen, daß die Mutter des Angeklagten der Gesellschaft ein Darlehen in Höhe von 750.000,- DM gewährt hatte, das mit der Rücküberweisung vom 20. Februar 1989 getilgt werden sollte. Dafür könnte sprechen, daß in der Korrespondenz mit dem Notar S. erwähnt ist, die Mutter habe der Gesellschaft schon im Jahre 1988 Darlehen im Gesamtbetrag von 450.000,- DM zur Verfügung gestellt. Möglicherweise ist dieser Darlehensbetrag nicht identisch mit dem erst im Jahre 1989 gewährten Darlehen in Höhe von ebenfalls 450.000,- DM, auf das die Mutter im Januar 1989 einen Teilbetrag von 300.000,- DM geleistet hatte, was dann eine Gesamtdarlehensforderung von 750.000,- DM ergeben könnte. In diesem Fall hätte sich der Angeklagte überhaupt nicht nach den §§ 82 Abs. 1 Nr. 3, 57 Abs. 2 GmbHG strafbar gemacht.
2. Auch die Verurteilung wegen Betruges in 2 Fällen kann keinen Bestand haben.
Nach den Feststellungen gaben gutgläubige Mitarbeiter des Angeklagten auch nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zahlreiche Bestellungen auf, und zwar Mitarbeiter der Fa. D. GmbH 593 Bestellungen bei 63 verschiedenen Auftragnehmern (Schaden 524.913,37 DM) und Mitarbeiter der Fa. V. GmbH 110 Bestellungen bei 24 Auftragnehmern (Schaden 93.886,84 DM). Das Landgericht hat die zwei Auftragsserien für die beiden Gesellschaften als jeweils tateinheitliche Unterlassungsdelikte bewertet, die zueinander in Tatmehrheit stehen. Der Schuldspruch stützt sich darauf, daß der Angeklagte die Bestellungen nicht unterbunden habe.
a) Der Senat kann nicht ausschließen, daß der Verurteilung wegen Betruges jeweils die Annahme eines zu großen Schuldumfanges zugrunde liegt. In einer Vielzahl von Einzelfällen ist nicht ausreichend dargelegt, inwieweit die von den Vertragspartnern erbrachten Leistungen auf einer Täuschung über die Zahlungsfähigkeit beider Unternehmen beruhten.
Einerseits hat das Landgericht festgestellt, daß einige Auftragnehmer über längere Zeit eine Vielzahl von Leistungen erbracht und dabei zwangsläufig Kenntnis davon erhalten haben, daß frühere Rechnungen nicht bezahlt worden waren. In der Zeit zwischen Februar und Oktober 1990 haben 27 Auftragnehmer jeweils mehr als 4 Bestellungen erhalten und ausgeführt. Betroffen sind insgesamt 572 Bestellungen, die im wesentlichen unbezahlt blieben.
Jedenfalls kannten 9 Auftragnehmer die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die schleppende Zahlungsweise der Firmen des Angeklagten. Insoweit sind 382 Bestellungen betroffen. Zwei Lieferanten (Firmen Eisen-F. und R., betroffen sind 182 Bestellungen) kannten darüber hinaus auch ein Wirtschaftsgutachten aus dem Jahre 1988, das eine Konkursgefährdung beider Unternehmen des Angeklagten festgestellt hatte.
In weiteren Fällen hat sich das Landgericht mit der Behauptung des Angeklagten, Auftragnehmer hätten von den Zahlungsschwierigkeiten seiner Unternehmen gewußt, nicht näher auseinandergesetzt, was aber nach Sachlage geboten gewesen wäre. Betroffen sind 11 Auftragnehmerfirmen mit zusammen 81 Bestellungen.
Zwar haben die Vertragspartner zumindest noch auf die Zahlungsfähigkeit der Firmen des Angeklagten vertraut und hätten bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nicht geliefert (UA S. 239). Auch wenn das Landgericht dazu zutreffend ausführt, daß im Wirtschaftsleben regelmäßig keine unentgeltlichen Leistungen erbracht würden, ergibt sich daraus aber nicht, daß das fortdauernde Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit noch durch eine dem Angeklagten anzulastende Täuschung verursacht war und der Angeklagte bei den Bestellungen noch die Vorstellung (d.h. den Vorsatz) hatte, die Mitarbeiter der betroffenen Firmen würden sich allein durch die kommentarlose Bestellung von Waren oder Dienstleistungen weiterhin täuschen lassen (vgl. dazu BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 2 m.w.Nachw.).
Allerdings führt das angefochtene Urteil weiter aus, die Lieferanten seien "aus unterschiedlichen Motiven" bereit gewesen, sich mit schleppender Zahlungsweise abzufinden, man habe entweder eine alte Geschäftsbeziehung nicht abbrechen wollen oder im Auge gehabt, daß die Firmen des Angeklagten auch früher schon auf Drängen immer wieder Teilzahlungen erbracht hätten, oder man habe auf weitere Zahlungszusagen des Angeklagten vertraut. Dabei wird aber nicht deutlich, welche der geschilderten Motive für die einzelnen Bestellungen bestimmend waren und ob der Angeklagte jeweils das Vertrauen der Auftragnehmer in die Zahlungsfähigkeit seiner Firmen durch vorsätzliche Täuschungshandlungen begründet oder verstärkt hat.
b) In der neuen Verhandlung wird das Landgericht Gelegenheit haben, erneut zu prüfen, was der Angeklagte zum Zustandekommen der einzelnen Bestellungen beigetragen hat. Im Hinblick auf seine Stellung in beiden Unternehmen und den langen Tatzeitraum könnte auch eine Tatbegehung durch aktives Handeln in Betracht kommen. Vom Tatbeitrag des Angeklagten wird die Beantwortung der Frage abhängen, ob die zahlreichen Bestellungen rechtlich als selbständige Taten anzusehen sind oder zu einheitlichen Tatserien im Sinne von § 52 StGB zusammengefaßt werden können. Auf die Entscheidung BGH NStZ 1994, 35 weist der Senat hin.
Im Falle der Tatbegehung durch Unterlassen wird die. Frage einer Strafmilderung nach §§ 13 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB erkennbar zu prüfen sein (BGHR StGB § 13 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 1).
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet, weil die Überprüfung des Urteils keine weiteren Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Senat bemerkt nur noch folgendes:
Entgegen der Auffassung der Revision ist im angefochtenen Urteil ausreichend dargelegt, daß zwischen den festgestellten Verstößen gegen die Bilanzierungspflicht nach § 283 b Abs. 1 Nr. 3 b StGB und dem Eintritt der objektiven Strafbarkeitsbedingung aus § 283 b Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 283 Abs. 6 StGB ein Zusammenhang bestanden hat (vgl. dazu BGHSt 28, 231, 232; Dreher/Tröndle, StGB 47. Aufl. § 283 b Rdn. 1 m.w.Nachw.). Die verspätete Erstellung der Bilanzen der Fa. D. GmbH für 1987/1988 und der Fa. V. GmbH für 1988 hatte im Zusammenhang mit Sanierungsbemühungen des bayerischen Wirtschaftsministeriums und der Kreditgemeinschaft des Handwerks (KGG) konkrete - negative - Auswirkungen für beide Unternehmen (vgl. UA S. 215, 216, 221).
4. Die Aufhebung des Schuldspruches in den Fällen C. IV., C. V. und D. V. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der hierfür festgesetzten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Der Senat kann ausschließen, daß die übrigen Einzelstrafen hiervon beeinflußt waren.
Fundstellen
Haufe-Index 2993368 |
NStZ 1996, 238 |
wistra 1996, 262 |
StV 1996, 267 |