Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung zur Notarin
Verfahrensgang
KG Berlin (Beschluss vom 10.03.1998) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen des Kammergerichts vom 10. März 1998 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Antragstellerin hat ihr juristisches Studium in L. im Juli 1981 mit dem akademischen Grad einer Diplom-Juristin abgeschlossen. Durch Verfügung des Ministers der Justiz der ehemaligen DDR vom 15. März 1990 wurde sie zum 1. Mai 1990 als Rechtsanwältin im früheren Ostteil der Stadt B. zugelassen. Seit Dezember 1990 ist sie als Rechtsanwältin bei dem Landgericht B. und seit März 1996 auch bei dem Kammergericht zugelassen.
Im November 1996 hat sich die Antragstellerin um eine der im Amtsblatt von B. vom 25. Oktober 1996 ausgeschriebenen 58 Notarstellen beworben. Mit Bescheid vom 30. Oktober 1997 teilte ihr die Antragsgegnerin mit, sie in dem Auswahlverfahren nach § 6 Abs. 3 BNotO nicht berücksichtigen zu können, weil ihr die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz fehle (§ 5 BNotO i.V. mit § 5 Abs. 1 DRiG).
Die Antragstellerin hat mit dem Ziel der weiteren Teilnahme am Auswahlverfahren gerichtliche Entscheidung und den Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie meint, aufgrund ihrer hohen fachlichen Qualifikation und ihrer Berufserfahrung besitze sie die Befähigung zum Richteramt. Eine Anwendung von § 5 BNotO i.V. mit § 5 DRiG, die verlange, daß die Befähigung zum Richteramt nur durch das zweite juristische Staatsexamen erworben werden könne, stelle sich wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als verfassungswidrig dar. Da sie zum Zeitpunkt der Herstellung der deutschen Einheit bereits als Rechtsanwältin berufstätig gewesen sei und mit ihrer seither betriebenen Kanzlei entscheidend zum Familienunterhalt beitrage, sei es ihr nicht zuzumuten, die Anwaltstätigkeit aufzugeben, um den juristischen Vorbereitungsdienst zu absolvieren und das zweite Staatsexamen abzulegen.
Das Kammergericht hat die Anträge durch Beschluß vom 10. März 1998 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie verfolgt den auf Teilnahme am Bewerbungsverfahren gerichteten Antrag weiter und beantragt erneut den Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die gesetzliche Regelung und ihre Auslegung durch die Antragsgegnerin und das Kammergericht sind nicht verfassungswidrig. Es verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz und verletzt nicht das Grundrecht der Berufsfreiheit, wenn im Land B. Diplom-Juristen nur unter den Voraussetzungen des § 5 BNotO i.V. mit § 5 Abs. 1 DRiG zu Anwaltsnotaren zugelassen werden. Dies hat der Senat im Beschluß vom 20. Juli 1998 (NotZ 7/98, zur Veröffentlichung bestimmt) eingehend dargelegt. Auf die Gründe dieses Beschlusses, der den Verfahrensbeteiligten bekanntgegeben worden ist, wird Bezug genommen. Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen des Kammergerichts verwiesen. Ob den in B. als Rechtsanwälten zugelassenen Diplom-Juristen der Zugang zum Notariat auf Dauer verwehrt werden kann, hat vorrangig der Gesetzgeber zu entscheiden. Durch Art. 13 des Dritten Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2585) hat sich insoweit an der Rechtslage nichts geändert.
2. In ihrer Stellungnahme vom 30. Oktober 1998 setzt sich die Antragstellerin insbesondere mit den Gründen des Senatsbeschlusses vom 20. Juli 1998 unter II. 3. auseinander. Sie betont nochmals, daß es ihr aufgrund der tatsächlichen Umstände nicht möglich sei, das zweite Staatsexamen nachzuholen oder sich um eine Notarstelle in den neuen Bundesländern zu bewerben. Sie habe ihre Kanzlei noch vor der Herstellung der deutschen Einheit eröffnet und habe die Lebensstellung ihrer Familie mit zwei schulpflichtigen Kindern auf die Einkünfte eingerichtet, die sie mit ihrer Tätigkeit in der seit nun fast zehn Jahren bestehenden Kanzlei erziele.
Daraus folgt schon deshalb keine Verletzung der Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG, weil sie sich auf die Rechtslage seit dem Einigungsvertrag vom 31. August 1990 einstellen konnte. Damals war sie erst seit zwei Monaten als Rechtsanwältin tätig. Dies ergibt sich aus dem Antrag vom 1. Oktober 1990 auf Zulassung als Rechtsanwältin beim Landgericht B. und dem dazu eingereichten Lebenslauf. Es beruht deshalb auf ihrer damaligen Entscheidung, die Kanzlei in B. beizubehalten und auszubauen, daß sie heute faktisch nicht in der Lage ist, das Amt einer Notarin zu erlangen.
III. Mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
Unterschriften
Rinne, Streck, Seiffert, Schierholt, Toussaint
Fundstellen