Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. November 1998 mit den zugehörigen Feststellungen – mit Ausnahme derjenigen zum äußeren Tatgeschehen, die aufrechterhalten bleiben – aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten und Nebenfolgen verurteilt. Dagegen wendet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
Das Rechtsmittel hat im wesentlichen Erfolg.
Der – einschlägig bestrafte – Angeklagte hat 5.035 g Kokain (Kokainhydrocloridanteil 91 %), das in eine als begleitendes Reisegepäck für den Flug von Bogota nach Madrid aufgegebene originalverpackte Stereoanlage eingearbeitet war, von Bogota nach Frankfurt transportiert. Der Angeklagte ist geständig, hat aber angegeben, ihm sei von dem Auftraggeber eine Transportmenge von 2 kg Kokain angegeben worden. Für jedes Kilo seien ihm 5.000 US-Dollar als Kurierlohn vesprochen worden.
Das Landgericht hat ausgeführt, in subjektiver Hinsicht sei von zumindest bedingtem Vorsatz hinsichtlich der tatsächlich transportierten Menge auszugehen. Der Angeklagte habe keine Anstalten gemacht, die Transportmenge zu überprüfen. Dies hätte nahegelegen, zumal der überlassene Karton mit der Stereoanlage auch für den Transport von noch größeren Mengen Rauschgift geeignet gewesen wäre.
Diese Begründung trägt die Annahme eines bedingten Vorsatzes hinsichtlich der 2 kg übersteigenden Rauschgiftmenge nicht. Die Feststellungen belegen nicht, daß der Angeklagte auch von größeren Rauschgiftmengen für den Transport ausgegangen ist und sie billigend in Kauf genommen hat.
Zwar wird ein Drogenkurier, der weder auf die Menge des ihm übergebenen Rauschgiftes Einfluß nehmen, noch diese Menge überprüfen kann, jedenfalls dann, wenn zwischen ihm und seinem Auftraggeber kein persönliches Vertrauensverhältnis besteht, in der Regel auch damit rechnen müssen, daß ihm mehr Rauschgift zum Transport übergeben wird, als man ihm offenbart. Läßt er sich auf ein solches Unternehmen ein (z. B. weil ihm die zu transportierende Menge gleichgültig ist), dann liegt es auf der Hand, daß er die Einfuhr einer „Mehrmenge” billigend in Kauf nimmt. Gegen einen derartigen bedingten Vorsatz können allerdings Umstände sprechen, die dem Kurier die Überzeugung zu vermitteln vermögen, sein Auftraggeber habe ihm die Wahrheit gesagt. Ein solcher Umstand kann die Bemessung des Kurierlohnes nach der angegebenen Menge (jedenfalls) dann sein, wenn der Auftraggeber damit rechnen muß, daß sein Kurier – wenn auch erst später – erfährt, wieviel Rauschgift er tatsächlich transportiert hat. Zu diesen Fragen verhält sich das angefochtene Urteil nicht.
Ein fahrlässiges Handeln hinsichtlich der Mehrmenge kann dem Angeklagten nur vorgeworfen werden, wenn er bei Aufbringung der objektiv gebotenen und ihm subjektiv zumutbaren Sorgfalt erkannt hätte, um welche Rauschgiftmenge es sich tatsächlich handelte. Die mangelnde Überprüfung des Transportbehältnisses wird ihm jedenfalls dann nicht vorgeworfen werden können, wenn das Rauschgift so in den Karton oder die Stereoanlage eingearbeitet war, daß es nur durch eine aufwendige Untersuchung mit der Folge, daß ein Transport in der vorgesehenen Form unter Umständen gar nicht mehr möglich war, hätte entdeckt werden können.
Das Urteil kann danach keinen Bestand haben.
Unterschriften
Jähnke, Theune, Niemöller, Otten, Rothfuß
Fundstellen
Haufe-Index 540425 |
NStZ 1999, 467 |
StV 1999, 432 |