Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung zum Notar
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Notarsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner und den weiteren Beteiligten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller wurde 1980 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Er bewarb sich um eine der sechs im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 19. November 2001 ausgeschriebenen Stellen für Anwaltsnotare/Anwaltsnotarinnen im Bezirk des Amtsgerichts S.. Der Antragsgegner bewertete die fachliche Eignung des Antragstellers als Notar auf der Grundlage der AV vom 10. September 1998 – 3830-I/168 (Die Justiz 1998 S. 561) mit 120 Punkten. Im einzelnen erhielt der Antragsteller folgende Punkte:
Zweite juristische Staatsprüfung |
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(18-Punkte-Skala) 6 Punkte × 5 |
= 30 Punkte |
Anwaltstätigkeit |
45 Punkte (= Maximalwert) |
Fortbildung und Beurkundungen |
45 Punkte (= Maximalwert) |
Besondere Qualifikation |
0 Punkte |
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120 Punkte |
Mit Schreiben vom 18. März 2002 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, daß seine Bewerbung um eine der sechs Notarstellen nicht berücksichtigt werden könne; er habe entschieden, die Stellen anderen Rechtsanwälten, nämlich den weiteren Beteiligten zu 1 bis 6, zu übertragen. Der Antragsteller hat hiergegen gerichtliche Entscheidung beantragt mit dem Begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, über die Besetzung der Notarstellen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Das Oberlandesgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist bleibt ohne Erfolg.
Der auf Neubescheidung gerichtete Verpflichtungsantrag ist unbegründet. Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners ist nicht rechtswidrig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
1. Die Bundesnotarordnung räumt dem Notarbewerber kein Recht auf Bestellung zum Notar ein. Sie trifft lediglich Regelungen über die Voraussetzungen, unter denen das Amt verliehen werden kann, ohne zugleich einen Anspruch hierauf zu begründen (Senat BGHZ 124, 327, 329). Die in § 6 Abs. 3 BNotO für die Auswahlentscheidung festgelegten Kriterien der persönlichen und fachlichen Eignung enthalten Rechtsbegriffe, welche in ihrem Regelungsbereich eine Ermessensentscheidung der Bestellungsbehörde ausschließen. Bei der Rechtskontrolle hat das angerufene Gericht aber zu beachten, daß es sich bei der Auswahlentscheidung um einen Akt wertender Erkenntnis handelt. Das Gericht hat ihn nicht zu wiederholen, sondern nur darauf zu überprüfen, ob ihm ein zutreffendes Verständnis des gesetzlichen Auswahlmaßstabes zugrunde liegt, ob allgemein gültige Wertmaßstäbe beachtet und sachwidrige Erwägungen ausgeschlossen sind und ob schließlich der zu beurteilende Tatbestand verfahrensfehlerfrei festgestellt wurde (BGHZ aaO 330 f). Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners hält dieser Überprüfung stand.
2. Der Antragsgegner durfte die Auswahlentscheidung auf die AV vom 10. September 1998 stützen. Es handelt sich dabei um eine allgemeine Verwaltungsvorschrift, durch die der Antragsgegner – zulässigerweise (BGHZ aaO 332) – die Auswahlkriterien des § 6 Abs. 3 BNotO im Rahmen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums interpretiert. Die AV vom 10. September 1998 beachtet auch die gesetzlichen Vorgaben (Art. 12 Abs. 1 GG, § 6 Abs. 3 BNotO).
a) Die Gewichtung der die juristische Ausbildung abschließenden Staatsprüfung im Verhältnis zu den anderen Auswahlgesichtspunkten ist nicht zu beanstanden.
Dem Ergebnis des zweiten juristischen Staatsexamens, das (wesentlich) auf der Beurteilung namentlich nicht gekennzeichneter Arbeiten (Klausuren und Hausarbeiten unter Nummernkennzeichnung) beruht und das von einem finanziellen Interesse der prüfenden Stelle an der Nachfrage nach Prüfungsleistungen frei ist, kommt eine besondere Aussagekraft beim fachlichen Vergleich zu (Senatsbeschlüsse vom 3. Dezember 2001 – NotZ 20/01 – NJW-RR 2002, 705 f und vom 25. April 1994 – NotZ 19/93 – Nds. Rpfl. 1994, 330, 332; vgl. auch BVerfGE 73, 280, 298). Dem entspricht die Gewichtung, die diesem Auswahlkriterium aufgrund des in Nr. 4 lit. a Satz 3 der AV vom 10. September 1998 angenommenen Multiplikators 5 (bei Benotung nach der 18-Punkte-Skala) zukommt. Eine gegenüber den anderen Auswahlgesichtspunkten überproportionale, den Beurteilungsspielraum überschreitende Berücksichtigung liegt darin nicht. Die auf die berufliche Tätigkeit nach der zweiten juristischen Staatsprüfung bezogenen Kriterien lassen mit den dafür insgesamt vorgesehenen 90 Wertungspunkten (Nr. 4 lit. b-e der AV vom 10. September 1998) den Bewerbern mit etwas schwächeren Prüfungsergebnissen die Chance, das Notaramt in Konkurrenz zu Prüfungsbesseren zu erlangen (vgl. Senatsbeschluß vom 25. April 1994 aaO S. 332). Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts Bezug genommen werden.
b) Der Antragsgegner war nicht verpflichtet, dem Antragsteller „Sonderpunkte” zuzubilligen, weil er die württembergische Notarprüfung abgelegt hat.
Gemäß Nr. 4 lit. f der AV vom 10. September 1998 können im Rahmen der Gesamtentscheidung in Ausnahmefällen bis zu 10 weitere Punkte hinzugerechnet werden, wenn Umstände, die den Bewerber für das Amt des Notars in ganz besonderer Weise qualifizieren, dies erfordern, um die fachliche Eignung des Bewerbers zutreffend zu kennzeichnen. Der Antragsgegner macht von dieser Möglichkeit, soweit es um die Berücksichtigung der württembergischen Notarprüfung geht, nur Gebrauch, wenn der Bewerber diese Prüfung mit überdurchschnittlichem Erfolg bestanden hat. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Einen Ausnahmefall im Sinne der Nr. 4 lit. f der AV, der durch die ganz besondere Qualifikation des Bewerbers für das Amt des Notars gekennzeichnet ist, wird das Prüfungsergebnis allein dann anzeigen können, wenn die Prüfungsleistung den Anforderungen nicht bloß im allgemeinen, sondern ohne Ein
schränkung, mithin voll entspricht (Senatsbeschluß vom 13. Dezember 1993 – NotZ 45/92 – NJW 1994, 1870, 1873). Das war bei dem Antragsteller indes unstreitig nicht der Fall.
Unterschriften
Rinne, Tropf, Galke, Doyé, Ebner
Fundstellen