Verfahrensgang
LG Bayreuth (Entscheidung vom 10.11.2022; Aktenzeichen 1 KLs 118 Js 11010/20) |
Tenor
1. Auf die Revision der Einziehungsbeteiligten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 10. November 2022 dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 112.850 Euro angeordnet ist und im Übrigen die Einziehungsentscheidung entfällt.
2. Die weitergehende Revision und die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung werden verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihrer Rechtsmittel.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat gegen die Einziehungsbeteiligte die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 118.950 Euro angeordnet. Ihre auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Nach den Feststellungen ist die Einziehungsbeteiligte Alleinerbin des am 8. November 2019 vor Eröffnung des Hauptverfahrens verstorbenen früheren Angeschuldigten. Dieser vertrieb von Mitte 2015 bis Oktober 2018 Methamphetamin und erzielte hierdurch einen Erlös von insgesamt 118.950 Euro. Die Einnahmen vermischte er entweder mit seinem sonstigen Barvermögen, oder sie wurden seinem Girokonto gutgeschrieben. Im Rahmen des gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens erwirkte die Staatsanwaltschaft einen Vermögensarrest in Höhe dieser Einnahmen, wobei der frühere Angeschuldigte einen Teilbetrag zur Abwendung der Pfändung hinterlegte. Bei Durchsuchungsmaßnahmen wurden in seiner Wohnung zudem 6.100 Euro Bargeld sichergestellt, deren „form- und entschädigungsloser Einziehung“ er zustimmte.
Rz. 3
2. Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Nachprüfung nicht gänzlich stand.
Rz. 4
a) Entgegen der Auffassung der Revision kann allerdings bei der Einziehungsbeteiligten als Erbin der weitergereichte Wertersatz nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 2 Alt. 1 StGB eingezogen werden, weil gegen den früheren Angeschuldigten infolge Vermischung des von ihm Erlangten mit legalen Vermögensbestandteilen die Einziehung des Wertersatzes (§ 73c StGB) begründet war und danach der Vermögensübergang stattgefunden hat. Denn die Vorschrift dient dem Zweck, die durch Erbgang erfolgte Weiterreichung des Wertes des ursprünglich Erlangten der Vermögensabschöpfung bei dem Drittbegünstigten zu unterwerfen (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 67). Dass der übergegangene Gegenstand selbst aus der Straftat herrührt, ist nicht erforderlich (vgl. Altenhain/Fleckenstein in Matt/Renzikowski, StGB, 2. Aufl., § 73b Rn. 9; SSW/Heine, StGB, 5. Aufl., § 73b Rn. 11; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 667; Korte, wistra 2018, 1, 6).
Rz. 5
b) Die Einziehung des Wertersatzes bei der Einziehungsbeteiligten setzt - anders als in den Verschiebungsfällen nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b StGB (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 1. Juli 2021 - 3 StR 518/19, BGHSt 66, 147 Rn. 166, vom 3. März 2022 - 4 StR 156/20 Rn. 8) - nicht voraus, dass die Übertragung des Vermögensgegenstands mit dem Ziel erfolgt war, ihn dem Gläubigerzugriff zu entziehen oder die Tat zu verschleiern. Einer entsprechenden Einschränkung der Wertersatzeinziehung gegenüber dem Erben bedarf es nicht. Dieser haftet ohnehin umfassend für Nachlassverbindlichkeiten; die Erbschaft ist von vornherein mit dem bestehenden staatlichen Einziehungsanspruch belastet (vgl. LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 36, Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 667). Zudem scheidet bei Übertragungen im Erbgang eine Entziehungs- oder Verschleierungsmotivation des Handelnden bereits im Ausgangspunkt regelmäßig aus (vgl. LK/Lohse, aaO Rn. 26; Fleckenstein, wistra 2018, 444, 445). Anders als in den Verschiebungsfällen im Sinne von § 73b Abs. 1 Nr. 2 StGB diente die Gesetzesänderung ferner nicht lediglich der Klarstellung (dazu BT-Drucks. 18/9525, S. 56; BGH, Urteil vom 1. Juli 2021 - 3 StR 518/19, aaO Rn. 170, 177; OLG Celle, wistra 2018, 440, 443); vielmehr sollte in den Fällen des Vermögenszuflusses durch Erbschaft, in Form des Pflichtteils oder durch Vermächtnis die Abschöpfung erst ermöglicht werden (BT-Drucks. 18/9525, S. 56).
Rz. 6
c) In entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO war der Einziehungsbetrag jedoch um 6.100 Euro zu reduzieren. Durch seine Erklärung, dass er mit der „form- und entschädigungslosen Einziehung“ des bei ihm sichergestellten Bargelds einverstanden sei, hatte der frühere Angeschuldigte seinen Anspruch auf Rückzahlung auf den Fiskus übertragen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 198/18, BGHSt 63, 305, 307). Infolgedessen ist der staatliche Einziehungsanspruch in dieser Höhe erloschen, so dass dem früheren Angeschuldigten gegenüber insoweit eine Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB ausgeschlossen war (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Mai 2023 - 6 StR 193/23; vom 11. Dezember 2018 - 5 StR 198/18, aaO, S. 311).
Rz. 7
3. Die gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung erhobene sofortige Beschwerde (§ 464 Abs. 3 Satz 1 StPO) ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unzulässig.
Sander |
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Feilcke |
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Fritsche |
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von Schmettau |
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Arnoldi |
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Fundstellen
Haufe-Index 15741448 |
wistra 2023, 379 |
NStZ-RR 2023, 244 |