Leitsatz

weil? – das Werbeverbot für Steuerberater schon 1994 durch § 57 a StBerG gelockert wurde, wachen die Berufskammern mit Argusaugen über alle Werbeaktivitäten, die ein Steuerberater entfaltet. Die Ansichten, welche Werbeformen berufswidrig sind, gehen auch nach Verabschiedung der die Werbebefugnisse der Steuerberater näher regelnden Berufsordnung weit auseinander. Daher verwundert es nicht, daß die Teilnahme einer Steuerberatungsgesellschaft an einer Pharmamesse von der Kammer in Hannover als berufswidrig eingestuft wurde. Der BGH ist da aber anderer Meinung. Der I. Senat beurteilt die Teilnahme von Steuerberatern als Aussteller auf Fachmessen und das bloße Auslegen von Informationsmaterial nicht generell als berufswidrig. Diese dem Leitsatz entlehnte Formulierung zeigt, daß der BGH den Messeauftritt eines Steuerberaters zwar billigt, ihm zugleich jedoch Grenzen setzt.

Zunächst stuft der BGH die Messeteilnahme als der beruflichen Außendarstellung dienende Werbemaßnahme ein. Diese ist zulässig, soweit sie sachlich und nicht auf die Gewinnung von Mandaten im Einzelfall gerichtet ist. Die Berufsordnung kennt auch kein ausdrückliches Verbot für die Beteiligung von Steuerberatern an Messen. Im vorliegenden Fall bestand ein berechtigtes Interesse an der Messeteilnahme, da die Steuerberatungsgesellschaft insbesondere Ärzte sowie Apotheker betreute und somit die Gelegenheit zur Kontaktpflege nutzen konnte. Entscheidend für die Zulässigkeit ist nach Ansicht des BGH die Gestaltung des Messestandes, die Präsentation der Dienstleistungen und das Auftreten des Standpersonals.

Auch den zweiten Kritikpunkt wies der BGH zurück, indem er das bloße Auslegen und Bereithalten von Informationsmaterial erlaubt. Derart passives Verhalten steht mit § 12 Abs. 4 BOStB, der das unaufgeforderte Überlassen von Informationsmaterial an Nichtmandanten verbietet, in Einklang. Schließlich entscheidet jeder Messebesucher selbst, ob er Unterlagen annimmt oder nicht.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 03.12.1998, I ZR 112/96

Anmerkung

Anmerkung: Das Urteil sollte Steuerberater (noch) nicht ermutigen, an der nächsten regionalen Gewerbeausstellung teilzunehmen, auch wenn sich dafür gute Gründe finden lassen. Die Teilnahme an einer Fachmesse ist von dem Urteil des BGH jedoch eindeutig gedeckt. Generell für werbeorientierte Steuerberater spricht eine Zwischenbemerkung des BGH, die sich sinngemäß wie folgt zusammenfassen läßt: Nicht alles, was die Berufsordnung verbietet, muß einer gerichtlichen Prüfung standhalten.

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