Leitsatz
Zu den Anforderungen an die Einhaltung der Schriftform bei (befristeten) Mietverträgen (§ 566 BGB), insbesondere der Urkundeneinheit zwischen Vertragsurkunde und in Bezug genommenen Anlagen (Ergänzung zum Urteil BGHZ 136, 357 und BGH Urteil v. 21.1.99, Az : VII ZR 93/97). Zur Bestimmbarkeit des Inhalts eines der Schriftform unterliegenden Mietvertrages durch Auslegung anhand außerhalb der Urkunde liegender Umstände.
Fakten:
Der Mieter hat das auf zehn Jahre abgeschlossene Mietverhältnis vorzeitig gekündigt. Er beruft sich darauf, dass der Vertrag wegen Nichteinhaltung der Schriftform auf unbestimmte Zeit geschlossen und daher unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden könne. Der Mietvertrag besteht aus fortlaufend paginierten losen Blättern mit einheitlichem Schriftbild und fortlaufend nummerierten Bestimmungen. Am Ende der letzten Seite ist er von beiden Parteien unterzeichnet. U.a. enthält der Vertrag die Bestimmung, "Die genaue Fläche ergibt sich aus den in der Anlage beigefügten Plänen, in denen die vermieteten Räume durch eine grüne Umrandung gekennzeichnet sind. Diese Pläne sind wesentliche Bestandteile dieses Mietvertrages." Die dem Vertrag lose beigefügte Grundrisszeichnung mit grün umrandeter Fläche, auf die der Mietvertrag verweist, enthält selbst keinen Hinweis auf den Mietvertrag und ist auch nicht als Anlage hierzu gekennzeichnet. Sie ist weder paginiert noch paraphiert oder unterschrieben. Eine weitere Anlage zum Vertrag enthält eine Abschrift der Anlage 3 zu § 27 der 2. Berechnungsverordnung, eine weitere, im Mietvertrag nicht erwähnte Anlage, beinhaltet den Abdruck einer Hausgemeinschaftsordnung.
Der Vertrag genügt den Anforderungen an die Urkundeneinheit. Die Befristung des Vertrages ist wirksam, der Vertrag konnte also nicht gekündigt werden. Die Schriftform ist zunächst gewahrt, wenn nur eines von mehreren Vertragsexemplaren, die die Parteien hergestellt haben, im Zeitpunkt der Unterzeichnung den Schriftformerfordernissen genügte. Der Mieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass die einzelnen Blätter des Vertragswerkes nicht körperlich fest miteinander verbunden seien. Nach der neuen Rechtsprechung des BGH reicht es, wenn die einzelnen Bestimmungen fortlaufend durchnummeriert oder mit durchlaufenden Paragrafen versehen, Seiten des Vertrages fortlaufend durchnummeriert sind oder sich der inhaltliche Zusammenhang der Urkunde aus sonstigen Merkmale zweifelsfrei ergibt, auch wenn die Anlagen zum Mietvertrag weder körperlich oder durch wechselseitige Bezugnahme mit dem Vertrag verbunden noch von beiden Parteien unterschrieben sind. Die Parteien müssen nicht alles, was sie als Anlage zum Mietvertrag bezeichnen oder betrachten, mit diesem zu einer einheitlichen Urkunde zusammenfassen. Ein für längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag genügt bereits dann der Schriftform (§ 566 BGB), wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen aus der Vertragsurkunde ergeben. Diese sind vor allem Mietgegenstand und -parteien, Miethöhe und -dauer. über diese Grundbestimmungen hinaus müssen die Parteien die Zugehörigkeit weiterer - in andere Schriftstücke ausgelagerte - wesentlicher Vereinbarungen in zweifelsfreier Weise auf den Vertrag beziehen. Ergibt sich Gesamtinhalt des Vertrages also erst aus dem "Zusammenspiel" mehrerer Urkunden, muss deren Zusammengehörigkeit zur Wahrung der Urkundeneinheit in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich gemacht sein. Abreden, die für den Inhalt des Vertrages nur von nebensächlicher Bedeutung sind, bedürfen dagegen nicht der Schriftform. Das gilt erst recht für Bestimmungen, die nicht über das hinausgehen, was bereits im Vertragstext selbst enthalten ist oder die dessen Inhalt nicht modifizieren, sondern lediglich erläutern oder veranschaulichen. Es schadet hier daher nicht, dass die Grundrisszeichnungen hier nicht mit der Vertragsurkunde fest verbunden sind. Die Einheit von Urkunde und Anlage ergibt sich hier aus der Verweisung im Mietvertrag und der Unterzeichnung der Anlage. Die Bestimmung des Mietobjektes ist zwar wesentlicher Vertragsbestandteil. Die Zeichnungen stellen hier aber nur einen Orientierungsbehelf dar. Sie enthalten keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert, der sich nicht bereits aus dem Vertragstext ergäbe. Bereits anhand der Beschreibung im Mietvertrag ist das Mietobjekt hinreichend bestimmbar. Die Zeichnungen dienen nur der zeichnerischen Darstellung der Lage und Anordnung der vermieteten Fläche. Dieser Fall ist davon zu unterscheiden, dass bei einem noch zu errichtenden Gebäude das Mietobjekt in gesonderten Plänen beschrieben ist, in denen die vermieteten Räume gekennzeichnet sind. Auch die nicht unterschriebene, lediglich als "Anlage 1" bezeichnete und mit der Vertragsurkunde nicht fest verbundene Anlage genügt den Anforderungen an die Schriftform. Die Anlage erläutert lediglich, was die Parteien im einzelnen unter "Nebenkosten" verstehen. Die Hausgemeinschaftsordnung konnte hier jedenfalls formfrei als Besta...