Leitsatz
Ein Mangel des Gebrauchtwagens, der nach sachgerechter Beurteilung zum Zeitpunkt einer Rücktrittserklärung nicht unerheblich ist, rechtfertigt ausnahmsweise die Rücktrittserklärung auch, wenn erst nachträgliche Umstände die Pflichtverletzung des Verkäufers und den Mangel geringer erscheinen lassen.
Sachverhalt
Die Entscheidung des BGH hat erheblichen Einfluss auf die Auslegung von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Rücktritt vom Vertrag ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung des Schuldners unerheblich ist. Dies ist regelmäßig z.B. der Fall, wenn der Mangel des Verkaufsgegenstands nur geringfügig ist. Die Beurteilung dieser Voraussetzungen hat ausschließlich aus der Sicht zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung zu erfolgen.
Im entschiedenen Fall erwarb der Kläger vom Beklagten, einem Kfz-Händler, einen gebrauchten Range-Rover. Mehrere Versuche, das Fahrzeug gegen eindringende Feuchtigkeit abzudichten, führten nicht zum gewünschten Erfolg. Knapp ein Jahr nach Übernahme des Fahrzeugs rügte der Kläger erneut die eindringende Feuchtigkeit und drohte mit Rücktritt. Als dieser Mangel nicht behoben wurde, erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises.
Dem seitens des Gerichts eingeschalteten Sachverständigen gelang es, durch eine relativ einfache Maßnahme zumindest vorläufig, das Fahrzeug abzudichten.
Das Landgericht hat der Klage dennoch stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG die Klage ab. Die zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg.
Der BGH stellte wie die Vordergerichte klar, dass ins Wageninnere eindringende Feuchtigkeit, die in mehreren Nachbesserungsversuchen nicht abgestellt werden kann, einen nicht unerheblichen Mangel bedeutet, der zum Rücktritt berechtigt. Spannend war die Beurteilung der Frage, ob der Rücktritt deshalb ausgeschlossen war, weil aufgrund der späteren Tätigkeit des Sachverständigen der Mangel möglicherweise als doch nur geringfügig i.S.des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zu beurteilen war.
Nach Ansicht des BGH kam es hierauf nicht an. Maßgeblich für die Beurteilung der Erheblichkeit des Mangels ist allein der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung. Ein zu diesem Zeitpunkt als erheblich zu beurteilender Mangel wird im Sinn der Rücktrittsvorschriften nicht mehr dadurch unerheblich, dass sich anschließend neue Gesichtspunkte für die Beurteilung ergeben. Ein Festhalten an der Rücktrittserklärung ist in einem solchen Fall grundsätzlich auch nicht treuwidrig. Dies wäre lediglich dann anders zu beurteilen, wenn der Berechtigte sich mit einer Reparatur ausdrücklich einverstanden erklärt hätte. Im Ergebnis musste der Händler den Kaufpreis erstatten.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 05.11.2008, VIII ZR 166/07.