Leitsatz (amtlich)
›1. a) Zur Anwendbarkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Bundespost POSTDIENST (jetzt: Deutsche Post AG) für den Postzeitungsdienst (AGB PZD) vom 1.4.1991 in den Vertragsbeziehungen der Deutschen Post AG zu Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern.
b) Die Regelung des Entgelts für Verlegerbeilagen in Abschnitt 5.1 Abs. 4 AGB PZD in Verbindung mit Abschnitt 3.1, 3.2 und 3.7 Anlage 4 und Nr. 18 Anlage 1 AGB PZD enthält keine überraschenden Klauseln im Sinne des § 3 AGBG und verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG.
c) Zu den Voraussetzungen für die Entgeltbegünstigung von Verlegerbeilagen im Postzeitungsdienst als Supplement (Abschnitt 3.1 Anlage 4 AGB PZD) oder Beilage zur Ergänzung des Zeitungsinhalts (Abschnitt 3.2 Anlage 4 AGB PZD).
2. Ein Bastelanleitungsheft ist eine Beilage zur Ergänzung des Zeitungsinhalts im Sinne von Abschnitt 3.2 Anlage 4 AGB PZD, wenn es inhaltlich mit einem bestimmten Beitrag der Zeitschrift, der es beigefügt wird, verknüpft ist. Enthält das Heft Werbung (in Form von Anzeigen oder Beiträgen mit werblichem Charakter im Sinne von Abschnitt 2.4 Anlage 3 AGB PZD) ist seine Beförderung - als die einer sog. vertragswidrigen Verlegerbeilage - nach den höheren Entgeltsätzen für Fremdbeilagen zu vergüten.‹
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin, die Deutsche Post AG, ist seit 1. Januar 1995 die Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost POSTDIENST, eines Teilsondervermögens des Bundes. Sie hat mit der Beklagten einen Vertrag über die Teilnahme der Zeitschrift "F." am Postzeitungsdienst geschlossen.
Die Beklagte legte dem Heft 21/91 der Zeitschrift "F." ein Bastelanleitungsheft mit 28 Seiten bei. Dieses trägt auf dem Titelblatt die Überschrift "Jetzt beginnt die Bastelzeit!" und den Hinweis "Eine Extra-Beilage zum F.-Heft 21/91 vom 25.9.1991". Es enthält Bastelanleitungen für Geschenke, die im Hauptheft unter dem Titel "Geschenke zum Selbermachen - Jetzt beginnt die Bastelzeit!" vorgeschlagen werden.
Der Beitrag im Hauptheft besteht vor allem aus Farbfotos von weihnachtlichen Arrangements mit den als Geschenken vorgeschlagenen Gegenständen, die im Text daneben kurz erläutert werden. Ergänzend heißt es jeweils: "Anleitungen im Extraheft". Neben den Fotos wird auf jeder Seite oder Doppelseite in kleiner Schrift darauf hingewiesen, von welchem Unternehmen die abgebildeten Gegenstände stammen.
Das Anleitungsheft enthält für die 25 im Hauptheft vorgeschlagenen Geschenke jeweils genaue Bastelanleitungen mit Angaben zum Materialbedarf sowie Zeichnungen und Schnittvorlagen. Auf den Vorschlag im Hauptheft wird dabei unter der jeweiligen Überschrift mit der entsprechenden Seitenzahl verwiesen; zudem ist das entsprechende Foto aus dem Hauptheft - in Kleinformat - abgedruckt. Auf der letzten Seite des Beihefts sind "Bezugsquellen für die Geschenkvorschläge aus Heft 21/91, Seite 66-92" aufgeführt. Dabei ist in acht Fällen die Anschrift des Herstellers der Materialien angegeben, in den übrigen sechs Fällen nur eine Unternehmensbezeichnung mit dem Hinweis, in welcher Art von Geschäften die Materialien erhältlich seien. In diesem Bezugsquellennachweis sind Unternehmen aufgeführt, die in den Zusätzen zu den Fotos im Hauptheft, im Text des Anleitungshefts oder an beiden Stellen genannt sind.
Die Klägerin ist der Auffassung, das Anleitungsheft sei weder ein Supplement noch eine vertragsgemäße Beilage zur Ergänzung des Zeitungsinhalts im Sinne ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Postzeitungsdienst (im folgenden: AGB PZD). Bei der Abrechnung sei die Beilage daher nicht wie diese - geringer zu vergütenden - Beilagenarten zu behandeln, sondern als sogenannte vertragswidrige Verlegerbeilage mit dem Entgelt für Fremdbeilagen anzusetzen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 30.164,52 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg AfP 1993, 668). Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat das der Zeitschrift "F." (Nr. 21/91) beigelegte Bastelanleitungsheft als sogenannte vertragswidrige Verlegerbeilage im Sinne des Abschnitts 3.7 der Anlage 4 der AGB PZD angesehen. Die Klägerin sei deshalb berechtigt, für die Beförderung des Heftes das um den eingeklagten Betrag höhere Entgelt für eine Fremdbeilage zu verlangen. Die Vergütungsregelung für die Beförderung eines Supplements im Sinne des Abschnitts 3.1 der Anlage 4 AGB PZD oder einer Beilage zur Ergänzung des Zeitungsinhalts im Sinne des Abschnitts 3.2 dieser Anlage gelte nicht.
Das Anleitungsheft sei kein Supplement, weil es die Zeitschrift nicht als deren ausgegliederter Teil durch presseübliche Berichterstattung oder Unterhaltung ergänze. Es gehöre vielmehr zu den Beilagen zur Ergänzung des Zeitungsinhalts, deren Zweck es sei, einen presseüblich berichtenden Beitrag im Hauptheft anschaulicher zu machen oder zu erläutern. Dies folge aus seiner engen Beziehung zu dem Beitrag im Hauptheft.
Als Beilage zur Ergänzung des Zeitungsinhalts sei das Bastelanleitungsheft jedoch vertragswidrig. Es enthalte nämlich - entgegen Abschnitt 3.2 Anlage 4 AGB PZD - geschäftliche Werbung für Dritte.
II. Das Berufungsgericht hat die Klageforderung zu Recht zugesprochen.
1. Anspruchsgrundlage für die eingeklagte Entgeltforderung ist der zwischen der Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Klägerin geschlossene Vertrag samt den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Postzeitungsdienst (AGB PZD, Ausgabe 1.4.1991, ABl.Post S. 370). Diese sind - auch ohne gemäß § 2 AGBG in den Vertrag einbezogen worden zu sein - im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander anwendbar, weil sie bei Vertragsschluß in der durch § 23 Abs. 2 Nr. 1 a AGBG (in der Fassung des Art. 4 Abs. 8 PostStruktG, BGBl. 1989 I S. 1026, 1048) geforderten Weise öffentlich zugänglich waren (vgl. dazu BGH, Urt. v. 17.11.1994 - III ZR 59/94, NJW 1995, 875).
2. Die Klägerin kann nach den Vertragsbedingungen für die Beförderung des Anleitungshefts das Entgelt für sogenannte vertragswidrige Verlegerbeilagen, das der Vergütung für Fremdbeilagen entspricht, verlangen (Abschnitt 5.1 Abs. 4 AGB PZD i.V. mit Abschnitt 3.7 Anlage 4 und Nr. 18 Anlage 1 [Entgeltverzeichnis PZD]). Die Vergütung richtet sich nicht nach der Entgeltregelung für vertragsgemäße Supplements und Beilagen zur Ergänzung des Zeitungsinhalts (Abschnitt 5.1 Abs. 4 AGB PZD i.V. mit Abschnitt 3 Anlage 4 und Nr. 17 Anlage 1 [Entgeltverzeichnis PZD]).
a) Entsprechend der allgemeinen Zielsetzung des Postzeitungsdienstes, die Presse staatlich zu subventionieren (vgl. dazu auch Abschnitt 0 Abs. 2 Anlage 3 AGB PZD; vgl. weiter BGH NJW 1995, 875), ist in Abschnitt 5.1 Abs. 4 AGB PZD i.V. mit Abschnitt 3 Anlage 4 AGB PZD geregelt, welche Verlegerbeilagen zu Zeitungen und den ihnen gleichgestellten Zeitschriften (Abschnitt 3 Abs. 1 Anlage 4 AGB PZD) bei der Bemessung des Entgelts begünstigt werden.
Diese Regelung des Entgelts ist - anders als die Revision meint - für die Vertragspartner (Zeitungs- und Zeitschriftenverlage) nicht überraschend im Sinne des § 3 AGBG, sondern hinreichend übersichtlich. Die Verweisung auf Anlagen, in denen jeweils die Einzelheiten geregelt sind, fördert nach der Art und Weise, wie sie hier durchgeführt ist, die Verständlichkeit der - sehr ins einzelne gehenden - Bestimmungen.
Auch inhaltlich ist die - der allgemeinen Zielsetzung des Postzeitungsdienstes folgende - Abgrenzung in den AGB PZD, welche Verlegerbeilagen durch ein geringeres Beförderungsentgelt begünstigt werden, hinreichend klar und verstößt deshalb nicht gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG. Bei den begünstigten Verlegerbeilagen unterscheidet Abschnitt 3 Anlage 4 AGB PZD u.a. Supplements und Beilagen zur Ergänzung des Zeitungsinhalts.
Die Gemeinsamkeiten und Abgrenzungsmerkmale dieser beiden Beilagenarten gehen aus den Abschnitten 3.1 und 3.2 Anlage 4 AGB PZD deutlich hervor. Supplements und Beilagen zur Ergänzung des Zeitungsinhalts haben danach gemeinsam, daß sie die Zeitung oder Zeitschrift ergänzen; sie sind jedoch verschiedene Beilagenarten:
Ein Supplement ist eine Ergänzung der Zeitung oder Zeitschrift durch ein in sich abgeschlossenes Medium. Es ist eine beim Vertrieb an das Hauptmedium gekoppelte Zeitung oder Zeitschrift. Die Anforderungen, denen genügt sein muß, um bei der Bemessung des Beförderungsentgelts begünstigt zu werden, sind demgemäß an die Förderungsvoraussetzungen für Zeitungen oder Zeitschriften im Sinne des Postzeitungsdienstes angeglichen. Da ein Supplement das Hauptmedium lediglich ergänzt, gelten jedoch bei dieser Beilagenart als förderungswürdiger Inhalt nicht nur - wie bei Zeitungen oder Zeitschriften - Beiträge einer presseüblichen Berichterstattung, sondern auch Beiträge zur Unterhaltung. Die Regelung, daß höchstens 70 % des Umfangs eines Supplements aus Anzeigen, Ankündigungen aller Art sowie Beiträgen geschäftlichen Charakters bestehen darf, entspricht aber in den Grundzügen den Bestimmungen des Abschnitts 4.1.1 Abs. 2 AGB PZD darüber, welchen Anteil werbungsfreie presseübliche Berichterstattung am Umfang von Zeitungen oder Zeitschriften im Sinne des Postzeitungsdienstes erreichen muß.
Demgegenüber ergänzt eine Beilage zur Ergänzung des Zeitungsinhalts, wie ihre Bezeichnung schon sagt, nicht wie ein Supplement die Zeitung oder Zeitschrift als solche, sondern deren Inhalt, d.h. bestimmte Beiträge darin.
b) Das Bastelanleitungsheft der Beklagten ist kein Supplement im dargelegten Sinn, weil es keine in sich abgeschlossene Ergänzung der Zeitschrift ist. Das Berufungsgericht hat zutreffend festgestellt, daß das Heft mit der Überschrift "Jetzt beginnt die Bastelzeit!" mit dem Beitrag des Hauptheftes, der diesen Titel trägt, mehrfach eng verknüpft ist. Die Bastelanleitungen im Anleitungsheft nehmen auf das Hauptheft dadurch Bezug, daß sie jeweils auf die Seitenzahlen verweisen, wo diese im Hauptheft vorgestellt werden, und auch die zugehörige Abbildung des Hauptheftes in Kleinformat wiedergeben. Im Bezugsquellennachweis am Ende des Anleitungsheftes sind im übrigen weit überwiegend Hersteller genannt, die auch im Beitrag des Hauptheftes benannt werden.
c) Das Bastelanleitungsheft erfüllt aber auch nicht die Voraussetzungen für eine vertragsgemäße Beilage zur Ergänzung des Zeitungsinhalts gemäß Abschnitt 3.2 Anlage 4 AGB PZD. Dies gilt auch dann, wenn unterstellt wird, daß der Beitrag "Jetzt beginnt die Bastelzeit!" im Hauptheft der presseüblichen Berichterstattung zuzurechnen ist, und dies trotz der darin enthaltenen Herstellerangaben (vgl. dazu Abschnitt 2.1 Anlage 3 AGB PZD). Ein Bastelanleitungsheft nach der Art des streitgegenständlichen Hefts kann zwar eine sogenannte Beilage zur Ergänzung des Zeitungsinhalts sein, zumal Bastelanleitungen in Abschnitt 3.2 Satz 2 Anlage 4 AGB PZD ausdrücklich unter den Beispielen dieser Beilagenart aufgeführt sind. Die AGB PZD fordern jedoch in Abschnitt 3 Abs. 2 Satz 1 Anlage 4 für Beilagen dieser Art, daß in ihnen keine geschäftliche Werbung für Dritte enthalten ist. Dies entspricht auch allein der Zielsetzung des Postzeitungsdienstes, die Presse durch niedrigere Gebühren bei der Wahrnehmung ihrer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben zu unterstützen, nicht aber die Wahrnehmung geschäftlicher Interessen Dritter durch Werbung für diese zu erleichtern (vgl. Hess.VGH AfP 1993, 684, 685 f.; OVG Münster NJW 1992, 1340, jeweils noch zu § 5 Abs. 1 PostZtgO). Der Forderung nach Werbefreiheit entspricht das Bastelanleitungsheft jedoch nicht.
Wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, begünstigt das Anleitungsheft dadurch, daß es in den Bastelanleitungen bestimmte Produkte als Materialien für die zu bastelnden Gegenstände benennt und am Ende des Hefts einen Bezugsquellennachweis abdruckt, die geschäftlichen Interessen bestimmter Hersteller. Im Bezugsquellennachweis seien Hersteller - teils mit, teils ohne Anschrift - aufgeführt, auf deren Produkte im Text einzelner Bastelanleitungen, unter den Abbildungen im Hauptheft oder an beiden Stellen hingewiesen werde.
Diese tatrichterliche Beurteilung ist rechtsfehlerfrei und wird von der Revision auch nicht angegriffen. Die Benennung (allein) einzelner Hersteller und Produkte in dem redaktionell aufgemachten Umfeld ist unter den gegebenen Umständen der Sache nach Werbung (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 30.6.1994 - I ZR 167/92, GRUR 1994, 819, 820 = WRP 1994, 728 - Produktinformation II, m.w.N.). Sie steht auch nicht in Einklang mit den Grundsätzen presseüblicher Berichterstattung, wie sie in Abschnitt 2.1 Anlage 3 AGB PZD - unter Bezugnahme auf die "Richtlinien für redaktionelle Hinweise in Zeitungen und Zeitschriften" (ZAW-Richtlinien) - von den Beiträgen mit werblichem Charakter (Abschnitt 2.4 Anlage 3 AGB PZD) abgegrenzt wird.
d) Als Verlegerbeilage, die nicht die Voraussetzungen eines Supplements oder einer Beilage zur Ergänzung des Zeitungsinhalts erfüllt, gehört das Bastelanleitungsheft zu den sogenannten vertragswidrigen Verlegerbeilagen im Sinne des Abschnitts 3.7 Anlage 4 AGB PZD. Auf diese werden die Entgeltregelungen für Fremdbeilagen angewandt. Die sich danach ergebende Vergütung entspricht - wie unstreitig ist - der Klagesumme.
3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB.
III. Die Revision gegen das Berufungsurteil war danach auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 2993383 |
BB 1996, 1241 |
NJW 1996, 2374 |
BGHR AGB PZD Abschn. 3 Verlegerbeilagen 1 |
BGHR AGBG § 23a Abs. 2 Nr. 1a Anwendbarkeit 1 |
BGHR AGBG § 3 Postzeitungsdienst 1 |
BGHR AGBG § 9 Transparenzgebot 17 |
WM 1996, 1779 |
AfP 1996, 271 |
AfP 1997, 664 |
MDR 1996, 997 |
WRP 1996, 706 |
ZUM 1996, 596 |