Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbeverbot für Lohnsteuerberatung
Leitsatz (amtlich)
Veröffentlicht eine Berufskammer – hier eine Steuerberaterkammer – in Form einer Gemeinschaftsanzeige die Namen, Anschriften, Telefonnummern und Sprechzeiten von Kammermitgliedern, und weist sie dabei darauf hin, daß die Genannten zur Beratung und Antragstellung im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs zur Verfügung stehen, so verstoßen sowohl die Berufskammer als auch die mit der Anzeige einverstandenen Kammermitglieder gegen das Verbot berufswidriger Werbung des Steuerberatungsgesetzes (§ 8 Abs. 1, § 57 Abs. 1 StBerG) und gegen § 1 UWG.
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Veröffentlichung in der Tagespresse, die Namen, Anschriften, Telefonnummern und Sprechzeiten von Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften herausstellt und darauf hinweist, daß die genannten für bestimmte Steuerberatungsdienste zur Verfügung stehen, fordert zur Inanspruchnahme der Steuerberatungsdienste dieser Personen auf und wird so auch von den angesprochenen Verkehrskreisen verstanden.
2. Werbemaßnahmen, die dem einzelnen Steuerberater und Steuerbevollmächtigten untersagt sind, sind auch der Berufskammer oder sonst einem Dritten nicht gestattet.
Normenkette
StBerG § 8 Abs. 1, § 57 Abs. 1; UWG § 1
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 25.11.1981; Aktenzeichen 6 U 124/80) |
LG Heidelberg (Urteil vom 11.06.1980; Aktenzeichen O 11/80) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 25. November 1981 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der II. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Heidelberg vom 11. Juni 1980 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten beider Rechtsmittel zu tragen.
Tatbestand
Die Beklagte zu 1, die Steuerberaterkammer N, veröffentlichte am 5. Februar 1980 in der R Zeitung eine Anzeige, die unter der Überschrift „Lohnsteuerjahresausgleich 1979” die Namen, Anschriften, Telefonnummern und Sprechzeiten von 43 Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften – unter ihnen die Beklagte zu 2 – enthielt verbunden mit dem Hinweis, daß die Genannten zur Beratung und Antragstellung im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs 1979 für Arbeitnehmer zur Verfügung stünden. Das Inserat ging auf eine Initiative der Beklagten zu 1 zurück und enthielt die Namen derjenigen ihrer Kammermitglieder, die sich mit der Aktion einverstanden erklärt und die von der Beklagten zu 1 dafür festgesetzte Gebühr von 75,– DM entrichtet hatten.
Der Kläger, ein Lohnsteuerhilfeverein, hat diese Anzeige mit der vorliegend erhobenen Unterlassungs-, Feststellungs- und Auskunftsklage als berufswidrige Werbung und als Verstoß gegen § 1 UWG beanstandet. Mit ihr hätten die Beklagten für die Steuerberatungsdienste der Beklagten zu 2 und der weiteren in der Anzeige aufgeführten Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften geworben. Eine solche Werbung sei nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes (SteuerberatungsG i.d.F.d.Bek. v. 4. November 1975, BGBl. I S. 2735; geänd. durch EGAO v. 14. Dezember 1976, BGBl. I S. 3341, und durch Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des EStG und anderer Gesetze v. 18. August 1980, BGBl. I S. 1537) weder der Berufskammer noch ihrer Mitglieder gestattet. Sie sei wettbewerbswidrig, weil sie den in der Anzeige Genannten einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffe.
Die Beklagte habe Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen: Die angegriffene Anzeige sei weder berufs- noch wettbewerbswidrig. § 8 Abs. 1 SteuerberatungsG, der das unaufgeforderte Anbieten geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen untersage, gelte für einen Lohnsteuerhilfeverein wie den Kläger und die anderen in § 8 Abs. 2 SteuerberatungsG bezeichneten Körperschaften und Vereinigungen, aber nicht für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften. Diese unterfielen dem Verbot berufswidriger Werbung des § 57 Abs. 1 SteuerberatungsG, das aber vorliegend nicht verletzt sei. Bei dem beanstandeten Inserat handele es sich nicht um die Anzeige eines einzelnen Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten, sondern um eine Gemeinschaftswerbung der Berufskammer für alle an der Lohnsteuerberatung interessierten Kammermitglieder. Als solche enthalte sie eine notwendige und erlaubte Information der Bevölkerung darüber, daß und welche Mitglieder der Beklagten zu 1 Hilfe beim Lohnsteuerjahresausgleich leisteten.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Anzeige fordere unverhüllt zur Auftragsanbahnung auf. Damit verletze sie das Verbot berufswidriger Werbung i.S. der §§ 8 Abs. 1 und 57 Abs. 1 SteuerberatungsG und der Richtlinien für die Berufsausübung der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten. Daran ändere nichts, daß es sich bei der angegriffenen Anzeige um eine Gemeinschaftswerbung handele. Nach § 8 Abs. 2 SteuerberatungsG und der aufgrund dieser Vorschrift erlassenen Verordnung über Art und Inhalt der zulässigen Hinweise auf die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen (WerbeVOStBerG) vom 25. November 1976 (BGBl I S. 3245) dürften ausschließlich die in § 4 Nr. 3, 7 und 11 SteuerberatungsG bezeichneten Körperschaften und Vereinigungen auf ihre Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hinweisen, jedoch nicht die Steuerberaterkammern oder die einzelnen in ihnen zusammengefaßten Berufsangehörigen. Der Verstoß gegen das Werbeverbot des Steuerberatungsgesetzes, der danach gegeben sei, sei zugleich ein – schuldhafter – Verstoß gegen § 1 UWG und rechtfertige die geltend gemachten Unterlassungs-, Feststellungs- und Auskunftsansprüche.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, der seine bisherigen Klageanträge weiterverfolgt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Das beanstandete Inserat enthalte keine unerlaubte Werbung im Sinne des § 8 Abs. 1 SteuerberatungsG – der auch für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte gelte – und des § 57 Abs. 1 SteuerberatungsG. Zwar sei zweifelhaft, ob ein einzelner Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter so werben dürfe wie hier. Indessen könne das dahinstehen, da es sich im Streitfall um eine Gemeinschaftswerbung handele, die die Grenzen des Zulässigen nicht überschreite. Die Beklagte zu 1 habe nicht für einzelne Kammermitglieder geworben, sondern lediglich einem Informationsbedürfnis der Allgemeinheit entsprochen. In der Öffentlichkeit sei – wenn auch so nicht zutreffend – der Eindruck verbreitet, daß sich Steuerberater und Steuerbevollmächtigte regelmäßig nicht mit Lohnsteuerberatungssachen befaßten. Dem könne nicht mit einer nur allgemein gehaltenen Gegendarstellung begegnet werden, vielmehr sei es insoweit erforderlich und zulässig, in sachlich neutraler Form die zur Lohnsteuerberatung bereiten Kammermitglieder namhaft zu machen, um dem insoweit auf Rat angewiesenen Steuerzahler eine unzumutbare Suche nach einem zur Hilfeleistung in Lohnsteuersachen bereiten Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten zu ersparen. Eine unzulässige Förderung des Wettbewerbs ihrer Mitglieder zu Lasten der Lohnsteuerhilfevereine liege darin nicht. Zwar dürften nach § 8 Abs. 2 SteuerberatungsG i.V. mit § 3 WerbeVOStBerG nur Lohnsteuerhilfevereine in Zeitungsanzeigen auf ihre Befugnis zur Lohnsteuerberatung hinweisen. Mit diesen Regelungen habe den früher weithin unbekannt gewesenen Lohnsteuerhilfevereinen Gelegenheit gegeben werden sollen, auf ihre Existenz hinzuweisen. Inzwischen habe sich jedoch die Kenntnis über die Tätigkeit der Lohnsteuerhilfevereine verbreitet, während über die der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten weithin Unkenntnis anzutreffen sei. Im Hinblick darauf sei eine Anzeige wie hier ein geeignetes Mittel, einen vom Gesetzgeber nicht gewollten Wettbewerbsnachteil der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten auf dem Gebiet der Lohnsteuerberatung auszugleichen. Nach Form und Inhalt sei die Anzeige nicht zu beanstanden. Sie beschränke sich auf eine sachliche Unterrichtung des interessierten Publikums und verzichte auf Werbeeffekte irgendwelcher Art.
II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß für die auf § 1 UWG gestützte Unterlassungs- und Schadensersatzklage der ordentliche Rechtsweg auch hinsichtlich der Beklagten zu 1 trotz ihrer Rechtsstellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 73 Abs. 2 Satz 2 SteuerberatungsG) und ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben aus § 76 SteuerberatungsG gegeben ist. Der Kläger leitet sein Begehren aus einem Verstoß auch der Beklagten zu 1 gegen die Regeln des lauteren Wettbewerbs her, d.h. aus einem Sachverhalt, der bürgerlichem Recht unterfällt. Bei einer solchen Sachlage ist der ordentliche Rechtsweg auf für Klagen gegen Träger öffentlich-rechtlicher Aufgaben gegeben (BGH, Urt. v. 16. Januar 1981 – I ZR 29/79, GRUR 1981, 596, 597 = WRP 1981, 380, 381 – Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft; BGHZ 82, 375, 381 – 384 = GRUR 1982, 425, 427 – Brillen-Selbstabgabestelle).
2. Auch die Aktivlegitimation des Klägers hat das Berufungsgericht mit Recht nicht in Zweifel gezogen (BGH, Urt. v. 23. Januar 1976 – I ZR 95/75, GRUR 1976, 370, 371 = WRP 1976, 235, 236, 237 – Lohnsteuerhilfevereine I; BGH, Urt. v. 11. November 1977 – I ZR 14/76, GRUR 1978, 180 = WRP 1978, 126, 127 – Lohnsteuerhilfevereine II).
3. In der Sache ist die Revision begründet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verletzt die beanstandete Anzeige das Werbeverbot der §§ 8 Abs. 1 und 57 Abs. 1 SteuerberatungsG. Diesem Verbot haben beide Beklagten zuwidergehandelt.
a) § 8 Abs. 1 SteuerberatungsG untersagt das unaufgeforderte Anbieten der eigenen Dienste oder der Dienste Dritter zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen. Dieses berufsrechtliche Werbeverbot gilt entgegen der von den Beklagten in den Vorinstanzen vertretenen Ansicht nicht nur für die nach § 4 Nr. 3 – 11 SteuerberatungsG zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen zugelassenen Personen und Vereinigungen, sondern für alle steuerberatenden Berufe, also auch für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (vgl. BVerfGE 59, 302, 326; Kolbeck-Peter-Rawald, Komm. zum Steuerberatungsgesetz, Gruppe 320 § 8 Rdnr. 2 – 4; Klöcker-Mittelsteiner-Späth, Handbuch der Steuerberatung, Gruppe 2, Komm. z. Steuerberatungsgesetz § 8 Anm. 2; § 57 Anm. 7 a; a.A. Mittelsteiner-Gehre, Steuerberatungsgesetz, § 8 Anm. 1; vgl. auch Gehre, Steuerberatungsgesetz, § 8 Rdnr. 1). Diese Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt nichts anderes. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 7/2852 S. 33, zu § 9) sollte mit dieser durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl I S. 1509) neu in das Steuerberatungsgesetz eingefügten Bestimmung „insbesondere” für die in § 4 Nr. 3 – 11 SteuerberatungsG aufgeführten Personen und Vereinigungen ein Werbeverbot ausgesprochen werde, wie es für die Angehörigen freier Berufe nach standesrechtlichen Grundsätzen bereits bestand. Daraus kann aber nicht hergeleitet werden, daß die in §§ 3 und 4 Nr. 1, 2 SteuerberatungsG bezeichneten Berufe vom Geltungsbereich des § 8 SteuerberatungsG ausgenommen worden seien und daß sich das Verbot des § 8 Abs. 1 SteuerberatungsG demgemäß nicht auf Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften erstrecke. Mit einer solchen Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 1 SteuerberatungsG sind der Wortlaut der Regelung, die Stellung der Vorschrift im Gesetz und die Gesetzesbegründung, die sich zwar in erster Linie „insbesondere”) auf die in § 4 Nr. 3 – 11 SteuerberatungsG bezeichneten Personen und Vereinigungen bezieht, aber andere steuerberatende Berufe vom Anwendungsbereich der Vorschrift nicht ausschließt, nicht zu vereinbaren.
b) Während § 8 Abs. 1 SteuerberatungsG danach für alle zur unbeschränkten und beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugten Personen und Vereinigungen (§§ 3, 4 SteuerberatungsG) das Verbot des unaufgeforderten Anbietens von Steuerberatungsdiensten enthält, zählt es nach § 57 Abs. 1 SteuerberatungsG zu den Berufspflichten speziell der Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften (§ 72 Abs. 1 SteuerberatungsG), auf eine berufswidrige Werbung zu verzichten. Was in diesem Sinne berufswidrig ist, ist im Gesetz nicht näher geregelt und muß im Einzelfall dem gesetzgeberischen Zweck des Werbeverbots (§§ 8 Abs. 1 und 57 Abs. 1 SteuerberatungsG) und den gem. § 86 Abs. 2 Nr. 2 SteuerberatungsG festgestellten Richtlinien für die Berufsausübung der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Standesrichtlinien – Richtlinien der Bundessteuerberaterkammer vom 24./25. Januar 1977 i.d.F. vom 24./25. März 1980 und 20./21. Oktober 1980, abgedruckt bei Kolbeck-Peter-Rawald, a.a.O. Gruppe 631 S. 15 ff) entnommen werden. Diese Richtlinien haben zwar als solche keine normative Bedeutung; sie können aber bei der Beurteilung der Berufspflichten eines freien Berufs nach ständiger Rechtsprechung als eine wesentliche Erkenntnisquelle und Auslegungshilfe Berücksichtigung finden (BVerfGE 36, 212, 217, 218 = NJW 1974, 232, 233; 57, 121, 132, 133 = NJW 1981, 2239; 60, 215, 232 = NJW 1982, 2487, 2488).
Mit der danach maßgebenden Rechtslage ist die beanstandete Anzeige nicht zu vereinbaren.
aa) Dabei ist davon auszugehen, daß der Verkehr in der angegriffenen Anzeige sowohl eine Werbung jedes einzelnen der darin aufgeführten Berufsangehörigen erblickt als auch eine Werbeaktion der Berufskammer zugunsten ihrer in der Anzeige namentlich genannten Mitglieder. Eine Veröffentlichung in der Tagespresse, die wie hier die Namen, Anschriften, Telefonnummern und Sprechzeiten von Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften herausstellt und darauf hinweist, daß die Genannten für bestimmte Steuerberatungsdienste zur Verfügung stehen, fordert zur Inanspruchnahme der Steuerberatungsdienste dieser Personen auf und wird so auch von den angesprochenen Verkehrskreisen verstanden.
bb) Eine solche Werbung steht mit dem Werbeverbot der §§ 8 Abs. 1 und 57 Abs. 1 SteuerberatungsG nicht in Einklang. Sie wird auch durch das Informationsbedürfnis der Allgemeinheit, über die für die Lohnsteuerberatung zur Verfügung stehenden Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften unterrichtet zu werden, nicht gerechtfertigt.
Wie im Bereich der Rechtsanwälte, Ärzte und anderer freier Berufe will das Verbot berufswidriger Werbung auch auf dem Gebiet der Steuerberatung den Berufsangehörigen möglichst nur durch Leistung werben lassen, um so einer Verfälschung des Berufsbildes durch reklamehafte Werbung entgegenzuwirken (BVerfGE 33, 125, 170 = NJW 1972, 1504, 1509; 60, 215, 232 = NJW 1982, 2487, 2488). Dem entspricht eine werbende Herausstellung der eigenen Person in einer Zeitungsanzeige vor Berufskollegen – wie hier vor Kammermitgliedern, die sich an der beanstandeten Aktion nicht beteiligt haben, vor Rechtsanwälten und Lohnsteuerhilfevereinen wie dem Kläger – nicht. Nach Nr. 33 der Standesrichtlinien gilt als berufswidrige Werbung jeder unmittelbare oder mittelbare Hinweis in einer Veröffentlichung, der bei verständiger Würdigung als direkte oder indirekte Anregung zur Auftragsanbahnung verstanden werden kann. Darunter fällt auch die Zeitungsanzeige eines Steuerberaters, mit der sich dieser – wie hier die Beklagte zu 2 – zur Lohnsteuerberatung bereit erklärt. Um einen Fall, der ausnahmsweise Hinweise auf die eigene berufliche Tätigkeit gestattete (vgl. Nr. 34, 35 und 36 der Standesrichtlinien), handelt es sich vorliegend nicht. Für die Lohnsteuerberatung erlaubt zwar Nr. 37 Abs. 2 der Richtlinien bestimmte Hinweise auf dem Praxisschild. Entsprechende Hinweise in der Tagespresse sind aber nicht gestattet (vgl. Nr. 34). Dem steht in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 2 SteuerberatungsG und den Vorschriften der WerbeVOStBerG, die es unter bestimmten Voraussetzungen den Lohnsteuerhilfevereinen, nicht aber den Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten oder Steuerberatungsgesellschaften erlauben, durch Anzeigen in der Tagespresse auf die Befugnis zur Hilfeleistung in Lohnsteuersachen hinzuweisen.
cc) Das Verhalten der Beklagten zu 2 und der anderen an der Anzeigenaktion beteiligten Kammermitglieder der Beklagten zu 1 ist nicht dadurch gerechtfertigt, daß die Berufskammer zur Beteiligung an der Aktion aufgefordert und die Anzeige in Form einer Gemeinschaftsanzeige veröffentlicht hat. Eine solche Aktion ist auch einer Berufskammer nicht gestattet. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des für die einzelnen Kammermitglieder geltenden Werbeverbots und der Aufgabe der Steuerberaterkammer, die Erfüllung der Berufspflichten ihrer Mitglieder zu überwachen (§ 76 Abs. 1 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 SteuerberatungsG). Werbemaßnahmen, die dem einzelnen Steuerberater und Steuerbevollmächtigten untersagt sind, sind auch der Berufskammer oder sonst einem Dritten nicht gestattet. Die Ausdehnung des Werbeverbots des § 8 Abs. 1 SteuerberatungsG auf Werbemaßnahmen Dritter war gerade eines der mit der Einführung des § 8 Abs. 1 SteuerberatungsG i.d.F. des 3. Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes verfolgten gesetzgeberischen Ziele (s. die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 7/2852, S. 33, zu § 9). Hinsichtlich eines privatrechtlich organisierten Dachverbandes von Lohnsteuerhilfevereinen hat der Senat deshalb auch ausgesprochen, daß ein solcher Verband dem Werbeverbot der §§ 8 Abs. 1 und 26 Abs. 1 SteuerberatungsG genauso unterworfen ist wie jedes einzelne seiner Mitglieder (BGH, Urt. v. 11. November 1982 – I ZR 126/80, GRUR 1983, 130, 132 = WRP 1983, 154, 156 – Lohnsteuerhilfe-Bundesverband). Für Werbemaßnahmen einer öffentlich-rechtlichen Berufskammer zugunsten der ihr angeschlossenen Mitglieder gilt nichts anderes. Wie ausgeführt ist es der Zweck des für Steuerberater und andere freie Berufe geltenden Werbeverbots, die Tätigkeit des Berufsangehörigen, der kein Gewerbe betreibt (vgl. für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte § 32 Abs. 2 Satz 2 SteuerberatungsG), von Werbung möglichst freizuhalten.
Aus der Aufgabe der Beklagten zu 1, die beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder zu wahren (§ 76 Abs. 1 SteuerberatungsG), folgt im Streitfall nichts anderes. Soweit die Berufskammer im Rahmen dieser Aufgabe zur Öffentlichkeitsarbeit für ihre Mitglieder berechtigt und verpflichtet ist, muß sie dabei das gesetzliche Werbeverbot in Rechnung stellen, wie es – konkretisiert durch die Standesrichtlinien – für jedes einzelne ihrer Mitglieder gilt. Zwar kann im Einzelfall die werbliche Wirkung einer Presseerklärung oder einer sonstigen in der Öffentlichkeit abgegebenen Äußerung verschieden ausfallen, je nachdem, ob es sich um die Stellungnahme eines einzelnen Berufsangehörigen oder des Berufsverbandes handelt. Insoweit ist jedoch vorliegend nicht zu erkennen, daß der von der beanstandeten Anzeige ausgehende Werbeeffekt hinter den Informationsgehalt des Inserats zurücktritt oder sonst unerheblich ist und daß die Anzeige deshalb vom Werbeverbot der §§ 8 Abs. 1 und 57 Abs. 1 SteuerberatungsG nicht erfaßt wird. Wenn – wie die Beklagten behauptet haben – in der Öffentlichkeit tatsächlich der Eindruck verbreitet wäre, daß Steuerberater und Steuerbevollmächtigte zur Lohnsteuerberatung nicht bereit seien, hätte es genügt, dem durch eine allgemein gehaltene Aufklärung ohne namentliche Hinweise auf bestimmte Berufsangehörige zu begegnen. Die Tatsache, daß möglicherweise nur verhältnismäßig wenige Steuerberater und Steuerbevollmächtigte Lohnsteuerberatung betreiben, rechtfertigt es nicht, Berufsangehörige nach Namen, Anschrift, Telefonnummer und Sprechzeiten im einzelnen zu bezeichnen. Insoweit hat das Berufungsgericht auch die Schwierigkeiten, die sich für den Steuerpflichtigen ergeben können, wenn er bei Bedarf nicht sogleich eine Liste der zur Lohnsteuerberatung bereiten Berufsangehörigen zur Hand hat, überbewertet. Solche Schwierigkeiten sind weitgehend dadurch gemildert, daß es den die Lohnsteuerberatung betreibenden Berufsangehörigen nach Maßgabe der Standesrichtlinien (Nr. 37 Abs. 2) gestattet ist, einen entsprechenden Hinweis auf dem Praxisschild anzubringen. Zutreffend hat die Revision in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß es bei allen rechts- und wirtschaftsberatenden Berufen und bei den Ärzten Fachgebiete gibt, die nur von einem geringen Teil der Berufsangehörigen betreut werden, daß es aber gleichwohl – auch unter Berücksichtigung eines gewissen, insoweit bestehenden Informationsinteresses der Allgemeinheit – dem einzelnen Berufsangehörigen oder seiner Standesorganisation nirgendwo gestattet ist, durch namentliche Herausstellung der eigenen Person oder der Verbandsangehörigen und damit in einer als berufswidrig zu bezeichnenden Weise Individualwerbung zu treiben.
Schließlich kann dem Berufungsgericht auch insoweit nicht gefolgt werden, als es meint, daß Anzeigen wie hier gerechtfertigt seien, um Wettbewerbsnachteile der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten gegenüber Lohnsteuerhilfevereinen im Bereich der Lohnsteuerberatung auszugleichen. Das Berufungsgericht verkennt dabei die Bedeutung des § 8 Abs. 2 SteuerberatungsG, durch den allein den Lohnsteuerhilfevereinen und den in § 4 Nr. 3 und 7 SteuerberatungsG bezeichneten Körperschaften und Vereinigungen unter bestimmten Voraussetzungen das Recht eingeräumt worden ist, auf ihre Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hinzuweisen. Sinn der Regelung ist es, den durch sie begünstigten Vereinen und Verbänden in bestimmtem Umfang Existenzhinweise zu gestatten, weil diese Vereinigungen und Körperschaften hinsichtlich ihrer Existenz und Tätigkeit nicht so bekannt sind wie Steuerberater und Steuerbevollmächtigte. An dieser bereits früher bestehenden Rechtslage (vgl. BGH, Urt. v. 26. November 1969 – I ZR 34/68, GRUR 1970, 179, 181 = WRP 1970, 217, 218, 219 – Lohnsteuerzahler) hat der Gesetzgeber mit Einfügung des § 8 SteuerberatungsG i.d.F. des 3. Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes festgehalten (siehe die amtl. Begründung in BT-Drucks. 7/2852, S. 33 zu § 9). Daraus ergibt sich, daß es zwar – unter den Voraussetzungen des § 3 WerbeVOStBerG – Lohnsteuerhilfevereinen, nicht aber Steuerberatern oder deren Berufskammern gestattet ist, in Anzeigen auf ihre Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hinzuweisen.
4. Der Verstoß gegen das Werbeverbot des Steuerberatungsgesetzes ist zugleich ein Verstoß gegen § 1 UWG (BGH, Urt. v. 26. November 1969 – I ZR 34/68, GRUR 1970, 179, 181, 182 = WRP 1970, 217, 218 – Lohnsteuerzahler; Urt. v. 11. November 1982 – I ZR 126/80, GRUR 1983, 130, 132 = WRP 1983, 154, 157 – Lohnsteuerhilfe-Bundesverband). Dieser begründet den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auch gegen die Beklagte zu 1, die nach den getroffenen Feststellungen in Wettbewerbsförderungsabsicht zugunsten der in der Anzeige genannten Mitglieder, unter ihnen die Beklagte zu 2, gehandelt hat. Da nach den Feststellungen des weiteren davon auszugehen ist, daß der Wettbewerbsverstoß der Beklagten zumindest fahrlässig und damit schuldhaft begangen worden ist und ein auf diesem Verstoß resultierender Schaden des Klägers in hinreichendem Maße wahrscheinlich ist, sind auch die Feststellungsanträge und die den Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1 vorbereitende Auskunftsklage gerechtfertigt.
III. Auf die Revision des Klägers war das angefochtene Urteil danach aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen