Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 18.02.2004) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 18. Februar 2004 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. 57 kg Haschisch, 11,1 kg Kokain und drei Mobiltelefone wurden eingezogen und sichergestellte 225.292 EUR für verfallen erklärt. Die dagegen auf die Strafaussprüche beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nur hinsichtlich des Angriffs auf die Gesamtfreiheitsstrafe vertreten wird, bleibt ohne Erfolg.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Der einschlägig vorbestrafte Angeklagte verfügte im Februar 2002 über vielfältige Kontakte zur Leipziger und Dresdener Drogenszene. Er vereinbarte mit einem bisher nicht identifizierten „Holländer”, für diesen in Leipzig auf Kommissionsbasis bei einer Gewinnbeteiligung von 15 bis 20 Prozent in großen Mengen Haschisch und Kokain zu verkaufen. Der Angeklagte baute die zum Weiterverkauf an Zwischenhändler erforderliche Vertriebsstruktur auf. Er bestellte die benötigten Rauschgifte jeweils telefonisch in den Niederlanden. Kuriere des „Holländer” transportierten die Betäubungsmittel sodann nach Leipzig, wo sie bis zum Verkauf in konspirativ angemieteten Wohnungen verwahrt wurden. Die beiden ersten Lieferungen vom Mai und Juni 2002 im Umfang von 22 kg Haschisch, 2,3 kg Kokaingemisch sowie 0,5 kg Kokainstein und 3,5 kg Haschisch nebst 0,5 kg Kokaingemisch verkauften der Angeklagte und der von diesem dafür gewonnene Mitangeklagte B. mit Gewinn weiter. Den Verkauf der Anfang Juli 2002 erfolgten dritten Lieferung über 90 kg Haschisch, 3,2 kg Kokaingemisch und 0,5 kg Kokainstein übernahm mit Wissen des Angeklagten C der Mitangeklagte F., der über die Verkäufe auch Buch führte. Ende Juli 2002 übernahmen alle drei Angeklagten eine aus 65 kg Haschisch und 12 kg Kokaingemisch bestehende weitere Lieferung. Sie verbrachten das Rauschgift zum Weiterverkauf in eine von F angemietete Wohnung.
Das Landgericht hat die vier Einzelstrafen § 30a Abs. 1 BtMG entnommen. Es hat im Fall drei auf die Einsatzstrafe von sieben Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe erkannt und im übrigen Freiheitsstrafen von sechs Jahren (Fall 1), fünf Jahren und neun Monaten (Fall 2) sowie von sechs Jahren und sechs Monaten (Fall 4) festgesetzt.
2. Die dagegen gerichtete Revision bleibt erfolglos.
a) Die Revision ist trotz eines Subsumtionsfehlers wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Das Landgericht hat übersehen, daß die bandenmäßige Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge von dem bandenmäßigen Betäubungsmittelhandel konsumiert wird (BGHR BtMG § 30a Bande 8; BGH, Beschluß vom 22. Februar 2000 – 5 StR 1/00). Dieser bloße Subsumtionsfehler steht der Wirksamkeit der Revisionsbeschränkung aber nicht entgegen (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 12 m.w.N.). Vorliegend ist dadurch nicht einmal der angewandte Strafrahmen tangiert (vgl. Ruß in KK 5. Aufl. § 318 Rdn. 7a).
b) Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, halten die dem Regelstrafrahmen entnommenen Einzelstrafen revisionsgerichtlicher Prüfung stand. Die verhängten Strafen haben sich nach unten nicht von der Bestimmung gelöst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BGHSt 34, 345, 349; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafhöhe 9). Zwar ist der Revision der Staatsanwaltschaft zuzugeben, daß die zur Milderung herangezogene „lange Dauer des Verfahrens einschließlich der erlittenen Untersuchungshaft” zu Bedenken Anlaß geben. Untersuchungshaft ist nämlich grundsätzlich nicht strafmildernd zu berücksichtigen (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 20). Gleichwohl erscheint die vom Landgericht hergestellte Verbindung mit der Dauer des Verfahrens als noch nicht sachfremd, weil der geständige Angeklagte ohne die um Freispruch oder Teilfreispruch kämpfenden Mitangeklagten ersichtlich nach wesentlich kürzerer Hauptverhandlung hätte verurteilt werden können. Im übrigen besorgt der Senat nicht, daß die von der Revision der Staatsanwaltschaft aufgezeigten weiteren strafschärfenden Tatumstände bei der Bestimmung der im einzelnen verhängten Strafen nicht erwogen sein könnten.
c) Bei der Bemessung der Einzelstrafen sind auch keine Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten erkennbar. Der Senat schließt aus, daß bei zutreffender Bewertung der Konkurrenzen auf noch mildere Sanktionen hätte erkannt werden können. Das Landgericht war ferner nicht verpflichtet, die Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 BtMG zu erörtern. Zwar hat allein das Geständnis des Angeklagten dazu geführt, daß in Wohnungen Dritter sichergestellte 207.320 EUR den Erlösen aus den verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelgeschäften zugeordnet werden konnten. Damit hat der Angeklagte einen Beitrag zur Aufklärung der Tatverstrickung der Geldverwahrer geleistet. Dieser Aufklärungserfolg fällt im Hinblick auf die eigenen Taten des Angeklagten aber nicht ins Gewicht (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 2).
d) Letztlich hält auch die außerordentlich milde Gesamtfreiheitsstrafe revisionsgerichtlicher Prüfung stand. Dabei ist zu erwägen, ob angesichts des Gesamtgewichts des Angriffs des Angeklagten auf das geschützte Rechtsgut der Volksgesundheit die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten nicht die Grenze des Schuldangemessenen unterschreitet (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 8). Dies kann vorliegend aber ausgeschlossen werden, weil die vom Angeklagten in den Verkehr gebrachten sieben Kilogramm Kokaingemisch nur über eine sehr geringe Wirkstoffkonzentration von 12,1 Prozent verfügten (vgl. Weber, BtMG 2. Aufl. S. 1622).
Unterschriften
Harms, Raum, Brause, Schaal, Graf
Fundstellen