Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehens- und Beitrittsvertrag als verbundenes Geschäft bei finanziertem Erwerb von Genossenschaftsanteilen mittels Vorfinanzierung der Eigenheimzulage
Leitsatz (redaktionell)
1. Stehen nicht die Mitgliedschaft in der Genossenschaft und die Verfolgung des in der Satzung festgelegten Zwecks im Vordergrund, sondern geht es dem Anleger ebenso wie bei der Beteiligung an einer Personengesellschaft zu Anlagezwecken wirtschaftlich um eine Geldanlage zur Erzielung von Steuervorteilen (hier: Ausnutzung der Eigenheimzulage) und Gewinnen, bedarf er des durch § 358 BGB bezweckten Schutzes.
2. Zur Rückabwicklung verbundener Verträge nach Rückforderung der Eigenheimzulage durch das Finanzamt bei Insolvenz der Darlehensgeberin.
Normenkette
BGB §§ 358, 357, 348; GenG §§ 15, 73; InsO §§ 174, 181; EigZulG
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 01.12.2008; Aktenzeichen I-9 U 76/08) |
LG Krefeld (Urteil vom 12.03.2008; Aktenzeichen 2 O 228/06) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. Dezember 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Widerklage stattgegeben wurde.
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 12. März 2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Klage und Widerklage werden abgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen der Kläger zu 47 % und der Beklagte zu 53 %, die der 1. Instanz der Kläger zu 57 % und der Beklagte zu 43 %.
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger trat am 25. September 2002 zu Anlagezwecken der E. Wohnungsbaugenossenschaft e.G. (im Folgenden: E.) mit 27 Geschäftsanteilen zu je 200 EUR und einem Eintrittsgeld von 270 EUR bei. Zugleich beantragte er die Finanzierung der Beteiligungssumme und wies die finanzierende Bank an, Zahlung unmittelbar an die Genossenschaft zu leisten. Die Anlage sollte für den Kläger den Vorteil haben, unter Inanspruchnahme der staatlichen Eigenheimzulage Wohnungseigentum erwerben zu können, ohne dieses selbst bewohnen zu müssen.
Rz. 2
Am 30. Oktober/4. November 2002 schloss der Kläger mit der Privatbank R. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin) einen Darlehensvertrag über einen Nominalbetrag von 5.783,40 EUR mit dem Verwendungszweck „Vorfinanzierung der Eigenheimzulage”. Die Schuldnerin stellte den Nettokreditbetrag entsprechend der vom Kläger erteilten Weisung unmittelbar der E. zur Verfügung. Das Darlehen sollte durch die Eigenheimzulage getilgt werden; den Anspruch auf Zahlung der Eigenheimzulage trat der Kläger an die Schuldnerin ab. Das Finanzamt zahlte in den Jahren 2002 bis 2004 an die Schuldnerin insgesamt 2.022,00 EUR Eigenheimzulage, der Kläger selbst leistete Darlehens- und Zinszahlungen in einer Gesamthöhe von 1.081,08 EUR.
Rz. 3
Auf Aufforderung des Finanzamts zahlte der Kläger die Eigenheimzulage für die Jahre 2002 bis 2004 zuzüglich eines Säumniszuschlags zurück. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 1. Juni 2006 widerrief er den Darlehensvertrag und erhob gegen die Schuldnerin Klage auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen sowie auf Feststellung, dass ihr gegen den Kläger keine Ansprüche aus dem Darlehensvertrag zustünden und sie sich mit der Rücknahme der Genossenschaftsanteile in Annahmeverzug befinde.
Rz. 4
Im Laufe des Rechtsstreits erster Instanz wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Die vom Kläger angemeldeten Forderungen wurden mit dem Schuldgrund „Rückforderung Zins- und Tilgungsraten Darlehen und Kosten” und „Zug um Zug Freistellung Darlehensvertrag gegen Anteilsübertrag” in die Insolvenztabelle eingetragen, jedoch vom Beklagten vorläufig bestritten. Der Kläger hat das durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochene Verfahren aufgenommen. Er verfolgt nunmehr die Feststellung eines Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen einschließlich der an die Schuldnerin ausgezahlten Eigenheimzulage zuzüglich des vom Finanzamt berechneten Säumniszuschlags, insgesamt 3.161,08 EUR, zur Tabelle. Weiter begehrt er die Feststellung, dass der Beklagte ihn Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile an der E. von den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag freizustellen habe und sich mit der Rücknahme der Genossenschaftsanteile im Annahmeverzug befinde. Der Beklagte, der in Übereinstimmung mit dem Kläger den Widerruf des Darlehensvertrags für wirksam erachtet, begehrt widerklagend die Verurteilung des Klägers zur Rückzahlung der Darlehensvaluta nebst Zinsen in Höhe von insgesamt 3.906,07 EUR.
Rz. 5
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme des Säumniszuschlags stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten führte zur Klageabweisung und zur Verurteilung des Klägers auf die Widerklage. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision hat hinsichtlich der Widerklage Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils (§ 563 Abs. 3 ZPO). Hinsichtlich der Klage bleibt sie im Ergebnis erfolglos, so dass die Revision in diesem Umfang zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO).
Rz. 7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 8
Dem Kläger stehe der zur Insolvenztabelle angemeldete Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zins- und Kapitalzahlungen aus §§ 358, 357, 346 BGB Zug um Zug gegen Übertragung seiner Anteile an der E. nicht zu; vielmehr sei der Kläger zur Rückzahlung der Darlehensvaluta (abzüglich der geleisteten Zahlungen) verpflichtet. Der wirksame Widerruf des Darlehensvertrags habe nicht zur Folge, dass der Beitritt des Klägers zur E. nach den Grundsätzen des verbundenen Geschäfts gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB rückabzuwickeln sei. Die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts im Sinne von § 358 Abs. 3 BGB lägen nicht vor, weil es sich bei dem finanzierten Beitritt zu einer Genossenschaft, auch wenn dieser zu Kapitalanlagezwecken geschehe, nicht um die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer handele. Ein Umgehungstatbestand sei nicht gegeben. Ebenso wenig könne der kreditfinanzierte Beitritt zu einer Genossenschaft dem Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu Anlagezwecken gleichgestellt werden.
Rz. 9
II. Dies hält hinsichtlich der Widerklage sowie hinsichtlich der Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat, der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Rz. 10
1. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Vortrag beider Parteien angenommen, dass der Kläger den Verbraucherkreditvertrag mit der Schuldnerin wirksam widerrufen hat. Dem Beklagten steht jedoch der mit der Widerklage verfolgte Anspruch auf Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta nicht zu. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bilden der Darlehensvertrag und der Beitritt zu der als Anlagegesellschaft konzipierten Wohnungsgenossenschaft ein verbundenes Geschäft im Sinn von § 358 BGB mit der Folge, dass beide Verträge nach § 358 Abs. 4 Satz 3, § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Satz 1 BGB rückabzuwickeln sind.
Rz. 11
a) Die Annahme eines verbundenen Geschäfts im Sinn von § 358 Abs. 3 BGB setzt voraus, dass der drittfinanzierte Vertrag auf die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerichtet ist. Der Beitritt zu einer Genossenschaft erfüllt – wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat – diese Voraussetzung an sich nicht. Vielmehr handelt es sich um ein organisationsrechtliches, auf die Begründung der Mitgliedschaft in der Genossenschaft gerichtetes Rechtsgeschäft (Beuthien, GenG, 15. Aufl., § 15 Rn. 14 f.). Dies steht allerdings der Anwendung der für verbundene Geschäfte geltenden Vorschriften nicht entgegen, weil der Beitritt des Klägers zur E. einem Vertrag im Sinn von § 358 Abs. 3 BGB gleichzustellen ist.
Rz. 12
aa) Nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung gelten für den durch einen Kredit finanzierten Erwerb eines Geschäftsanteils an einer Anlagegesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft die Regeln des verbundenen Geschäfts (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 50; Urteil vom 14. Juni 2004 – II ZR 395/01, BGHZ 159, 280, 289; Urteil vom 14. Juni 2004 – II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1519; Urteil vom 14. Juni 2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294, 307 ff., jeweils zu § 9 VerbrKrG; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 25; vgl. auch Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 358 Rn. 7; MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 358 BGB Rn. 14). Ebenso finden die Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften (§§ 312, 355 ff. BGB), die einen Vertrag über eine entgeltliche Leistung voraussetzen, auf den Beitritt zu einem Immobilienfonds in der Form einer Personengesellschaft Anwendung (vgl. – zu § 3 HWiG – nur BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 8 m.w.N.). Der Beitritt zu einer Personengesellschaft erfüllt nicht die Anforderungen an einen Vertrag über eine entgeltliche Leistung; er ist auch nicht auf die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung im Sinn von § 358 Abs. 3 BGB gerichtet. Werden jedoch mit der Begründung der Mitgliedschaft in der Personengesellschaft vorrangig Kapitalanlage- und/oder Steuerzwecke verfolgt, ist der Beitrittsvertrag mit Rücksicht auf den mit der Beteiligung verfolgten wirtschaftlichen Zweck und die Schutzbedürftigkeit des Anlegers einem solchen Vertrag zumindest gleich zu stellen.
Rz. 13
bb) Für eine Beteiligung an einer Genossenschaft gilt nichts anderes, wenn der Beitritt jedenfalls vorrangig der Anlage von Kapital dient. Tritt der Verbraucher wie im Streitfall der Genossenschaft (nur) bei, um die Voraussetzungen für den Bezug der Eigenheimzulage zu schaffen, geht es ihm nicht in erster Linie darum, Mitglied des Verbandes zu werden. Vielmehr stehen bei einem solchen Beitritt zu einer Genossenschaft die mit der Mitgliedschaft verbundenen Gewinne und Steuervorteile im Vordergrund. Entsprechend der Schutzrichtung des § 358 BGB muss der Verbraucher in diesem Fall ebenso vor den Risiken geschützt werden, die ihm durch die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrages in ein Bargeschäft und einen Darlehensvertrag drohen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 26), wie wenn er sich stattdessen zum Zwecke der Kapitalanlage für die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft entschieden hätte.
Rz. 14
cc) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung rechtfertigen die Unterschiede zwischen der Rechtsform der Genossenschaft einerseits und den Personengesellschaften andererseits keine abweichende Beurteilung (aA OLG Naumburg, OLGR 2006, 490, 491; Wittenberg, BB 2008, 1580, 1583). Die für Personengesellschaften anerkannte Unterscheidung zwischen so genannten Anlagegesellschaften und Gesellschaften nach dem gesetzlichen Leitbild lässt sich auch bei Genossenschaften vornehmen. Für die Frage, ob der Beitritt zu einer Genossenschaft einem Vertrag über die Lieferung einer Ware oder einer anderen Leistung im Sinn von § 358 BGB gleichzustellen ist, kommt es – wie auch die Revisionserwiderung nicht mehr in Zweifel zieht – in erster Linie auf die Schutzbedürftigkeit des Anlegers und nicht auf die Rechtsform der Anlagegesellschaft an. Stehen – wie hier – nicht die Mitgliedschaft in der Genossenschaft und die Verfolgung des in der Satzung festgelegten Zwecks im Vordergrund, sondern geht es dem Anleger ebenso wie bei der Beteiligung an einer Personengesellschaft zu Anlagezwecken wirtschaftlich um eine Geldanlage zur Erzielung von Steuervorteilen und Gewinnen, bedarf er hier wie dort des durch diese Gesetzesvorschrift bezweckten Schutzes.
Rz. 15
dd) Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung für ihre Auffassung, auf den Genossenschaftsbeitritt des Klägers seien die Vorschriften für Verträge über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung im Sinn von § 358 BGB nicht (entsprechend) anzuwenden, auf die Entscheidung des Senats zur entgeltlichen Gewährung von Ferienwohnrechten im „Genossenschaftsmodell” (BGH, Urteil vom 20. Januar 1997 – II ZR 105/96, ZIP 1997, 511). Der Senat hat dort zwar zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG entschieden, dass eine auf Aufnahme in eine Genossenschaft gerichtete Erklärung nicht auf den nach diesem Gesetz erforderlichen Abschluss eines Vertrages über eine entgeltliche Leistung gerichtet ist und diese Vorschrift daher nur dann anwendbar war, wenn das Geschäft Leistungen betraf, die nicht schon aufgrund der Mitgliedschaft beansprucht werden konnten. Er hat jedoch schon in dieser Entscheidung unter Heranziehung des Umgehungsgedankens ein Widerrufsrecht des beigetretenen Genossen angenommen (BGH, Urteil vom 20. Januar 1997 – II ZR 105/96, ZIP 1997, 511, 512). Der Senat hat allerdings noch in seiner späteren Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 – II ZR 395/01, BGHZ 159, 280, 289; Urteil vom 14. Juni 2004 – II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1519) obiter dictum zwischen dem Beitritt zu einer Genossenschaft und dem Beitritt zu einer Anlagegesellschaft in Form der Personengesellschaft unterschieden. Dabei hatte er jedoch ersichtlich keine „Anlagegenossenschaft” vor Augen, der ein Verbraucher zu reinen Kapitalanlage- und Steuersparzwecken beitritt, sondern eine Genossenschaft nach dem gesetzlichen Leitbild, bei der der Beitritt in erster Linie dem Erwerb der Mitgliedschaft als solcher und der damit verbundenen Rechte und Pflichten dient. Sofern dieser Rechtsprechung etwas anderes entnommen werden konnte, hat der Senat daran jedenfalls nicht festgehalten. Er hat vielmehr in seinem Vorlagebeschluss an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung der Frage, ob Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 85/877/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen auch den Beitritt zu einer Gesellschaft umfasst, wenn der Zweck des Beitritts vorrangig nicht darin besteht, deren Mitglied zu werden, sondern die mitgliedschaftliche Beteiligung nur ein anderer Weg der Kapitalanlage ist, Genossenschaften – wie auch Vereine – anderen Anlagegesellschaften gleichgestellt (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 22).
Rz. 16
b) Dass sich der Kläger an der E. nicht in erster Linie um des genossenschaftlichen Förderzwecks willen beteiligt hat, sondern es sich vorrangig um eine Kapitalanlage vergleichbar dem Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft handelte, zieht die Revisionserwiderung nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen mit Recht nicht in Zweifel. Dem Kläger ging es nicht darum, Mitglied der E. zu werden, um deren Wohnungen zu nutzen oder zum Eigengebrauch zu erwerben. Vielmehr standen für ihn die mit der Mitgliedschaft verbundenen Steuervorteile in Form der gewährten Eigenheimzulage und die Erzielung von Gewinnen – gewissermaßen als Gegenleistung zu der Einlagenzahlung – im Vordergrund.
Rz. 17
c) Da nach den von der Revisionserwiderung nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts auch die sonstigen Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts (§ 358 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB) vorliegen, führt der wirksame Widerruf des Darlehensvertrags gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB dazu, dass der Kläger auch nicht mehr an den finanzierten Vertrag, hier den Beitritt zur Genossenschaft, gebunden ist. Der Darlehensbetrag ist der Genossenschaft bereits zugeflossen. Die Rückabwicklung beider Verträge findet somit gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB im Verhältnis zum Kläger ausschließlich zwischen ihm und der Darlehensgeberin (Schuldnerin) statt, die insoweit an die Stelle der Genossenschaft in das Abwicklungsverhältnis eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2004 – II ZR 395/01, BGHZ 159, 280, 289; Urteil vom 14. Juni 2004 – II ZR 392/01, WM 2004, 1518, 1519; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 26).
Rz. 18
Der Kläger kann daher grundsätzlich von der Schuldnerin als Darlehensgeberin Rückerstattung aller von ihm auf das Darlehen bereits erbrachten Leistungen verlangen. Umgekehrt steht ihr gegen den Kläger kein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehensbetrags zu, so dass die auf Zahlung der noch offenen Darlehensvaluta gerichtete Widerklage des Beklagten unbegründet ist. Vielmehr muss der Kläger dem Beklagten im Gegenzug lediglich seine ihm aus der finanzierten Genossenschaftsbeteiligung erwachsenden Rechte abtreten, damit der Beklagte diese gegebenenfalls gegenüber der Genossenschaft geltend machen kann.
Rz. 19
Die Rechte des Klägers gegenüber der Genossenschaft sind auf das Auseinandersetzungsguthaben (§ 73 GenG) beschränkt. Auf den Beitritt zu einer Genossenschaft sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft oder des fehlerhaften Beitritts anwendbar (st.Rspr. seit RGZ 57, 292, 297 ff.; BGH, Beschluss vom 16. März 2009 – II ZR 138/08, ZIP 2009, 1318 Rn. 10 m.w.N.; Beuthien, GenG, 15. Aufl., § 15 Rn. 23; Schulte in Lang/Weidmüller, GenG, 36. Aufl., § 15 Rn. 19). Dies gilt auch für den Fall des Widerrufs nach § 358 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 52 f.; Urteil vom 10. November 2009 – XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 49, jeweils zu § 9 VerbrKrG; MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 358 Rn. 14). Danach haben wegen des bereits vollzogenen Beitritts des Klägers der Widerruf des Darlehensvertrags und die Erstreckung der Widerrufsfolgen auf den finanzierten Genossenschaftsbeitritt nach § 358 Abs. 2 BGB die Beendigung der Mitgliedschaft lediglich mit Wirkung für die Zukunft zur Folge. An deren Stelle tritt der Anspruch des Klägers auf Zahlung des ihm im Zeitpunkt der Beendigung seiner Mitgliedschaft zustehenden Auseinandersetzungsguthabens. Ist die Handelsbilanz negativ, kann sich unter Umständen auch eine Verpflichtung des ausscheidenden Mitglieds zum Verlustausgleich ergeben (§ 73 Abs. 2 Satz 4 GenG; vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2008 – II ZR 229/07, ZIP 2008, 2261 Rn. 10).
Rz. 20
2. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche hat das Berufungsgericht mit der Begründung abgewiesen, der Beitritt des Klägers sei nicht nach den Grundsätzen des verbundenen Geschäfts rückabzuwickeln. Dies hält aus den angeführten Gründen gleichfalls der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Rz. 21
III. Die angefochtene Entscheidung stellt sich hinsichtlich der Abweisung der Klage jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Rz. 22
1. Die mit dem Klageantrag zu 1 begehrte Feststellung eines aus dem Rückgewährschuldverhältnis folgenden Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Darlehens- und Zinszahlungen zur Insolvenztabelle ist – ohne Berücksichtigung des Anspruchs der Schuldnerin (Darlehensgeberin) auf Abtretung der Rechte aus den Genossenschaftsanteilen – aus Rechtsgründen nicht möglich.
Rz. 23
a) Der sich aus dem Rückgewährschuldverhältnis ergebende Anspruch des Klägers auf Rückgewähr der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen und der Anspruch der Schuldnerin auf das Auseinandersetzungsguthaben sind Zug um Zug zu erfüllen (§ 357 Abs. 1 Satz 1, §§ 346, 348 Satz 1 BGB). Die Anmeldung derartiger Zug um Zug zu erfüllender Ansprüche zur Insolvenztabelle kommt aus Rechtsgründen nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 – IX ZR 165/02, ZIP 2003, 2379, 2381). Einer solchen Gestaltungsmöglichkeit steht der insolvenzrechtliche Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger aus der Masse entgegen, die nur durchführbar ist, wenn sich die Forderungen für die Berechnung der Quote eignen. Deshalb sind nach § 45 Satz 1 InsO Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann. Wäre auch die Anmeldung Zug um Zug zu erbringender Leistungen möglich, würde dies dazu führen, dass der Kläger entgegen §§ 45, 174 Abs. 2 InsO den Darlehensvertrag mit der Schuldnerin und den mit ihm verbundenen Genossenschaftsbeitritt gegen den Willen des Insolvenzverwalters (vgl. §§ 103 ff. InsO) – wenn auch hinsichtlich des Anspruchs auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen auf die Quote beschränkt – rückabwickeln könnte. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 – IX ZR 165/02, ZIP 2003, 2379, 2381). Die Insolvenzordnung kennt in dem Feststellungs- und Verteilungsverfahren nach §§ 174 ff. InsO keine den §§ 756, 765 ZPO entsprechende Regelung.
Rz. 24
Der Kläger hat hier zwar ausschließlich seinen Anspruch auf Rückzahlung der auf das Darlehen geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen zur Tabelle angemeldet und die von ihm aus dem Rückabwicklungsverhältnis geschuldete Gegenleistung unberücksichtigt gelassen. Dies rechtfertigt jedoch keine abweichende Beurteilung. Allerdings kommt im Rückabwicklungsverhältnis eine Verurteilung Zug um Zug gegen Erbringung der geschuldeten Gegenleistung (§ 357 Abs. 1 Satz 1, § 348 Satz 1 BGB) grundsätzlich nur in Betracht, wenn sich die aus dem Rückabwicklungsverhältnis in Anspruch genommene Partei wegen der ihr zustehenden Gegenleistung auf ein Zurückbehaltungsrecht beruft (BGH, Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 30). Ist jedoch über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden, kann ein gegen sie gerichteter Zahlungsanspruch nicht mehr ohne Berücksichtigung der geschuldeten Gegenleistung durchgesetzt werden. Denn durch die vom Kläger verfolgte Feststellung seines Zahlungsanspruchs zur Insolvenztabelle würde ihm entgegen den zwingenden Vorschriften der Insolvenzordnung (§§ 103 ff., § 119 InsO) das Recht zugebilligt, zumindest beschränkt auf die Quote die Erfüllung des ihm aus dem Rückgewährschuldverhältnis zustehenden Zahlungsanspruchs gegen den Willen des Beklagten und ohne Berücksichtigung der geschuldeten Gegenleistung zu erreichen.
Rz. 25
b) Entgegen der Meinung der Revision gelten die vorstehenden Grundsätze im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Darlehensgeberin auch dann, wenn das Darlehen der Finanzierung eines verbundenen Geschäfts diente und die Rückabwicklung beider Verträge wie hier nach Maßgabe des § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB erfolgt. Die Revision weist zwar zu Recht darauf hin, dass diese Vorschrift den Schutz des Verbrauchers bezweckt, indem sie ihn vor Risiken bewahren will, die ihm durch die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrags in ein Bargeschäft und einen damit verbundenen Darlehensvertrag drohen (BGH, Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08, BGHZ 180, 123 Rn. 26). Dies vermag aber nichts daran zu ändern, dass die nach dieser Vorschrift vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin entstandenen Rückabwicklungsansprüche nur nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften durchsetzbar sind (§ 87 InsO). Die im Insolvenzverfahren gebotene gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger kann – selbst wenn alle oder doch ein überwiegender Teil der Gläubiger Verbraucher wären – nur durch Anwendung der insolvenzrechtlichen Vorschriften erreicht werden.
Rz. 26
Abgesehen davon führt die Anwendung von § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB entgegen der Auffassung der Revision nicht regelmäßig zu einer Schlechterstellung des Verbrauchers im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Darlehensgeberin. Würden Darlehensvertrag und Genossenschaftsbeitritt getrennt rückabgewickelt, hätte dies hier die für den Kläger nachteilige Folge, dass er auf die Widerklage den nach Abzug der von ihm geleisteten Zahlungen noch offenen Darlehensbetrag zurück zu zahlen hätte und seinerseits von der E. nach der Lehre vom fehlerhaften Beitritt nicht seine Einlage, sondern nur und allenfalls sein Auseinandersetzungsguthaben fordern könnte. Die Anwendung des § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB führt hingegen dazu, dass die Darlehensgeberin (Schuldnerin) ebenso wenig wie der Insolvenzverwalter vom Kläger Rückzahlung des offenen Darlehensbetrags beanspruchen kann; vielmehr ist der Kläger nur zur Abtretung seiner Rechte aus den Genossenschaftsanteilen verpflichtet. Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses ab, verbleiben diese Rechte beim Kläger. Da er nach § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB von der Rückzahlung des Darlehensbetrags entbunden ist, wird er auch in diesem Fall regelmäßig nicht schlechter, sondern besser gestellt als bei einer getrennten Rückabwicklung beider Verträge, auch wenn er den ihm durch den Widerruf des Darlehensvertrags entstandenen, ohnehin nur noch als Insolvenzforderung durchsetzbaren Anspruch auf Rückgewähr der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen nur noch saldiert mit dem ihm zustehenden Auseinandersetzungsguthaben geltend machen kann.
Rz. 27
c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der sich nach Saldierung der beiderseitigen Ansprüche ergebende Anspruch aus § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO analog entspreche betragsmäßig dem angemeldeten Zahlungsanspruch. Auf diesen – vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestrittenen – Vortrag des Klägers kommt es nicht an. Dem aus § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO hergeleiteten Anspruch liegt ein anderer Anspruchsgrund zugrunde als dem Anspruch, den der Kläger bisher zur Insolvenztabelle angemeldet und den der Insolvenzverwalter bestritten hat. Einen Anspruch wegen Nichterfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses hat der Kläger bisher nicht zur Tabelle angemeldet. Für die Klage auf Feststellung dieses Anspruchs zur Insolvenztabelle fehlt es daher schon an der Prozessvoraussetzung, dass die Forderung, deren Bestehen festgestellt werden soll, angemeldet und vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Gläubiger ganz oder teilweise nicht anerkannt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 – IX ZR 165/02, ZIP 2003, 2379, 2382; Urteil vom 22. Januar 2009 – IX ZR 3/08, ZIP 2009, 483 Rn. 8 ff. m.w.N.).
Rz. 28
2. a) Der auf die Feststellung gerichtete Antrag des Klägers, dass der Beklagte ihn Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile an der E. aus dem Darlehensvertrag freizustellen habe, ist unzulässig. Er ist nicht auf Freistellung des Klägers durch den – als Insolvenzverwalter an die Stelle der Darlehensgeberin getretenen – Beklagten von den Forderungen eines Dritten gerichtet. Es soll vielmehr festgestellt werden, dass dem Beklagten gegen den Kläger keine Forderungen aus dem Darlehensvertrag zustehen. Dieses Begehren ist zu Gunsten des Klägers als ein negativer Feststellungsantrag auszulegen. Als negatives Feststellungsbegehren ist es jedoch jedenfalls in der Berufungsinstanz mit der unbedingten Erhebung der Widerklage unzulässig geworden. Das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage entfällt, wenn eine Leistungsklage zu demselben Streitgegenstand erhoben wird und nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (BGH, Urteil vom 25. März 1999 – IX ZR 223/97, ZIP 1999, 621, 624, insoweit nicht in BGHZ 141, 173; Urteil vom 21. Dezember 2005 – X ZR 17/03, BGHZ 165, 305, 309 m.w.N.).
Rz. 29
b) Ein Feststellungsinteresse des Klägers bestand nicht ungeachtet der Widerklage fort. Die Widerklage war in erster Instanz als Eventualwiderklage nur für den Fall erhoben, dass das Gericht von einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrags ausginge. Gleichwohl konnte der in erster Instanz erfolgreiche Kläger nicht im Zweifel darüber sein, dass auch das Berufungsgericht über die in zweiter Instanz unbedingt erhobene Widerklage in der Sache entscheiden würde. § 533 ZPO ist nicht einschlägig, weil die Vorschrift nur für eine neue, d.h. erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Widerklage gilt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn eine Widerklage – auch als Eventualwiderklage – schon in der ersten Instanz erhoben und nicht zurückgenommen war, gleichgültig, ob das Erstgericht über sie entschieden hat (MünchKommZPO/ Rimmelspacher, 3. Aufl., § 533 Rn. 36; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 533 Rn. 17). Erst recht ist für die Anwendung des § 533 ZPO kein Raum, wenn – wie hier – in der ersten Instanz sachlich über die Eventualwiderklage entschieden wurde.
Rz. 30
c) Der negative Feststellungsantrag und der Widerklageantrag betreffen denselben Streitgegenstand. Dass außer dem mit der Widerklage verfolgten Anspruch in Höhe von 3.906,07 EUR weitere Ansprüche der Schuldnerin aus dem Darlehensvertrag im Raum stehen, ist nicht ersichtlich und wird von der Revisionserwiderung auch nicht geltend gemacht.
Rz. 31
d) Schließlich ist – wie die Revisionserwiderung zu Recht rügt – für eine Zug-um-Zug-Verurteilung im Zusammenhang mit der begehrten Feststellung kein Raum, so dass der Antrag auch unter diesem Gesichtspunkt unzulässig ist.
Rz. 32
3. Der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass sich der Beklagte im Annahmeverzug befindet, ist unbegründet. Ein Annahmeverzug des Beklagten liegt schon deshalb nicht vor, weil während des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Darlehensgeberin kein Anspruch auf Erfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses besteht und eine solche gegen den Willen des Insolvenzverwalters nicht durchgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 – IX ZR 165/02, ZIP 2003, 2379, 2381).
Unterschriften
Bergmann, Reichart, Drescher, Born, Sunder
Fundstellen