Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 27. November 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, die die Beklagte im Rahmen der Ablösung eines gekündigten Darlehens erhalten hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Vertrag vom 30. September 1993 gewährte die Beklagte der Klägerin und der P. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH + Co. Grundbesitz KG (im folgenden: P. KG) sowie den Herren F. (damals Geschäftsführer der Klägerin) und H. (Geschäftsführer der P. KG) einen Kredit in Höhe von 18 Millionen DM. Neben einem Disagio von 3% wurden für die Zeit bis zum 30. September 2003 ein fester Jahreszins von 7%, vierteljährliche Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von gleichbleibend 382.506 DM sowie im übrigen die Geltung der „Bedingungen für Baufinanzierungen” der Beklagten vereinbart.
Das von der Beklagten geführte Kreditkonto wies zum 30. Juni 1994 einen Tilgungsrückstand von 3.069,14 DM auf, der sich am 30. September 1994 infolge Ausbleibens der fälligen Zins- und Tilgungsrate auf 407.702,39 DM erhöhte. Seit Ende September 1994 verhandelten die Klägerin und die anderen Kreditnehmer mit der Beklagten erfolglos über die Möglichkeit einer Umschuldung oder Stundung des Kredits sowie einer Verstärkung der Kreditsicherheiten.
Mit gleichlautenden Schreiben vom 1. Dezember 1994 an alle vier Kreditnehmer forderte die Beklagte unter Bezugnahme auf Ziffer 16 ihrer Bedingungen für Baufinanzierungen innerhalb von 14 Tagen die Rückzahlung des hier interessierenden Festzinskredits sowie eines bereits durch Zeitablauf fällig gewordenen Kontokorrentkredits und kündigte die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen an. In einem weiteren Schreiben an die P. KG vom 21. Dezember 1994 bezifferte die Beklagte ihre Gesamtforderung aus beiden Krediten auf insgesamt 18.712.822,02 DM. Diese Summe enthielt einen Betrag von 114.579,30 DM, den die Beklagte als Differenz aus einer von ihr geltend gemachten Vorfälligkeitsentschädigung von 529.514,37 DM und einem den Kreditnehmern gutgebrachten Restdisagio von 414.935,07 DM in die Berechnung eingestellt hatte.
Zur Ablösung beider Kredite überwies die I.bank der Beklagten den von dieser geforderten Betrag von 18.712.822,02 DM. Das teilte sie der Beklagten mit einem Schreiben vom 30. Dezember 1994 mit, ohne darin den von den Kreditnehmern F. und H. geforderten Vorbehalt hinsichtlich der Vorfälligkeitsentschädigung zum Ausdruck zu bringen.
Die Klägerin verlangt Rückzahlung des auf die Vorfälligkeitsentschädigung entfallenden Betrags von 529.514,37 DM nebst Zinsen an sich, hilfsweise an sich und die drei anderen Kreditnehmer als Gesamtgläubiger. Sie ist der Ansicht, ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung habe der Beklagten nicht zugestanden, weil die Regelung in Ziffer 16 der Bedingungen für Baufinanzierungen unwirksam sei und weder eine wirksame Kündigung des Kreditvertrags vorliege noch angesichts des gestiegenen Zinsniveaus ein Schaden der Beklagten aus der vorzeitigen Kreditablösung feststellbar sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung verneint und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Beklagte habe im Zusammenhang mit der Ablösung der Kredite den auf die Vorfälligkeitsentschädigung entfallenden Betrag von 529.514,37 DM nicht rechtsgrundlos erlangt. Der Rechtsgrund liege insoweit zwar nicht in einer bei der Abwicklung der Kredite getroffenen Vereinbarung. Aufgrund des Kreditvertrags in Verbindung mit der Regelung in Ziffer 16 ihrer Bedingungen für Baufinanzierungen habe der Beklagten jedoch ein Anspruch auf die geforderte Vorfälligkeitsentschädigung zugestanden. Dabei könne dahinstehen, ob der erste Teil dieser Regelung über vorzeitige Kreditfälligkeit ohne Kündigung wirksam sei, da die Beklagte eine fristlose Kündigung erklärt habe und dazu wegen des Zahlungsverzugs der Kreditnehmer auch berechtigt gewesen sei. Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung sei durch die ebenfalls in Ziffer 16 der Bedingungen für Baufinanzierungen enthaltene Bestimmung über Entschädigungsansprüche der Beklagten in Höhe von jährlich 1% des Restkapitals bei sofortiger Fälligkeit von Krediten gedeckt. Diese Bestimmung verstoße nicht gegen § 9 AGBG, weil die in ihr festgelegte Pauschale nicht den im Falle vorzeitiger Darlehensfälligkeit nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entstehenden Schaden übersteige. Demgegenüber könne die Klägerin sich nicht darauf berufen, daß die Beklagte durch die vorzeitige Darlehensrückzahlung in die Lage versetzt worden sei, das Darlehen anderweitig zu möglicherweise günstigeren Bedingungen auszureichen.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings eine Vereinbarung der Parteien über die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung verneint. Im vorliegenden Fall ging es nicht um die vorzeitige Ablösung eines ungekündigten Kredits, sondern um die Erfüllung der von der Kreditgeberin auf der Grundlage einer einseitigen Kreditkündigung erhobenen Zahlungsansprüche. Es lag daher fern, in der vorbehaltlosen Zahlung eine konkludent zum Ausdruck gebrachte Vertragserklärung zu sehen.
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß eine wirksame außerordentliche Kündigung des Kreditvertrags durch die Beklagte vorliegt. Der Zahlungsverzug der Kreditnehmerseite mit einem den Schuldendienst für ein Vierteljahr übersteigenden Betrag begründete für die Beklagte ein Recht zur fristlosen Kreditkündigung. Auf einen gewerblichen Millionenkredit, wie er hier zu beurteilen ist, können die Maßstäbe des § 12 VerbrKrG sowie des § 554 BGB keine Anwendung finden.
3. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht dagegen von der Wirksamkeit der Bestimmung über die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung in Ziffer 16 Abs. 3 Satz 2 der Bedingungen für Baufinanzierungen der Beklagten ausgegangen.
Diese Bestimmung sieht vor, daß die Beklagte in den Fällen, in denen ihr eine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht, ohne Nachweis zur Schadenshöhe pauschal einen Betrag in Höhe von jährlich 1% des Restkapitals verlangen kann. Eine Abzinsung der für künftige Zeiträume anfallenden Entschädigungsbeträge auf den Zeitpunkt der Entschädigungszahlung enthält die Regelung nicht.
Die genannte Bestimmung ist bereits wegen des Fehlens einer Abzinsungsregelung unwirksam, ohne daß es noch darauf ankäme, ob auch die Bemessungsgröße von 1% des jeweiligen Restkapitals überhöht ist. Pauschalierende Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen über die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Darlehensbeendigung sind unwirksam, wenn die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Das ergibt sich bei Verwendung derartiger Regelungen gegenüber Nichtkaufleuten aus § 11 Nr. 5 Buchstabe a AGBG und bei ihrer Verwendung gegenüber Kaufleuten aus § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AGBG (Senatsurteil vom 11. November 1997 - XI ZR 13/97, WM 1998, 70). Eine Pauschalierung der Vorfälligkeitsentschädigung ist demnach nicht nur dann unwirksam, wenn sie einen die Nettozinsmarge des betreffenden Kreditinstituts übersteigenden Prozentsatz des Restkapitals zugrunde legt, sondern auch dann, wenn sie die für eine korrekte Schadensbemessung erforderliche Abzinsung der für künftige Zeiträume anfallenden Entschädigungsbeträge nicht vorsieht (Senatsurteil vom 11. November 1997 aaO S. 71).
4. Angesichts der Unwirksamkeit der Pauschalregelung in Ziffer 16 Abs. 3 Satz 2 der Bedingungen für Baufinanzierungen der Beklagten kommt es darauf an, ob die Beklagte durch die vorzeitige Beendigung des Festzinskredits tatsächlich einen Schaden erlitten hat und wie hoch dieser Schaden gegebenenfalls ist. Dazu hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus konsequent – bisher keine Feststellungen getroffen.
III.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Für die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Schaden der Beklagten entstanden ist, kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der von der Klägerin vorgetragene markante Anstieg des Zinsniveaus zwischen Vertragsschluß und Vertragsbeendigung nicht außer Betracht bleiben. Bei einer vorzeitigen Darlehensbeendigung kann einerseits eine Absenkung des Zinsniveaus zu einer Erhöhung des Ersatzanspruchs des Kreditinstituts über den Zinsmargenschaden hinaus um einen Zinsverschlechterungsschaden führen (vgl. Senatsurteile BGHZ 133, 355, 361 und BGHZ 136, 161, 168 ff.). Andererseits muß bei einem Anstieg des Zinsniveaus ein daraus sich für das Kreditinstitut etwa ergebender Vorteil auf den Ersatzanspruch angerechnet werden (BGHZ 133, 355, 359). Dabei hängt es von den Umständen des Falles ab, ob der Vorteil in der Möglichkeit liegt, zusätzlichen Kredit zu günstigeren Zinsen auszureichen, oder ob er in der Verfügbarkeit zinsgünstigerer Refinanzierungsmittel für das laufende Aktivgeschäft zu sehen ist.
Unterschriften
Schimansky, Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Nobbe, Dr. Müller
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 02.03.1999 durch Weber Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 539507 |
NJW-RR 1999, 842 |
WM 1999, 840 |
VuR 1999, 244 |
ZBB 1999, 173 |