Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 07.08.2014) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 7. August 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Beleidigung zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu jeweils 15 EUR verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte, wirksam auf den Teilfreispruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
Rz. 2
Nach den Feststellungen trank die damals dreizehnjährige Nebenklägerin in der Nacht zum 5. Juli 2012 in der gemeinsam von ihrer Tante und dem Angeklagten bewohnten Wohnung eine große Menge Alkohol. Anschließend wurde sie u.a. von ihrer Mutter zu Bett gebracht. Das Landgericht hat sich nicht die Überzeugung verschaffen können, dass der Angeklagte in der Nacht das Kinderzimmer, in dem die Nebenklägerin allein schlief, aufsuchte, diese an der Brust berührte, mit dem Finger in ihre Scheide eindrang und schließlich mit ihr den Geschlechtsverkehr ausübte.
Rz. 3
Der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung hat keinen Bestand, denn die Beweiswürdigung des Landgerichts erweist sich als lückenhaft. Das Urteil lässt nicht erkennen, dass die Strafkammer alle Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, in seine Überlegungen einbezogen und dabei nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt hat (zu diesen Erfordernissen etwa BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, juris Rn. 8).
Rz. 4
Der Angeklagte hat den Vorwurf bestritten. Von der Glaubhaftigkeit der ihn belastenden Aussage der Nebenklägerin hat sich das Landgericht entgegen dem Ergebnis eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens nicht zu überzeugen vermocht, weil ihre Wahrnehmungsfähigkeit aufgrund ihrer erheblichen Alkoholisierung zum angeblichen Tatzeitpunkt möglicherweise beeinträchtigt gewesen sei. Den Urteilsgründen ist allerdings nicht zu entnehmen, ob die Strafkammer sich bei der Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Nebenklägerin damit auseinandergesetzt hat, dass der Angeklagte bei der als Beleidigung abgeurteilten Tat ein dem von ihr geschilderten ähnliches Verhalten zeigte. Bei diesem Vorfall, der einige Monate nach dem von der Nebenklägerin berichteten Geschehen stattfand, betrat der Angeklagte das Zimmer ihrer älteren, damals sechzehnjährigen Schwester und berührte diese an Brust und Gesäß. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Nebenklägerin einer Freundin und ihrer Mutter bereits von einem sexuellen Missbrauch durch den Angeklagten berichtet. Das – vom Angeklagten eingeräumte – Verhalten gegenüber der Schwester der Nebenklägerin, das deutliche Parallelen zu dem Tatvorwurf aufweist, von dem das Landgericht den Angeklagten freigesprochen hat, hätte die Strafkammer in ihre Beweiswürdigung einstellen müssen.
Unterschriften
Schäfer, RiBGH Hubert ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben. Schäfer, Mayer, Gericke, Spaniol
Fundstellen