Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 12.06.2019; Aktenzeichen 774 C 43/18) |
LG Berlin (Urteil vom 08.09.2020; Aktenzeichen 53 S 35/19 WEG) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 53 - vom 8. September 2020 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 12. Juni 2019 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Im November 2014 wurde S. P. bis zum 30. Juni 2018 zur Verwalterin bestellt. Am 31. August 2017 gliederte sie ihr im Handelsregister als solches eingetragenes einzelkaufmännisches Unternehmen zur Neugründung der K. GmbH (nachfolgend GmbH) aus. Geschäftsführer der GmbH sind Frau P. und eine weitere Person. Auf der Eigentümerversammlung vom 18. Mai 2018, zu der die GmbH eingeladen hatte, fassten die Wohnungseigentümer zu TOP 9 folgenden Beschluss: "Der bestehende Verwaltervertrag und die Verwalterbestellung der K. GmbH wird bis zum 30. Juni 2021 verlängert". Diesen Beschluss focht der Kläger zu 2 in einem anderweitigen Rechtsstreit an (Senat, Urteil vom 2. Juli 2021 - V ZR 201/20, z. Veröff. best.). Im Hinblick auf diesen Rechtsstreit lud die GmbH zu einer außerordentlichen Eigentümersammlung am 5. November 2018, um den Wohnungseigentümern Gelegenheit zu geben, in Kenntnis der zuvor übersandten Klageschrift nochmals über die Verwalterbestellung und den Verwaltervertrag zu beschließen. Auf der Versammlung wurde sodann mehrheitlich folgender Beschluss gefasst: "Der bestehende Verwaltervertrag und die Verwalterbestellung mit der K. GmbH werden bis zum 30. Juni 2021 verlängert".
Rz. 2
Auf die Beschlussanfechtungsklage der Kläger hat das Amtsgericht diesen Beschluss für ungültig erklärt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, wollen die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe
Rz. 3
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts widerspricht der angefochtene Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung, weil es an den für die Neubestellung eines Verwalters erforderlichen Vergleichsangeboten fehle. Enthalte der mit einem Einzelunternehmer geschlossene Verwaltervertrag - wie hier - für Umwandlungsfälle keine Regelung, sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung im Zweifel eine personenbezogene Bestellung anzunehmen. Das Verwalteramt gehe daher bei einer Ausgliederung des einzelkaufmännischen Unternehmens zum Zwecke der Neugründung einer GmbH nicht auf diese über. Der angefochtene Beschluss sei auch nicht als Zustimmung der Wohnungseigentümer zur Fortführung des Verwalteramtes und des Verwaltervertrages durch die GmbH anzusehen, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Wohnungseigentümer sich bewusst gewesen seien, einen neuen Verwalter in geänderter Rechtsform zu bestellen. Selbst wenn man den Beschluss als faktische Wiederbestellung des Verwalters ansehen wollte, wäre die Einholung von Vergleichsangeboten nicht entbehrlich gewesen, weil sich der Sachverhalt seit der Erstbestellung infolge der Ausgliederung des Einzelunternehmens in die GmbH verändert habe.
Rz. 4
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die zulässige Revision ist begründet. Die von dem Berufungsgericht gegebene Begründung, der angefochtene Beschluss über die Verlängerung der Bestellung und des Verwaltervertrages der K. GmbH widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, weil zuvor keine Alternativangebote eingeholt worden seien, trägt die Ungültigerklärung nicht.
Rz. 5
1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es nach der Rechtsprechung des Senats bei der Neubestellung eines Verwalters regelmäßig geboten ist, Alternativangebote einzuholen (vgl. Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, NZM 2011, 515 Rn. 12 f.; Urteil vom 24. Januar 2020 - V ZR 110/19, NZM 2020, 663 Rn. 12). Bei der Wiederbestellung des amtierenden Verwalters ist die Einholung von Alternativangeboten anderer Verwalter hingegen nur geboten, wenn sich seit der Erstbestellung des wieder zu bestellenden Verwalters der Sachverhalt verändert hat (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, aaO).
Rz. 6
2. Rechtsfehlerhaft ist indes die Annahme des Berufungsgerichts, der angefochtene Beschluss über die Verlängerung des Verwaltervertrages und der Verwalterbestellung der K. GmbH sei als Neubestellung des Verwalters anzusehen und habe daher nicht ohne Einholung von Alternativangeboten gefasst werden dürfen. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann nicht von einer Neubestellung des Verwalters ausgegangen werden. Für das Revisionsverfahren ist, weil das Berufungsgericht dies ausdrücklich offengelassen hat, zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die ehemalige Verwalterin ihr einzelkaufmännisches Unternehmen am 31. August 2017 wirksam zur Neugründung der K. GmbH ausgegliedert hatte. Damit sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Verwalterstellung und der Verwaltervertrag auf die GmbH übergegangen und ist der Beschluss über die Verlängerung ihrer Bestellung und des Vertrages nicht als Neuwahl, sondern als Wiederwahl des amtierenden Verwalters anzusehen. Der mit der Ausgliederung verbundene Wechsel des Rechtsträgers stellt auch keine wesentliche Veränderung des Sachverhalts dar und macht daher für sich genommen die Einholung von Alternativangeboten nicht erforderlich. Wegen der näheren Begründung wird auf das in dem Parallelverfahren verkündete Urteil des Senats Bezug genommen (Urteil vom 2. Juli 2021 - V ZR 201/20 Rn. 6 ff., z. Veröff. best.).
Rz. 7
III. Das Urteil kann danach keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage ist abzuweisen, weil weder die geltend gemachten Anfechtungsgründe noch Nichtigkeitsgründe gegeben sind. Es bedarf insbesondere keiner weiteren Feststellungen zu der von dem Berufungsgericht offen gelassenen Frage, ob die Ausgliederung den zuvor einzelkaufmännisch betriebenen Geschäftsbereich der Wohnungseigentumsverwaltung der ehemaligen Verwalterin betraf. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte und die Ausgliederung damit nicht zum Übergang von Verwalteramt und -vertrag auf die K. GmbH geführt hätte, widerspräche der angefochtene Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Wegen der näheren Begründung wird auf das in dem Parallelverfahren verkündete Urteil des Senats Bezug genommen (Urteil vom 2. Juli 2021 - V ZR 201/20 Rn. 26 ff., z. Veröff. best.). Somit kommt es auch nicht auf die von dem Berufungsgericht verneinte und von den Parteien auch im Revisionsverfahren diskutierte Frage an, ob in dem von den Wohnungseigentümern gefassten Beschluss eine konkludente Zustimmung zu dem Übergang der Verwalterstellung und des Verwaltervertrages auf die GmbH im Wege der Ausgliederung zu sehen ist.
Rz. 8
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Fundstellen