Leitsatz (amtlich)
Behält sich der Verwender eines Formularvertrages in Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Recht vor, die Erstlaufzeit des Vertrages durch Ausübung eines Optionsrechts um einen bestimmten, im Verhältnis zur Erstlaufzeit nicht unbeträchtlichen Zeitraum zu verlängern, so ist für die Inhaltskontrolle der Optionsklausel auch dann auf die sich bei Ausübung der Option ergebende Gesamtlaufzeit des Vertrages abzustellen, wenn die Erstlaufzeit individuell vereinbart oder ausgehandelt worden ist.
Zur Frage des Aushandelns einseitig vorformulierter Vertragsbestimmungen.
Zur Frage der Angemessenheit einer langfristigen (hier: mehr als zehnjährigen) Bindung eines Tankstellenhalters an eine Alleinbezugsverpflichtung in einem Tankstellenvertrag.
Ein Vertrag, dessen in Allgemeinen Geschäftsbedigungen festgelegte Laufzeit den Gegner des Verwenders unangemessen benachteiligt, kann nicht mit einer kürzeren, noch angemessenen Laufzeit aufrechterhalten werden.
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Lücke in einem Vertrag, die durch die Unwirksamkeit einer den Gegner des Verwenders unangemessen benachteiligenden Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entstanden ist, im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen werden kann (im Anschluß an BGHZ 90, 69).
Normenkette
AGBG § 1 Abs. 1, §§ 9, 1 Abs. 2, § 6; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 1. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Am 27. Januar/31. März 1992 schlossen die Klägerin, ein Mineralölhandelsunternehmen, und die Beklagte, die auf eigenem Grundstück eine Tankstelle betrieb, einen mit „Farb- und Lieferabkommen” überschriebenen Vertrag. Dieser bestimmt im wesentlichen, daß die Beklagte an der von ihr betriebenen Tankstelle ausschließlich Markentreibstoffe und Markenschmierstoffe der Klägerin verkaufen und diese Waren direkt von der Klägerin beziehen sollte. Der Verkauf sollte im Namen der Beklagten auf Rechnung der Klägerin gegen Zahlung einer Vergütung von 0,04 DM pro Liter verkauften Kraftstoffs erfolgen. Für die Laufzeit des Vertrages bestimmt § 7 Nr. 1:
„Dieser Vertrag beginnt am 1.2.92 und läuft bis zum 31.12.97. Danach räumt Partner (= Beklagte) A. (= Klägerin) eine Option zur Verlängerung des Vertragsverhältnisses um 5 Jahre bis 31.12.2002 ein. Die Ausübung der Option hat A. gegenüber Partner ein Jahr vor Ablauf des Vertrages zum 31.12.97, also bis 31.12.96, zu erklären.”
Die Kalenderdaten sind in die dafür vorgesehenen, durch punktierte Linien gekennzeichneten Freiräume der vorgedruckten Klausel handschriftlich eingefügt.
Nach § 1 Nr. 5 des Vertrages stellte die Klägerin der Beklagten für die Dauer des Vertrages „Zapfsäulen, Master, Bedienpult, Mopedgerät, Airfix” leihweise zur Verfügung. In der genannten Bestimmung heißt es weiter:
„Bei Neuinvestitionen findet eine Absprache über Kostenaufteilung statt.”
Der Vertrag wurde ab 1. Februar 1992 wie vereinbart durchgeführt. Mit Schreiben vom 2. Mai 1996 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie nehme die ihr in § 7 Nr. 1 eingeräumte Option wahr, so daß sich der Vertrag bis zum 31. Dezember 2002 verlängere.
Mit Schreiben vom 3. Juli 1996 forderte das Landratsamt F. die Beklagte unter Fristsetzung zum 31. Juli 1996 „letztmals” auf, Maßnahmen zur Vermeidung von Grundwasserverunreinigungen zu ergreifen, insbesondere die Fahrbahnfläche auszubessern und den bereits zuvor beanstandeten Domschacht instand zu setzen. Die Kosten für diese Maßnahmen beliefen sich nach einer von der Klägerin bereits im Februar 1994 eingeholten Kostenrechnung auf rund 160.000 DM.
Mit Schreiben vom 17. Juli 1996 kündigte die Beklagte daraufhin den mit der Klägerin geschlossenen Vertrag unter Berufung auf dessen § 7 Nr. 4. Nach dieser Bestimmung können beide Parteien den Vertrag mit einer Frist von drei Monaten kündigen, wenn der Betrieb der Tankstelle infolge von behördlichen Maßnahmen unmöglich oder unwirtschaftlich wird. Die Klägerin widersprach der Kündigung, weil sie diese Voraussetzungen nicht als erfüllt ansah.
Die Parteien streiten darüber, ob die Laufzeit des Vertrages durch die Ausübung des Optionsrechts seitens der Klägerin bis zum 31. Dezember 2002 verlängert worden und die Beklagte demgemäß weiterhin verpflichtet ist, ausschließlich Kraft- und Schmierstoffe der Klägerin zu beziehen und zu vertreiben. Da die Beklagte dies in Abrede stellt und auch eine von der Klägerin erwirkte einstweilige Verfügung, durch die ihr der Vertrieb anderer als von der Klägerin gelieferter Motorentreibstoffe untersagt worden ist, nicht als endgültige Regelung hinzunehmen bereit ist, hat die Klägerin Unterlassungsklage mit dem Antrag erhoben, die Beklagte zu verurteilen, es zur Vermeidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, an der von ihr betriebenen Tankstelle andere als von der Klägerin gelieferte Motorentreibstoffe anzubieten und zu vertreiben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihr Unterlassungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Der mit der Klage verfolgte Unterlassungsanspruch stehe der Klägerin nicht zu, weil das Vertragsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31. Dezember 1997 geendet habe. Das der Klägerin in § 7 Nr. 1 Satz 2 des Vertrages eingeräumte Optionsrecht benachteilige die Beklagte entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei daher gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam. Die Optionsklausel sei als Allgemeine Geschäftsbedingung zu beurteilen. Um eine solche handele es sich zwar dann nicht, wenn ein Vertragsformular für die Bestimmung der Vertragsdauer eine offene Textstelle enthalte und der Vertragspartner des Verwenders diese nach seiner freien Entscheidung ausfülle oder wenn die Ergänzung individuell ausgehandelt sei. Dagegen liege es nahe, eine Allgemeine Geschäftsbedingung anzunehmen, wenn der Verwender ein solches Vertragsformular üblicherweise oder gegenüber einer Mehrzahl von Vertragspartnern ergänzen lasse, ohne daß der zu ergänzende Text zum Gegenstand der Verhandlungen bei Vertragsschluß gemacht werde. Für die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen könne es ausreichen, wenn der Verwender seine Mitarbeiter dazu veranlasse, auf eine handschriftliche Eintragung der von ihm üblicherweise vorgesehenen langfristigen Laufzeiten hinzuwirken.
Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es der Klägerin darauf angekommen, die Bindung der Beklagten an den Vertrag so auszugestalten, daß sie den mit anderen Tankstellenpächtern geschlossenen Verträgen entspreche. Sie habe deshalb den für sie verhandelnden Mitarbeiter veranlaßt, auf eine entsprechende handschriftliche Eintragung der Laufzeit hinzuwirken. Die Klägerin habe eingeräumt, daß es sich bei der Bestimmung des § 7 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages um einen in ihrer EDV gespeicherten und von ihr mehrfach verwendeten Text handele und daß auch die Option in § 7 Nr. 1 Satz 2 als solche dem Normvertrag entspreche. Sie habe allerdings vorgetragen, sowohl die erste feste Vertragslaufzeit als auch die Verlängerung hätten voll zur Disposition der Beklagten gestanden. Dies habe die Beweisaufnahme aber so nicht ergeben. Der Zeuge T., der für die Klägerin die Vertragsverhandlungen mit der Beklagten geführt habe, sei nach seinen Angaben von der Klägerin beauftragt gewesen, ein möglichst an den Normvertrag angenähertes Vertragswerk einzuholen. Die Option zur Verlängerung des Vertragsverhältnisses um fünf Jahre habe nach den Angaben des Zeugen dem von der Klägerin üblicherweise angestrebten Fünf-Jahres-Intervall entsprochen und sei nach der allerdings nicht ganz sicheren Erinnerung des Zeugen Bestandteil der Normverträge gewesen. Das spreche dagegen, daß die Beklagte unbeeinflußt über Laufzeit und Option entschieden habe und diese Vertragsmodalitäten ausgehandelt worden seien.
Die danach der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG unterliegende Optionsklausel könne keinen Bestand haben, weil eine Vertragslaufzeit von knapp elf Jahren unter Gesamtabwägung der für und gegen eine langfristige Bindung sprechenden Gesichtspunkte die Beklagte unangemessen benachteilige. Vertragliche Bindungen von zehn Jahren und mehr seien kritisch und nur beim Vorliegen besonderer Umstände auf seiten des Klauselverwenders nicht unangemessen. An solchen Umständen fehle es. Für die Klägerin als Klauselverwenderin spreche lediglich die der Beklagten durch den Vertrag gebotene Versorgungssicherheit mit Produkten der Klägerin. Demgegenüber habe sich die Klägerin durch die Klausel einen gesicherten Standort und Absatzmarkt geschaffen, ohne daß die von der Rechtsprechung bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Amortisationsgesichtspunkte griffen. Die Klägerin habe nach dem Vertrag keine Investitionen in nennenswertem Umfang erbracht. Nach § 1 Nr. 5 des Abkommens beschränkten sich ihre Investitionen auf die leihweise Überlassung der dort genannten Einrichtungen für die Dauer des Vertrages. Demgegenüber habe die Klägerin den bereits laufenden Tankstellenbetrieb übernommen. Das für den Tankstellenbetrieb erforderliche Grundstück nebst den notwendigen Einrichtungen habe die Beklagte gestellt und die Klägerin dadurch in die Lage versetzt, ihre Produkte anzubieten und zu vertreiben. Bei der Interessenabwägung sei auch zu berücksichtigen, daß bei Vertragsabschluß jedenfalls für den für die Klägerin verhandelnden Zeugen T. absehbar gewesen sei, daß spätestens im Jahre 1997 aus Gründen des Umweltschutzes ein erheblicher Investitionsbedarf auf die Beklagte zukommen werde. Mit der Optionsklausel habe die Klägerin sich auf Kosten der Beklagten die Entscheidung vorbehalten, die Beklagte entweder für weitere fünf Jahre an den Vertrag zu binden oder sie bei einer Beendigung desselben erheblichen wirtschaftlichen Problemen auszusetzen. Die in § 1 Nr. 5 des Vertrages vorgesehene Absprache über eine Kostenaufteilung bei Neuinvestitionen und die in § 7 Nr. 4 des Vertrages vorgesehene Kündigungsmöglichkeit seien nicht geeignet, die Unangemessenheit der langfristigen Bindung der Beklagten zu beseitigen. Beide Regelungen böten der Beklagten mangels hinreichender Bestimmtheit keine gesicherte Rechtsposition. Bei der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG seien zudem die besonderen Verhältnisse der im Einzelfall beteiligten Vertragspartner ebenso außer Betracht zu lassen wie die Handhabung der Klausel durch den Verwender.
II. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.
1. Für die Entscheidung über das Unterlassungsbegehren der Klägerin kommt es allein darauf an, ob und gegebenenfalls um welche Zeitspanne das Vertragsverhältnis der Parteien die am 31. Dezember 1997 abgelaufene Erstlaufzeit nach § 7 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages überdauert hat. Da die Erstlaufzeit bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz verstrichen war, bedarf es keiner Entscheidung der vom Berufungsgericht erörterten Frage, ob auch § 7 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages ungeachtet der handschriftlichen Einfügung der für Beginn und Ablauf der Erstlaufzeit maßgeblichen Kalenderdaten eine nach dem AGB-Gesetz zu beurteilende Formularbestimmung darstellt. Auch wenn die Erstlaufzeit des Vertrages Gegenstand einer Individualvereinbarung der Parteien gewesen sein sollte, wie die Klägerin stets behauptet hat, kann das Unterlassungsbegehren für die Zeit nach dem 31. Dezember 1997 nur Erfolg haben, wenn und soweit die Ausübung der Option durch die Klägerin zu einer Verlängerung der Vertragslaufzeit geführt hat.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Optionsregelung in § 7 Nr. 1 Satz 2 des Vertrages sei eine Allgemeine Geschäftsbedingung.
a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 AGBG alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei – der Verwender – der anderen Vertragspartei bei Abschluß eines Vertrages stellt. Danach ist die Optionsklausel in § 7 Nr. 1 Satz 2 des Vertrages eine Allgemeine Geschäftsbedingung.
aa) Die äußere Erscheinungsform des Textes begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, daß die Optionsklausel – ebenso wie fast der gesamte übrige Vertragsinhalt – eine von der Klägerin vorformulierte Vertragsbedingung darstellt. Die in § 7 Nr. 1 Satz 2 und 3 getroffene Regelung
„Danach räumt Partner A. eine Option zur Verlängerung des Vertragsverhältnisses um 5 Jahre bis … ein. Die Ausübung der Option hat A. gegenüber Partner ein Jahr vor Ablauf des Vertrages zum …, also bis …, zu erklären.”
ist – einschließlich der Zahl 5 – im Textformat des übrigen Inhalts des Vertragsformulars vorgegeben. Lediglich in die durch punktierte Linie gekennzeichneten Freiräume sind handschriftlich die Kalenderdaten eingesetzt, die sich, ausgehend von einem Ablauf der Erstlaufzeit des Vertrages zum 31. Dezember 1997, für das Ende des Verlängerungszeitraums und für die in § 7 Nr. 1 Satz 3 geregelte Frist zur Ausübung der Option ergeben. Die handschriftliche Einfügung des Datums „31.12.2002” in § 7 Nr. 1 Satz 2 steht der Vermutung einer von der Klägerin vorformulierten Regelung mithin nicht entgegen. Wie schon das Landgericht zutreffend erkannt hat, handelt es sich dabei lediglich um die rechnerische Folgerung aus der formularmäßig vorgegebenen Dauer der Vertragsverlängerung im Falle der Ausübung der Option.
Dem Tatsachenvortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung, auf den die Revision in diesem Zusammenhang verweist, ist nichts zu entnehmen, was gegen die Vermutung sprechen könnte, die Optionsklausel einschließlich der Dauer des Verlängerungszeitraums von fünf Jahren sei von der Klägerin vorformuliert worden. Die Klägerin räumt vielmehr ausdrücklich ein, „daß § 7 Ziff. 1 Abs. 1 mit seinen drei Sätzen einen von der Klägerin mehrfach verwendeten Text enthält, der in der EDV der Klägerin gespeichert ist und ausgedruckt werden kann – mit den für die Kalenderdaten offenen Stellen”. Die Ziffer „5” in der zweiten Zeile dieses Textes sei allerdings nicht allgemein gespeichert und werde „so nicht immer verwendet”. Vielmehr werde „von Fall zu Fall dort eine Zahl eingesetzt”.
Mit dieser Darstellung ist nicht dargetan, daß die Zahl „5” in § 7 Nr. 1 Satz 2 auf andere Weise als durch die Klägerin in den Formulartext eingefügt worden sein könnte. Offene Textstellen enthielt der in der EDV der Klägerin gespeicherte Text des § 7 Nr. 1 nach dem soeben zitierten Vortrag der Klägerin nur für die Kalenderdaten. Anders als für diese fehlt es für die Angabe der Anzahl von Jahren, um die sich der Vertrag bei Ausübung der Option verlängern soll, an einer durch eine punktierte Linie oder sonstwie gekennzeichneten offenen Stelle. Soweit die Darstellung der Klägerin, die Dauer des Verlängerungszeitraums von fünf Jahren sei „in den Gesprächen des Zeugen T. mit dem Geschäftsführer der Beklagten … im einzelnen vereinbart worden”, dahin zu verstehen sein sollte, daß die Zahl „5” erst nach einer entsprechenden Einigung des Zeugen T. mit dem Geschäftsführer der Beklagten in das Formular eingefügt worden sein soll, bleibt die Klägerin jede Erklärung dafür schuldig, warum die Zahl dann – anders als die Kalenderdaten – nicht handschriftlich, aber auch nicht – wie sonstige Ergänzungen des Formulartextes (§ 1 Nr. 1, 5 und 6, § 7 Nr. 8) – mit der dort verwendeten abweichenden Maschinenschrift, sondern im Schriftbild des Formulartextes in diesen eingefügt worden sein soll.
Schließlich spricht auch die Aussage des Zeugen T. nicht gegen die vom Schriftbild ausgehende Vermutung dafür, daß die Optionsklausel einschließlich der Zahl „5” Bestandteil des vorformulierten Vertragstextes gewesen ist. Dessen Aussage, die im Vertrag vorgedruckten Passagen stellten den „Normvertrag” dar und die vom Schriftbild her anders ausgestalteten Passagen seien die Abweichungen von diesem Normvertrag, bestärkt vielmehr die vom Schriftbild ausgehende Vermutung für eine von der Klägerin vorformulierte Regelung. Daß auch die Zahl „5” in § 7 Nr. 1 Satz 2 vorgedruckt war, hat der Zeuge zwar nicht mit Sicherheit bestätigen können, indessen hinzugefügt, die Klägerin habe bei den Optionen Fünf-Jahres-Intervalle angestrebt, so daß er dazu neige, die Zahl „5” als Bestandteil des Normvertrages anzusehen. Auch diese Aussage spricht jedenfalls nicht gegen die Vermutung, die Klägerin habe die Optionsklausel einschließlich der fünfjährigen Dauer des Verlängerungszeitraums vorformuliert.
bb) Daß die Optionsklausel in der von der Klägerin hier verwendeten Fassung von ihr für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert war, ergibt sich daraus, daß die Klägerin für Vertragsverlängerungen üblicherweise Fünf-Jahres-Intervalle anstrebte. Die dahingehende Feststellung des Berufungsgerichts, die sich auf die Aussage des Zeugen T. stützt, läßt die Revision ausdrücklich als zutreffend gelten. Damit steht ungeachtet des Umstandes, daß die Klägerin nach ihrem zweitinstanzlichen Sachvortrag den Verlängerungszeitraum bei der Verwendung der Optionsklausel nicht stets auf fünf Jahre bemißt, fest, daß sie die Klausel in der hier verwendeten Form für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat (vgl. dazu Senat, Urteil vom 10. März 1999 – VIII ZR 204/98, WM 1999, 1067 = NJW 1999, 2180 unter II 1 a bb, b m.w.Nachw.).
b) Ist nach alledem davon auszugehen, daß § 7 Nr. 1 Satz 2 des Vertrages einschließlich der Zahl „5” Bestandteil des von der Klägerin vorformulierten Vertragstextes war, so wäre der AGB-Charakter der Optionsklausel nur dann zu verneinen, wenn ihr Inhalt zwischen den Vertragsparteien im einzelnen ausgehandelt worden wäre (§ 1 Abs. 2 AGBG). Daß dies der Fall gewesen sei, ist dem Tatsachenvortrag der Klägerin, auf den die Revision verweist, indessen nicht zu entnehmen.
aa) „Aushandeln” im Sinne des § 1 Abs. 2 AGBG bedeutet mehr als verhandeln. Es genügt nicht, daß das gestellte Formular dem Verhandlungspartner bekannt ist und nicht auf Bedenken stößt, daß der Inhalt lediglich erläutert oder erörtert wird und den Vorstellungen des Partners entspricht. Von einem Aushandeln in diesem Sinne kann vielmehr nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen „gesetzesfremden Kerngehalt”, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muß sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären. In aller Regel schlägt sich eine solche Bereitschaft auch in erkennbaren Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Allenfalls unter besonderen Umständen kann ein Vertrag auch dann als Ergebnis eines „Aushandelns” gewertet werden, wenn es schließlich nach gründlicher Erörterung bei dem gestellten Entwurf verbleibt (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1986 – VII ZR 245/85, WM 1987, 42 unter I 2 a; Urteil vom 30. September 1987 – IVa ZR 6/86, WM 1988, 28 = NJW 1988, 410 unter I 2, je m.w.Nachw.).
bb) Dem Tatsachenvortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, daß die Optionsklausel als solche oder die Dauer des Zeitraums, um den sich der Vertrag im Falle der Ausübung der Option verlängern sollte, in diesem Sinne ausgehandelt worden wären. Die Klägerin beschränkt sich vielmehr auf die – mehrfach wiederholte – Behauptung, sowohl die erste feste Vertragslaufzeit als auch die Verlängerung durch eine Option habe in den Gesprächen des Zeugen T. mit dem Geschäftsführer der Beklagten für die Beklagte zur Disposition gestanden. Diesem allgemein gehaltenen Vortrag ist nicht zu entnehmen, daß der Zeuge T. als Verhandlungsführer der Klägerin gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten seine Bereitschaft zu erkennen gegeben habe, auf eine Verlängerungsoption ganz zu verzichten oder sich mit einem kürzeren als dem im Formular vorgedruckten fünfjährigen Verlängerungszeitraum zu begnügen. Auch aus der Aussage des Zeugen T., auf die sich die Klägerin in diesem Zusammenhang bezieht, ergibt sich dafür kein Anhaltspunkt. Nach seiner Darstellung entschied man sich zwar für eine „eher minimale” Vertragslaufzeit von fünf (in Wahrheit: knapp sechs) Jahren mit anschließender Verlängerungsoption, weil im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen ungewiß war, ob, wie und mit welchem wirtschaftlichen Erfolg die Tankstelle nach dem Jahre 1997 angesichts der dann erforderlich werdenden umweltschutzbedingten Investitionen weiterzuführen sein würde. Den Bekundungen des Zeugen ist jedoch kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß er auch bereit gewesen wäre, den Vertrag mit der „eher minimalen” Laufzeit bis 31. Dezember 1997 unter Verzicht auf die formularvertraglich vorgesehene Verlängerungsoption oder mit einem kürzeren als dem vorgedruckten fünfjährigen Verlängerungszeitraum abzuschließen.
Schließlich gibt auch der von der Revision angeführte Umstand, daß die Parteien in § 1 Nr. 5 des Vertrages den vorgedruckten Text um die Bestimmung ergänzt haben, bei Neuinvestitionen solle eine Absprache über Kostenaufteilung stattfinden, für die Beantwortung der Frage, ob die Optionsklausel in § 7 Nr. 1 Satz 2 des Vertrages ausgehandelt worden ist, nichts her. Die Ergänzung des Formularvertrages um diese Absprache erlaubt allenfalls Rückschlüsse darauf, daß eine mögliche Beteiligung der Klägerin an dem aus Umweltschutzgründen zu erwartenden Investitionsaufwand der Beklagten Gegenstand der Vertragsverhandlungen gewesen ist. Ihr ist dagegen nichts dafür zu entnehmen, daß der Beklagten statt dessen die Möglichkeit eingeräumt worden ist, den Vertrag ohne die formularmäßig vorgedruckte Optionsklausel oder mit einem kürzeren als dem vorgegebenen fünfjährigen Verlängerungszeitraum abzuschließen.
3. Die in § 7 Nr. 1 Satz 2 des Vertrages enthaltene Optionsklausel unterliegt somit als Allgemeine Geschäftsbedingung – auch hinsichtlich der Dauer des Verlängerungszeitraums – der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG. Dieser hält sie nicht stand. Die Wertung des Berufungsgerichts, eine Vertragsdauer von knapp elf Jahren benachteilige die Beklagte entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, läßt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.
a) Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGHZ 90, 280, 284; 120, 108, 118; BGH, Urteil vom 4. Juli 1997 – V ZR 405/96, WM 1997, 1994 unter II 2; Urteil vom 24. März 1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 unter A II 2 c, je m.w.Nachw.). Laufzeitklauseln in Verträgen, die wie der hier zu beurteilende Tankstellenvertrag dem Partner des Klauselverwenders Bezugsbindungen auferlegen, beschränken diesen in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit. Ob diese Beschränkung ein nicht mehr hinnehmbares Maß erreicht, unterliegt weitgehend tatrichterlicher Würdigung und ist im Revisionsrechtszug nur beschränkt nachprüfbar (Senatsurteil vom 23. November 1983 – VIII ZR 333/82, WM 1984, 88 = ZIP 1984, 335 unter II 2 b). Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang vorgenommene Interessenabwägung läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) Auszugehen ist bei der Inhaltskontrolle der Optionsklausel von der Gesamtdauer des Vertrages von zehn Jahren und elf Monaten, die sich im Falle der Wirksamkeit der Klausel bei Ausübung der Option ergäbe. Das zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Dabei macht es keinen Unterschied, ob, wovon das Berufungsgericht ausgeht, auch die Bestimmung der Erstlaufzeit in § 7 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt oder ob die Erstlaufzeit des Vertrages ausgehandelt worden ist, wie die Klägerin behauptet. Entscheidend ist allein, ob eine über die Erstlaufzeit hinausgehende Bindung die Beklagte unangemessen benachteiligt. Eine solche kann sich nach dem Vertragsinhalt allein aus dem Hinzutreten der formularmäßigen Optionsklausel des § 7 Nr. 1 Satz 2 zu der in § 7 Nr. 1 Satz 1 festgelegten Erstlaufzeit des Vertrages ergeben. Auch wenn der durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geregelte Teil der Gesamtlaufzeit nur fünf Jahre beträgt und für sich allein betrachtet unbedenklich wäre, ist bei der Inhaltskontrolle der Optionsklausel auf die Gesamtlaufzeit abzustellen, weil die mögliche Unangemessenheit der Verlängerungsoption darin besteht, daß Erst- und Verlängerungslaufzeit sich in ihrer Wirkung summieren. Der Umstand, daß nach der Klausel eine Verlängerungsmöglichkeit um den erheblichen Zeitraum von fünf Jahren ohne Rücksicht auf die vereinbarte Erstlaufzeit – und dazu allein für den Verwender – gegeben ist, kann für seinen Vertragspartner zu einer übermäßig belastenden Vertragsdauer und damit zu einer unangemessenen Benachteiligung führen.
Ob die hier vereinbarte Ausschließlichkeitsbindung von insgesamt knapp elfjähriger Dauer die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit des Vertragspartners zugunsten des Klauselverwenders in unvertretbarer Weise einengt, ist mit Hilfe einer umfassenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Parteien im Einzelfall festzustellen (Senatsurteil vom 23. November 1983 aaO; BGH, Urteil vom 8. April 1997 – X ZR 62/95, WM 1997, 1624 unter II 2 b; Urteil vom 4. Juli 1997 aaO unter II 2 a, je m.w.Nachw.).
bb) Gesetzliche Bestimmungen, die die Länge der Vertragsdauer beschränken, gibt es nicht (BGH, Urteil vom 8. April 1997 aaO m.w.Nachw.). Ob vertragliche Bindungen von zehn oder jedenfalls von mehr als zehn Jahren Dauer allgemein als kritisch zu beurteilen und nur beim Vorliegen besonderer Umstände auf seiten des Klauselverwenders als nicht unangemessen zu werten sind (so BGH, Urteil vom 8. April 1997 aaO; gegen die Festlegung auf eine zulässige Höchstlaufzeit für den „Normalfall” dagegen Senatsurteil vom 23. November 1983 aaO in bezug auf die Frage der Sittenwidrigkeit von Bierlieferungsverträgen), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob der zehnjährigen Höchstlaufzeit, von deren Einhaltung die einschlägige Gruppenfreistellungsverordnung (Art. 12 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EWG] Nr. 1984/83 der Kommission vom 22. Juni 1983 über die Anwendung von Art. 85 Abs. 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen, ABl. 1983 L 173/5) die Freistellung von Tankstellenverträgen von den Kartellverboten des Art. 85 Abs. 1 EG-Vertrag a.F. abhängig macht, Leitbildfunktion für die Angemessenheitsprüfung von Vertragsbindungsfristen im Rahmen der Inhaltskontrolle von Laufzeitbestimmungen in formularmäßigen Tankstellenverträgen zukommt (so etwa Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 9 AGBG Rdnr. 70 für Bierlieferungsverträge; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Februar 1995 – KZR 33/93, WM 1995, 1636 unter I 4 b). Die Wertung des Berufungsgerichts, die von der Klägerin vorgegebene Vertragslaufzeit von mehr als zehn Jahren benachteilige die Beklagte unangemessen, wird nämlich jedenfalls von seiner rechtsfehlerfreien Erwägung getragen, daß die Klägerin sich vertraglich nicht zu Investitionen in nennenswertem Umfang verpflichtet hat.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit jeher anerkannt, daß das höchstzulässige Maß an Bezugsbindungen davon abhängt, wie erheblich die Gegenleistungen sind, die der bindende Teil nach dem Vertrag zu erbringen hat (vgl. etwa für Bierlieferungsverträge die Senatsurteile vom 23. November 1983 aaO, vom 27. Februar 1985 – VIII ZR 85/84, WM 1985, 608 unter III 1, und vom 8. April 1992 – VIII ZR 94/91, WM 1992, 1285 unter II 1 sowie zum ganzen Paulusch, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Brauerei- und Gaststättenrecht, 9. Aufl., Rdnrn. 115 ff.). Auch bei anderen Dauerschuldverhältnissen, die nicht auf Warenabsatz gerichtet sind, macht die Rechtsprechung die höchstzulässige Dauer der Vertragslaufzeit davon abhängig, welcher Kapitalaufwand dem die Laufzeit vorgebenden Vertragsteil für die Erfüllung des Vertrages entsteht. Muß er hohe Entwicklungs- und Vorhaltekosten aufwenden, die sich nur bei längerer Vertragsdauer amortisieren, so rechtfertigt dies regelmäßig eine längerfristige Bindung des anderen Teils an den Vertrag (BGH, Urteil vom 13. Februar 1985 – VIII ZR 154/84, WM 1985, 542 für die zehnjährige Laufzeit eines Mietvertrages über eine Fernsprechnebenstellenanlage; Urteil vom 10. Februar 1993 – XII ZR 74/91, WM 1993, 791 für eine Mindestlaufzeit von zwölf Jahren eines Breitbandkabel-Anschlußvertrages; Urteil vom 4. Juli 1997 aaO für eine zwanzigjährige Laufzeit einer Versorgungsvereinbarung über Telekommunikationsanlagen). Dieser Amortisationsgesichtspunkt ist stets auch bei Tankstellenverträgen für die Beurteilung der Zulässigkeit der Vertragslaufzeit herangezogen worden. Soweit der Bundesgerichtshof bei Tankstellenstationärverträgen Laufzeiten bis zu 25 Jahren gebilligt hat, ging es jeweils um Fallgestaltungen, bei denen das Mineralölunternehmen nach dem Vertrag erhebliches Kapital langfristig einsetzte und nur bei einer entsprechend langfristigen Bindung des Stationärs die Gewähr erhielt, dieses im Laufe der Zeit aus den Gewinnen der Tankstelle zu amortisieren (BGHZ 52, 171, 176 f.; 83, 313, 316 f.). Auch die neuere Rechtsprechung zur zulässigen Laufzeit von Tankstellenbelieferungsverträgen stellt entscheidend darauf ab, in welchem Umfang das Mineralölunternehmen eine vertragliche Verpflichtung übernommen hat, Kapital für den Ausbau und Betrieb der Tankstelle zur Verfügung zu stellen (BGH, Urteil vom 13. März 1997 – I ZR 215/94, WM 1997, 1403 unter III 4 d). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
cc) Hiervon ausgehend ist die Annahme des Berufungsgerichts, daß die Gegenleistungen oder Investitionen in die Tankstelle, zu denen die Klägerin sich vertraglich verpflichtet hat, eine Bezugsbindung der Beklagten von mehr als zehn Jahren nicht zu rechtfertigen vermögen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beschränken sich die vertraglich geschuldeten Investitionen der Klägerin darauf, der Beklagten für die Dauer des Vertrages die in § 1 Nr. 5 des Vertrages aufgeführten Gerätschaften leihweise zur Verfügung zu stellen. Daß dafür ein nennenswerter Kapitalaufwand erforderlich gewesen wäre, hat die Klägerin nicht vorgetragen und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht. Soweit die Revision darauf verweist, daß die Klägerin gemäß § 1 Nr. 5 Abs. 3 des Vertrages auch die Kosten der Anlieferung und des Einbaus der Leihgeräte übernommen hat, handelt es sich um Positionen, die im Rahmen der Interessenabwägung nicht nennenswert ins Gewicht fallen können. Der Erstanstrich der Tankstelle in den Farben und mit den Markenzeichen der Klägerin (§ 1 Nr. 4 des Vertrages) diente vor allem deren Interesse, die Tankstelle der Beklagten für das Publikum als A.-Tankstelle kenntlich zu machen. Die bis zur Höhe von 10.000 DM übernommenen Kosten des Erstanstrichs (§ 9 Nr. 6 des Vertrages) können daher allenfalls zu einem geringen Bruchteil als eine der Beklagten zugute kommende Investition der Klägerin gewertet werden.
Die im Juli 1995 nachträglich vereinbarte Erhöhung der der Beklagten zustehenden Litervergütung von 0,04 DM auf 0,055 DM ist eine von der Klägerin nachträglich erbrachte freiwillige Leistung, die im Rahmen der hier anzustellenden Interessenabwägung nicht berücksichtigt werden kann. Zeitlicher Bezugspunkt für die Prüfung, ob die Optionsklausel die Beklagte unangemessen benachteiligt, ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses; wurde die Beklagte durch die Optionsklausel nach dem ursprünglichen Vertragsinhalt unangemessen benachteiligt, so ist die Klausel von Anfang an unwirksam und kann nicht durch eine nachträgliche freiwillige Erhöhung der Gegenleistungen der Klägerin Wirksamkeit erlangt haben (vgl. BGH, Urteile vom 23. November 1983 aaO und vom 13. März 1997 aaO unter III 4 d dd jeweils für die gleichgelagerte Frage im Rahmen der Prüfung des § 138 Abs. 1 BGB).
b) Die Unangemessenheit der Optionsklausel wird nicht durch andere Regelungen des Vertragswerks ausgeglichen. Die in § 1 Nr. 5 aufgenommene ergänzende Abrede, bei Neuinvestitionen solle eine Absprache über Kostenaufteilung stattfinden, ist inhaltlich unbestimmt und taugt daher nicht als Grundlage für einen hinreichend sicher realisierbaren Kostenbeteiligungsanspruch der Beklagten. Sie kann daher bei der gebotenen Interessenabwägung weder als nennenswerte Gegenleistung der Klägerin bewertet noch unter Amortisationsgesichtspunkten berücksichtigt werden. Auch das in § 7 Nr. 4 des Vertrages geregelte Sonderkündigungsrecht vermag die Nachteile einer langfristigen Bindung durch die Optionsklausel nicht in hinreichendem Maße auszugleichen. Es erlaubt der Beklagten eine vorzeitige Lösung aus der vertraglichen Bindung nur unter der Voraussetzung, daß der Betrieb der Tankstelle infolge von behördlichen Maßnahmen unmöglich oder unwirtschaftlich wird. Bis zu dieser Grenze hat die Beklagte die nachträglich eintretenden Erschwernisse bei dem Betrieb der Tankstelle ohne die Möglichkeit einer Kündigung zu tragen. Darüber hinaus wird die Beklagte durch die Unschärfe insbesondere des Begriffs „unwirtschaftlich” mit dem Risiko der zutreffenden Einschätzung, der Darlegung und der Feststellbarkeit der Kündigungsvoraussetzungen belastet und daher für die Dauer des Optionszeitraums wesentlich schlechtergestellt, als sie im Falle der Unwirksamkeit der Optionsklausel steht. Dies zeigt anschaulich die Tatsache, daß unter den Parteien tatsächlich Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, ob durch die Auflagen des Landratsamtes F. vom Juli 1996 die Kündigungsvoraussetzungen des § 7 Nr. 4 des Vertrages erfüllt worden sind.
c) Die Unangemessenheit der in § 7 Nr. 1 Satz 2 des Vertrages enthaltenen Optionsklausel hat zur Folge, daß diese vollständig und ersatzlos entfällt. Dispositives Gesetzesrecht, das an die Stelle der unwirksamen Klausel treten könnte, gibt es nicht. Eine teilweise Aufrechterhaltung der Optionsklausel mit einem die Beklagte weniger belastenden Inhalt, etwa einer geringeren als der in der Klausel vorgesehenen fünfjährigen Verlängerungsdauer, widerspräche dem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit langem anerkannten Verbot der geltungserhaltenden Reduktion unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen und kommt deshalb nicht in Betracht.
aa) Für Bierlieferungsverträge mit individualvertraglich vereinbarter Laufzeit entspricht es allerdings gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats, daß Verträge, die allein ihrer übermäßig langen Laufzeit wegen sittenwidrig sind, mit einer kürzeren, dem tatsächlichen oder zu vermutenden Parteiwillen entsprechenden Laufzeit aufrechterhalten werden können (z.B. Senatsurteil vom 21. März 1990 – VIII ZR 49/89, WM 1990, 1392 unter 2 b; vgl. ferner die Nachweise bei Paulusch, aaO, Rdnrn. 144 ff.).
bb) Im Anwendungsbereich des AGB-Gesetzes ist eine solche Rückführung einer übermäßig langen Vertragsdauer auf ein angemessenes Maß dagegen nicht zulässig (BGH, Urteil vom 6. November 1985 – IVa ZR 96/84, WM 1986, 72; BGHZ 127, 35, 47; vgl. auch Senatsurteile vom 26. Januar 1983 – VIII ZR 342/81, WM 1983, 308 unter II 2 d, und vom 19. September 1983 – VIII ZR 84/82, WM 1983, 1153 unter II 1 a). Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, für eine den Gegner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligende und deshalb unwirksame Klausel eine Fassung zu finden, die einerseits dem Verwender möglichst günstig, andererseits gerade noch rechtlich zulässig ist (BGHZ 84, 109, 115, 117). Eine teilweise Aufrechterhaltung einer unwirksamen Laufzeitklausel würde zudem dem Ziel des AGB-Gesetzes zuwiderlaufen, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten oder empfohlenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuwirken und den Kunden die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihnen aus dem vorformulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten zu verschaffen (BGHZ 84, 109, 116). Sie würde dem Klauselverwender die Möglichkeit eröffnen, bei der Aufstellung seiner Konditionen unbedenklich über die Grenze des Zulässigen hinauszugehen, ohne mehr befürchten zu müssen, als daß die Benachteiligung seines Geschäftspartners durch das Gericht auf ein gerade noch zulässiges Maß zurückgeführt wird (BGHZ 84, 109, 114 ff.; 92, 312, 315).
Soweit der erkennende Senat in der Entscheidung vom 27. Februar 1985 (VIII ZR 85/84, WM 1985, 608 unter III 2) die zeitlich beschränkte Aufrechterhaltung eines Bierlieferungsvertrages mit einer formularmäßig bestimmten übermäßig langen Laufzeit nicht am Verbot der geltungserhaltenden Reduktion hat scheitern lassen, handelte es sich um einen Altvertrag, der vor dem Inkrafttreten des AGB-Gesetzes abgeschlossen worden und nach dem damaligen Rechtszustand nicht zu beanstanden war. Für diesen Sonderfall hat der Senat das Eingreifen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion mit der Erwägung verneint, die Aufrechterhaltung des früheren Rechtszustandes bedeute keinen unerträglichen Widerspruch zu den grundlegenden Wertungsmaßstäben des AGB-Gesetzes. Diese Erwägung trifft auf den hier zu beurteilenden, im zeitlichen Geltungsbereich des AGB-Gesetzes abgeschlossenen Vertrag der Parteien nicht zu.
4. Die Laufzeit des Vertrages kann entgegen der Auffassung der Revision auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung auf eine die vereinbarte Erstlaufzeit übersteigende angemessene Laufzeit herabgesetzt werden.
a) Eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung einer Lücke, die durch die Unwirksamkeit einer der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz unterliegenden Klausel entstanden ist, setzt voraus, daß der Regelungsplan der Parteien infolge der Lücke einer Vervollständigung bedarf (BGHZ 90, 69, 74; 96, 18, 26). Das ist nur dann anzunehmen, wenn dispositives Gesetzesrecht zur Füllung der Lücke nicht zur Verfügung steht und die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet (BGHZ 90, 69, 75; 96, 18, 26; 107, 273, 276; 117, 92, 98 f.; 137, 153, 157).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der ersatzlose Wegfall der Optionsklausel in § 7 Nr. 1 des Vertrages hat zur Folge, daß dessen Laufzeit sich auf die vereinbarte Erstlaufzeit von fünf Jahren und elf Monaten beschränkt. Es ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht, daß dies eine unangemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner widersprechende Regelung wäre. Unerheblich ist hierbei, ob die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, formularmäßig eine der Inhaltskontrolle noch standhaltende längere als die vereinbarte Erstlaufzeit festzulegen. Ebensowenig wie zu einer geltungserhaltenden Reduktion unangemessener Klauseln sind die Gerichte berechtigt, durch ergänzende Vertragsauslegung an die Stelle einer unzulässigen Klausel die zulässige Klausel zu setzen, die der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen voraussichtlich gewählt haben würde, wenn ihm die Unzulässigkeit der beanstandeten Klausel bekannt gewesen wäre (BGHZ 84, 109, 117; 87, 309, 321; 96, 18, 26). Der Verwender einer unzulässigen Formularbestimmung muß sich vielmehr im Rahmen dessen, was noch als angemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner Rechnung tragende Lösung anzusehen ist, mit der ihm ungünstigeren Regelung begnügen, die der ersatzlose Wegfall der von ihm verwendeten unzulässigen Klausel zur Folge hat.
b) Überdies muß eine ergänzende Vertragsauslegung nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann ausscheiden, wenn zur Ausfüllung einer vertraglichen Regelungslücke verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen und kein Anhaltspunkt dafür besteht, welche Regelung die Parteien getroffen hätten (BGHZ 62, 83, 89 f.; 62, 323, 326 f.; 90, 69, 80; 93, 358, 370; 107, 273, 276; Senatsurteil vom 12. Juli 1989 – VIII ZR 297/88, WM 1989, 1729 unter III 1 c). So liegt es hier. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, ob die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen überhaupt eine längere als die vereinbarte Erstlaufzeit festgelegt hätten. Dagegen spricht der auch nach der Darstellung der Klägerin beiden Seiten im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen bewußte Umstand, daß das Jahr 1997 wegen des dann zu erwartenden umweltschutzbedingten Investitionsbedarfs Unsicherheiten hinsichtlich der Fortführung der Tankstelle durch die Beklagte mit sich bringen würde. Unter dieser Voraussetzung lief jedwede Regelung, die die Beklagte für die Zeit nach dem Jahre 1997 an der Bezugsbindung festhielt, deren Interessen offenkundig zuwider. Es spricht deshalb nichts dafür, daß die Parteien bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise eine über den 31. Dezember 1997 hinausgehende Erstlaufzeit oder auch nur eine zeitlich weniger weitreichende Verlängerungsoption zugunsten der Klägerin vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der in § 7 Nr. 1 Satz 2 geregelten Optionsklausel bekannt gewesen wäre.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Zülch, Dr. Hübsch, Ball, Wiechers
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 03.11.1999 durch Mayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556355 |
BGHZ |
BGHZ, 103 |
BB 2000, 323 |
DB 2000, 814 |
BGHR |
EWiR 2000, 461 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 629 |
WuB 2000, 1039 |
ZAP 2000, 273 |
ZIP 2000, 314 |
ZIP 2000, 462 |
MDR 2000, 320 |