Leitsatz (amtlich)
1. Die Nichtigkeitsklage kann entsprechend § 265 Abs. 2 ZPO auch dann weiter gegen den in der Patentrolle eingetragenen Inhaber gerichtet bleiben, wenn das streitbefangene Patent nach Eintritt der Rechtshängigkeit auf einen anderen übertragen und der Erwerber inzwischen in die Patentrolle eingetragen ist (Fortführung von BGHZ 72, 236 – Aufwärmvorrichtung –; abweichend von RGZ 72, 242 und RG GRUR 1938, 581).
2. Wer Tiefenmesser, Zeitmesser, Datenspeicher, Auswerte- und Verknüpfungsstufe, Wandlereinrichtung sowie Anzeigemittel nach einer bestimmten Rechenregel (Programm oder Denkschema), d.h. in Abhängigkeit der anzuzeigenden Gesamtauftauchzeit von durchtauchten Tiefen und Zeiten, betreibt und es ermöglicht, mit Hilfe von Meßgeräten ermittelte Meßgrößen in der Anzeigeeinrichtung automatisch ohne Einschaltung der menschlichen Verstandestätigkeit anzuzeigen, gibt eine Lehre zum technischen Handeln.
3. Enthält eine Erfindung technische und nichttechnische Merkmale, so ist bei deren Prüfung auf erfinderische Tätigkeit der gesamte Erfindungsgegenstand unter Einschluß einer etwaigen Rechenregel zu berücksichtigen.
Normenkette
ZPO § 265 Abs. 2; PatG 1981 § 81 Abs. 1 S. 2; EPÜ Art. 138
Verfahrensgang
BPatG (Urteil vom 14.11.1990) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats II) des Bundespatentgerichts vom 14. November 1990 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Bundespatengericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
I.
Die Beklagte war eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 73 499 (Streitpatents), das am 27. August 1982 unter Inanspruchnahme der Priorität der Schweizer Patentanmeldung 5…/81 vom 27. August 1981 angemeldet worden ist.
Das in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlichte Streitpatent, das beim Deutschen Patentamt unter der Nr. 32… geführt wird, betrifft eine Anzeigeeinrichtung für die Parameter eines Tauchganges. Es hat 16 Ansprüche. Patentanspruch 1 lautet:
Anzeigeeinrichtung für die Parameter eines Tauchganges, wie z.B. aktuelle Tiefe, maximal getauchte Tiefe, bisherige Tauchzeit oder dergleichen, die über
- wenigstens einen Speicher für die Dekompressionsparameter bei einer Reihe von Tauchtiefen und -zeiten, und
- eine Auswerte- und Verknüpfungsstufe für die gemessenen Werte des Tiefen- und des Zeitmessers mit den im Speicher gespeicherten Werten angesteuert ist,
dadurch gekennzeichnet, daß in jedem Zeitpunkt des Tauchganges die in Abhängigkeit von den durchtauchten Tiefen und Zeiten erforderliche Gesamtauftauchzeit inklusive der vorgeschriebenen Dekompressionshalte anzeigbar ist und/oder eine Wandlereinrichtung (5) für die Umwandlung der jeweils aktuellen Grundzeit (Verweilzeit in der jeweiligen Tauchtiefenstufe) beim Eintritt in eine neue Tauchtiefenstufe in die dieser neuen Tauchtiefenstufe äquivalente Grundzeit vorgesehen ist, die jener Zeit entspricht, während welcher der Taucher sich in der maximalen Tiefe seines Tauchprofiles befunden hätte.
Wegen der Patentansprüche 2 bis 16 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.
II.
Die Klägerin hat gegen die seinerzeit in der Rolle als Patentinhaberin eingetragene Beklagte Nichtigkeitsklage erhoben. Nach Rechtshängigkeit der Klage ist das Streitpatent in der Rolle auf die K AG für Druckmeßtechnik in W (Schweiz) umgeschrieben worden. Die Klägerin ist der Auffassung, daß die Beklagte trotz Umschreibung des Patents in der Rolle im Hinblick auf § 265 Abs. 2 ZPO noch die zutreffende Prozeßpartei sei. Mit einem Parteiwechsel sei sie nicht einverstanden.
In der Sache macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Der Lehre des Patentanspruchs 1 fehle der technische Charakter und sie sei weder neu noch erfinderisch.
III.
Das Bundespatentgericht hat bejaht, daß der Prozeß weiterhin gegen die Beklagte geführt werden kann. Es hat das Streitpatent für nichtig erklärt, weil sein Gegenstand nicht als technische Lehre anzusehen sei.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Begehren, die Klage abzuweisen, weiter.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Entscheidungsgründe
I.
Das Verfahren betreffend die Erklärung der Nichtigkeit des europäischen Patents richtet sich nach den Vorschriften des deutschen Patentgesetzes.
Die Klage ist weiterhin zulässig gegen die Beklagte gerichtet, auch wenn sie nicht mehr, sondern an ihrer Stelle ein anderer in die Rolle eingetragen ist.
1. Die Klägerin hat, wie es das Patentgesetz in § 81 Abs. 1 Satz 2 vorschreibt, die Patentnichtigkeitsklage gegen die zum Zeitpunkt der Klageerhebung in die Rolle als Patentinhaberin eingetragene Beklagte gerichtet.
Der Ansicht der Beklagten, die Klage müsse jetzt, nachdem ein anderer in der Patentrolle eingetragen ist, gegen diesen, nicht mehr aber gegen sie gerichtet werden, billigt der erkennende Senat nicht. Das Patentgesetz verfolgt mit der Regelung des § 81 Abs. 1 Satz 2 und der in § 99 Abs. 1 erfolgten Verweisung auf die Zivilprozeßordnung (hier auf § 265 Abs. 2 ZPO) den Zweck, daß der Kläger aus einem öffentlichen Register ersehen kann, gegen wen er seine Klage zu richten hat und ihm der Verklagte als Prozeßgegner erhalten bleibt, wenn das Patent im Laufe des Prozesses veräußert wird, weil allgemein die Durchführung eines Rechtsstreits nicht aufgrund der Veräußerung des Schutzrechts durch einen Parteiwechsel belastet werden soll (BGHZ 72, 236, 242 – Aufwärmvorrichtung).
Das Bundespatentgericht hat zu Recht die entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO und mit zutreffenden Erwägungen die Frage bejaht, daß die Umschreibung des Patents ohne Einfluß auf den anhängigen Rechtsstreit ist. Die Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO beruht auf dem allgemeinen Gedanken, daß niemand aus einem öffentlich-rechtlichen Prozeßrechtsverhältnis ohne weiteres, vor allem durch eigenes Tun, ausscheiden darf. Ohne die Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO wäre der Kläger gehalten, einen neuen Prozeß gegen einen anderen Gegner von neuem zu beginnen (Einzelheiten hierzu etwa bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 49. Aufl., 1991, Anm. 1 zu § 265; Zöller/Stephan, ZPO, 17. Aufl., 1991, Rdn. 1 zu § 265).
Die gleichen Erwägungen haben auch dazu geführt, daß im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über § 173 VwGO die Vorschrift des § 265 ZPO, vor allem auch dessen Absatz 2, entsprechend angewendet wird (siehe dazu: Redeker/v. Oertzen, Komm. z. VwGO, 1988, Rdn. 6 zu § 90; Kopp, Komm. 2. VwGO, 8. Aufl., 1989, Rdn. 2 zu § 90 je mit zahlreichen Nachweisen aus Literatur und Rechtsprechung).
Wegen der Sachbezogenheit des Patents wirkt die Rechtskraft des Urteils gemäß § 325 Abs. 1 ZPO auch gegen den neuen Patentinhaber, auch wenn das Urteil noch gegen den lautet, der früher sein Inhaber war.
2. Soweit das Reichsgericht in seinen Entscheidungen vom 20. November 1909 (RGZ 72, 242) und vom 9. Juni 1937 (GRUR 1938, 581) die Auffassung vertreten hat, § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO sei im Patentnichtigkeitsverfahren nicht anzuwenden, lag dem noch eine andere Gesetzeslage zugrunde, wie das Bundespatentgericht zutreffend dargelegt hat.
Der erkennende Senat hat in dem schon genannten Urteil vom 24. Oktober 1978 (BGHZ 72, 236) entschieden, daß die Änderung der Legitimation in bezug auf eine streitbefangene Patentanmeldung nach Eintritt der Rechtshängigkeit auf das Prozeßrechtsverhältnis keinen Einfluß hat. Auch wenn es sich dort um einen Vindikationsrechtsstreit gehandelt hat, sind die Darlegungen des Senats zur entsprechenden Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO von grundsätzlicher Bedeutung und nicht auf eine bestimmte Verfahrensart eingeschränkt (vgl. a.a.O. 241 f.).
II.
Rechtsgrundlage für die gegen das Streitpatent gerichtete Nichtigkeitsklage ist Art. II § 6 IntPatÜG in Verbindung mit Art. 138 EPÜ. Hiernach kann ein europäisches Patent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt werden, wenn dessen Gegenstand nicht patentfähig ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 52-57 und 138 Abs. 1 lit. a EPÜ).
Entgegen der vom Bundespatentgericht im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung liegt dem Gegenstand des Patentanspruches 1 des Streitpatents eine Lehre zum technischen Handeln zugrunde.
1. Das Streitpatent betrifft eine Anzeigeeinrichtung für die Parameter eines Tauchgangs. Hierzu rechnet die Streitpatentschrift (S. 2 Z. 4 ff.) die aktuelle Tiefe, maximal getauchte Tiefe, bisherige Tauchzeit oder dergleichen. Sie schildert hierzu (S. 2 Z. 9 ff.), daß beim Tauchen mit komprimierter Luft durch das Tauchgerät (Lungenautomat) ein Druckgleichgewicht erzeugt werde. Das heiße, daß die Luft, die der Taucher einatme, unter dem gleichen Druck stehe, wie das ihn umgebende Wasser. Mit zunehmender Wassertiefe atme der Taucher Luft unter höherem Druck ein. Das bewirke, daß sich im Körper des Tauchers mehr Luft löse. Die verschiedenen Gase, aus denen sich die Luft zusammensetze, reicherten die verschiedenen Gewebe des menschlichen Körpers nach bestimmten Sättigungsfaktoren verschieden stark an. Beim Auftauchen geschehe das Entgegengesetzte, die Gewebe entsättigten sich (S. 2 Z. 16). Nehme nun der Umgebungsdruck infolge zu schnellen Auftauchens zu rapide ab, so könne die im Blut und den Geweben gelöste Luft nicht genügend schnell abgeatmet werden (S. 2 Z. 17 u. 18).
2. Die Streitpatentschrift strebt an, den Tauchgang exakt zu erfassen und die dementsprechenden Dekompressionsbedingungen darzustellen, damit die optimale Dekompression für jeglichen Tauchgang erhalten werde (S. 2 Z. 64 u. 65).
Die Streitpatentschrift bezeichnet das zu lösende technische Problem dahin, daß der Taucher umfassend und genau über die Dekompressionsbedingungen informiert werden solle (S. 4 Z. 48 u. 49).
3. Zu dessen Lösung schlägt das Streitpatent vor (S. 4 Z. 49-55), daß in jedem Zeitpunkt des Tauchgangs die in Abhängigkeit von den durchtauchten Tiefen und Zeiten erforderliche Gesamtauftauchzeit inklusive der vorgeschriebenen Dekompressionshalte angezeigt werden kann und/oder eine Wandlereinrichtung für die jeweils aktuelle Grundzeit/Verweilzeit in der jeweiligen Tauchtiefenstufe beim Eintritt in eine neue Tauchtiefenstufe, in die dieser neuen Tauchtiefenstufe äquivalente Grundzeit vorgesehen ist, die jener Zeit entspricht, während der der Taucher sich in der maximalen Tiefe seines Tauchprofils befunden hätte.
4. Es ergeben sich sonach folgende Merkmale der Anzeigeeinrichtung für die Parameter eines Tauchganges nach Patentanspruch 1 des Streitpatents:
Sie ist über wenigstens einen Speicher für die Dekompressionsparameter bei einer Reihe von Tauchtiefen und Tauchzeiten
und
über eine Auswerte- und Verknüpfungsstufe für die gemessenen Werte des Tiefen- und des Zeitmessers mit den im Speicher gespeicherten Werten
angesteuert;
in jedem Zeitpunkt des Tauchgangs kann die in Abhängigkeit von den durchtauchten Tiefen und Zeiten erforderliche Gesamtauftauchzeit inklusive der vorgeschriebenen Dekompressionshalte angezeigt werden
und/oder
- die Anzeigeeinrichtung ist mit einer Wandlereinrichtung versehen, die die jeweils aktuelle Grundzeit (= Verweilzeit in der jeweiligen Tauchtiefenstufe) beim Eintritt in eine neue Tauchtiefenstufe, in die dieser neuen Tauchtiefenstufe äquivalente Grundzeit, die jener Zeit entspricht, während der sich der Taucher in der maximalen Tiefe seines Tauchprofils befunden hätte, umwandelt.
Die Patentansprüche 2 bis 16 sind auf Merkmale gerichtet, durch die die Anzeigeeinrichtung nach Patentanspruch 1 in zweckmäßiger Weise näher ausgestaltet werden soll.
5. Der Ansicht des Bundespatentgerichts, der Gegenstand des Patentanspruches 1 des Streitpatents habe keine technische Lehre zum Inhalt, kann weder für die Gesamtkombination aus den Merkmalen a) bis d) noch für die Teilkombinationen aus den Merkmalen a) bis c) und aus den Merkmalen a), b) und d) beigetreten werden.
a) Das Bundespatentgericht meint, das Neue und Erfinderische der Lehre des Anspruches 1 sei lediglich als besondere Interpretation und Auswertung bekannter Tauchtabellen anzusehen. Der wesentliche Schritt sei dabei, bei einem Tiefenstufenwechsel in eine größere Tiefe den vorangegangenen Tauchvorgang als abgeschlossenen Tauchgang zu betrachten, dem unmittelbar ein nächster Tauchgang (Repetitivtauchgang) folgt, der durch einen Zeitzuschlag auf die in der neuen Tiefenstufe verbrauchte Tauchzeit berücksichtigt werde. Auf diese Weise ergebe sich bei Tauchgängen mit wechselnden Tiefenstufen zu jedem Zeitpunkt des Tauchganges ein Eingang in die Tabelle mit den Dekompressionsparametern, der von den durchtauchten Tiefen und Zeiten abhängig sei und nicht nur von der größten erreichten Tiefe und der Gesamttauchzeit. Es handele sich lediglich um eine bisher nicht vorgenommene Interpretation des Tauchganges. Das Auffinden und Nutzen eines bisher nicht erkannten Informationsgehalts der Tauchtabellen sei im Kern ein untechnisches Denkschema. Das Gebiet der Technik werde erst nach der Lösung des eigentlichen Problems betreten, die im Auffinden der Auswertemethode für Tauchtabellen bestehe.
Auch das Merkmal d) des Patentanspruches 1, wie die Abhängigkeit der anzuzeigenden Gesamtauftauchzeit von den durchtauchten Tiefen und Zeiten erreicht werden solle, sei im Kern nur ein besonderes Vorgehen beim Auswerten der Tauchtabellen. Auch wenn das mittels der bei Tauchcomputern bereits vorhandenen Wandlereinrichtung erfolgen solle, liege der Kerngedanke auch hier in der besonderen Interpretation und Auswertung der aus den Tauchtabellen stammenden Daten, was nicht zum Gebiet der Technik gehöre.
Die genannten technischen Mittel vom Tiefenmesser bis zur Anzeige dienten nur als Grundlage für die den Kern der Erfindung bildende besondere Art und Weise der Interpretation und Auswertung bekannter Tauchtabellen. Auch die automatische Ermittlung und Anzeige der Gesamtauftauchzeit begründe keinen technischen Charakter des Patentgegenstandes, sondern sei nur die andersartige Interpretation und Auswertung der Tauchtabellen, bei der der Einsatz beherrschbarer Naturkräfte keine Rolle spiele.
Auch die Unteransprüche enthielten nichts, was zusammen mit dem nichttechnischen Gegenstand des Hauptanspruches eine im Kern technische Lehre ergebe.
b) Diese Betrachtung des Erfindungsgegenstandes ist zu einseitig auf die neuartige Berechnung der Gesamtauftauchwerte anhand der Dekompressionsparameter fixiert. Sie zieht nicht gebührend die gesamten technischen Mittel vom Tiefenmesser über die Speicher und Wandler bis zur Anzeige in Betracht, die die Dekompressionsbedingungen automatisch anzeigen. Die Erwägungen des Bundespatentgerichts lassen außer Betracht, daß die Merkmale der unter Schutz gestellten Lehre des Patentanspruches 1 des Streitpatents sich nicht in vom Patentschutz ausgeschlossenen Gegenständen und Tätigkeiten gemäß Art. 52 Abs. 2 EPÜ erschöpfen, sondern eine enge Beziehung der Rechenregel (Programm, Denkschema) mit den dort genannten Mitteln, wie Anzeige, Speicher, Auswerte- und Verknüpfungsstufe, Wandler, Tiefen- und Zeitmesser umschreiben. Auch die Bewertung der Rechenregel als Programm und Denkschema (Interpretation und Datenauswertung der Tauchtabellen) einerseits und der genannten technischen Mittel andererseits ist zu einseitig zugunsten der neuartigen Rechenregel ausgerichtet. Der ständige Blick des Bundespatentgerichts auf das, was bekannt war, und auf das, was neu oder neuartig war, hat den Blick auf eine unbefangene Wertung verstellt, was bei der in Anspruch 1 beschriebenen Erfindung im Vordergrund steht und was nicht.
c) Der erkennende Senat wertet die gesamte in Patentanspruch 1 umschriebene Lehre als technisch. Er sieht eine Lehre zum technischen Handeln darin, daß mit einem Betrieb von Tiefen- und Zeitmesser, Datenspeicher, Auswerte- und Verknüpfungsstufe, Wandlereinrichtung sowie Anzeigemittel nach einer bestimmten Rechenregel (Programm oder Denkschema) ermöglicht wird, mit Hilfe von Meßgeräten ermittelte Meßgrößen in der Anzeigeeinrichtung automatisch ohne Einschaltung menschlicher Verstandestätigkeit anzuzeigen.
d) Die Teilkombinationen der Merkmale a) bis c) und a), b) und d) des Patentanspruches 1 sind nicht anders zu werten, was die Frage angeht, ob mit ihnen eine technische Lehre bezeichnet ist. Insoweit kann auf das Vorstehende verwiesen werden.
6. Wegen der allgemein gehaltenen Umschreibung der Bausteine in der ersten Alternative des Anspruches 1 (Teilkombination der Merkmale a) bis c)) des beanspruchten Gegenstandes wird das Bundespatentgericht zunächst zu prüfen haben, ob darin eine vollständige Lehre offenbart ist.
Der Gegenstand dieser Alternative ist im Kennzeichen nur mit den Worten „in jedem Zeitpunkt des Tauchganges (kann) die in Abhängigkeit von den durchtauchten Tiefen und Zeiten erforderliche Gesamtauftauchzeit inklusive der vorgeschriebenen Dekompressionshalte angezeigt werden” umschrieben. Diese Anspruchsfassung nennt ausdrücklich keine Mittel, mit denen das bewerkstelligt wird. Würde sie sich in der Umschreibung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems erschöpfen, dann müßte sie aus dem Anspruch gestrichen werden (BGHZ 92, 129, 132 f. – Acrylfasern). Das Bundespatentgericht wird demnach zu prüfen haben, ob die Gesamtheit der Angaben in der Patentschrift ausreicht, um den Fachmann zu belehren, wie er das Problem lösen kann.
7. Kommt das Bundespatentgericht in diesem Punkt zu einem positiven Ergebnis, wird es diese Alternative, die weitere Alternative mit den Merkmalen a), b) und d) und die Gesamtheit aller Merkmale des Patentanspruches 1 auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit zu prüfen haben.
8. Was die zuletzt genannte Prüfung angeht, so erscheint dem erkennenden Senat folgender Hinweis angezeigt:
Bei der Prüfung von Erfindungen, die Merkmale technischer Natur mit Merkmalen nichttechnischer Art verknüpfen, auf erfinderische Tätigkeit muß der genannte Erfindungsgegenstand unter Einschluß der etwaigen Rechenregel berücksichtigt werden. Es darf der Erfindungsgegenstand nicht zerlegt und dann nur der Teil der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit, d.h. Naheliegen, geprüft werden, der aus den technischen Merkmalen besteht. Das bedeutet im vorliegenden Falle, daß auch die neuartige Rechenregel, die das Bundespatentgericht als neue Interpretation an sich bekannter Tauchtabellen (Denkschema) bezeichnet hat, zusammen mit den technischen Merkmalen in die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit einzubeziehen ist.
III.
Dem Bundespatentgericht war auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung zu übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 749266 |
BGHZ |
BGHZ, 144 |
NJW 1993, 203 |
BGHR |
GRUR 1992, 430 |
Nachschlagewerk BGH |