Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen schweren Raubes in Tateinheit mit sexueller Nötigung und mit Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe sowie wegen eines weiteren schweren Raubes unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren und weiter wegen Verabredung zu einem Verbrechen des Raubes in Tateinheit mit Führen einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die sichergestellte Schußwaffe wurde eingezogen.
Die - insoweit vom Generalbundesanwalt vertretene - Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet die Verurteilung des Angeklagten wegen Verabredung zu einem (einfachen) Raub. Sie vertritt die Ansicht, der Angeklagte hätte wegen Verabredung zum schweren Raub verurteilt werden müssen.
Im übrigen wendet sie sich nur gegen den Strafausspruch. Insoweit vertritt der Generalbundesanwalt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht.
Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg, im übrigen ist es unbegründet.
Das Landgericht hat den Angeklagten zu Recht wegen Verabredung zu einem Verbrechen nach § 30 Abs. 2 StGB verurteilt. Die Begründung, mit der es das geplante Verbrechen nur als (einfachen) Raub und nicht als schweren Raub beurteilt, hält rechtlicher Überprüfung indessen nicht stand. Der Angeklagte verabredete mit anderen einen Raubüberfall auf den Gold- und Antiquitätenhändler K.. Sie wollten in das Haus des K. eindringen, ihn überwältigen, mit Gewaltanwendung und Drohungen zur Herausgabe des Safeschlüssels zwingen und Schmuck sowie Wertgegenstände rauben (UA S. 73). In der Nähe des Tatortes sollten eine Leiter und Einbruchswerkzeug bereitliegen. Der Mittäter B. sollte den Angeklagten und die anderen Mittäter zum Tatort fahren und während der Tat vor dem Anwesen des K. "Schmiere stehen".
Der Angeklagte war im Begriff, in dem von B. gesteuerten Pkw mit den anderen Mittätern zum Haus des K. zu fahren (UA S. 74). Er führte eine geladene und schußbereite Pistole FN Marke Browning im Hosenbund mit. Der Mittäter I. hatte in seiner Jacke eine Knallgaspistole. Der Pkw wurde auf der Fahrt zum Tatort von der Polizei angehalten, bevor der Angeklagte und die Mittäter das Ziel erreichten. Das Landgericht hat eine Verurteilung wegen Verabredung zum schweren Raub abgelehnt, weil nicht habe aufgeklärt werden können, ob der Angeklagte die Waffe bei Ausführung der Tat mit sich führen wollte, oder ob Gegenstände im Sinne des § 250 Abs. 1 Ziff. 2 StGB eingesetzt werden sollten. Zugunsten des Angeklagten sei deshalb davon auszugehen, daß (lediglich) ein Raub im Sinne des § 249 StGB verabredet worden sei (UA S. 77).
Bei dieser Beurteilung ist das Landgericht von einem rein theoretischen und nach der Lebenserfahrung gänzlich unwahrscheinlichen Sachverhalt zugunsten des Angeklagten ausgegangen. Es hat zu hohe Anforderungen an seine Überzeugungsbildung gestellt (vgl. BGHR StPO § 261 - Überzeugungsbildung 22, 25). Es ist außerdem zu besorgen, daß die Strafkammer den Begriff des "Beisichführens einer Schußwaffe" im Sinne von § 250 Abs. 1 StGB verkannt hat.
Der Angeklagte führte die Schußwaffe an seinem Körper mit sich, als er mit den anderen bereits auf der Fahrt zum Tatort war. Anhaltspunkte dafür, daß er sich der Waffe vor Begehung der Tat entledigen wollte, sind nicht vorhanden. Bei einer früheren gleichartigen Tat zum Nachteil der Eheleute G. hatte der Angeklagte eine Schußwaffe eingesetzt; außerdem waren ein Elektroschockgerät, Gasspray und Klebeband verwendet worden. Es spricht hiernach alles dafür, daß der Angeklagte die Schußwaffe und auch andere Mittel im Sinne des § 250 Abs. 1 StGB während der geplanten Tat bei sich führen und notfalls einsetzen wollte. Selbst wenn man den gänzlich fernliegenden Fall zugunsten des Angeklagten unterstellen würde, daß er beabsichtigte, die Schußwaffe in dem Pkw zurückzulassen, in dem B. die Mittäter zum Tatort fuhr, um dann während der Tat vor dem Anwesen "Schmiere zu stehen", läge eine Verabredung zum schweren Raub vor. Zur Anwendung des § 250 StGB ist nämlich zum einen nicht erforderlich, daß der Täter die Schußwaffe während des gesamten Zeitraums des Tatherganges bei sich hat, es genügt vielmehr, daß sie ihm zu irgendeinem Zeitpunkt zur Verfügung steht. Unter Tathergang ist dabei nicht nur die Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale selbst bis zur Vollendung des Raubes zu verstehen, sondern das gesamte Geschehen bis zu dessen tatsächlicher Beendigung (vgl. BGHSt 20, 194, 197; BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 - Beisichführen 1; BGH, Urt. v. 22. Juni 1995 - 5 StR 249/95). Wäre die Schußwaffe im Pkw geblieben, mit dem die Täter den Tatort nach geglückter Tat verlassen wollten, dann hätte sie ihnen zumindest noch vor Beendigung der Tat - während der Flucht - zur Verfügung gestanden.
Im übrigen reicht es zur Anwendung des § 250 StGB auch aus, daß sich die Waffe so in der Nähe des Täters befindet, daß er sich ihrer jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (vgl. BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 2 - Beisichführen 2). Selbst wenn der "Schmiere" stehende Mittäter B. von der im Pkw verbliebenen Schußwaffe nichts gewußt haben sollte und deswegen die Waffe während der Tatbegehung nicht im Sinne des § 250 StGB bei sich geführt hätte, so hätte der Angeklagte deshalb, weil er die Waffe noch während der Tatbegehung im Bedarfsfälle aus dem Fahrzeug holen und bei der Tatausführung selbst einsetzen konnte, den Tatbestand des § 250 StGB erfüllt. Nach allem kann die Verurteilung wegen Verabredung zum (einfachen) Raub nicht bestehen bleiben. Das gilt auch für die Feststellungen, die den Qualifikationsbestand des § 250 Abs. 1 begründen können. Die Feststellungen im übrigen werden davon nicht berührt und können bestehen bleiben.
Der neu entscheidende Tatrichter wird bei der Bemessung der neuen Einzelstrafe vor allem zwei tatbestandsspezifische Gesichtspunkte zu beachten haben: Das ist einmal die Beschaffenheit der Verabredung selbst, insbesondere das in ihr enthaltene Bedrohungpotential, dessen Stärke wesentlich von der Zahl der daran Beteiligten, aber auch vom Grad der Entschlossenheit abhängt. Zum anderen ist das Ausmaß zu beachten, in dem die Verabredung schon ins Werk gesetzt wurde, insbesondere die Nähe zur Tatausführung (vgl. BGH, Urt. v. 20. September 1989 - 2 StR 232/89 = NStZ 1989, 571).
Die Strafzumessung weist im übrigen keine Rechtsfehler auf. Die wegen schweren Raubes u.a. verhängten Strafen sind zwar in Anbetracht der Schwere der Rechtsgutsverletzungen sehr milde, liegen aber noch innerhalb des dem Tatrichter zuzubilligenden Beurteilungsrahmens.
Fundstellen
Haufe-Index 2993526 |
NStZ 1998, 354 |