Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz nach künstlerischer Nutzung eines gepachteten Grundstücks. Bauliche Investitionen durch freischaffenden Künstler

 

Leitsatz (amtlich)

Bauliche Investitionen, die ein freischaffender Künstler auf Grund eines Pachtvertrages auf einem volkseigenen Grundstück vorgenommen hat, werden von § 7 Abs. 1 SachenRBerG nicht erfasst.

 

Normenkette

SachenRBerG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Brandenburgisches OLG (Urteil vom 03.06.2004; Aktenzeichen 5 U 27/03)

LG Potsdam

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des OLG Brandenburg v. 3.6.2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Mit Vertrag v. 23. 2./16.3.1979 pachtete der frühere Kläger zu 2, der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem OLG verstorben ist und dessen Alleinerbin die Klägerin ist, von dem damaligen Rechtsträger, dem Rat der Stadt P., das seinerzeit volkseigene Grundstück H. in P., das mit einer unter Denkmalschutz stehenden Friedhofskapelle bebaut war. Der Pächter war nach dem Vertrag berechtigt, die stark geschädigte Kapelle instand zu setzen, auszubauen und für seine Zwecke zu nutzen. Näheres regelte eine Vereinbarung v. 2.7.1979.

Mit ergänzendem Vertrag v. 29. 1./4.2.1980 trat die Klägerin dem Pachtvertrag auf Seiten der Nutzer bei. Beide führten in den Jahren 1979 bis 1982 eine denkmalgerechte Sanierung durch und bauten die Kapelle in ein Atelier mit Ausstellungs- und Verkaufsräumen für ihre Werke als Grafiker, Maler und Bildhauer aus. Hierfür wandten sie etwa 255.000 Mark auf und wurden dabei i.H.v. 40.000 Mark vom Rat der Stadt aus Mitteln der Denkmalpflege unterstützt.

Nach einem mit der Stadt P. in einem Rechtsstreit am 4.8.1994 geschlossenen Vergleich wurde der Pachtvertrag bis Ende 2004 fortgesetzt. Die Beklagte ist auf Grund Rückübertragungsbescheides seit dem 20.8.1998 Eigentümerin des Grundstücks.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, ihnen stünden Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu. Das LG hat ihrer auf Feststellung der Anspruchsberechtigung gerichteten Klage stattgegeben, das OLG hat sie abgewiesen. Mit der für beide Kläger eingelegten, von dem OLG zugelassenen Revision wird die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung angestrebt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht verneint eine Anspruchsberechtigung nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz, weil die Kläger das Grundstück lediglich auf Grund Pachtvertrages genutzt hätten (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SachenRBerG) und eine nach § 7 SachenRBerG geschützte bauliche Investition nicht gegeben sei (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a SachenRBerG). Zwar genüge die umfassende Renovierung der Friedhofskapelle den Anforderungen des § 12 Abs. 1 SachenRBerG; es fehle jedoch an den Voraussetzungen der von § 7 SachenRBerG geregelten Sachverhalte. Abs. 2 Nr. 6 der Norm greife nicht ein, weil die Kläger keiner gewerblichen oder handwerklichen Tätigkeit nachgegangen seien, sondern sich künstlerisch betätigt hätten. Auf § 7 Abs. 1 SachenRBerG könne nicht zurückgegriffen werden, da hiervon rein schuldrechtliche Nutzungsverhältnisse grundsätzlich nicht erfasst würden. Erforderlich sei - und das fehle hier gerade -, dass nach dem Recht der DDR eine über die vertragliche Regelung hinausgehende Sicherung der Rechtsposition des Nutzers vorgesehen gewesen sei. Eine analoge Anwendung von § 7 Abs. 2 Nr. 6 SachenRBerG komme auch nicht in Betracht; private Handwerker und Gewerbetreibende seien vom Gesetzgeber bewusst begünstigt worden, Künstler und freiberuflich Tätige nicht. Diese Differenzierung, der sachliche Erwägungen zu Grunde lägen, könne nicht durch eine entsprechende Anwendung der Norm aufgehoben werden.

II.

Die Revision, die allein für die Klägerin eingelegt gilt, ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass sie noch den früheren Kläger zu 2 mit als Rechtsmittelführer angibt. Zwar ist ein Rechtsmittel, das für eine nicht existente Partei eingelegt worden ist, grundsätzlich unzulässig (BGH v. 29.1.2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 [357] = MDR 2001, 459 = BGHReport 2001, 237 = AG 2001, 307). Doch gilt es im Zweifel als für die Erben eingelegt (BGH v. 8.2.1993 - II ZR 62/92, BGHZ 121, 263 [265] = AG 1993, 338 = MDR 1993, 1238 = GmbHR 1993, 508), legitimiert durch die fortwirkende (§ 86 ZPO) vorinstanzliche Prozessvollmacht, die auch die Bevollmächtigung des Revisionsanwalts deckt (BGH, Urt. v. 8.11.1993 - II ZR 26/93, AG 1994, 177 = MDR 1994, 675 = NJW 1994, 320, m.w.N.). So war es hier.

III.

Das Rechtsmittel ist aber unbegründet.

Die Revision stellt nicht in Frage, dass die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 7 Abs. 2 Nr. 6 SachenRBerG nicht gegeben sind. Sie hält jedoch im konkreten Fall eine entsprechende Anwendung der Norm für geboten. Dem folgt der Senat nicht.

1. Richtig ist, dass der Katalog des § 7 Abs. 2 SachenRBerG nicht erschöpfend ist. Er enthält lediglich Regelbeispiele für eine der Sachenrechtsbereinigung unterfallende bauliche Nutzung fremder Grundstücke und versperrt daher nicht die Erfassung auch anderer Sachverhalte, und zwar über die als Auffangtatbestand ausgestaltete Regelung des Abs. 1 (BGH v. 8.11.1996 - V ZR 7/96, BGHZ 134, 50 [53] = MDR 1997, 233; Urt. v. 25.9.1998 - V ZR 166/97, Umdr. S. 5). Es bedarf dann keiner Analogie zu einem der Regelbeispiele des Abs. 2; andererseits liegt eine Anwendung des Abs. 1 umso näher, je ähnlicher der nicht expressis verbis geregelte Sachverhalt einem der Regelbeispiele ist.

2. Die Nutzung der Klägerin zu 1 und des verstorbenen früheren Klägers zu 2 wird von § 7 Abs. 1 SachenRBerG nicht geschützt.

a) Die Norm unterstellt der Sachenrechtsbereinigung bestimmte Rechtsverhältnisse in Bezug auf Grundstücke, die für land- oder forstwirtschaftliche sowie für gewerbliche Zwecke baulich verwendet worden sind (Czub in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 7 Rz. 33). Sie setzt grundsätzlich eine bauliche Investition des Nutzers voraus, die nach dem Boden- und dem Wirtschaftsrecht der DDR durch Verleihung eines Nutzungsrechts hätte abgesichert werden können, mag es auch im Einzelfall hierzu nicht gekommen sein (BGH v. 8.11.1996 - V ZR 7/96, BGHZ 134, 50 [53 f.] = MDR 1997, 233). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

b) Diesem Gedanken sind auch die Regelbeispiele des Abs. 2 verhaftet, in Nr. 6 allerdings nur ansatzweise. Die Nutzung volkseigener Grundstücke für privatwirtschaftliche Zwecke war zwar nicht verboten, genoss aber, da sie den Grundsätzen einer sozialistischen Wirtschaftsordnung nicht entsprach, keinen Schutz. Es gab daher bis März 1990 keine Rechtsvorschriften, die Möglichkeiten einer quasi dinglichen Absicherung einer solchen Nutzung boten oder die Entstehung von Privateigentum an gewerblich genutzten Gebäuden auf volkseigenen Grundstücken zuließen (Czub in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 7 Rz. 194). Wie das Berufungsgericht im Einzelnen dargelegt hat, hat aber noch der DDR-Gesetzgeber der Wendezeit Vorschriften erlassen, die darauf abzielten, ideologisch begründete Benachteiligungen von Gewerbetreibenden in der DDR zu korrigieren. Wenngleich dies nicht mehr den Erfolg hatte, dass Gewerbetreibenden zur Errichtung eines gewerblichen Zwecken dienenden Gebäudes ein Nutzungsrecht verliehen werden konnte, so hat diese Entwicklung doch den Gesetzgeber des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes veranlasst, die bauliche Nutzung volkseigener Grundstücke durch Gewerbetreibende in den Katalog des § 7 SachenRBerG mit aufzunehmen (Czub in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 7 Rz. 195 f.; Rothe in Eickmann, SachenRBerG, § 7 SachenRBerG Rz. 54).

Diese Entwicklung blieb aber auf Gewerbetreibende beschränkt. Nur insoweit bestand daher eine Grundlage für eine Nachzeichnung durch Aufnahme dieser Sachverhalte in das Regelungskonzept des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes. Darauf hat sich der Gesetzgeber konsequenterweise beschränkt. Eine Ausweitung auf andere private Nutzer war weder angezeigt, noch ist sie ohne Verstoß gegen die Grundgedanken der Sachenrechtsbereinigung möglich. Eine Anwendung des § 7 Abs. 1 SachenRBerG verbietet sich daher.

Soweit die Revision darauf hinweist, dass freischaffende Künstler denselben Einschränkungen in der DDR ausgesetzt gewesen seien wie Gewerbetreibende, verkennt sie, dass dies kein Anknüpfungspunkt für eine Gleichstellung sein kann. Anders als Gewerbetreibende sind sie von den in der Wendezeit eingeleiteten Privatisierungen nicht erfasst worden. Für einen sachenrechtlich ausgerichteten Schutz im Wege der Nachzeichnung besteht daher keine Grundlage.

Dass diese Differenzierung weder willkürlich ist, noch die Nutzer vollkommen schutzlos lässt, hat das Berufungsgericht im Einzelnen zutreffend dargelegt. Hierauf kann Bezug genommen werden.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

BGHR 2005, 820

ZfIR 2005, 436

LKV 2005, 376

MDR 2005, 742

NJ 2005, 366

GuT 2005, 111

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