Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrug
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 19. November 1998 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die der Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen
Gründe
Die gerichtlich zugelassene Anklage legt der Angeklagten zur Last, sie habe, um eine Provision von 10 oder 20 % der jeweiligen Einlösungssumme zu erlangen, im August und im September 1994 eine deutsch-italienische Tätergruppe bei der Verwertung entwendeter Schecks unterstützt. Von diesem Vorwurf hat das Landgericht sie aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
Die Verfahrensrügen, die sich auf die Einreichung eines gestohlenen Schecks am 21. September 1994 beziehen (Fall VI 2 der Anklage = II 2 der Urteilsgründe), greifen nicht durch.
1. Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Ablehnung eines Hilfsbeweisantrags, mit dem dargetan werden sollte, die Einlassung der Angeklagten zu diesem Tatvorwurf sei unglaubhaft.
Im Rahmen ihres Schlußvortrags beantragte die Staatsanwaltschaft, die Angeklagte wegen versuchten Betrugs in Tateinheit mit Hehlerei (Fall VI 1 der Anklage = II 1 der Urteilsgründe) und wegen (vollendeten) Betrugs in Tateinheit mit Hehlerei zu einer Gesamtgeldstrafe zu verurteilen. Für den Fall des Freispruchs beantragte sie zum Beweis der Tatsache, daß die Angeklagte zur Tatzeit kein Schließfach bei der Dresdner Bank in Heilbronn hatte, die Einvernahme des Bankangestellten S. als Zeugen. Dies zielte darauf, das Vorbringen der Angeklagten zu widerlegen, das dahin ging: Sie habe, da es sich um die Vergütung von ihr geleisteter Wahrsagerdienste für einen italienischen Geschäftsmann gehandelt habe, nicht nur den ersten – „geplatzten” – Scheck, sondern auch den zweiten – ihr gutgeschriebenen – Scheck bei ihrer Hausbank eingereicht, ohne damit zu rechnen, daß er gestohlen sein könnte. Bedenken seien ihr erst im Zusammenhang mit einer Hausdurchsuchung gekommen, die am 22. September 1994 – einen Tag nach Einreichung des zweiten Schecks – stattfand. Deshalb habe sie nach der am 6. Oktober 1994 erfolgten Gutschrift der Schecksumme von ca. 32.000 DM diesen Betrag von ihrem Konto genommen und in den bei der genannten Bank angemieteten Safe gelegt, in dem sie ihn bis zur Auflösung ihres Kontos im Februar 1995 verwahrt habe. Anschließend habe sie das Geld zu Hause für eventuelle Berechtigte bereitgehalten.
Diesen Antrag hat die Strafkammer in den Urteilsgründen abgelehnt, da die zu beweisende Tatsache für die Entscheidung ohne Bedeutung sei (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Zur Begründung ist ausgeführt: Auf Grund der Beweisaufnahme stehe fest, daß der Angeklagten am 6. Oktober 1994 ein Betrag von 31.378,73 DM gutgeschrieben worden war, sie hiervon am 10. Oktober 1994 einen Betrag von 25.000 DM abhob und sie über die von ihr beauftragte Rechtsanwältin bereits am 12. Oktober 1994 sich hinsichtlich der Gutschrift von ca. 32.000 DM gegenüber der Kriminalpolizei offenbart hat. Somit habe sie sich in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Gutschrift zu einer etwaigen Rückzahlungsverpflichtung bekannt. In diesem Zusammenhang sei allein dieser Umstand maßgeblich, wobei – mangels anderer Anhaltspunkte – unter den gegebenen Umständen davon auszugehen sei, daß die Angeklagte den abgehobenen Betrag von 25.000 DM tatsächlich über einen Zeitraum von etwa einem Jahr verwahrte. „Ob dies in einem Bankschließfach der Dresdner Bank in Heilbronn oder an einem anderen Ort geschah, ist letztlich unerheblich.” Festzuhalten sei weiterhin, daß nicht geklärt werden konnte, warum polizeiliche Anfragen vom 14. November und 14. Dezember 1994 ohne Reaktion blieben.
Diese Erwägungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Die Staatsanwaltschaft hatte keine unmittelbar erhebliche Tatsache wie den Umstand, daß die Angeklagte mit der strafbaren Herkunft der eingereichten Schecks rechnete, unter Beweis gestellt; vielmehr konnte das Beweisthema nur mittelbar Bedeutung für die gerichtliche Überzeugung haben. Da der Schluß von der behaupteten Hilfstatsache auf unmittelbar erhebliche Umstände nicht zwingend, sondern nur möglich war, hatte der Tatrichter über die tatsächliche Erheblichkeit dieser Hilfstatsache in freier Beweiswürdigung (§ 261 StPO) zu entscheiden (vgl. BGH GA 1964, 77; NJW 1961, 2069, 2070; 1988, 501, 502; NStZ 1981, 309, 310; 1992, 551). Im vorliegenden Fall ist rechtsfehlerfrei dargelegt, warum die unter Beweis gestellte Tatsache selbst für den Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung der Strafkammer über die Schuld der Angeklagten nicht zu beeinflussen vermag. Das Landgericht war nicht gehalten, aus der Beweisbehauptung die von der Staatsanwaltschaft gewünschten Schlüsse zu ziehen, mögen diese auch möglich gewesen sein.
2. Die mit demselben Beweisziel erhobene, auf dasselbe Beweismittel gestützte Rüge eines Verstoßes gegen § 244 Abs. 2 StPO greift bei dieser Sachlage nicht durch.
II.
Der Freispruch der Angeklagten hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
Spricht das Gericht den Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Schuld nicht zu überwinden vermag, so ist das grundsätzlich hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat nur zu prüfen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist namentlich der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gegen gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind (BGH NStZ 1983, 277, 278; StV 1994, 580). Einen solchen Mangel weist das angefochtene Urteil nicht auf.
Die Strafkammer, die in beiden Fällen nicht nur direkten, sondern auch bedingten Vorsatz geprüft hat (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 259 Rdn. 20, § 263 Rdn. 40), hat die für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände umfassend dargelegt und erörtert. Sie hebt zutreffend hervor, daß der Fall „eine Reihe von Merkwürdigkeiten” aufweist, sah sich aber nicht in der Lage, „auf eine positive Kenntnis bzw. eine Inkaufnahme der rechtswidrigen Herkunft der Schecks” zu schließen. Was die Einlösung des zweiten Schecks angeht, setzt sich das Landgericht damit auseinander, daß die Angeklagte, als sie am 10. Oktober 1994 einen Betrag von 25.000 DM abhob, den Restbetrag von 6.378,73 DM auf ihrem Konto beließ, der, wäre sie an der strafbaren Verwertung der gestohlenen Schecks beteiligt gewesen, einer Provision von 20 % der Schecksumme entsprochen hätte. Indes hielt das Gericht mit Erwägungen, die aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sind, eine andere Erklärung für diese Aufteilung des Geldes für möglich.
Der Generalbundesanwalt hat in der Revisionsverhandlung die Frage aufgeworfen, ob die Angeklagte im zweiten Fall Betrug (mit Hehlerei) durch Unterlassen begangen hat, indem sie den erwähnten Betrag abhob, ohne der auszahlenden Bank zu sagen, daß ihr bei der einen Tag nach Einreichung des Schecks durchgeführten Hausdurchsuchung Bedenken gekommen waren. Die Feststellungen des Landgerichts boten jedoch keinen Anlaß zur Erörterung dieser Frage. Die Umstände, unter denen im ersten Fall der Scheck nicht eingelöst wurde, zwangen nicht zu der Annahme, die Angeklagte habe auf eine strafbare Herkunft schließen müssen; ihr wurde lediglich mitgeteilt, es sei zu einer „Schecksperre” gekommen. Der gerichtlich angeordneten Durchsuchung ihrer Räume lag zwar der Verdacht zugrunde, der „geplatzte” Scheck sei gestohlen. Doch hatte die Polizei – da ihre Auslandsermittlungen noch nicht abgeschlossen waren – damals keine nähere Kenntnis davon, daß es sich um einen Scheck handelte, der auf dem Postwege nach Italien entwendet worden war; sie konnte also die Angeklagte nicht entsprechend informieren. Nachdem ihr der weitere Scheckbetrag (von ca. 32.000 DM) gutgeschrieben worden war und sie ihn zum überwiegenden Teil abgehoben hatte, zeigte sie diesen Vorgang umgehend durch die von ihr beauftragte Rechtsanwältin der Polizei an: Dies durfte in diesem Zusammenhang zu ihren Gunsten gewertet werden.
Unter diesen Umständen bedarf es keiner Entscheidung, ob die Angeklagte, als sie ihre Hausbank nicht von den polizeilichen Ermittlungen unterrichtete, eine Rechtspflicht zum Handeln gehabt hätte.
Es ist mithin nicht rechtsfehlerhaft, daß die Strafkammer auf Grund der von ihr vorgenommenen Gesamtwürdigung Zweifel an vorsätzlichem Handeln der Angeklagten hatte.
Unterschriften
Schäfer, Granderath, Brüning, Wahl, Boetticher
Fundstellen
Haufe-Index 539969 |
wistra 1999, 338 |