Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg für einen Auskunftsanspruch bezüglich der Vorbereitung eines Ersatzanspruchs
Leitsatz (amtlich)
- Bei der Gestaltung des Verteilungsmaßstabes für die von der Krankenkasse entrichtete Gesamtvergütung (§ 368 f Abs. 1 RVO) haben die rechtsetzenden Organe der Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber den Mitgliedern (Kassenärzten) die Amtspflicht, sich im Rahmen ihrer Selbstverwaltungszuständigkeit zu halten und nicht in unzulässiger Weise den "Zulassungsstatus" der Mitglieder zu schmälern.
- Die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung, für eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder zu sorgen (§ 368g Abs. 1 RVO), begründet keine Amtspflichten gegenüber einzelnen Kassenärzten, zu deren Gunsten für die Überweisung von Patienten Regelungen zu treffen, die den Grundsatz der freien Kassenarztwahl (§ 368d RVO) einschränken.
- Die Praxis des zugelassenen Kassenarztes ist durch die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) geschützt.
Normenkette
RVO § 368f Abs. 1, § 368g Abs. 1; BGB § 839; GG Art. 34, 14 Abs. 3 S. 4; HVM § 7 Ziff. 3
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 15. Januar 1980 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage für den Abrechnungszeitraum bis zum 28. Juli 1977 abgewiesen worden ist.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger ist Facharzt für Radiologie und Strahlenheilkunde und Mitglied der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Er ist seit Juli 1975 der einzige zur Behandlung von RVO-Patienten zugelassene Arzt seiner Fachrichtung in Husum und im Kreis Nordfriesland.
Die Verteilung der von den Krankenkassen gemäß § 368 f Abs. 1 RVO für die kassenärztliche Versorgung ihrer Versicherten geleisteten Gesamtvergütung richtet sich nach dem Honorarverteilungsmaßstab (HVM). Als der Kläger seine Tätigkeit als niedergelassener Facharzt in H. aufnahm, galt die Fassung des HVM der Beklagten vom 1. April 1975.
§ 3 Ziffer 4 HVM lautete:
4.
Fachärzte dürfen - abgesehen von erster Hilfeleistung in dringenden Fällen (Notfällen) - Honorar grundsätzlich nur für die in ihr Fachgebiet fallenden Verrichtungen anfordern. Honorarforderungen der Fachärzte für Röntgenologie und Strahlenheilkunde und der Fachärzte für Laboratoriumsdiagnostik sind mit Ausnahme von begründeten Einzelfällen auf überwiesene Fälle beschränkt.
§ 7 Ziffer 3 HVM enthielt folgende Regelung:
Überweisungen mit gezielten Aufträgen zur Durchführung bestimmter diagnostischer Röntgenleistungen dürfen nur an in freier Praxis tätige und zur Kassenpraxis zugelassene Fachärzte für Röntgen- und Strahlenheilkunde gerichtet werden. Diese Regelung gilt in Städten, in denen ein oder mehrere Fachärzte für Röntgen- und Strahlenheilkunde praktizieren. In anderen Orten und ländlichen Bereichen gilt sie mit der Maßgabe, daß dann auch ein röntgenologisch tätiger Facharzt anderer Disziplinen für die Durchführung bestimmter Röntgenleistungen in Anspruch genommen werden darf, wenn dessen Praxisstelle näher gelegen ist als die des nächsten Facharztes für Röntgen- und Strahlenheilkunde.
Mit Schreiben vom 19. Juli 1976 forderte der Kläger die Beklagte auf, dafür Sorge zu tragen, daß die Kassenärzte im Bereich von Husum und Nordfriesland die Vorschrift des § 7 Ziffer 3 HVM einhalten. Zugleich verlangte er Auskunft darüber, welche Überweisungen im Bereich der Stadt Husum in der Zeit vom 15. Juli 1975 bis zum 15. Juli 1976 mit gezielten Aufträgen zur Durchführung diagnostischer Röntgenleistungen vorgenommen worden waren.
Die Beklagte wies daraufhin im August 1976 in einem Rundschreiben die in Husum niedergelassenen Kassenärzte auf § 7 Ziffer 3 HVM hin und forderte sie auf, die Vorschrift zu beachten.
Durch Urteil vom 30. März 1977 entschied das Bundessozialgericht in dem Rechtsstreit des Dr. med. Erwin B. gegen die Beklagte, daß § 3 Ziffer 4 letzter Satz HVM ungültig sei.
Die Abgeordnetenversammlung der Beklagten hob daraufhin in ihrer Sitzung vom 29. Juli 1977 die Vorschrift des § 7 Ziffer 3 HVM mit sofortiger Wirkung ersatzlos auf.
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe, solange § 7 Ziffer 3 HVM gegolten habe, fortlaufend gegen ihre Verpflichtung verstoßen, nur solche ärztlichen Honoraransprüche zu erfüllen, die mit § 7 Ziffer 3 HVM in Einklang standen. Sie habe vor allem Honoraransprüche von Kassenärzten in Husum für diagnostische Röntgenleistungen erfüllt, obwohl diese Kassenärzte die Röntgenleistungen auf Überweisungen mit gezielten Aufträgen zur Durchführung bestimmter röntgenologischer Leistungen erbracht hätten. Einerseits hätten sich Fachärzte, wie Chirurgen, Internisten usw., die zum Teil zugleich als Teilradiologen tätig seien, nicht an die Vorschriften des Honorarverteilungsmaßstabes gehalten, andererseits hätten auch die praktischen Ärzte bei ihrer Überweisungstechnik gegen den Honorarverteilungsmaßstab verstoßen.
Der Kläger hat behauptet, ihm sei durch das Verhalten der Beklagten ein erheblicher Schaden entstanden. Bis Juni 1976 habe sein Verdienst um mehr als 300.000 DM unter dem Durchschnittseinkommen eines Radiologen in Schleswig-Holstein gelegen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
- ihm Auskunft darüber zu erteilen, welche ärztlichen Honoraransprüche der folgenden Kassenärzte in Husum Dres. N., R., M., internistische Gemeinschaftspraxis; Dr. A., Internist; Dr. S., Internist; Dr. E., Orthopäde; Dr. K., Orthopäde; Chirurgische Privatklinik Dr. Dr. W.; Dr. H., Chirurg des Kreiskrankenhauses Hu., sie in der Zeit seit dem 7. Juli 1975 erfüllt hat, die auf Überweisungen mit gezielten Aufträgen zur Durchführung bestimmter Röntgenleistungen beruhten;
- ihm weiter Auskunft darüber zu erteilen, welche ärztlichen Honoraransprüche der genannten Kassenärzte in Husum sie in der Zeit seit dem 7. Juli 1975 erfüllt hat, die auf Überweisungen beruhten, aus denen zwar hervorging, daß es sich um Aufträge zur Vornahme von Röntgenleistungen handelte, aus denen aber nicht hervorging, ob es sich um gezielte Aufträge zur Durchführung bestimmter Röntgenleistungen handelte.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Meinung vertreten, es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit des Kassenarztrechts, die in die Zuständigkeit der Sozialgerichte falle.
Zum Anspruch selbst hat die Beklagte vorgetragen, sie könne die begehrte Auskunft nicht erteilen, weil die Krankenscheine sich nicht mehr in ihrem Besitz sondern wieder bei der jeweiligen Krankenkasse befänden. Eine ihr gegenüber dem Kläger obliegende Amtspflicht habe sie nicht verletzt. Sie habe es weder zugelassen, daß Kassenärzte unter Verletzung von § 7 Ziffer 3 HVM Überweisungen mit gezielten Aufträgen zur Durchführung diagnostischer Röntgenleistungen an sogenannte Teilradiologen hätten geben können, noch habe sie ärztliche Leistungen von Teilradiologen honoriert, die unter Verletzung von § 7 Ziffer 3 erbracht worden seien.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen.
Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren um Auskunftserteilung weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, daß für den hier geltend gemachten Auskunftsanspruch der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gewährleistet sei.
Vor die Sozialgerichte gehören allerdings die Streitigkeiten zwischen Kassenarzt und Kassenärztlicher Vereinigung (KV), die sich daraus ergeben, daß der Arzt als Mitglied der KV (§ 368 a Abs. 4 RVO) an der kassenärztlichen Versorgung (§ 368 RVO) teilnimmt (Senatsurteil BGHZ 67, 92, 95). Dazu gehören namentlich Rechtsstreitigkeiten mit der KV über die Verteilung der für die gesamte kassenärztliche Versorgung vereinnahmten Gesamtvergütung unter die Kassenärzte (BSGE 43, 247). Dies schließt es indessen nicht aus, daß das Zivilgericht im Rahmen seiner Zuständigkeit zur Klärung von öffentlich-rechtlichen Vortragen auch über Rechtsfragen des Honorarverteilungsmaßstabes (§ 368 f Abs. 1 Satz 3 RVO) mitentscheiden kann. So verhält es sich hier. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch soll eine Klage auf Schadensersatz aus § 839 BGB in Verb. mit Art. 34 GG bzw. auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs (entspr. Art. 14 Abs. 3 GG) vorbereiten. Wie der Senat im Urteil vom 25. September 1980 (III ZR 74/78 = NJW 1981, 675) näher ausgeführt hat, folgen derartige Nebenansprüche, die nur einen Annex des Hauptanspruchs bilden, in der Rechtswegfrage denselben Regeln wie dieser. Daher erstrecken sich die Rechtswegzuweisungen des Art. 34 Satz 3 und des Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG auch auf den der Vorbereitung eines Ersatzanspruchs (Entschädigungsanspruchs) dienenden Auskunftsanspruch. Soweit die Berechtigung dieses Anspruchs von der Qualität und näheren Ausgestaltung des zwischen dem Kassenarzt und der KV bestehenden öffentlich-rechtlichen Verhältnisses abhängt, handelt es sich lediglich um Vortragen, über die im ordentlichen Rechtsweg mitzuentscheiden ist.
II.
Das Berufungsgericht verneint Ansprüche aus Amtshaftung (§ 839 BGB in Verb. mit Art. 34 GG) und aus enteignungsgleichem Eingriff (entspr. Art. 14 Abs. 3 GG). Dazu führt es im wesentlichen aus:
Die Beklagte sei zur Erteilung der begehrten Auskunft nicht verpflichtet, weil dem Grunde nach Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche nicht bestünden. Eine - mögliche - Mißachtung des § 7 Ziff. 3 HVM (Überweisungspflicht) komme als Amtspflichtverletzung schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Norm unzulässigerweise in den "Zulassungsstatus" der Kassenärzte eingegriffen habe und deshalb rechtswidrig gewesen sei. Die spätere Aufhebung des § 7 Ziff. 3 HVM durch die Abgeordnetenversammlung der KV (am 29. Juli 1977) sei schon aus diesem Grund nicht amtspflichtwidrig gewesen. Überdies sei diese Norm an die Regelung in § 3 Ziff. 4 Satz 2 HVM "gekoppelt" gewesen und habe mit dessen Nichtigerklärung die Bedeutung als notwendiges "Korrektiv" jener den Zulassungsstatus der Röntgenfachärzte einschränkenden Regelung eingebüßt. Im übrigen hätten die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht die (hoheitliche) Aufgabe, ihren Mitgliedern eine Existenzgrundlage zu schaffen und zu erhalten; ihre Pflichten seien allein darauf gerichtet, die ausreichende und zweckmäßige kassenärztliche Versorgung sicherzustellen, um ein störungsfreies, ärztlichen Grundsätzen entsprechendes und möglichst kostengünstiges Gesundheitswesen zum Schütze der Patienten zu gewährleisten. Der Beklagten sei es deshalb auch nicht verwehrt gewesen, § 7 Ziff. 3 HVM ersatzlos aufzuheben. Soweit eine Ersatzregelung auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen mit den Krankenkassen möglich gewesen sei (vgl. § 368 g RVO), habe jedenfalls eine Rechtspflicht zum Handeln im Interesse und zum Schutz des Klägers nicht bestanden. Eine solche Schutzpflicht ergebe sich auch nicht daraus, daß der Kläger mit der Zulassung "Zwangsmitglied" der Beklagten geworden sei und zu ihr in einem besonderen Gewaltverhältnis stehe.
Ein enteignungsgleicher Eingriff sei zu verneinen, weil die Beklagte nicht in ein vermögenswertes subjektives Recht des Klägers eingegriffen habe. Die Beseitigung der §§ 3 Ziff. 4 und 7 Ziff. 3 HVM habe lediglich Erwerbsmöglichkeiten und Chancen berührt, auf deren Fortbestand der Kläger kein "wohlerworbenes Recht" besessen habe. Nach allgemeiner Erfahrung sei davon auszugehen, daß die hinter den Erwartungen zurückgebliebene Entwicklung der Praxis jedenfalls zum großen Teil das Risiko widerspiegele, das jeder Neueröffnung anhafte.
Diese Ausführungen sind teilweise durch Rechtsirrtum beeinflußt.
III.
Ein Anspruch auf Auskunft kommt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht bei Rechtsverhältnissen, deren Wesen es mit sich bringt, daß der Berechtigte entschuldbarerweise über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im ungewissen ist, während der Verpflichtete die Auskunft unschwer erteilen kann (vgl. BGHZ 10, 385, 387; BGB-RGRK 12. Aufl. § 242 Rdn. 44). Das gilt auch für die Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen aus Amtshaftung (Senatsurteil NJW 1981, 675; vgl. auch BGHZ 44, 271, 273). Nicht geprüft ist bisher, ob die Beklagte die begehrte Auskunft "unschwer" erteilen kann. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, sie könne die Auskunft nicht erteilen, weil sich die Krankenscheine, die sie für die Auskunft benötige, bei den jeweiligen RVO- und Ersatzkassen befänden. Soweit es möglich sei, die Überweisungsscheine von den einzelnen Kassen zurückzufordern, setze dies die Angabe des Patienten, der Kasse, des überweisenden Arztes, des Teilradiologen und des Überweisungsdatums voraus. Der Kläger hat hierauf vorgetragen, in einer "Reihe konkreter Fälle" Angaben über Patienten, den behandelnden Arzt und das Behandlungsdatum machen zu können (Schriftsatz vom 6. Mai 1977). Das Berufungsgericht hat dies nicht weiter aufgeklärt. Danach ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß die Beklagte - durch entsprechende Konkretisierung des Klagevorbringens - in die Lage versetzt werden kann, die für die Auskunft nötigen Krankenscheine von den jetzigen Besitzern zurückerhalten. Jedenfalls kann bei dieser Sachlage die Zumutbarkeit der Erteilung einer Auskunft nicht von vornherein ausgeschlossen werden.
IV.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne durch Nichtbeachtung des § 7 Ziff. 3 HVM eine dem Kläger gegenüber bestehende Amtspflicht nicht verletzt haben, weil dieser Teil des HVM rechtswidrig gewesen sei, ist durch Rechtsirrtum beeinflußt.
1.
Wie das Berufungsgericht hierbei nicht verkennt, sind die Beziehungen zwischen der KV und dem Kassenarzt als ordentliches Mitglied durch die hoheitliche Verbandsgewalt der KV gekennzeichnet. Die Zulassung zum Kassenarzt begründet ein öffentlich-rechtliches Verhältnis eigener Art, kraft dessen der Arzt zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist (§ 368 a Abs. 4 RVO; Senatsurteil BGHZ 67, 92, 94 m.w.Nachw.).
Bei der Prüfung, ob ein die Facharztgruppe der Röntgenfachärzte benachteiligender Verteilungsmaßstab für die Gesamtvergütung (§ 368 f Abs. 1 Satz 3 RVO) auf der Verletzung von Amtspflichten im Sinne von § 839 BGB gegenüber diesem Personenkreis beruhen kann, ist auf den konkreten Inhalt der Regelung abzustellen.
2.
Der Verteilungsmaßstab ist ein Akt autonomer Rechtsetzung der öffentlichen Körperschaft; er wird von der KV als einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts (§ 368 k Abs. 3 Satz 1 RVO) im Rahmen der ihr durch das Gesetz verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörenden und unterworfenen Personen erlassen (BSGE 22, 218, 219; Peters Hdb. der Krankenversicherung Teil 2, 17. Aufl. § 368 f Anm. 13). Die Gestaltung des HVM fließt aus dem Recht der Selbstverwaltung einer autonomen Körperschaft der Ärzte. Er gestattet eine Fülle vertretbarer Antworten auf die Frage nach einer "gerechten" Verteilung der Gesamtvergütung. Der Gesetzgeber vertraut darauf, daß das zur eigenverantwortlichen Selbstbestimmung tätige Beschlußorgan - im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen (§ 368 f Abs. 1 Satz 3 RVO) - letztlich einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen herbeiführen und einen sachgerechten HVM festsetzen wird (vgl. BVerfGE 33, 171, 183). Ein ordnungsgemäß von den zuständigen Organen beschlossener HVM ist deshalb nur dann als für die Betroffenen unzumutbar und übermäßig belastend anzusehen, wenn er offensichtlich die in dieser Hinsicht für die Gestaltung des HVM gezogenen Grenzen mißachtet (BSG a.a.O. S. 224).
Ein HVM, der einzelne Kassenärzte oder Gruppen von ihnen unzumutbar und übermäßig belastet, wird praktisch nur möglich sein, wenn die Mehrheit der Vertreter ihre Willensmacht zu Lasten der Minderheit mißbraucht. Ob in einem solchen Fall eine Amtshaftung nach Grundsätzen des Amtsmißbrauchs (vgl. BGB-RGRK a.a.O. § 839 Rdn. 165) in Betracht zu ziehen ist, oder ob der Annahme einer "Amtspflicht" zugunsten der Minderheit auch in diesem Fall grundsätzlich entgegensteht, daß alle an der Selbstverwaltung beteiligten Mitglieder gleichberechtigt an der Erfüllung einer ihnen obliegenden gemeinsamen Aufgabe mitwirken, also gleichsinnig zusammenwirken (vgl. die Nachweise bei BGB-RGRK a.a.O. Rdn. 245), ist vorliegend nicht zu entscheiden, denn auch nach dem Vorbringen des Klägers scheidet ein Amtsmißbrauch aus.
3.
Amtspflichten des willensbildenden Organs der KV gegenüber dem Einzelmitglied oder Gruppen von ihnen bestehen jedoch insoweit, als die Träger der Rechtsetzung gehalten sind, sich im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu halten und nicht durch Akte autonomer Rechtsetzung Rechte und Interessen Dritter, die außerhalb des Bereichs der Selbstverwaltung der KV liegen, zu beeinträchtigen. Solche Folgen treten ein, wenn der HVM sich nicht in einer Verteilung der Gesamtvergütung erschöpft, sondern in unzulässiger Weise auf den "Zulassungsstatus" des Kassenarztes einwirkt. Diesen Status umschreibt § 368 a Abs. 4 RVO dahin, daß der Kassenarzt mit der Zulassung ordentliches Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen KV wird und zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Soweit das Zulassungsrecht nicht gesetzlich oder auf Grund gesetzlicher Ermächtigung in der Zulassungsordnung normiert ist, erfordert seine Regelung grundsätzlich ein "Zusammenwirken" der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen (vgl. § 368 Abs. 1 Satz 1 RVO); im übrigen sind Entscheidungen in Zulassungssachen im allgemeinen Akte der gemeinsamen Selbstverwaltung der Kassenärzte und Krankenkassen (§ 368 b RVO). Danach ist die KV Jedenfalls nicht befugt, im HVM einseitig eine Regelung zu treffen, die den "Zulassungsstatus" des Kassenarztes schmälert (BSGE 43, 247, 258 f). Eine solche Regelung betrifft nicht mehr nur den der autonomen Rechtsetzung zugänglichen Bereich. Sie verletzt die den Trägern von Hoheitsrechten grundsätzlich obliegende Amtspflicht, die Grenzen der Zuständigkeit einzuhalten und führt, wenn eine innere Beziehung zwischen der schädigenden Handlung und der Amtsausübung besteht, zur Schadensersatzpflicht gemäß § 839 BGB gegenüber jedem, der durch sie geschädigt worden ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 65, 182, 187; BGB-RGRK a.a.O. Rdn. 169 m.w.Nachw.). Diese Grundsätze sind auch für das Verhältnis der KV zum Kassenarzt anwendbar, soweit Akte der Selbstverwaltung über die Grenzen der Autonomie hinausgreifen. Dies trifft den Kassenarzt nicht als Mitglied der KV, sondern in einem rechtlichen Status, der Voraussetzung für seine Mitgliedschaft in der KV ist und der einseitigen Gestaltung durch diese - wie ausgeführt - nicht unterliegt. Es handelt sich andererseits (noch) um eine Auswirkung der hoheitlichen Verbandsgewalt der KV, so daß eine innere Beziehung zwischen der schädigenden Handlung und der Amtsausübung besteht.
4.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts war § 7 Ziff. 3 HVM rechtswidrig, weil die Regelung in unzulässiger Weise (einseitig) nicht mehr die Honorierung der ärztlichen Leistung betraf, sondern die Voraussetzungen, unter denen der Arzt an der kassenärztlichen Versorgung teilnimmt, mithin seinen Zulassungsstatus.
Die Revision sieht demgegenüber in dieser Regelung nur die Wiedergabe eines Grundsatzes des ärztlichen Berufsrechts, daß der Facharzt die Grenzen seines Fachgebiets einhalten müsse. Diese Auffassung ist schon deshalb zweifelhaft, weil auch der "Teilradiologe" für die Ausführung bestimmter Röntgenleistungen zugelassen ist, insoweit also auf seinem "Fachgebiet" tätig wird (vgl. dazu auch Narr, Ärztl. Berufsrecht, 1973, S. 102: verboten ist nur eine generelle fachfremde Tätigkeit). In dem von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den Bundesverbänden der Krankenkassen gemäß § 368 g Abs. 2 Satz 2 RVO geschlossenen Bundesmantelvertrag für Ärzte (BMV; in Kraft seit 1. Oktober 1959, DOK 1959, 439; zu den späteren Änderungen vgl. Peters a.a.O. § 368 g Anm. 9c), der gemäß § 3 Abs. 4 der Satzung der beklagten KV in Verb. mit § 368 m Abs. 2 RVO auch dem Kläger gegenüber verbindlich ist, haben die Partner des Vertrages die Berechtigung zur Ausübung einer kassenärztlichen Röntgentätigkeit mit dem allgemeinen ärztlichen Berufsrecht nur insofern fest verknüpft, als sie Ärzte, die nach der ärztlichen Berufsordnung als Fachärzte für Röntgenologie und Strahlenheilkunde anerkannt sind, von der Verpflichtung zum Nachweis ihrer röntgenologischen Fachkenntnisse befreit haben (§ 15 Abs. 2 BMV). Bei allen anderen Ärzten haben sie dagegen - unbeschadet der mit der Bestallung erworbenen Befugnis zur uneingeschränkten Ausübung der Heilkunde - für die kassenärztliche Röntgentätigkeit den individuellen Nachweis der erforderlichen Fachkenntnisse verlangt und im Zusammenhang damit eine Beschränkung der Röntgenberechtigung "auf die Ausführung bestimmter Röntgenleistungen" zugelassen (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BMV; vgl. dazu BSGE 28, 73, 75 f). Die von der Beklagten erlassenen "Richtlinien über die Ausführung von Röntgenleistungen und nuklearmedizinischen Leistungen in der Kassenpraxis" legen die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen im einzelnen fest. Wer danach die Genehmigung zur Ausführung solcher Leistungen erhält (§ 7 der Richtlinien), hat grundsätzlich Anspruch auf Ausführung und Abrechnung röntgenologischer und nuklearmedizinischer Leistungen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung (§ 7 Nr. 3 der Richtlinien).
a)
Nach den vom Bundessozialgericht in BSGE 43, 247 ausgesprochenen Grundsätzen läßt es § 368 f Abs. 1 RVO nicht zu, im HVM einseitig zu bestimmen, unter welchen allgemeinen Voraussetzungen die Mitglieder der KV Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbringen dürfen, insbesondere, ob dazu bei Fachärzten eine Überweisung durch den behandelnden Arzt erforderlich ist. In dieser Hinsicht stellte § 7 Ziff. 3 Satz 1 HVM eine den Zulassungsstatus der Nicht-Röntgenfachärzte beschränkende Regelung dar, die durch § 368 f Abs. 1 RVO nicht mehr gedeckt war.
b)
Dem Berufungsgericht ist gleichwohl nicht in der Auffassung zu folgen, eine Amtspflichtverletzung durch Nichtanwenden des § 7 Ziff. 3 HVM scheide schon deshalb aus, weil es nicht zu den Pflichten der Beklagten gehört habe, eine rechtswidrige Bestimmung anzuwenden und durchzusetzen. Diese Auffassung - die im Grundsatz nicht zu beanstanden ist - berücksichtigt nicht hinreichend den hier bestehenden Regelungszusammenhang zwischen § 3 Ziff. 4 HVM und § 7 Ziff. 3 HVM. Die in § 7 Ziff. 3 HVM angeordnete Beschränkung der "Nicht-Röntgenfachärzte" steht im Zusammenhang mit § 3 Ziff. 4 HVM, der dem Röntgenfacharzt die Behandlung von Versicherten unmittelbar auf Krankenschein im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung unzulässigerweise untersagte (BSGE 43, 247, 249). Von diesem Verständnis geht auch die Beklagte aus. Hierauf beruht die am 29. Juli 1977 von der Abgeordnetenversammlung beschlossene Aufhebung des § 7 Ziff. 3 HVM, ohne die - nach Auffassung der Beklagten - eine nicht zu rechtfertigende Bevorzugung der Fachärzte für Radiologie und Strahlenheilkunde eingetreten wäre. Dieser Regelungszusammenhang kann für die Frage, ob die Beklagte gehalten war, § 7 Ziff. 3 HVM in der Zeit seiner formalen Geltung auch anzuwenden, nicht außer Betracht bleiben. Wenn die Beklagte es duldete, daß die genannte Vorschrift - die den Kläger mittelbar begünstigte - in dem hier geltend gemachten Umfang von den überweisenden Ärzten nicht beachtet wurde, gleichzeitig aber die den Kläger beschränkende Regelung in § 3 Ziff. 4 HVM praktizierte, setzte sie sich in Widerspruch zu ihren eigenen Grundsätzen der Verteilung der Gesamtvergütung und hielt den Kläger einerseits an der Beschränkung seines "Zulassungsstatus" durch § 3 Ziff. 4 HVM fest, ohne ihn andererseits in den Genuß der flankierenden Regelung in § 7 Ziff. 3 HVM, die auch nach der Auffassung des Berufungsgerichts als "Korrektiv" der auferlegten Beschränkung erforderlich war, kommen zu lassen. Selbst wenn § 7 Ziff. 3 HVM rechtswidrig war, bestand gegenüber dem Kläger die Amtspflicht, die Beschränkung seines "Zulassungsstatus" durch (den unerkannt rechtswidrigen) § 3 Ziff. 4 HVM nicht noch durch Nichtanwendung des als Korrektiv erforderlichen § 7 Ziff. 3 HVM zu verschärfen.
Eine Amtspflicht der Beklagten zur Anwendung des HVM kann hiernach nicht nur für einen Teil der aufgezeigten Gesamtregelung verneint werden. Amtspflichtgemäß wäre es gewesen, beide Teilregelungen nicht zu praktizieren. Das faktische Außerkraftsetzen nur des einen Teils einer zusammengehörenden Norm entsprach hingegen nicht dem Regelungszweck des HVM und war durch den Rechtsetzungsakt der Abgeordnetenversammlung nicht gedeckt. Wenn die Bediensteten der Beklagten sich bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen in dieser Weise verhielten, wirkten sie in einer vom HVM nicht vorgesehenen Weise auf den "Zulassungsstatus" des Klägers - wenn auch nur mittelbar, so doch spürbar - ein und verletzten insoweit die ihm gegenüber bestehende Amtspflicht zu konsequentem Verhalten in der Ausführung zusammengehörenden autonomen Rechts.
Für die revisionsrechtliche Würdigung kann insoweit auch ein Verschulden der Bediensteten der Beklagten nicht verneint werden. Die Ausführungen des Berufungsgerichts über die Rechtmäßigkeit der Amtsführung sind hier nicht geeignet, ein Verschulden des Amtsträgers deshalb auszuschließen, weil ein Kollegialgericht ihr Verhalten als objektiv rechtmäßig angesehen hat. Dieser Grundsatz (vgl. die Nachweise bei BGB-RGRK a.a.O. Rdn. 296) stellt nur eine allgemeine Richtlinie für die rechtliche Beurteilung des Einzelfalles dar. Er gilt z.B. nicht, wenn das Kollegialgericht sich bereits in seinem rechtlichen Ausgangspunkt von einer rechtlich verfehlten Betrachtungsweise nicht hat freimachen können (BGB-RGRK a.a.O. Rdn. 300). Das ist hier geschehen, denn das Berufungsgericht hat sich den Weg zu einer zutreffenden Beurteilung der Amtspflichten schon dadurch verstellt, daß es allein auf § 7 Ziff. 3 HVM abgehoben hat, ohne aus dem - an sich erkannten - inneren Regelungszusammenhang zu § 3 Ziff. 4 HVM die Frage abzuleiten, ob das Verhalten der Beklagten im Blick auf die mit einer inkonsequenten Anwendung nur eines Teils dieser Vorschriften verbundenen nachteiligen Folgen für den "Zulassungsstatus" der Röntgenfachärzte amtspflichtgemäß sein könne. Im übrigen hat sich die Beklagte, die ihrerseits eine Nichtanwendung des § 7 Ziff. 3 HVM bestreitet, zu ihrer Entlastung auch nicht darauf berufen, sie habe sich für berechtigt gehalten, vor der Aufhebung des § 3 Ziff. 4 HVM den § 7 Ziff. 3 HVM nicht mehr zu praktizieren.
5.
Entgegen der Auffassung der Revision stellte jedoch die ersatzlose Aufhebung des § 7 Ziff. 3 HVM am 29. Juli 1977 keine Amtspflichtverletzung gegenüber dem Kläger dar.
Mit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. März 1977 (BSGE 43, 247) stand für die Beklagte die Rechtswidrigkeit der Regelung in § 3 Ziff. 4 HVM fest. Zu einer förmlichen Aufhebung des § 7 Ziff. 3 HVM war sie nunmehr schon deshalb befugt, weil diese Bestimmung, wenn sie einseitig beibehalten worden wäre, eine Begünstigung der Gruppe der Röntgenfachärzte zur Folge gehabt hätte.
Eine Amtspflicht gegenüber dem Kläger, nunmehr im Zusammenwirken mit den Krankenkassen eine ersetzende Regelung zu schaffen (vgl. § 368 Abs. 1 Satz 1 RVO; BSG a.a.O. S. 250), ist nicht anzuerkennen. Wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausführt, bestand eine solche Rechtspflicht zum Handeln jedenfalls nicht im Interesse und zum Schutz des Klägers. Die von den KVen mit den Verbänden der Krankenkassen über die Durchführung der kassenärztlichen Versorgung zu schließenden Verträge dienen dem Zweck, eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken zu gewährleisten und für eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen zu sorgen (§ 368 g Abs. 1 RVO). Der Vertragsabschluß soll ersichtlich nicht (auch) dem Schutz oder der Förderung der Interessen einzelner Kassenärzte dienen, wie dies für das Bestehen einer Amtspflicht gegenüber einem "Dritten" vorausgesetzt wird (BGB-RGRK a.a.O. § 839 Rdn. 242). Soweit die KV verpflichtet ist, eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen ihrer Mitglieder zu erreichen, geht es um die Vergütung für erbrachte Leistungen, nicht aber, wie im vorliegenden Fall, um Regelungen für das Erbringen solcher Leistungen im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung. Im übrigen kann der Beklagten jedenfalls aber auch sachlich nicht der Vorwurf amtspflichtwidrigen Verhaltens gemacht werden, wenn sie davon abgesehen hat, in die grundsätzliche Freiheit der Versicherten, nach eigenem Entschluß und Belieben eine Auswahl unter den in § 368 d Abs. 1 RVO genannten Ärzten und Einrichtungen treffen zu dürfen (Grundsatz der freien Arztwahl, vgl. Peters a.a.O. § 368 a RVO Anm. 2), dirigistisch einzugreifen. Die Einkommenslage bestimmter Ärzte könnte die KV - wenn überhaupt - zu einem Einschreiten nur verpflichten, wenn der bisherige HVM diesen Ärzten den Zugang zum Patienten unzumutbar beschränkte und sie der Existenzgefährdung aussetzte (vgl. BVerfGE 11, 30, 45/46). Dies war beim Kläger unstreitig nicht der Fall. Unter diesen Umständen kommt auch eine auf die Wiedereinführung der in § 7 Ziff. 3 HVM enthaltenen Regelung gerichtete "Fürsorgepflicht aus besonderem Gewaltverhältnis" (Zwangsmitgliedschaft in der KV) nicht in Betracht, ohne daß der erkennende Senat dazu Stellung nehmen müßte, ob und unter welchen Voraussetzungen eine derartige Pflicht überhaupt angenommen werden könnte.
V.
Auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs verneint hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Als Eingriff kommt insoweit die Anwendung des unerkannt nichtigen § 3 Ziff. 4 HVM bis zum 30. März 1977 in Betracht. Dies wirkte unmittelbar nachteilig auf den "Zulassungsstatus" des Klägers ein, indem es ihn daran hinderte, von seiner Zulassung, d.h. dem Recht, Patienten auch ohne vorherige Überweisung kassenärztlich zu behandeln, vollen Gebrauch zu machen. Geschützter Gewerbebetrieb im Sinne des Enteignungsrechts ist auch die eingerichtete und ausgeübte Arztpraxis (vgl. BGB-RGRK a.a.O. Vorbem. 64 vor § 839; BGHZ 16, 71, 79) als Gesamtheit alles dessen, was die gegenständliche und personelle Grundlage der Tätigkeit des praktizierenden Arztes bei der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgabe bildet. Das Berufungsgericht verkennt den eigentumsrechtlichen Schutz dieser unter dem Begriff der Arztpraxis zusammengefaßten Sach- und Rechtsgesamtheit, wenn es ausführt, die Maßnahmen der Beklagten hätten bloße Erwerbschancen, Gewinnaussichten, Chancen oder Hoffnungen zerschlagen. Der "Zulassungsstatus" des Klägers durfte, wie dargelegt, von der Beklagten im HVM nicht einseitig geschmälert werden. Aus dieser Sicht bedeutet § 3 Ziff. 4 für die Zeit seiner formalen Geltung und Anwendung einen Eingriff in eine Rechtsposition, die der Kläger durch die Zulassung als Kassenarzt erworben hatte. Daß diese Zulassung (nur) ein subjektives Öffentliches Recht gewährt, schließt hier den Eigentumsschutz nicht aus. Auch öffentlich-rechtliche Rechtspositionen privater Rechtsträger sind in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG einbezogen, wenn der einzelne dadurch eine Rechtsstellung erlangt hat, die der des Eigentümers entspricht. Ein subjektiv-öffentliches Recht ist danach eigentumsmäßig verfestigt, wenn nach seiner gesamten rechtlichen Ausgestaltung und nach dem rechtsstaatlichen Gehalt des Grundgesetzes dieses Recht nicht ersatzlos entzogen werden darf (vgl. BVerfGE 53, 257, 289; 45, 142, 170; 40, 65, 83). Diese Voraussetzungen liegen bei der Zulassung zum Kassenarzt vor. Sie kann nur aus bestimmter gesetzlich geregelten Gründen entzogen werden, wobei namentlich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besonders beachtet werden muß (Peters a.a.O. § 368 a Anm. 9 f, bb, cc) Als eine öffentlich-rechtliche Berechtigung, die in ihrer Bedeutung - und damit wirtschaftlich gesehen auch in ihrem Vermögenswert - entscheidend durch die beruflichen Fähigkeiten und die Initiative des Berechtigten ausgefüllt und geprägt wird, trägt sie die konstituierend Merkmale des Eigentumsbegriffs und kann mit Forderungsrechten fürsorgerischer Art, in denen der Staat der einseitig "Gebende" ist, nicht gleichgesetzt werden (BSGE 5, 40, 43; 15, 177, 183; Senatsurteil vom 9./12. Juli 1971 - III ZR 139/68 = WM 1971, 1156, 1157 für wasserrechtliche Erlaubnis als Rechtsposition eines Gewerbebetriebes; vgl. auch Kimminich BK Art. 14 [Drittbearbeitung] Rdn. 78; Werner Weber in Neumann/Nipperdey/Scheuner, Grundrechte II S. 331 f, 354). Indem die Beklagte durch die Regelung in § 3 Ziff. 4 HVM dem Kläger untersagt hat, im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung Patienten unmittelbar auf Krankenschein zu behandeln, hat sie seiner Zulassung eine rechtswidrige Schranke gesetzt und nicht nur auf bloße Chancen und Erwerbsmöglichkeiten eingewirkt. Dabei kommt es nicht darauf an, daß § 3 Ziff. 4 HVM zum Zeitpunkt der Zulassung des Klägers bereits beschlossen war. Im enteignungsrechtlichen Sinne ist allein bedeutsam, daß von der (unerkannt nichtigen) Norm unmittelbare Wirkungen auf den "Zulassungsstatus" des Klägers ausgingen. Dieser Eingriff wurde noch verschärft, wenn - wie der Kläger vorträgt - die Beklagte nicht gleichzeitig dem § 7 Ziff. 3 HVM, der als notwendiges Korrektiv gedacht war, Geltung verschaffte. Eine solche Praxis würde wegen des zwischen § 3 Ziff. 4 und § 7 Ziff. 3 HVM bestehenden Regelungszusammenhangs enteignungsrechtlich nicht als bloßes Unterlassen (reine Untätigkeit), sondern wie ein in den Rechtsstatus des Klägers eingreifendes Handeln (vgl. Senatsurteile BGHZ 32, 208, 211; 56, 40, 42) zu bewerten sein.
Ein Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs durch Nichtanwendung des § 7 Ziff. 3 HVM kann bei dieser Sach- und Rechtslage für die Zeit bis zum 30. März 1977 nicht verneint werden.
VI.
Hiernach läßt sich die Abweisung der Klage für den Abrechnungszeitraum bis 28. Juli 1977 mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht rechtfertigen. Für die nachfolgende Zeit stehen hingegen dem Kläger Ansprüche aus Amtshaftung oder enteignungsgleichem Eingriff nicht zu, so daß insoweit die Ablehnung des Auskunftsbegehrens der Rechtslage entspricht.
Unterschriften
Nüßgens
Krohn
Tidow
Kröner
Boujong
Fundstellen
Haufe-Index 1456060 |
BGHZ, 21 |
NJW 1981, 2000 |