Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung eines Objektnachweises als hinreichend deutliches Provisionsverlangen (im Anschluß an BGH, Urteil vom 21. April 1971 - IV ZR 4/69 - WM 1971, 904).
Normenkette
BGB § 652
Verfahrensgang
OLG Oldenburg (Oldenburg) (Aktenzeichen 5 U 39/98) |
LG Oldenburg (Aktenzeichen 13 O 3350/96) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 7. Juli 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, der vom Eigentümer einen Alleinauftrag zum Verkauf eines Gebäudegrundstücks in F. erhalten hatte, verlangt vom Beklagten Maklerprovision für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Kaufvertrages über dieses Objekt. Nach einer Zeitungsanzeige des Klägers kamen die Parteien am 6. September 1995 miteinander in Kontakt. Bei dieser Gelegenheit unterzeichnete der Beklagte einen vom Kläger vorformulierten Objektnachweis, in dem es heißt:
„Das nachstehend aufgeführte Objekt wurde mir/uns durch (den Kläger) nachgewiesen. Das Objekt war mir bisher nicht bekannt.
Beim Zustandekommen eines notariellen Kaufvertrages wird eine Maklergebühr von 3 % plus MwSt zur Zahlung an (den Kläger) fällig.
Sollte das (vom Kläger) nachgewiesene Objekt innerhalb eines Jahres durch einen anderen Makler oder privat erworben werden, so ist die Maklergebühr in voller Höhe an (den Kläger) zu zahlen.”
Anschließend besichtigten die Parteien das Gebäudegrundstück. Der Beklagte schloß am 7. Dezember 1995 mit dem Eigentümer einen notariellen Kaufvertrag über dieses Objekt zum Kaufpreis von 7.450.000 DM. In § 6 Abs. 3 des Vertrages entband der Verkäufer den Käufer von jeglichen Forderungen eines beauftragten oder nicht beauftragten Maklers bezüglich des verkauften Objektes und stellte ihn insoweit frei. In § 7 behielt sich der Verkäufer vor, vom Kaufvertrag durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Käufer und dem amtierenden Notar regreßanspruchsfrei zurückzutreten. Der Rücktrittsvorbehalt endete am 1. März 1996.
Das Landgericht hat der auf Provisionszahlung in Höhe von 257.025 DM nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Es hat sich nach Beweisaufnahme nicht die Überzeugung verschaffen können, daß der Verkäufer von dem an keine Bedingungen geknüpften Rücktrittsrecht rechtzeitig Gebrauch gemacht habe. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht verneint den Abschluß eines Maklervertrages zwischen den Parteien, weil der Beklagte bei dem Gespräch und der Besichtigung vom 6. September 1995 mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon habe ausgehen dürfen, daß der Kläger seine Tätigkeit in Erfüllung seiner vertraglichen Beziehungen mit dem Verkäufer entfalte und von diesem entlohnt werde. Daran ändere auch der vom Beklagten unterzeichnete Objektnachweis nichts, weil sich diesem nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lasse, daß der Kläger im Falle eines Vertragsabschlusses von dem Beklagten Maklerlohn erwarte. Die Erklärung lasse nämlich auch die Deutung zu, es handele sich lediglich um einen Hinweis auf die Provisionszahlungspflicht des Verkäufers als eines bei den Kaufpreisverhandlungen gegebenenfalls in Gestalt einer Freistellungsvereinbarung zu berücksichtigenden Umstandes. Aus § 6 Abs. 3 des Kaufvertrages, der offenlasse, ob und von wem Maklerlohn gefordert werden könne, ergebe sich nichts anderes.
II.
Diese Beurteilung hält den Rügen der Revision nicht stand.
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Kläger dem Beklagten die Gelegenheit zum Abschluß eines Kaufvertrages über das Grundstück nachgewiesen hat, die von diesem auch wahrgenommen worden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in der Entgegennahme von Maklerdiensten jedoch nicht in jedem Fall und nicht ohne weiteres der Abschluß eines Maklervertrages zu erblicken. Aus der Tatsache, daß eine Partei sich – wie hier – die Mitwirkung des Maklers gefallen läßt, folgt noch nicht notwendigerweise, daß sie mit dem Makler in Vertragsbeziehungen treten will. Wenn den Umständen nach mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß der Makler aufgrund eines Auftrages des Verkäufers tätig ist, ist es Sache des Maklers, dem Kaufinteressenten deutlich zu machen, daß er auch mit ihm in Vertragsbeziehungen treten will und von ihm die Zahlung einer Provision erwartet. Das geeignete Mittel hierfür ist ein ausdrückliches Provisionsverlangen (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1996 - III ZR 219/95 - NJW-RR 1996, 1459; vom 17. September 1998 - III ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 361, 362, jeweils m.w.N.). Von diesen Grundsätzen geht auch das Berufungsgericht aus.
2. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Berufungsgericht den vom Kläger verwendeten Objektnachweis nicht als hinreichend deutliches Provisionsverlangen bewertet hat. Dabei mag offenbleiben, ob das Revisionsgericht die Auslegung des Berufungsgerichts in vollem Umfang überprüfen kann, weil der Objektnachweis möglicherweise in den Bezirken mehrerer Oberlandesgerichte Verwendung findet. Auch wenn man von einer nur beschränkten Überprüfbarkeit ausgeht, bindet eine tatrichterliche Auslegung das Revisionsgericht dann nicht, wenn sie unter Verletzung der gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) und der aus ihnen entwickelten allgemeinen Auslegungsgrundsätze vorgenommen worden ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder den unterbreiteten Sachverhalt nicht erschöpfend würdigt (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1995 - XII ZR 72/94 - NJWE-MietR 1996, 56 m.w.N.). So ist es hier.
Der hier in Rede stehende Objektnachweis, der vom Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vor der Besichtigung des Grundstücks unterzeichnet wurde, enthält im wesentlichen drei Aussagen, nämlich zum einen die Bestätigung, daß dem Kaufinteressenten ein bisher nicht bekanntes Objekt nachgewiesen wurde, ferner Angaben zur Höhe und Fälligkeit des Provisionsanspruchs und einen abschließenden Hinweis auf die Provisionspflicht, wenn das vom Kläger nachgewiesene Objekt „durch einen anderen Makler oder privat erworben” wird. Die Revision beanstandet mit Recht, daß sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage beschäftigt hat, welche Bedeutung den einzelnen Elementen dieser Erklärung beizumessen ist und warum sie dem Beklagten zur Unterzeichnung vorgelegt worden ist. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Erklärung – in allen ihren Teilen – vor allem dann einen Sinn, wenn sie als Provisionsverlangen an den Beklagten bewertet wird.
a) Mit der Bestätigung mangelnder Vorkenntnis wird – unbeschadet der Frage, ob eine solche vorformulierte Bestätigung wirksam ist (vgl. etwa § 11 Nr. 15 Buchst. b AGBG) – die Ursächlichkeit des Nachweises für einen späteren Vertragsabschluß dokumentiert, was für einen gegen den Käufer gerichteten Provisionsanspruch von Bedeutung ist. Eine vergleichbare Bedeutung würde einer solchen Erklärung nicht zukommen, wenn der Makler keine Vertragsbeziehungen zu dem Kaufinteressenten begründen wollte; erst recht machte dann das Verlangen nach einer Unterschrift des Kaufinteressenten nur wenig Sinn. Das Berufungsgericht begründet ebenfalls nicht näher, weshalb eine solche Nachweisbestätigung auch für den Makler von Interesse sein kann, der nur für den Vertragsgegner des Unterzeichners tätig ist. Soweit sich das Berufungsgericht in dieser Hinsicht auf Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Hamm (NJW-RR 1988, 687, 688) und Düsseldorf (NJW-RR 1997, 368) bezieht, wird in den angeführten Entscheidungen zwar ebenfalls dieser – hier nicht naheliegende – Gesichtspunkt hervorgehoben; anders als hier ging es in den dort entschiedenen Fällen jedoch um die Frage, welche Bedeutung einem Objektnachweis im Hinblick auf den Abschluß eines Maklervertrages dann zukommen kann, wenn der Makler dem Interessenten bereits vorher das Objekt in der Erwartung einer späteren Provisionszusage benannt bzw. nachgewiesen hat.
b) Den Hinweis auf Fälligkeit und Höhe des Provisionsanspruchs sieht das Berufungsgericht nicht als Provisionsverlangen an den Beklagten an, weil nicht eindeutig sei, ob auf bereits mit dem Verkäufer getroffene Vereinbarungen hingewiesen werde oder ob Rechtspflichten des Beklagten begründet werden sollten. Auch insoweit fehlt es an einer Auseinandersetzung, für welche der beiden vom Berufungsgericht gesehenen Alternativen die besseren Gründe sprechen und wie der Hinweis aus der Sicht eines Kaufinteressenten aufzufassen sei. Enthält – wie hier – die Erklärung keine näheren Angaben über das Kaufobjekt und mögliche Bedingungen, die den abzuschließenden Hauptvertrag zwischen Verkäufer und Kaufinteressenten betreffen, widerspricht die Auslegung des Berufungsgerichts, der Makler wolle auf Vereinbarungen hinweisen, die er mit dem Verkäufer getroffen habe, der Lebenserfahrung. Vielmehr liegt es bei einer solchen, auf den wesentlichen Inhalt eines Maklervertrages beschränkten Erklärung nahe, daß der Makler mit demjenigen in vertragliche Beziehungen treten will, dem gegenüber er die Provisionserwartung äußert. Das sieht auch ein Kaufinteressent, von dem die Unterzeichnung einer solchen Erklärung verlangt wird, nicht anders. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 21. April 1971 (IV ZR 4/69 - WM 1971, 904, 905) keine Bedenken gesehen, die in einer an den Kaufinteressenten gerichteten Beschreibung des Objekts enthaltene Klausel „Provision: 3 % des Kaufpreises, s. Geschäftsbedingungen” als einen hinreichenden Hinweis auf die Provisionserwartung gegenüber dem Kaufinteressenten zu werten. Er hat in dieser Entscheidung ausgeführt, die Annahme, daß dieser Vermerk nur der Hinweis auf eine vom Verkäufer zu zahlende Provision sei, die eventuell im Grundstückskaufvertrag auf den Käufer abgewälzt werden solle, sei nicht vertretbar, wenn nicht irgendwelche sonstigen Umstände oder Vermerke in dem Schreiben des Maklers oder in seinen Geschäftsbedingungen für eine derartige Annahme sprächen. Der bloße Umstand, daß der Makler bereits in vertraglicher Beziehung mit dem Verkäufer steht, genügt hierfür nicht.
Soweit der Bundesgerichtshof in einzelnen Fällen in Übereinstimmung mit der Bewertung des Tatrichters die Eindeutigkeit einer Erklärung im Sinne einer an den Kaufinteressenten gerichteten Provisionserwartung verneint und es für naheliegend gehalten hat, daß der Kaufinteressent nur auf Bedingungen hingewiesen werde, die im Rahmen des Abschlusses des Hauptvertrages zu beachten seien, lagen dem – was das Berufungsgericht übersieht – im maßgebenden Punkt andere Sachverhalte zugrunde. In dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 1981 (IVa ZR 105/80 - WM 1981, 495) bestand die Besonderheit, daß in der Verkaufsaufgabe die Maklercourtage wie auch die Notargebühren als vom Käufer zu tragende Erwerbsnebenkosten bezeichnet waren und der Makler von sich aus an den möglichen Kaufinteressenten herangetreten war. In dem Fall, der dem Urteil vom 21. Mai 1971 (IV ZR 52/70 - WM 1971, 1098, 1099) zugrunde lag, ging es um eine mündliche Äußerung des vom Verkäufer beauftragten Maklers gegenüber dem Kaufinteressenten, der Kaufpreis betrage 14 bis 15 Mio. DM zuzüglich Maklergebühren. Hier konnte der Kaufinteressent die Erklärung des Maklers wegen des engen Zusammenhangs mit der Angabe des Kaufpreises so verstehen, er habe im Falle des Vertragsabschlusses außer dem Kaufpreis auch die von dem Verkäufer zu zahlenden Maklergebühren zu übernehmen. Soweit das Berufungsgericht – in anderem Zusammenhang – auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1997, 368) Bezug nimmt, ging es ebenfalls um eine Fallgestaltung, bei der die Maklerprovision im Exposé neben anderen Positionen als Kaufnebenkosten bezeichnet wurde.
c) Soweit in dem Objektnachweis – ob wirksam, kann offenbleiben – davon gesprochen wird, die Maklergebühr sei an den Kläger auch dann zu zahlen, wenn das nachgewiesene Objekt innerhalb eines Jahres durch einen anderen Makler – gemeint ist offenbar: aufgrund der Vermittlung oder des Nachweises eines anderen Maklers – oder privat erworben werde, zeigt das Berufungsgericht ebenfalls keine Umstände auf, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Hinweis sei nicht in bezug auf Pflichten des Beklagten gemeint, sondern er gebe nur den Inhalt eines Alleinauftrags mit dem Verkäufer auszugsweise wieder.
d) Soweit die Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, der Beklagte habe nicht damit rechnen müssen, in einem Objektnachweis eine für den Abschluß eines Maklervertrages rechtsgeschäftlich bedeutsame Erklärung zu unterzeichnen, liegen die Voraussetzungen einer Anwendung des § 3 AGBG nicht vor. Dem Beklagten war bewußt, daß er es in der Person des Klägers mit einem Makler zu tun hatte; der Briefkopf des Schriftstücks, auf den der Objektnachweis gesetzt war, hob das Tätigkeitsfeld des Klägers hervor. Darüber hinaus war der unterzeichnete Text übersichtlich und entsprach – was den Hinweis auf die Provisionspflicht angeht – der üblichen Gestaltung, daß ein Makler für seine Leistungen eine Vergütung erwartet.
3. Der Beurteilung des Berufungsgerichts kann daher nicht gefolgt werden. Da die maßgebenden Umstände festgestellt sind und weiterer Vortrag in den Tatsacheninstanzen nicht zu erwarten ist, kann der Senat den Inhalt des Objektnachweises selbst dahin auslegen, daß er ein hinreichend deutliches Provisionsverlangen gegenüber dem Beklagten enthält. Auch der Beklagte hat die entsprechende Bewertung durch das Landgericht in seiner Berufungsbegründung nicht angegriffen. Mit Rücksicht darauf, daß der Beklagte im Anschluß an die Unterzeichnung des Objektnachweises Maklerdienste des Klägers entgegengenommen hat, läßt sich eine vertragliche Beziehung der Parteien nicht verneinen.
III.
Der Senat ist zu einer abschließenden Entscheidung im Sinne des Klägers jedoch nicht in der Lage. Denn das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft, ob der Beklagte deshalb nicht provisionspflichtig ist, weil der Verkäufer fristgerecht von einem in sein freies Belieben gestellten Rücktrittsrecht (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20. Februar 1997 - III ZR 81/96 - NJW 1997, 1583 m.w.N.) hinsichtlich des Hauptvertrages Gebrauch gemacht haben könnte.
Unterschriften
Rinne, Wurm, Kapsa, Dörr, Galke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 04.11.1999 durch Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538717 |
NJW 2000, 282 |
BGHR |
EWiR 2000, 167 |
IBR 2000, 97 |
NZM 2000, 141 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2000, 420 |
ZIP 1999, 2099 |
ZMR 2000, 180 |
ZfIR 2000, 262 |
MDR 2000, 203 |
VersR 2000, 452 |
NZBau 2000, 245 |
RdW 2000, 83 |